'Zeit der wilden Orchideen' - Kapitel 14 - 17

  • Zitat

    Original von Bücherfreund
    Geht es noch jemand so wie mir, Georgina wird mir im Laufe der Geschichte immer unsympathischer. Dass sie an ihre Familie denkt, glaube ich nicht, dann wär's bei dem Treffen mit Raharjo geblieben. Der einzige der tatsächlich nicht egoistisch handelt, ist Paul.


    Mir geht es genau so. Als Kind hatte Georgina noch mein Mitgefühl, aber je älter sie wird, desto unsympathischer, um nicht zu sagen gleichgültiger wird sie mir. Und da ich auch mit Raharjo und Paul nicht so recht warm werde, fesselt mich die Geschichte leider immer weniger. Es ist mein sechster Nicole-Roman und das ist mir bisher noch bei keinem passiert.


    Die Geschichte mit dem kleinen Chinesenmädchen klingt allerdings spannend. Schaun wir mal wie es weitergeht ;-)

  • Georgina und Raharjo leben eine Affähre. Paul bekommt irgend etwas mit und schickt seine Frau unter dem Vorwand der Bildung der Söhne, mit ihnen nach England. Vielleicht will er ja wirklich nur eine bessere Bildung für die beiden Jungen. Aber somit löst sich auch das "Problem" Georgina für ihn erstmal.


    Schön fand ich die Abfahrtsszene auf Seite 284, als Duncan sagt, dass er zur See fahren wird, wenn er gross ist. Und Georginas Reaktion darauf, dass sie mit einem ehrlichen "das wirst du" antwortet. Sie ist überzeugt davon, dass ihr Sohn genausowenig vom Wasser weg kann wie sein Vater. Und ich glaube auch, sie würde ihn bei diesem Vorhaben, also dieser "Berufswahl" unterstützen.


    Raharjo ist schon wieder gekränkt, dass Nilam weg ist, anscheinend ohne ihn darüber zu informieren. Er hat einen Brief nach Hause bekommen, sicher von Nilam, die ihm schreibt, dass sie für eine Weile weg muss, aber Leelavati empfängt das Schreiben und vernichtet es. OK, das hätte ich sicher auch gemacht. Sie merkt ja auch, dass Raharjo sich immer weiter von ihr entfernt. Also noch unantastbarer ist, als er es vor der Zeit mit Nilam war.


    Und dann finden Raharjo und seine Männer auch noch Mädchen und junge Frauen, sicher für Bordelle und Opiumhöllen, in dem chinesischen Schiff und retten sie. Ein Mädchen nimmt Raharjo mit zu sich nach Hause und kümmert sich darum, dass die Kleine isst. Wie die Angestellten schon bemerken, ganz anders als bei seinen eigenen Kindern. Woher der plötzliche Sinneswandel? Und, wird er jetzt vielleicht auch etwas netter zu seiner eigenen Familie? Was wird er sich jetzt wieder einfallen lassen, dass er der Firma Findlay antun kann? Oder kommt ihm Paul zuvor?


    Fragen über Fragen... Ich werde also weiterlesen. :-)

  • @ Selma


    Das tut mir ja total leid, dass es Dir mit dem Buch so geht - ich hoffe natürlich, dass es Dich noch mal packen kann ... :knuddel1



    @ mazian



    Zitat

    Original von mazian
    Georgina und Raharjo leben eine Affähre. Paul bekommt irgend etwas mit und schickt seine Frau unter dem Vorwand der Bildung der Söhne, mit ihnen nach England. Vielleicht will er ja wirklich nur eine bessere Bildung für die beiden Jungen. Aber somit löst sich auch das "Problem" Georgina für ihn erstmal.


    Es ist tatsächlich beides, was ihn dazu bringt, diese Entscheidung zu treffen.

