'Zeit der wilden Orchideen' - Kapitel 10 - 13

Die tiefgreifenden System-Arbeiten sind soweit abgeschlossen. Weitere Arbeiten können - wie bisher - am laufenden System erfolgen und werden bis auf weiteres zu keinen Einschränkungen im Forenbetrieb führen.


  • Die Art wie du das einbindest ist wirklich super. Für mich ist die Beschreibung von Politik, Entwicklung und Verwicklungen eigentlich einer der Hauptgründe warum ich so gerne historische Romane lese, ich liebe es einfach solche Dinge hinterher zu wissen, und ganz viel davon behalte ich dann auch. Deshalb sind solche Hintergrundinfos für mich auch sehr wichtig und bereichern die Geschichte sehr. Für mich klingt das allerdings auch nach extrem viel Recherchearbeit, und das nicht grade um die Ecke, so viel Mühe macht sich auch nicht jeder Autor unbedingt...

  • Ich komme erstaunlich gut durch, wollte heute garnicht aufhören zu lesen, allerdings stand der Spätdienst an.


    Das Bild über Paul hat sich für mich recht schlagartig im Positiven verändert. Klar ist Georgina auch gewissermaßen Vorzeigefrau für ihn, dennoch finde ich, geht er gut mit ihr um. Wie die Hochzeit zustande kam war natürlich trotzdem nicht korrekt.


    Raharjo entwickelt sich ja echt zu einem gekränkten Idioten. Wie er sich nun rächen will, das find ich absolut unfair. Gut finde ich, dass Georgina endlich einsieht, vom Meer wegzuziehen und sich mit Paul was aufzubauen.


    Ich les jetzt weiter.. :grin

  • Zitat

    Original von Enchantress
    Paul finde ich nicht so unsympathisch. Wenn er Georgina wirklich nur geheiratet hätte, um ein Vorzeigeweibchen zu haben, würde er sie viel häufiger zu gesellschaftlichen Auftritten drängen und das scheint ja nicht der Fall zu sein. Insofern kann ich es verstehen, dass Georgina ihm doch mit der Zeit ein wenig näher kommt. Immerhin behandelt Paul seine Frau deutlich besser als Raharjo es in seiner Verbitterung tut.


    Für mich versucht Paul immer wieder, eine Balance zu finden zwischen seinen Bedürfnissen und denen Georginas. Das klappt nicht immer - aber versucht's zumindest.
    Und Georgina ergeht's definitiv besser in dieser Ehe als Leelavati in ihrer.



    Zitat

    Original von Enchantress
    Aber irgendwie haben sowohl Nilam-Georgina als auch Raharjo durch den Verlust der großen Liebe einen dunklen Flecken auf dem Herzen zurückbehalten.


    Das stimmt absolut - und ist sehr, sehr schön in Worte gefasst ....


    Zitat

    Original von Maharet
    Die Art wie du das einbindest ist wirklich super. Für mich ist die Beschreibung von Politik, Entwicklung und Verwicklungen eigentlich einer der Hauptgründe warum ich so gerne historische Romane lese, ich liebe es einfach solche Dinge hinterher zu wissen, und ganz viel davon behalte ich dann auch. Deshalb sind solche Hintergrundinfos für mich auch sehr wichtig und bereichern die Geschichte sehr. Für mich klingt das allerdings auch nach extrem viel Recherchearbeit, und das nicht grade um die Ecke, so viel Mühe macht sich auch nicht jeder Autor unbedingt...



    Dankeschön! :knuddel1


    Verglichen mit anderen Romanen von mir fand ich den Rechercheaufwand eigentlich gar nicht so groß, einfach deshalb, weil es mengenmäßig nicht so irre viel über Singapur im 19. Jahrhundert gibt - und trotzdem hat nicht alles in den Roman gepasst, musste ich manches aussieben. Manchmal hab ich mir einen Wolf nach was Bestimmtem gesucht und es trotzdem nirgends gefunden, manchmal hatte ich auch unglaubliches Glück; gerade in den Tagen in Singapur flog mir einiges buchstäblich im Spaziergang zu. :anbet


    Ich find Recherche manchmal selbst arg zäh und trocken - aber dann gibt's wieder solche Phasen, in denen sich im Kopf die Personen deutlicher herausbilden, die Geschichte weiter Gestalt annimmt, die machen einfach Spaß. Oder eben wenn man ein tolles Detail ausgräbt, das man unbedingt einbauen muss - solche Momente geben mir den totalen Kick. :lache



    Zitat

    Original von Lucy1987
    Das Bild über Paul hat sich für mich recht schlagartig im Positiven verändert. Klar ist Georgina auch gewissermaßen Vorzeigefrau für ihn, dennoch finde ich, geht er gut mit ihr um. Wie die Hochzeit zustande kam war natürlich trotzdem nicht korrekt.


