Alle Augen auf dich - Gina Mayer

  • Die Informationen innerhalb der Spoilermarkierungen kann man mitlesen, muss es aber nicht tun. Sie enthalten keinen Geheimnisverrat, sondern lediglich weitere Informationen zu Personen und Handlungsverlauf.


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    Gina Mayer: Alle Augen auf dich – Thriller, Bindlach 2014, Script 5, ein Imprint der Loewe-Verlag GmbH, ISBN 978-3-8390-0165-3, Klappenbroschur, 333 Seiten, Format: 21,6 x 13,9 x 3,2 cm, EUR 14,95 (D), EUR 15,40 (A).


    Die Düsseldorfer Pfarrerstochter Myriam Bellinger, 24, hat ihr Sprachenstudium aufgegeben um Schauspielerin zu werden. Für die Bretter, die die Welt bedeuten, hat das Talent nicht ganz gereicht, fürs Fernsehen auch nicht. Jetzt wohnt sie in Köln und spielt das Entführungsopfer in einer Internet-Seifenoper.


    Das ist jetzt nichts, worauf ihre erzkonservativen Eltern stolz wären. Die Produktionsfirma haust zwischen Pappkartons in einem Baucontainer, Chef Erik Holm ist so gut wie pleite, die Drehbücher schreibt die Sekretärin, Co-Star und Myriams WG-Mitbewohnerin ist das Ex-Girlgang-Mitglied Lily Pahl. Und Myriams derzeitiger Freund, der erfolglos Drehbuchautor Jo Steiner, 26, findet vor den Augen ihrer Familie noch weniger Gnade als sein Vorgänger. Jo hat Drogen- und Alkoholprobleme, dealt mit Pillen und schuldet einer Unterweltgröße Geld.


    Kurz und gut: Das ist eine Ansammlung von Habenichtsen. Umso verrückter erscheint es, dass Myriam Bellinger tatsächlich aus ihrer Wohnung in Köln entführt worden ist. Mitbewohnerin Lily hat nichts mitbekommen, sie wurde von den Entführern niedergeschlagen. Waren es verrückte Fans? Niemand in Myriams Umfeld wäre doch in der Lage, Lösegeld für die junge Frau aufzubringen.


    Für Kriminalkommissarin Amelie Fröhlich, 30, und ihre Kollegen ist die Internetsoap- und Fanforums-Szene absolutes Neuland. In ihren Augen sind lauter Meschuggene unterwegs. Der eine schreibt Liebesgedichte, der andere schickt Myriam ein Flugticket nach Hawaii. Und der Rest schreibt bescheuerte Kommentare mit vielen Rechtschreibfehlern.


    Auf einmal tauchen Videos der eingesperrten und misshandelten Myriam im Internet auf. Die Entführer fordern 2 Millionen Euro, aufzutreiben per Crowdfunding. Sie scheinen also zu wissen, dass bei niemandem aus dem Umfeld der Jungschauspielerin etwas zu holen ist.


    Der Fall geistert durch die Medien im In- und Ausland, die Zugriffszahlen auf die Internetsoap steigen in schwindelnde Höhen. Myriam und ihre Kollegen sind schlagartig berühmt. Die Fans spenden Geld wie verrückt. Und die Polizei hat nach wie vor keine Ahnung von Myriam festgehalten wird und wer die Entführer sind.

    • Steckt ihr Freund Jo Steiner dahinter, der Geld braucht?
    • Ist es Produzent Erik Holm zusammen mit seiner Sekretärin/Geliebten, der sich von der Aktion Publicity für seine Firma verspricht?
    • War es Mitbewohnerin Lily Pahl? Das Verhältnis zu Myriam war nicht ganz ungetrübt.
    • Verdächtig ist auch Myriams Exfreund Nikolas Spundt, den Myriam in einer Krisensituation abserviert hat.
    • Oder haben dubiose Kleinkriminelle aus dem privaten Umfeld von Myriam und Jo der ihre Finger in der Geschichte?


    Kriminalkommissarin Fröhlich weiß wirklich nicht, was sie von diesem Fall halten soll. Aber sie ist auch nicht wirklich bei der Sache. Ihr Chef mobbt sie, gesundheitlich ist sie nicht auf der Höhe und ihr Lebensgefährte, der Lehrer Daniel, liegt in Thailand im Krankenhaus. Sie wünschte, sie wäre bei ihm, doch sie konnte ihn ja leider aus beruflichen Gründen nicht auf die Reise begleiten.