  • Ich bin heute nach 3 Tagen Urlaub wieder im Büro und die erste von vielen ungelesenen eMails, die ich aufmache, ist aus Singapur. :lache


    Mir ist Georgina gar nicht so unsympathisch. Ich war zwar zu Anfang etwas erstaunt, dass sie eine Affäre mit Raharjo beginnt, aber ich kann das irgendwie schon nachvollziehen. Zwischen den beiden brennt immer noch das Feuer der ersten großen Liebe. Welche Alternative hätten die beiden denn zu der Zeit gehabt? Die Ehepartner verlassen war wohl damals sicher keine Option und die Uhr lässt sich eben nicht einfach so zurückdrehen, aber Gefühle und Leidenschaft sich auch nicht mal eben so an- und ausknipsen.


    Was ich allerdings nicht verstehe, ist, dass die beiden sich nicht wieder auf einer Ebene annähern, die tiefer ist als Leidenschaft und aus der beide auch wieder Vertrauen schöpfen und anfangen können, miteinander zu reden. Dass Georgina Raharjo nicht erzählt, dass Duncan sein Sohn ist und warum sie damals in die Ehe mit Paul gedrängt wurde, will mir gar nicht in den Kopf. Raharjo scheint auch der Respekt für Nilam-Georgina vollkommen abhanden gekommen zu sein. Schade.


    Pauls Verhalten kann ich in gewissem Maße verstehen. Zum einen war es damals sicher üblich, dass die Kinder aus den Kolonialgebieten zur Ausbildung nach England geschickt wurden. Zum anderen versucht er natürlich, Georgina von ihrem Liebhaber fernzuhalten. Dass Georgina so reagiert hat, will ich ihr gar nicht so sehr als mangelnde Liebe zu ihren Söhnen ankreiden. Sie wäre sicher am liebsten mit ihren Söhnen in Singapur geblieben. Schließlich hat sie selbst als junges Mädchen diese "Entwurzelung" erleben müssen und wollte dies ihren Söhnen - besonders vermutlich Duncan - ersparen.


    Wie sich die Geschichte mit dem kleinen Chinesenmädchen jetzt weiterentwickelt, interessiert mich brennend. Ein bisschen kam da der alte Raharjo endlich mal wieder zum Vorschein.

    With freedom, books, flowers and the moon, who could not be happy? - Oscar Wilde


    :lesend Rock My World - Christine Thomas

  • So, nachdem ich übers WE ziemlich durchgehangen habe was das posten angeht, hänge ich irgendwo mitten im 4. Abschnitt und muss meine Bemerkungen zu den anderen Abschnitten noch nacharbeiten :-]


    Ich bin nach wie vor begeister von dem Buch und eigentlich ganz froh, dass ich für meine Verhältnisse recht langsam vorwärts kommen. So kann ich wenigstens jede Seite genießen.

  • Zitat

    Original von Nicole
    Das geht mir als Leserin wie als Autorin genauso. :-)
    Ich finde nichts langweiliger als spiegelglatte Charaktere, die immer alles richtig machen. Ich mag Romanfiguren mit Brüchen und Abgründen, an denen man sich reiben kann und die man manchmal ohrfeigen möchte.


    Das ist aber das, was ich an deinen Büchern so genial finde. Jede Figur wirkt authentisch. Selten weiß man, wie sich Georgina oder Paul im nächsten Kapitel verhalten. Das macht es erst spannend. Ich hätte zum Beispiel nicht vermutet, dass Georgina sich nochmal auf Raharjo einlässt aber offensichtlich scheint Georgina an der Stelle auch ihr Leben nicht zu schätzen.


    Pauls Vorschlag sie nach England zu schicken finde ich sehr vernünftig. Georgina hingegen wirkt alles andere als vernünftig sondern eher sehr um ihr eigenes Ego kreisend. Sie denkt nicht sehr an die Zukunft, lebt eher im hier und jetzt.