    Das ist etwas, das ich an der Romanfigur Paul so mag: er ist vielschichtig, schillert immer mal zwischen positiv und negativ, das macht ihn für mich spannend.

  • Auch mit diesem Abschnitt bin ich schon durch - ich liebe einfach die Bücher von Nicole :anbet


    Ich fand diesen Abschnitt so hinreißend, weil die Kinder von Georgina so süß beschrieben werden. Ich sah sie förmlich durch die Gegend tapsen. Außerdem finde ich Paul Bigelow sympathischer als am Anfang. Er hat Georgina bei der Geburt beigestanden und er behandelt beide Kinder gleich und das finde ich super. Hoffentlich ändert sich das nicht noch.


    Raharjo ist enttäuscht und verletzt - nur deshalb sei sein Verhalten entschuldigt, als er Georgina wieder trifft. Für wen ich auch Mitleid empfinde ist Leelavati. Sie hat sich ihre Ehe bestimmt nicht so vorgestellt.


    Muss nun unbedingt weiterlesen - leider erst in ein paar Stunden, da meine Mittagspause nun beendet ist.


    Viele Grüße :wave

  • Zitat

    Original von Sabine Sorg
    Auch mit diesem Abschnitt bin ich schon durch - ich liebe einfach die Bücher von Nicole :anbet


    Das freut mich so - danke! :knuddel1


    Zitat

    Original von Sabine Sorg
    Ich fand diesen Abschnitt so hinreißend, weil die Kinder von Georgina so süß beschrieben werden. Ich sah sie förmlich durch die Gegend tapsen. Außerdem finde ich Paul Bigelow sympathischer als am Anfang.


    Wie schön. :-]


    Zitat

    Original von Sabine Sorg
    Für wen ich auch Mitleid empfinde ist Leelavati. Sie hat sich ihre Ehe bestimmt nicht so vorgestellt.


    Nein, ganz und gar nicht. Sie hat da extrem romantische Vorstellungen gehabt, so richtige Jungmädchenträume (weil ihr dieser gutaussehende Mann halt einfach so gut gefiel).
    Es wäre schlimm genug gewesen, wenn eine ganz normale Realität sie eingeholt hätte - aber so ist es natürlich ungleich grausamer.
    Und furchtbar ungerecht.

  • Auch dieser Abschnitt war wieder sehr emotional und ich staune über mich selber, wie ich so rasch Sympathie für Paul Bigelow entwickeln konnte. ;-) Aber ich finde, er hat bis jetzt seinen "Job" als Vater für Duncan und David sehr gut gemacht.


    Zitat

    Original von Eliza08
    Also, es tut mir leid, aber Paul bleibt mir unsympathisch. Auf dieser Abendgeseelschaft sieht man ziemlich gut, weshalb er Georgina geheiratet hat: sie ist für ihn das Aushängeschild, die Vorzeigefrau, die Trophäe. Vielleicht ist er sogar verliebt in Georgina, aber er hat ihre Situation scharmlos ausgenutzt und sich ihrre Notlage zum Vorteil gemacht.


    Er hat die Lage sicher ausgenutzt - aber als "schamlos" würde ich sein Verhalten nicht bezeichnen. Ich habe das Gefühl, dass er nicht nur verliebt in Georgina ist, sondern eine ehrliche, tiefe Liebe für sie empfindet und es in dieser Hinsicht wirklich ehrlich mit ihr meint.


    Dass sie ihm dann noch nebenbei bei den Geschäften "hilft", finde ich absolut okay. Welcher Mann schmückt sich nicht gerne mit einer schönen Frau...? ;-)


    Im Gegenzug macht mich Raharjos Verhalten sehr traurig. Ich kann seine Enttäuschung ja verstehen, dennoch geht er einen Weg, den ich nicht einfach so nachvollziehen kann. Seine Frau und seine Kinder haben nichts mit seinem Leid zu tun und dennoch verschliesst er sich ihnen komplett. :-( Alleine in seinen Augen erkennt man den Selkie, den "alten" Raharjo noch und ich hoffe, dass sein Sohn Duncan den Schlüssel für den eisernen Kasten, in den Raharjo sein Herz eingeschlossen hat, findet.