    Als die Geldübergabe scheitert, verdoppeln Myriams Entführer die Geldforderung. Und Myriam sieht auf den Videos von Tag zu Tag elender aus. Plötzlich gibt es einen Toten – einen der Tatverdächtigen. War es ein Unfall, ein Suizid oder Mord? Beinahe noch drängender sind die Fragen: Wo ist das Lösegeld geblieben? Und was wird jetzt aus Myriam?


    Da gibt es eine unerwartete Wendung in dem Fall. Für Amelie Fröhlichs Chef und Kollegen ist die Sache damit erledigt. Doch Amelie selbst gibt sich nicht damit zufrieden. Ihrer Meinung nach sind zu viele Fragen offen. Eine arglose Bemerkung ihres Lebensgefährten bringt sie auf eine Idee: Es könnte auch ganz anders gewesen sein. Aber das wäre ungeheuerlich …


    Mit den privaten und beruflichen Problemen von Kriminalkommissarin Fröhlich leidet man als LeserIn mit, der Rest der Figuren ist zu schräg und zu kaputt um wirklich sympathisch zu sein. Hier traut man jedem alles zu, nur nicht die Raffinesse, einen so perfiden Plan auszuhecken. Lauert doch irgendwo ein Mastermind im Hintergrund, das die Fäden zieht? Oder hat man eine der Personen hier kolossal unterschätzt? Und so hat man keine Ruhe und liest weiter und weiter und weiter, um herauszufinden, wer von den Leuten hier gerissen und skrupellos genug ist, der jungen Frau so übel mitzuspielen.


    Die Auflösung überrascht. Und eine wichtige Frage bleibt ungeklärt. In diesem Punkt sollte Kriminalkommissarin Fröhlich vielleicht auch auf ihren Daniel hören. Als Leser grübelt man noch eine Weile darüber nach. Im Prinzip gibt es zwei mögliche Antworten auf die offene Frage, und am liebsten würde man die Autorin fragen, welche sie denn für die wahrscheinlichere hält.


    ALLE AUGEN AUF DICH ist mitreißend und spannend, auch ohne viel Blutvergießen. Und die Autorin schafft es, dass man selbst für die verrücktesten (Verzweiflungs-)Taten noch Verständnis aufbringt. Auch wenn die Personen destruktiv und gemein handeln und man nicht gutheißt, was sie da machen: Man versteht immer, was sie antreibt.


    Die Autorin
    Gina Mayer wurde 1965 in Ellwangen geboren. Nach der Schulzeit in Schwäbisch Hall zog sie für ein Jahr nach Neapel. Anschließend studierte sie Grafik-Design und arbeitete als Werbetexterin. Durch den Umzug ihrer Familie in die Friederike-Fliedner-Straße in Düsseldorf begann sie sich für Straßennamen zu interessieren und schrieb mit Die Protestantin ihr vielbeachtetes Debut, einen historischen Roman über Theodor und Friederike Fliedner.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Meine Meinung zum Buch:


    Titel: Jugendthriller ohne Thrill...


    Dies war mein erstes Buch überhaupt von Gina Mayer und ich muss gestehen, dass ich etwas völlig anderes von der Geschichte erwartet hatte als ich letztendlich geboten bekam.


    Im Buch selbst geht es um die Seriendarstellerin Myriam Bellinger, die wie ihre Serienrolle einfach entführt wird. Wenig später tauchen die ersten Internetvideos auf und die ganze Nation kann Myriam beim Leiden zusehen. Hauptkommissarin Amelie Fröhlich leitet den Fall, hat aber keinerlei Anhaltspunkte, wie sie dem Täter auf die Spur kommen soll. Kann die Gefangene durch Crowdfunding von ihrem Los befreit werden?


    Die Autorin erzählt die Geschichte aus mehreren Perspektiven, jedoch begleiten wir als Leser hauptsächlich Kommissarin Fröhlich bei ihrer Arbeit. Ich muss gestehen, dass ich mit keinem der dargestellten Protagonisten so recht warm geworden bin. Ich konnte mich nicht in sie einfühlen und auch ihr Handeln nicht immer nachvollziehen. Vor allem der komplizierte Charakter der Kommissarin hat es mir schwer gemacht und teilweise nervte mich diese Figur sehr.