    Dass Paul hier aber auch zwei Fliegen mit einer Klappe schlägt finde ich auch garnicht so abwegig. Irgendwie ist er verdammt klug. Ich mag ihn inzwischen.. :lache Er wirkt an manchen Stellen so umsorgend ohne nur an sich zu denken..


    Insgesamt bin ich wieder mal sehr gepackt von der Geschichte. Versuche es mir Abschnitt für Abschnitt einzuteilen, damit es nicht so schnell zu Ende ist. Es macht gute Laune, lässt einen abtauchen, einfach herrlich.

  • Zitat

    Original von Lucy1987
    Das ist aber das, was ich an deinen Büchern so genial finde. Jede Figur wirkt authentisch. Selten weiß man, wie sich Georgina oder Paul im nächsten Kapitel verhalten. Das macht es erst spannend.


    Da kann ich allerdings auch nur bedingt was für.
    Ich staune selbst immer, wie die Figuren, die ich im Exposé skizziere, sich im Lauf der Arbeit an einem Roman zu richtigen Personen entwickeln. Tiefe bekommen, ganz verschiedene Seiten und Facetten.


    Gerade Paul ist da ein schönes Beispiel für.
    Ganz zu Anfang schwebte mir ein ziemlicher Fiesling vor, und genauso stand er auch im Exposé. Und dann hatte er seinen ersten Auftritt - und ich saß perplex am Schreibtisch und dachte: Huch, den finde ich aber sympathisch. Er ist nicht ohne - aber viel weniger fies als ich dachte, ich mag ihn.


    Zitat

    Original von Lucy1987
    Ich hätte zum Beispiel nicht vermutet, dass Georgina sich nochmal auf Raharjo einlässt aber offensichtlich scheint Georgina an der Stelle auch ihr Leben nicht zu schätzen.


    Ich hab sie auch deshalb so gern geschrieben, weil sie sich da wenigstens ein Stückchen von dem, was ihr vom Leben / Schicksal genommen worden ist, zurückholen will; das fand ich einen spannenden Aspekt an ihr.




    Zitat

    Original von Lucy1987
    Dass Paul hier aber auch zwei Fliegen mit einer Klappe schlägt finde ich auch garnicht so abwegig. Irgendwie ist er verdammt klug. Ich mag ihn inzwischen.. :lache Er wirkt an manchen Stellen so umsorgend ohne nur an sich zu denken..


    Ja, er ist wirklich klug. :-)
    Ich glaube schon, dass man sich da fragen kann, ob das fair und wirklich liebend von ihm ist, sie gegen ihren Willen fortzuschicken. Aber er hat ja auch eigentlich nichts davon, er muss dann auch auf sie und die beiden Buben verzichten.


    Zitat

    Original von Lucy1987
    Insgesamt bin ich wieder mal sehr gepackt von der Geschichte. Versuche es mir Abschnitt für Abschnitt einzuteilen, damit es nicht so schnell zu Ende ist. Es macht gute Laune, lässt einen abtauchen, einfach herrlich.


    Da freut sich jetzt jemand hier sehr! :knuddel1

  • Eigentlich hätte ich Nilam und Raharjo am liebsten zusammen in eine enge, dunkle Kammer gesperrt, bis die beiden vernünftig miteinander reden. Aber dann wären sie wohl auch wieder nur über einander her gefallen…. :lache Mann, ich könnte die beiden echt am Kragen packen und schütteln. *schimpf* ;-)


    Es ist eine gute Frage, ob mir Nilam dadurch unsympathischer wird… :gruebel Ich sehe es jedoch wie im richtigen Leben: wenn ich jemanden lieb gewonnen habe und dieser jemand Mist baut, wende ich mich auch nicht direkt von ihm/ihr ab. Als Freundin würde ich ihr auf jeden Fall gehörig die Leviten lesen. Gleichzeitig empfinde ich die Entwicklung der Figuren – so wenig sie mir gefällt – als in sich schlüssig erzählt. Die kleine süsse Nilam, die damals im Garten in ihrer eigenen Märchenwelt lebte, gibt es nicht mehr. Das Schicksal und alle Ereignisse haben sie verändert und zudem gemacht, was sie heute ist.