    A propos Duncan: er kommt ganz nach seinem Vater und die Sehnsucht nach dem Meer packt ihn wohl auch für ihn ganz unerwartet. Was für ein Schreckmoment für Georgina. Die Arme! Sie muss schon so viel mitmachen... In gewisser Weise hat sie nach dem überraschenden Aufeinandertreffen ihren Selkie ein zweites Mal verloren. ;-(


    Spannend fand ich auch, dass Georgina endlich erfährt, wie ihre Mutter gestorben ist. Was für ein furchtbares Schicksal und die kleine Georgina spürt es wohl ganz tief im Innern, denn sie sehnt sich auch nach einem Geschwisterchen. Das kleine Mädchen fühlte sich seit jeher "unvollständig". Ich erinnere mich nicht mehr an die genaue Stelle im Buch - aber in dem Moment habe ich mich gefragt, ob Georgina eine Zwillingsschwester oder -bruder gehabt hatte. Das könnte auch Cempakas Verhalten verhalten erklären... :gruebel Möglicherweise geht dieser Gedanke viel zu weit - aber ei solchen Büchern lasse ich meine Phantasie gerne herum schweifen... ;-)


    Auf jeden Fall bin ich nach wie vor begeistert - wenn auch emotional aufgewühlt. Aber das macht doch grad Nicoles Bücher aus... ;-) Jedenfalls bin ich sehr froh, dass jetzt Wochenende ist und ich hoffentlich viel Lesezeit habe.


    Nicole :
    An dieser Stelle auch von mir ein ganz dickes Dankeschön für all die Bilder und das Tonmaterial - ich fühle mich schon durch das Buch nach Singapur versetzt und das Bonusmaterial verstärkt dieses Gefühl nochmals sehr. :anbet :knuddel1

  • Zitat

    Original von Ayasha
    Auch dieser Abschnitt war wieder sehr emotional und ich staune über mich selber, wie ich so rasch Sympathie für Paul Bigelow entwickeln konnte. ;-) Aber ich finde, er hat bis jetzt seinen "Job" als Vater für Duncan und David sehr gut gemacht.


    Ja, das hat er. :-)
    Ich find's extrem spannend zu sehen, wie ihr auf die Personen reagiert und auch euer Empfinden für sie sich entwickelt und verändert.


    Zitat

    Original von Ayasha
    Im Gegenzug macht mich Raharjos Verhalten sehr traurig. Ich kann seine Enttäuschung ja verstehen, dennoch geht er einen Weg, den ich nicht einfach so nachvollziehen kann. Seine Frau und seine Kinder haben nichts mit seinem Leid zu tun und dennoch verschliesst er sich ihnen komplett. :-(


    Das ist auch nicht zu entschuldigen - aber gerade diese hässliche Seite an ihm, dieses Abgründige fand ich faszinierend zu schreiben.


    Zitat

    Original von Ayasha
    Alleine in seinen Augen erkennt man den Selkie, den "alten" Raharjo noch und ich hoffe, dass sein Sohn Duncan den Schlüssel für den eisernen Kasten, in den Raharjo sein Herz eingeschlossen hat, findet.


    Ein sehr, sehr schöner Wunsch. :knuddel1


    Zitat

    Original von Ayasha
    In gewisser Weise hat sie nach dem überraschenden Aufeinandertreffen ihren Selkie ein zweites Mal verloren. ;-(


    Absolut, ja.



    Zitat

    Original von Ayasha
    Ich erinnere mich nicht mehr an die genaue Stelle im Buch - aber in dem Moment habe ich mich gefragt, ob Georgina eine Zwillingsschwester oder -bruder gehabt hatte. Das könnte auch Cempakas Verhalten verhalten erklären... :gruebel Möglicherweise geht dieser Gedanke viel zu weit - aber ei solchen Büchern lasse ich meine Phantasie gerne herum schweifen... ;-)


    Klar, warum auch nicht?
    Und ich finde, gerade diese Geschichte lädt sehr dazu ein - durchaus im Sinne der Autorin ... :zwinker


    Zitat

    Original von Ayasha
    Auf jeden Fall bin ich nach wie vor begeistert - wenn auch emotional aufgewühlt. Aber das macht doch grad Nicoles Bücher aus... ;-) Jedenfalls bin ich sehr froh, dass jetzt Wochenende ist und ich hoffentlich viel Lesezeit habe.


