Die TV-Serie „Die fliegenden Ärzte“ aus den Achtzigern und Filme wie die Dornenvögel, Schrei in der Dunkelheit, Crocodile Dundee, Mad Max und Einstein Junior haben in mir schon früh das Verlangen geweckt, einen weit entfernten Kontinent einmal mit eigenen Augen zu sehen - Australien. Erste unschuldige Reisepläne waren daran gescheitert, dass meine Freundin und ich als blutjunge Mädels zu viel Angst hatten, uns alleine ins große Unbekannte aufzumachen. Die Sehnsucht blieb.
Über 25 Jahre später, nach Urlaubsreisen als Individual- oder auch Pauschaltourist in viele verschiedene Länder, stand ich plötzlich wieder vor der Option Australien. Nur dieses Mal nicht mit einer Freundin, sondern mit dem Ehemann, mit dem Erfahrungsschatz vergangener Reisen und zwei fast erwachsenen Kindern. Tun wir´s oder tun wir´s nicht? Wo ich sonst nicht lange überlege und sofort dabei bin, neue Länder und Leute kennen zu lernen, fühlte ich eine seltsame Zurückhaltung. Australien!? Klar, wollte ich das erkunden, aber die Entfernung (20 Stunden Flugzeit) und die für den wohl behüteten Europäer ungewohnte, gar feindselige Umgebung, bescherten mir Bauchgrummeln.
Die giftigsten Tiere der Welt leben in Australien. Ich kenne, abgesehen von meinem Ekel vor Stubenfliegen keine Tierphobien, trotzdem steckte der ungewohnte Respekt vor australischen Spinnen und Schlangen in meinen Knochen, die dir gerne auch mal Städten über den Weg huschen, wie ich gelesen hatte. Ich erwähne hier stellvertretend für alle diese Viecher die rotzgiftige Sydney-Trichternetz-Spinne. Auch das Meer hält dort neben Haien viele nette Dinge für den unbedachten Touristen bereit. Ich erwähne die kleinen Stinger, die sich auch von den mit Netzen geschützten Badestränden nicht fernhalten lassen. Wenn sie dich erwischen, dann stirbst du an den Schmerzen, ertrinkst wegen Kreislaufversagen. Das menschenfeindliche, weil leere, riesige, staubtrockene, rote Landesinnere ohne Handyempfang, dessen Staubpisten nur mit 4-Wheels-Drive-Fahrzeugen zu bewältigen sind, waren meine zweite Befürchtung in Australien anstelle Entspannung und Unterhaltung Strapazen und Desaster zu erleben.
Jetzt, nachdem wir wieder alle heil zu Hause sind, bin ich sehr froh, dass mich meine Befürchtungen nicht noch einmal davon abgehalten haben, Australien zu besuchen. Die Strapazen der langen Reise lohnen sich, da man ein Land und Leute kennenlernen darf, die so ganz anders sind. Australien übt eine seltsame Faszination aus, es wirkt gleichzeitig sehr alt und sehr jung. Die Aborigines und das Land verströmen alte Weisheit und Beständigkeit, die Bevölkerung jugendliche Frische. Noch nicht einmal 250 Jahre ist es her, dass die ersten Europäer auf diesem Kontinent Fuß fassen wollten.
Die Australier habe ich als ein lebensbejahendes, unvoreingenommenes, freundliches, offenes Volk erlebt, das Fremde mit offenen Armen willkommen heißt und dessen Herzlichkeit ehrlich wirkt. Sie bezeichnen ihr Land selbst als „Lucky Country“ und leben anders. Ich empfand sie weniger karriere- und erfolgsorientiert um jeden Preis. Sie lassen mehr Spaß in ihrem Leben zu und treiben im Laufe ihres Daseins durch viele Jobs um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Die Bardame wird schnell mal zu einer Kleidungsverkäuferin, um im nächsten Moment ein Fitness-Studio zu betreiben oder als Security zu arbeiten. In der Schule geht es nicht nur darum möglichst viel totes, theoretisches Wissen anzuhäufen, sondern Praxiserfahrungen zu sammeln. Spezielle Job-Qualifikationen werden kurzfristig durch Kurse erworben. Diesen Eindruck gewann ich aus persönlichen Bekanntschaften mit Steve aus Melbourne und Louise aus Port Douglas, die mir immer sehr positiv in Erinnerung bleiben werden. Louise, die aus Neuseeland stammt, kommt im Oktober zum dritten Mal nach Deutschland und wir werden uns wieder sehen. Sie liebt die deutsche Küche und nimmt jedes Mal Unmengen zu, wenn sie hier ist. In Australien besteht eher weniger die Gefahr sehr viel zuzunehmen…