    Ein Gedanke lässt mich aber nicht mehr los. Ich verstehe Nilams Beweggründe Raharjo seinen Sohn zu verschweigen. Nach seiner Drohung sind ihre Ängste auf jeden Fall begründet. Nachdem Raharjo auf dem Schmugglerschiff sein „anderes“ (viel schöneres und liebenswerteres) Gesicht zeigte und sich liebevoll dem chinesischen Mädchen annahm, frage ich mich, ob sein Sohn ihn nicht auch versöhnlicher gestimmt hätte. :gruebel Aber hätte, hätte…. damit ist ja bekanntlich niemandem geholfen. ;-) Daher lese ich lieber schnell weiter. Wie so viele andere bin ich auch gespannt, welche Rolle das chinesische Mädchen noch spielen wird.

  • Zitat

    Original von Ayasha
    Eigentlich hätte ich Nilam und Raharjo am liebsten zusammen in eine enge, dunkle Kammer gesperrt, bis die beiden vernünftig miteinander reden. Aber dann wären sie wohl auch wieder nur über einander her gefallen…. :lache Mann, ich könnte die beiden echt am Kragen packen und schütteln. *schimpf* ;-)


    .


    Ich schüttel mit..


    Paul gefällt mir doch inzwischen besser. Gut das er Georgina mit den Söhnen nach London verbannt ist nicht so richtig gut, aber was soll er sonst machen.


    Raharjo ist zwar hart und ungerecht geworden, aber als er die kleine Chinesin mit in seinen Haushalt bringt und ihr auch hilft, sieht man doch, er hat noch eine gute Ader.

  • Zitat

    Original von Ayasha
    Es ist eine gute Frage, ob mir Nilam dadurch unsympathischer wird… :gruebel Ich sehe es jedoch wie im richtigen Leben: wenn ich jemanden lieb gewonnen habe und dieser jemand Mist baut, wende ich mich auch nicht direkt von ihm/ihr ab. Als Freundin würde ich ihr auf jeden Fall gehörig die Leviten lesen. Gleichzeitig empfinde ich die Entwicklung der Figuren – so wenig sie mir gefällt – als in sich schlüssig erzählt. Die kleine süsse Nilam, die damals im Garten in ihrer eigenen Märchenwelt lebte, gibt es nicht mehr. Das Schicksal und alle Ereignisse haben sie verändert und zudem gemacht, was sie heute ist.


    Ich bin froh, dass Du so für sie empfindest. :knuddel1



    Zitat

    Original von Ayasha
    Aber hätte, hätte…. damit ist ja bekanntlich niemandem geholfen. ;-)


    Ich hoffe, ich verrate nicht zuviel, wenn ich sage, dass ich das in diesem Buch für einen sehr wichtigen Gedanken halte. :-)


    Zitat

    Original von Deichgräfin


    Ich schüttel mit..


    Ich kann's euch nicht verdenken!


    Ich fand die Situation so faszinierend, dass zu viel Porzellan zerschlagen ist, die beiden sich auch jeweils selbst im Weg herumstehen, um miteinander reden zu können - aber die Erinnerung an eine Liebem eine starke Anziehungskraft immer noch da ist.


    Zitat

    Original von Deichgräfin
    Paul gefällt mir doch inzwischen besser. Gut das er Georgina mit den Söhnen nach London verbannt ist nicht so richtig gut, aber was soll er sonst machen.


    Ich find's auch ein bisschen fragwürdig von ihm - und gleichzeitig absolut verständlich, denn wie Du so richtig sagst: was soll er denn sonst auch machen..