    :knuddel1

  • Raharjo ist nun also reich geworden, eine Heirat wird arrangiert wie ein Geschäft (auch wenn die Braut nie im Leben "nein" gesagt hätte), er hat ein Haus gebaut, das wunderschön sein muss – besonders die Beschreibung des Inneren, des Lichts und der Farben hat es mir angetan, dafür hat er meine Hochachtung -. Man scheint ihn zu respektieren, vielleicht sogar zu fürchten; auf jeden Fall ist er nun jemand, mit dem man sich gut stellen sollte. Tja. So weit, so gut – oder ungut.
    Er ist ein seltsamer Mensch, Treibholz seiner Zeit, seiner Umgebung. Die Wunde, die ihm geschlagen wurde (nur durch Georgina?), erklärt mir manches, aber nicht alles. Vermutlich kommt die Entfremdung in Bezug auf seine Familie hinzu.
    Das geschilderte Verhalten gegenüber seinen Kindern erscheint mir fragwürdig, auch wenn ich Zeit und Ort berücksichtige. Warum tut er ihnen das an, was haben sie ihm denn getan bzw. was können sie dafür, dass Georgina nicht ihre Mutter ist – sollte er nicht wissen um die Schwäche und Schwachheit von Kindern? Im Moment finde ich wenig Liebenswertes an ihm … und wenn er so weitermacht, ist ihm wenigstens augenblicksweise meine Verachtung sicher. Was ganz besonders in Bezug auf seine „Ehre“, seinen verletzten Stolz gilt. Was ist das doch für ein misshandelter, missbrauchter und vergewaltigter Begriff. Raharjo bringt er dazu, nicht einmal nachzudenken, nicht einmal eine einzige Frage zu stellen, er will gar nicht wissen, ob Georgina auch nur den Hauch einer Chance gehabt hätte, anders zu handeln, als man ihr auferlegte. Aber es ist, wie es ist: Er ist nicht der Erste, und er wird nicht der Letzte sein, der so handelt. Das zu lesen, bedrückt mich sehr, und ich habe mir sogar leise die Frage gestellt, ob es ihm nicht einmal etwas ausgemacht hätte, wenn er in Georgina Hass geweckt hätte.


    Georgina … in gewisser Weise ist sie Raharjo sehr ähnlich. Ein Teil ihres Wesens fehlt, sagt sie Seite 224. Ein wesentlicher Teil, möchte man hinzufügen. Manchmal habe ich das Gefühl, sie habe irgendeine (familiäre?) Bindung an die Orang Laut. Etwas beängstigend empfinde ich die Beziehung zu Raharjo. Liebe, sagt sie, sagt er. Aber in dieser Abhängigkeit ist fast etwas Seltsames, etwas nicht Erklärbares (dämonisch fiel mir auch noch ein, aber der Begriff ist mir dann doch zu stark) … jedenfalls sehe ich da etwas, was ich mit dem Begriff Liebe, so wie ich sie verstehe, nur bedingt in Einklang bringen kann. Leidenschaft – einverstanden. Rausch, Lust, Begierde – auch einverstanden. Mir kam der Liebestrank aus „Tristan und Isolde“ in den Sinn. So wirkt das auf mich: Etwas hat seinen „Zauber“ gesprochen, sein „Netz“ ausgeworfen, und die beiden sind darin gefangen, ob sie wollen oder nicht (und das ist ihnen natürlich nicht bewusst).


    Jedenfalls würde ich für eine langfristige Partnerschaft keine großen Chancen sehen. Sie würde irgendwann an der Realität scheitern, auch wenn Raharjo nun reich ist, ein großes Haus führt und sich „zu benehmen“ weiß (wenigstens, so lange es dem Geschäft dient). Letztlich liegt es vielleicht – auch – daran, dass Georgina zu wenig von der Welt der Orang Laut kennengelernt hat, sondern nur das, was Raharjo ihr erzählt hat, nur das, was sie sich vorstellt. Und was, wenn die Leidenschaft abkühlt?


    Das Gerede, Georgina würde Unglück und Unheil bringen, wohin sie auch gehe, hat etwas Rätselhaftes. Cempaka erwähnte es auch schon … und ich frage mich, ob es nicht mit dem erklärlich ist, was Paul Bigelow anspricht (ihr Ausweichen, was er auch unternimmt, Seite 223). Manchmal habe ich den Eindruck, sie ist nicht wirklich bindungsfähig, etwas hält sie ab, sich ganz einzulassen, sich ganz zu öffnen. Ihre Kinder scheint sie zu lieben, sie scheint auch zu wissen, welchen Halt ihr Bigelow bietet, bieten kann. Hat man sie allzu deutlich spüren lassen – und nicht im Guten -, dass sie als einziges Kind überlebte, während alle anderen und die Mutter starben? Jedenfalls: Ab einem Punkt ist sie nicht mehr zu fassen, und ich vermute stark, das würde auch für Raharjo gelten.


