Verlag: Liebeskind
Gebundene Ausgabe: 144 Seiten
Aus dem Französischen von Barbara Heber-Schärer und Claudia Steinitz
Kurzbeschreibung:
Port-au-Prince. Das Gerücht verbreitet sich in Windeseile. »Geht nicht nach draußen«, heißt es, »heute Nacht passiert etwas.« Langsam wird es dunkel, der Strom fällt aus. An Stromstörungen hat man sich längst gewöhnt – ebenso daran, Wut und Hunger hinunterzuschlucken. Die Anhänger der Opposition wollen mit Gewalt an die Macht, doch es besteht Gefahr, dass die Miliz des Diktators unter der Bevölkerung ein Blutbad anrichtet. Auf der Suche nach einem letzten Kunden irrt ein Taxifahrer durch die Straßen der Hauptstadt. Zur selben Zeit flüchtet ein junger Mann mit seiner Arbeitskollegin in das Haus eines Freundes, der hoch oben auf einem Hügel über der Stadt wohnt. Es soll ihre erste gemeinsame Nacht werden. Währenddessen steht die Besitzerin des größten Bordells der Stadt am Fenster und betrachtet sorgenvoll die Szenerie. Sie spürt, dass bald schon Blut fließen wird … Lyonel Trouillots Debütroman »Straße der verlorenen Schritte« hat auch heute, fünfzehn Jahre nach seinem Erscheinen in Frankreich, nichts von seiner Kraft eingebüßt. In seiner mitreißenden, poetischen Sprache schildert Lyonel Trouillot die Ereignisse einer einzigen Nacht, in der sich das tragische Schicksal eines ganzen Landes offenbart. Denn wer Hass sät, wird Sturm ernten.
Über den Autor:
Lyonel Trouillot, 1956 in Port-au-Prince geboren, zählt zu den wichtigsten Autoren Haitis. Anfang der achtziger Jahre verließ er sein Heimatland und ging ins Exil in die USA. Nach seiner Rückkehr engagierte er sich als Autor für die Demokratiebewegung in seinem Land.
Sein Debütroman »Straße der verlorenen Schritte« erschien 1998 in Frankreich, seitdem hat er sechs Romane veröffentlicht, darunter »La belle amour humaine«, der für den renommierten Prix Goncourt nominiert wurde. Lyonel Trouillot lehrt Kreolische und Französische Literatur in Port-au-Prince.
Über die Übersetzer:
Barbara Heber-Schärer und Claudia Steinitz leben in Zürich. Aus dem Französischen übersetzten sie u.a. Werke von Claude Lanzmann, Giles Rozier und Richard Morgieve.
Mein Eindruck:
Es handelt sich um den Debütroman des haitianischen Autors Lyonel Trouillot von 1996, den der Liebeskind-Verlag letztes Jahr zum ersten mal auf Deutsch veröffentlichte. An dieser Stelle sei einmal ein Dank an Verlage ausgesprochen, die auch Literatur jenseits des Bestsellermarkts veröffentlichen und damit wichtige Werke den deutschen Lesern zugänglich machen.
3 unterschiedliche Stimmen erzählen in diesem sprachlich beeindruckend Roman von der Situation Haitis zu einem ganz bestimmten Moment.
Das Land ist durch die vielen Jahre der Diktatur in einer schlechten Verfassung.
Dann folgt 1991 ein Militärputsch den demokratisch gewählten Präsidenten ins Exil zwang.
In einer Nacht, am 30.September, wurde Haiti vom Terror des Militärs und ehemaligen Angehörigen des Diktators durchzogen, Brennende Stadtviertel, Vergewaltigungen, Racheakte, Morde an ganzen Familien
Die Form des Erzählens prägt den Roman. Aber es ist kein leicht zu lesender Roman. Das geschilderte ist hart. Es kommt zu Gräueltaten des Militärs.
Zuerst konnte mich nur einer der drei Erzählstränge wirklich voll überzeugen, immerhin nahm dieser dann auch den größten Raum ein. Später merkte ich doch, wie die anderen Stimmen das ganze ergänzen. Besonders der Taxifahrer der in der schlimmen Nacht verletzt die Straßen der Stadt durchquert, wird zum wichtigen Zeugen.
Der Roman ist schon deswegen bedeutend, da er ein schreckliches Ereignis vor dem Vergessen bewahrt und Lyonel Trouillot tat dies mit einem wirksamen Stil..
Ich hoffe sehr, noch mehr Bücher von ihm lesen zu können.