  • Leider melde ich mich jetzt erst, aber ich war so in das Geschehen vertieft, dass ich mich nicht bremsen konnte und einfach nur gelesen und gelesen und gelesen.... habe.


    Raharjo und Nilam - sie lieben sich und sie hassen sich und können trotzdem nicht voneinander lassen.


    Raharjo behandelt seine Kinder ja nicht gerade vorbildlich, aber als er auf dem Schiff mit seinen Männern die ganzen Mädchen gerettet hat, das hat mir sehr imponiert.


    Besonders das kleine Chinesenmädchen, das er in sein Haus aufnimmt, behandelt er mit einer Fürsorge, die er seinen Kindern nie entgegenbringt.


    Wer mir von Kapitel zu Kapitel immer besser gefällt ist Paul. Er hat zwar Georgina und seine Söhne nach England geschickt, aber ich glaube er hat auch darunter gelitten. Er wollte Georgina bestimmt nur aus den "Fängen" Raharjos und damit seine Ehe retten.


    Außerdem hat Paul es auch geschäftlich nicht einfach. Besonders seit Raharjo seine Finger im Spiel hat und seine Drohung wahr macht. Zumindest glaube ich, dass dies so ist.


    Viele Grüße :wave

  • Zitat

    Original von Sabine Sorg
    Leider melde ich mich jetzt erst, aber ich war so in das Geschehen vertieft, dass ich mich nicht bremsen konnte und einfach nur gelesen und gelesen und gelesen.... habe.


    Find ich völlig in Ordnung (und freu mich sehr, das zu lesen ... )



    Zitat

    Original von Sabine Sorg
    Wer mir von Kapitel zu Kapitel immer besser gefällt ist Paul. Er hat zwar Georgina und seine Söhne nach England geschickt, aber ich glaube er hat auch darunter gelitten. Er wollte Georgina bestimmt nur aus den "Fängen" Raharjos und damit seine Ehe retten.


    *freu*


    Er hat sich das auch nicht leicht gemacht - eben weil er auch wusste, er schneidet sich damit ins eigene Fleisch.

  • Zu dem Abschnitt gibts wahnsinnig viel zu sagen, ich fange also mal an ;-).


    Zitat

    Original von Selma
    ..., fesselt mich die Geschichte leider immer weniger.


    Mir gehts genau umgekehrt wie Selma! Gerade, weil ich mit diesen Wendungen nie im Leben gerechnet hätte, finde ich das Buch jetzt wieder richtig spannend! Hatte ich vor allem im 2. Abschnitt Probleme mit der Handlung, bin ich jetzt richtiggehend begeistert. Gerade weil die Protagonisten nicht schwarz oder weiß sind, sondern in ganz unterschiedlichen Grauschattierungen. Und ehrlich, so sind wir Menschen doch nun mal!


    Zitat

    Original von Nicole
    Wirklich "gut" ist in dieser Geschichte glaube ich niemand, bis auf Ah Tong und ein, zwei weitere "Neben"figuren.


    Genauso habe ich es auch empfunden. Und vielleicht offenbart uns ja Ah Tong auch noch ein dunkles Geheimnis!? :-)


    Zitat

    Original von Herr Palomar
    Wer im Leben unter Zwängen steht, handelt, wie er glaubt, es zu müssen, und Georgina und Raharjo sind alles andere als handzahme Protagonisten.


    Diese Aussage würde ich noch ergänzen. Nicht nur wenn man unter Zwang steht, handelt man völlig irrational, sondern auch aus ganz anderen Gründen wie z. B. Liebe, Begehren oder auch Langeweile. Vor zwanzig Jahren hätte ich als Heranwachsende nicht geglaubt, dass Erwachsene so unvernünftig sein können, aber heute weiß ich es besser. "Alter schützt vor Torheit nicht." Obwohl man wahrscheinlich genau weiß, dass es Schwierigkeiten nach sich zieht. Aber wie Herr Palomar auch geschrieben hat: gerade diese Schwächen machen die Figuren menschlich und interessant. Vielleicht gerade deshalb sympathisch, nicht weil sie so "gut" handeln, sondern weil sie "ganz normal" agieren.