    Paul Bigelow jedenfalls tut mir aufrichtig leid. Manchmal, das sei eingestanden, werfe ich ihm ein „konntest du dich nicht in jemand anderes verlieben?“ an den Kopf. Schlimm, nicht wahr?


    Und dann ist da ja auch noch Leelavati. Ein so schöner Name. Und so schöne Träume. Und der schönste … zerplatzt. Und niemand da, der sie trösten wird. Hoffentlich schlägt ihre Liebe nicht einmal um, in Hass, oder in Verachtung.


    Die historischen Begebenheiten, die Beschreibungen von Land und Leuten, von Farben und Gerüchen haben es mir angetan und ich mag mir gar nicht vorstellen, wie viele Recherchen dafür nötig waren, wie viel Zeit das „gekostet“ hat (ist ja schon beantwortet, aber, Pardon, es war nun schon mal geschrieben :grin). Für mich bringen sie jedenfalls Ruhe in diesen Roman, derer ich manchmal doch etwas nötiger bedarf. Die Personen lassen mich nicht gleichgültig, ich würde die Eine oder den Anderen manchmal am liebsten in den Arm nehmen und trösten, ich schimpfe mit ihnen, schüttele über sie den Kopf, in einem Fall habe ich mich gar dabei ertappt, eine Ohrfeige austeilen zu wollen! Ich! Schlimm, ich sag's ja...


    Wieder eine Frage: Was bitte, ist „herzloses Blau“ (Seite 237)? So etwas wie ein kalter eisblauer Januarhimmel, versetzt ins schwül-heiße Singapur?

  • Liebe Lipperin - so schöne, so wichtige Gedanken hier von Dir, die mich aufgeregt herumzappeln lassen, weil ich merke, es kommt bei Dir so an wie ich es gemeint habe. Und weil ich so gespannt bin, wie es Dir weiter mit den Personen dieser Geschichte geht ...



    Zitat

    Original von Lipperin
    Raharjo ist nun also reich geworden, eine Heirat wird arrangiert wie ein Geschäft (auch wenn die Braut nie im Leben "nein" gesagt hätte), er hat ein Haus gebaut, das wunderschön sein muss – besonders die Beschreibung des Inneren, des Lichts und der Farben hat es mir angetan, dafür hat er meine Hochachtung -.


    Ist inspiriert vom Inneren des Malay Heritage Centre in Singapur, dem früheren Palast des Sultans von Johor - heißt zwar Palast, ist für europäische Begriffe allerdings mehr eine grozügige Villa.
    Und neben all dem anderen Schönen, das mir dort für dieses Buch begegnete, dachte ich dort immer wieder: so müsste Raharjo wohnen, so würde er sich ein Haus einrichten, das entspricht ihm.


    Zitat

    Original von Lipperin
    Er ist ein seltsamer Mensch, Treibholz seiner Zeit, seiner Umgebung.


    So schön ausgedrückt.


    Zitat

    Original von Lipperin
    Im Moment finde ich wenig Liebenswertes an ihm … und wenn er so weitermacht, ist ihm wenigstens augenblicksweise meine Verachtung sicher.


    Finde ich absolut nachvollziehbar.


    Zitat

    Original von Lipperin
    Georgina … in gewisser Weise ist sie Raharjo sehr ähnlich. Ein Teil ihres Wesens fehlt, sagt sie Seite 224. Ein wesentlicher Teil, möchte man hinzufügen. Manchmal habe ich das Gefühl, sie habe irgendeine (familiäre?) Bindung an die Orang Laut. Etwas beängstigend empfinde ich die Beziehung zu Raharjo. Liebe, sagt sie, sagt er. Aber in dieser Abhängigkeit ist fast etwas Seltsames, etwas nicht Erklärbares (dämonisch fiel mir auch noch ein, aber der Begriff ist mir dann doch zu stark) … jedenfalls sehe ich da etwas, was ich mit dem Begriff Liebe, so wie ich sie verstehe, nur bedingt in Einklang bringen kann. Leidenschaft – einverstanden. Rausch, Lust, Begierde – auch einverstanden. Mir kam der Liebestrank aus „Tristan und Isolde“ in den Sinn. So wirkt das auf mich: Etwas hat seinen „Zauber“ gesprochen, sein „Netz“ ausgeworfen, und die beiden sind darin gefangen, ob sie wollen oder nicht (und das ist ihnen natürlich nicht bewusst).