    Der eigentliche Fall, nämlich dass die Schauspielerin verschwunden ist, rückt immer mehr in den Hintergrund. Vordergründig werden die Probleme der Kommissarin behandelt und wir nehmen an intensiver Ermittlerarbeit teil. Aber auch das Leben von Myriams Freunden wird ausführlicher beleuchtet als das Leben von ihr.


    Für mein Empfinden handelt es sich bei diesem Jugendbuch eher um einen Krimi, der durch Polizeiarbeit besticht, denn der Thrill fehlte mir hier einfach. So richtig Spannung wollte nicht aufkommen und auf weiten Strecken plätscherte die Handlung einfach nur so dahin.


    Die Grundidee des Buches, nämlich dass bei einer Entführung das Internet und die Öffentlichkeit eine große Rolle spielen, hat mir gut gefallen, aber die Umsetzung entsprach nicht meiner Vorstellung.


    Fazit: Meine Erwartungen konnte das Buch leider nicht erfüllen und ich bin von der Geschichte eher enttäuscht. Daher empfehle ich das Buch nur denjenigen, die gern im Leben eines weiblichen Ermittlers schnüffeln und die sich von exzessiver Polizeiarbeit nicht abschrecken lassen.


    Bewertung: 4/ 10 Eulenpunkten


    Bei mir blieb die Begeisterung leider aus...

  • Myriam Bellinger wurde entführt. Sie war der Star einer Internet-Serie namens "Missing" und wollte eine große Schauspielkarriere. Bald danach kann man auf dem Blog zur Serie Videos sehen, die Myriam in ihrer Gefangenschaft zeigen. Immer neue und bedrohlich wirkende Filme werden dort gezeigt und von den Fans kommentiert. Eine Lösegeldforderung von zwei Millionen geht ein. Der Filmproduzent Holm will dieses Geld per Crowdfunding beschaffen. Die Klickzahlen gehen hoch und die Serie mit Myriam ist nun in allen Medien. Bessere Publicity kann man sich nicht wünschen.
    Kein leichter Fall für die Kommissarin Amelie Fröhlich und ihrem Kollegen Hans-Jürgen Dürr.
    Ein aktueller Roman, der sich mit Internet und sozialen Netzwerken ebenso befasst wie mit modernen Finanzierungsmethoden.
    Erzählt wird die Geschichte aus unterschiedlichen Perspektiven mit mehreren Handlungssträngen. Zunächst tat ich mich etwas schwer mit der Geschichte, denn es gab viele Stränge, die nicht so recht zur Geschichte passen wollten. Doch mit der Zeit schaffte genau dies die Spannung, so dass man bis zuletzt nicht wusste, wo man den Täter wirklich suchen sollte. Für einen Thriller hätte ich mir etwas mehr Thrill gewünscht.
    Die Protagonisten sind mir durch die Bank nicht sonderlich sympathisch. Den Blick auf Myriam hat man nur in den Videos. Jo, ein erfolgloser Drehbuchautor und Myriams Freund, ist ein Trinker und Konsument von anderen Drogen., der sich zwar immer wieder vornimmt, damit aufzuhören, aber zu schwach ist. Seine notorische Geldnot versucht er mit Drogenhandel zu beseitigen. Myriams Freundin Lily zeigt ein permanent zickiges Verhalten. Holm ist ein erfolgloser Unternehmer, dem jedes Mittel recht ist, um sein Projekt erfolgreicher zu machen. Seine Sekretärin und Freundin Kathrin Binder ist ein eher unscheinbares Mädchen für alles. Amelie Fröhlich kommt mir nicht so recht erwachsen vor, denn ihre Beschwerden erkennt sie nicht als das was sie sind, nämlich eine Schwangerschaft, und dann versucht sie durch Ignorieren die Tatsachen zu leugnen. Am besten gefiel mir noch Dürr, der recht erfolglos auf der Suche nach der Frau seines Leben ist.
    Die immer widerkehrenden Beschreibungen der Schwangerschaftsprobleme nervten mich mit der Zeit etwas. Während des Lesens wurde mein Augenmerk auf immer neue Verdächtige gelenkt. Zum Schluss aber stellt sich doch manches anders dar, als gedacht.
    Ein spannender und unterhaltsamer Jugendkrimi!