    Georgina macht das sicher nicht für Firma oder Familie. Vielleicht redet sie sich das ein, um ihre Schuldgefühle zu unterdrücken. Aber es ist ziemlich naiv von ihr zu glauben, dass ihr Verhältnis nicht früher oder später auffliegt. Da kann schon eine Kleinigkeit (verplapperndes Kind, falsche Person am falschen Ort, ...) das Kartenhaus zum Einsturz bringen. Ich frage mich nur, ob Georgina momentan zu Raharjo Liebe empfindet oder diese Affäre nicht eher aus anderen Gründen wie Begehrtwerden, Sentimentalität oder Realitätsflucht aufrechterhält. Schließlich benimmt er sich wie ein riesengroßes A.... und behandelt sie auch so. Verliebt kommen mir beide nicht (mehr) vor.


    Sehr interessant fand ich eure Reaktionen auf Paul. In den letzten Abschnitten mochten ihn wenige, da fand ich ihn aber sehr zuvorkommend gegenüber Georgina. Und jetzt, da er sich meiner Meinung nach total mies ihr gegenüber verhält, nehmen ihn viele in Schutz.


    Zitat

    Original von Enchantress
    Pauls Verhalten kann ich in gewissem Maße verstehen. Zum einen war es damals sicher üblich, dass die Kinder aus den Kolonialgebieten zur Ausbildung nach England geschickt wurden. Zum anderen versucht er natürlich, Georgina von ihrem Liebhaber fernzuhalten.


    Verstehen kann ich ihn schon, ja. Aus seiner Sicht war es die richtige Entscheidung, Georgina aus der Schusslinie, weit weg ins ferne England zu bringen. Nicht nur um sie von Raharjo fernzuhalten, sondern sie auch vor ihm zu schützen. Trotzdem: so geht das nicht! Er kann sie doch nicht wie ein kleines Kind ohne vorheriges Gespräch gegen ihren erklärten Willen und unter Bruch seines Versprechens nach England verfrachten! :nono Ob Georgina ihm das je verzeihen wird?


    Unsympathisch wird er mir trotzdem nicht. Er handelt so, wie er es für richtig hält, auch wenn es das objektiv gesehen nicht ist. Genau wie Georgina also!


    Neben den vielseitigen Personen bin ich von den Beschreibungen der Stadt Singapur und seiner Geschichte ganz hingerissen! Ich bin ja jemand, den die üppigen und farbenfrohen Landschaftsbeschreibungen fast erschlagen, aber diese Schilderungen des Lebens in der Stadt finde ich wirklich ganz, ganz toll und ich genieße diese Seiten! Mich fasziniert diese Mischung vieler ganz verschiedenartiger Völker und Kulturen und ich finde es sehr schön, dass sich diese Vermengung auch im Buch wiederspiegelt.


    Ich würde jetzt auch wahnsinnig gerne weiterlesen, aber ich Döskopf habe gestern mein Buch verlegt :bonk und trotz intensiver Suche ist es noch nicht wiederaufgetaucht! Kann doch wohl nicht wahr sein, jetzt hilft nur noch weitersuchen! :lupe

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Zitat

    Original von Lese-rina
    Gerade weil die Protagonisten nicht schwarz oder weiß sind, sondern in ganz unterschiedlichen Grauschattierungen. Und ehrlich, so sind wir Menschen doch nun mal!