    Ja, sie ist ihm sehr ähnlich. ZU ähnlich.
    Für mich hat das in dieser Zeit auch nicht viel mit Liebe zu tun, das hat etwas Obsessives, Zerstörerisches, viel mit Macht zu tun.


    Zitat

    Original von Lipperin
    Manchmal habe ich den Eindruck, sie ist nicht wirklich bindungsfähig, etwas hält sie ab, sich ganz einzulassen, sich ganz zu öffnen. Ihre Kinder scheint sie zu lieben, sie scheint auch zu wissen, welchen Halt ihr Bigelow bietet, bieten kann. Hat man sie allzu deutlich spüren lassen – und nicht im Guten -, dass sie als einziges Kind überlebte, während alle anderen und die Mutter starben? Jedenfalls: Ab einem Punkt ist sie nicht mehr zu fassen, und ich vermute stark, das würde auch für Raharjo gelten.


    So empfinde ich sie auch, ja.


    Zitat

    Original von Lipperin
    Paul Bigelow jedenfalls tut mir aufrichtig leid. Manchmal, das sei eingestanden, werfe ich ihm ein „konntest du dich nicht in jemand anderes verlieben?“ an den Kopf. Schlimm, nicht wahr?


    Schlimm für Paul auf jeden Fall.
    Für uns, die wir dessen Zeuge werden, finde ich das eine verständliche Reaktion. :-)


    Zitat

    Original von Lipperin
    Die historischen Begebenheiten, die Beschreibungen von Land und Leuten, von Farben und Gerüchen haben es mir angetan und ich mag mir gar nicht vorstellen, wie viele Recherchen dafür nötig waren, wie viel Zeit das „gekostet“ hat (ist ja schon beantwortet, aber, Pardon, es war nun schon mal geschrieben :grin). Für mich bringen sie jedenfalls Ruhe in diesen Roman, derer ich manchmal doch etwas nötiger bedarf.


    Auch dafür waren sie gedacht - und ich freu mich, dass Du sie so empfindest.


    An den Faktor Zeit denke ich gar nicht so oft. Einerseits, weil man diesen Beruf so nicht sehen kann und auch besser nicht sollte. Andererseits - und das wiegt wesentlich schwerer - überwiegt doch immer die Neugierde, die Freude an der Spurensuche, am Entwickeln der Geschichte und ihres Hintergrunds. Es ist nicht immer so, es gibt auch zähe, frustrierende Tage, anstrengende Phasen - aber die meiste Zeit bin ich einfach gern in so einer entstehenden Romanwelt unterwegs.



    Zitat

    Original von Lipperin
    Die Personen lassen mich nicht gleichgültig, ich würde die Eine oder den Anderen manchmal am liebsten in den Arm nehmen und trösten, ich schimpfe mit ihnen, schüttele über sie den Kopf, in einem Fall habe ich mich gar dabei ertappt, eine Ohrfeige austeilen zu wollen! Ich! Schlimm, ich sag's ja...


    Ich ganz persönlich bin da sehr glücklich drüber, genau darauf hatte ich beim Schreiben gehofft.
    Ein zahmeres Personal hätt's mir für diesen Roman nicht getan, das hätte dem Schauplatz und seiner Geschichte nicht entsprochen.


    Zitat

    Original von Lipperin
    Wieder eine Frage: Was bitte, ist „herzloses Blau“ (Seite 237)? So etwas wie ein kalter eisblauer Januarhimmel, versetzt ins schwül-heiße Singapur?


    Es geht schon in die Richtung eines klaren Winterhimmels bei uns. In Singapur ist der Himmel manchmal von einem sehr intensiven, durchdringenden Blau, so blau, dass es fast in den Augen wehtut. Für mich eine Farbe, die nicht unbedingt Leichtigkeit vermittelt, sondern eine gewisse Härte hat - und dazu noch in Georginas Wahrnehmung an diesem Tag dann auch "herzlos".

  • O man, Raharjo hat sich ja zu einem richtigen Fiesling entwickelt.
    Reich ist er ja geworden aber sonst.


    Er heiratet Leelavati, da macht er es wie Paul, er hat Vorteile. Aber anders wie Paul ist er zu seiner Frau ist, gemein. Und seine Kinder sind ihm auch egal.


    Hoffentlich erzählt Georgina ihm nicht von seinem Sohn. So wie er jetzt ist kann das nur ein Fehler sein.


    Mehr kann ich nicht schreiben, ich bin schon weit im nächsten Teil, da könnte ich spoilern.


    Die Links sind toll, zeigen doch gleich ein wenig von singapur einst und jetzt

  • Zitat

    Original von Deichgräfin
    Hoffentlich erzählt Georgina ihm nicht von seinem Sohn. So wie er jetzt ist kann das nur ein Fehler sein.


    Allerdings - und das erklärt dann auch vieles an ihrem Verhalten in dieser Hinsicht ...

  • Der Hass, den Raharjo Georgina nun entgegenbringt, ließ mich erstmal sehr schwer schlucken. Ich hatte mich schon gefreut, dass sie wieder aufeinandertreffen, und dann so! Das fand ich echt heftig. Ich kann Raharjo in dieser Heftigkeit überhaupt nicht verstehen. Ja, er war enttäuscht von Georgina. Aber das ist Jahre her und er hat sich mittlerweile ein eigenes Leben aufgebaut. Lipperin, deine Gedanken dazu fand ich sehr gut und sehr nachvollziehbar. Wahrscheinlich ist bei ihm noch mehr schiefgelaufen, als "nur" der so empfundene Verrat Georginas. Aber das er nicht mal jetzt auf die Idee kommt, mal nachzufragen, nach dem Warum! :rolleyes


    Das Nichtaufeinandertreffen der beiden fand ich überhaupt nicht verwunderlich. Georgina ist überwiegend zu Hause und wenn sie doch mal rausgeht, verkehrt sie in komplett anderen Kreisen als Raharjo. Im Gegenteil - mich hat eher gewundert, dass sie sich beide auf einer Party wiedertreffen, wo sich Europäer, Chinesen und Eingeborene mischen. War das wirklich so?


    Verlierer sind momentan ganz klar die beiden Ehepartner Leelavati und Paul. Beide tun mir leid, weil sie trotz ihrer Bemühungen so zurückgestoßen werden. Ich finde auch nicht, dass Georgina für Paul nur ein Aushängeschild ist. Natürlich freut er sich, wenn sie gut ankommt, wer würde das nicht tun? Aber seine Bemühungen um sie gehen sehr viel tiefer und an Raharjos Beispiel sieht man sehr gut, wie mies man seine Ehefrau behandeln kann.

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Zitat

    Original von Lese-rina
    Das Nichtaufeinandertreffen der beiden fand ich überhaupt nicht verwunderlich. Georgina ist überwiegend zu Hause und wenn sie doch mal rausgeht, verkehrt sie in komplett anderen Kreisen als Raharjo. Im Gegenteil - mich hat eher gewundert, dass sie sich beide auf einer Party wiedertreffen, wo sich Europäer, Chinesen und Eingeborene mischen. War das wirklich so?


    Ja, war es.
    Es kam auch oft vor, dass Europäer zu malaiischen Festen eingeladen wurden, z.B. zu Hochzeiten.
    Diese spezielle Party bei Whampoa ist zwar fiktiv, aber anhand der Quellen so geschildert, wie es an einem solchen Abend bei ihm so zuging.


    Zitat

    Original von Lese-rina
    Verlierer sind momentan ganz klar die beiden Ehepartner Leelavati und Paul.


    Das sind sie absolut.



    Ich bin sehr neugierig, wie's Dir weiter mit den Personen geht - allen voran Raharjo ... :wave

  • Zitat

    Original von Nicole
    [quote]Original von spike
    Nicole
    Ich gebe dir hier die Antwort weil ich etwas angst habe zuviel zu verplappern. Ah Tong erinnert mich an meinen Grossvater mit seiner liebevollen und Wissenden art. Er ist der einzige der immer da ist für Georgina.


    Er hat auch etwas Väterlich-Großväterliches.
    quote]


    So habe ich das auch empfunden. Eine sehr sympathische "Neben"figur

  • Zitat

    Original von spike
    Nicole
    Vielen Dank für die Bilder und die Ton Aufnahmen. :knuddel1 Das sind nebst den Bücher für mich immer wieder einen Grund an den Leserunden teil zunehmen. Es macht die Geschichte so viel lebendiger.


    Für mich ist es die erste Leserunde mit Nicole und ich bin begeistert. Man bekommt so viele Infos zusätzlich und die Bilder und Tonaufnahmen sind einfach klasse. Ich werde zukünftig sicher wieder dabei sein.

  • Zitat

    Original von Knoermel
    So habe ich das auch empfunden. Eine sehr sympathische "Neben"figur


    Das verblüfft mich beim Schreiben selbst immer wieder: eben diese "Neben"figuren, über die ich mir vorab nie viel Gedanken machen und die dann von alleine so lebendig daherkommen und einen eigenen Raum in der Geschichte für sich beanspruchen und ausfüllen.
    Das ist für mich immer die echte Magie des Schreibens.