    ... und von genau solchen Menschen wollte ich auch erzählen. :-)


    Zitat

    Original von Lese-rina
    Georgina macht das sicher nicht für Firma oder Familie. Vielleicht redet sie sich das ein, um ihre Schuldgefühle zu unterdrücken. Aber es ist ziemlich naiv von ihr zu glauben, dass ihr Verhältnis nicht früher oder später auffliegt. Da kann schon eine Kleinigkeit (verplapperndes Kind, falsche Person am falschen Ort, ...) das Kartenhaus zum Einsturz bringen. Ich frage mich nur, ob Georgina momentan zu Raharjo Liebe empfindet oder diese Affäre nicht eher aus anderen Gründen wie Begehrtwerden, Sentimentalität oder Realitätsflucht aufrechterhält. Schließlich benimmt er sich wie ein riesengroßes A.... und behandelt sie auch so. Verliebt kommen mir beide nicht (mehr) vor.


    Tolle Gedanken dazu!



    Zitat

    Original von Lese-rina
    Neben den vielseitigen Personen bin ich von den Beschreibungen der Stadt Singapur und seiner Geschichte ganz hingerissen! Ich bin ja jemand, den die üppigen und farbenfrohen Landschaftsbeschreibungen fast erschlagen, aber diese Schilderungen des Lebens in der Stadt finde ich wirklich ganz, ganz toll und ich genieße diese Seiten! Mich fasziniert diese Mischung vieler ganz verschiedenartiger Völker und Kulturen und ich finde es sehr schön, dass sich diese Vermengung auch im Buch wiederspiegelt.


    Darüber freu ich mich riesig! :-)


    Zitat

    Original von Lese-rina
    Ich würde jetzt auch wahnsinnig gerne weiterlesen, aber ich Döskopf habe gestern mein Buch verlegt :bonk und trotz intensiver Suche ist es noch nicht wiederaufgetaucht! Kann doch wohl nicht wahr sein, jetzt hilft nur noch weitersuchen! :lupe


    Ich drück die Daumen, dass es wieder aufgetaucht ist!

  • Mühsam ernährt sich das lippische Eichhörnchen ...



    Ein neues Haus für die Familie, aber die Probleme bleiben nicht nur, sie scheinen sich zu steigern. Georginas Verhalten stärkt in mir eigentlich den Verdacht, sie habe irgendeine Beziehung bzw. Bindung an die Orang Laut. Aber „niedlich“ ist doch ihre Eifersüchtelei. Seltsames Mädchen- sie träumt von einem anderen, aber bitte, eine Nebenbuhlerin sollte es dann doch nicht geben (nicht, dass das einmalig wäre, man hörte schon dergleichen). Die finanziellen Probleme, von denen Paul berichtet, lassen natürlich sofort die Gedanken an Raharjos Drohung schweifen. Aber ob es so „einfach“ ist?
    Manchmal verliere ich ein wenig aus dem Blick, wie alt bzw. jung sie ist. 26 also, jung genug für alle Schandtaten.


    Raharjo ist mir manchmal allzu komplex, ich habe hin und wieder Mühe, ihn zu verstehen … und will es wenigstens im Moment auch gar nicht. Aber: Sein Vorschlag, seine Wortwahl auf Seite 256 sind genau das, was ich von ihm erwartet hatte … und trotzdem werde ich ihm beides nicht so rasch verzeihen, wie immer Georgina das auch sieht. Ihre Antwort, sie würde es für ihre Kinder und die Firma ihres Vaters tun, überzeugt mich nicht ganz. Mich irritiert, dass sie Vorschlag und Wortwahl erst einmal so hingenommen hat, selbst wenn ich Zeit und Ort und ihre schwächere Position berücksichtige.
    Wenigstens sagt sie ihm (noch?) nicht, dass einer der Söhne sein Kind ist. Ab und an zeigt sie wirklich einen Anflug von Vernunft (wenn es um Raharjo geht). Pardon. Aber das musste einfach mal gesagt sein.