    Zitat

    Original von Knoermel
    Für mich ist es die erste Leserunde mit Nicole und ich bin begeistert. Man bekommt so viele Infos zusätzlich und die Bilder und Tonaufnahmen sind einfach klasse. Ich werde zukünftig sicher wieder dabei sein.


    *freu*


    Fänd ich sehr, sehr schön! :knuddel1

  • Hmmm … meine Meinung über Paul muss ich etwas revidieren. Er scheint Georgina wirklich zu lieben, aber er bleibt mir trotzdem unsympathisch, wenn auch nicht mehr ganz so doll.


    Über die Entwicklung von Raharjo bin ich etwas schockiert. Er hat es zu Reichtum gebracht und ebenfalls geheiratet. Aber wie hast du so schön geschrieben: Der Roman besteht aus Ambivalenzen. Raharjo muss wirklich sehr enttäuscht sein. Wie sonst könnte er so mit seiner Frau umgehen. Er liebt sie nicht und auch nicht die Kinder, aber sie ihn und sie hofft. Genauso wie bei Georgina und Paul, nur dass sie wesentlich respektvoller und menschlicher miteinander umgehen.


    Ist es verletzter Stolz? Er scheint sich gegen alle Gefühle anderen gegenüber verschlossen zu haben. Will er gar nicht wissen, warum Georgina damals nicht auf ihn gewartet hat, allein um etwas Frieden zu finden? Nein. Er will ihr alles nehmen. Und auch als sie wieder mit einander „anbändeln“ ist es doch nur ein Rausch. Und hinterher …


    Duncan wird in seinem Wesen seinem Vater immer ähnlicher. Die Sehnsucht nach dem Meer ist sehr stark ausgeprägt. Auch erfahren wir endlich mehr über den Tod von Georginas Mutter. Sehr traurig die ganze Situation damals. Fühlt sich der Vater deswegen vielleicht schuldig und kann Georgina deswegen nicht lieben? Ah Tong bleibt weiterhin ihr bester Vertrauter.


    Die ganze Geschichte wird hintermalt mit den wunderschönen Beschreibungen von Land und Leuten. Lebhafte Farben, starke Gerüche, vielfältige Geräusche der Natur begleiten mich während des Lesens. Aber auch die Veränderung die in diesem Land vor sich geht. Singapur wird größer, mehr Handel, mehr Menschen. Aufstände in anderen Gebieten, von denen die Stadt nicht unberührt bleibt. Toll geschrieben. Da waren bestimmt sehr sehr viele Recherchen notwendig. Aber es hat sich gelohnt. Man lernt eine Menge über diese Stadt und die Zeit und dank der wirklich gut gewählten Bilder hat man auch eine sehr gute visuelle Vorstellung.


    Ein starkes Buch mit vielen Gefühlen ... widersprüchlichen Gefühlen. Ich bin mehr als gespannt wie es weitergeht.

    :lesend Sven Koch - Dünensturm

    --------------------

    Hörbuch: Jean-Luc Bannalec - Bretonische Idylle

    Hörbuch: Judith Lennox - Die Jahre unserer Freundschaft

    SuB: 321

  • Zitat

    Original von Schubi
    Die ganze Geschichte wird hintermalt mit den wunderschönen Beschreibungen von Land und Leuten. Lebhafte Farben, starke Gerüche, vielfältige Geräusche der Natur begleiten mich während des Lesens. Aber auch die Veränderung die in diesem Land vor sich geht. Singapur wird größer, mehr Handel, mehr Menschen. Aufstände in anderen Gebieten, von denen die Stadt nicht unberührt bleibt. Toll geschrieben. Da waren bestimmt sehr sehr viele Recherchen notwendig. Aber es hat sich gelohnt. Man lernt eine Menge über diese Stadt und die Zeit und dank der wirklich gut gewählten Bilder hat man auch eine sehr gute visuelle Vorstellung.


    Sehr viel habe ich in Singapur selbst quasi "aufgesaugt", in Museen oder einfach unterwegs; ich mag die Stadt am liebsten, wo ihre Vergangenheit sicht- und spürbar, manchmal geradezu noch lebendig ist.
    Letztlich hatte ich mehr Recherchematerial zusammengetragen, als ich im Roman unterbringen konnte - weil für mich die Personen im Vordergrund standen, die mit ihrer Geschichte jeder ein Stückchen Singapur sein sollten.



    Ganz spannend, wie sich Dein Empfinden für Paul und Raharjo verändert hat - und ich bin sehr neugierig, wie's Dir weiter mit ihnen (und der Geschichte) geht .... :wave