    Bei der einen oder anderen kleinen Szene habe ich den Eindruck, sie versucht, mit Raharjo zu „spielen“, beispielsweise wenn sie diese … Bezahlung als einmalig hinzustellen versucht (vielleicht ist es aber auch „nur“ ein Versuch, etwas von der Schärfe, dem fast schon gewalttätigen Potential aus der Beziehung zu nehmen). Sie wird doch wohl nicht allen Ernstes geglaubt haben, dass Raharjo es dabei belassen würde .. und wohl auch nicht gehofft, so wie ich sie einschätze.


    Der Orang Laut schafft es jedenfalls spielend, sie aus ihren Träumen herauszureißen, seine Beleidigungen (Seite 268) geben zwar in einem Fall die Tatsache wieder, im anderen Fall nur seine Vorstellung, aber sagt man so etwas der Frau, die man zu seiner Geliebten gemacht hat? Doch wohl nur, wenn man sich ihrer allzu sicher ist, wenn es kein Miteinander geben soll, sondern nur ein Beherrschen. Die Worte, die diese Beziehung kennzeichnen, werden deutlich genug genannt: Seite 267 „Lust und Begierde“, Seite 271 „Leidenschaft“. Und sonst, was ist da sonst noch? Im vorigen Abschnitt habe ich diese Beziehung etwas Seltsames, etwas nicht Erklärbares genannt, hatte einen anderen Begriff dafür gestrichen: Manie. Georginas Verhalten gegenüber ihrer Familie spricht fast dafür (Seite 274).


    Paul weiß anscheinend Bescheid. Und wohl nicht nur er, eine Beziehung zu einem Mann wie Raharjo lässt sich auf Dauer nicht verheimlichen (entweder ich habe es nicht bemerkt oder es wird nicht erwähnt, dass dieser sich sonderlich um Geheimhaltung bemüht, aber ehrlich gesagt kann ich mir nicht vorstellen, dass er es tun würde, ganz im Gegenteil). Nun wird es interessant, oder brenzlig, je nachdem. Es geht schließlich ums Geschäft und Raharjo ist wohl auch für Paul erkennbar nicht jemand, mit dem man sich anlegt, will man als Händler überleben und gut überleben. Der arme Paul. Die Geschichte ist nicht zu Ende, auch wenn er sie fortschickt, daran glaube ich keine Minute, und das nicht nur, weil noch etliche Seiten bis Romanende zu lesen sind. Sein Anwurf „Was bist du nur für eine Mutter“ erscheint mir eine allzu berechtigte Frage zu sein, die mir im Übrigen auch schon hin und wieder in den Sinn kam, spätestens, als sie sich einbildet, sie könne mit den Kindern zu Raharjo gehen. Hat sie überhaupt kein Gefühl dafür, was sie David damit auf Dauer antun würde (auch wenn das Abenteuer natürlich erst mal lockt – und was ist im Übrigen mit der Liebe der Kinder zu Paul)? Ihre Leidenschaft für Raharjo scheint mir ihren Sinn für Relationen und Realitäten ein wenig zu trüben. Es geht nicht nur um sie. Aber mehr als ihre Emotionen, ihre Wünsche und Träume nimmt sie ja fast nicht mehr war, der Realität ins Auge zu blicken scheint nicht mehr nur nicht wünschenswert, sondern vielleicht ab einem Punkt auch nicht mehr möglich.


    Pauls Bestreben, „Georgina vor dem Wahnsinn zu bewahren“ (Seite 285) ist vielleicht das, worum es geht. Er ist das erdverbundene Gegenmittel zu einer Macht, die diesen Wahnsinn ausgelöst hat, wer immer sie auch sei. Ich sagte es schon einmal, Liebe ist das für mich nicht. Da ist etwas, was die Menschen nicht „erhebt“, sondern sie zerstören will. Ich empfinde diese Beziehung nach wie vor als beängstigend.


    Irritierend ist auch, dass nicht nur Raharjo alleine in ihr malaiisches Blut sah. Eigentlich sollte man denken, dass diese Leute einen Blick dafür haben, wer zu ihnen gehört und wer nicht. Ich könnte mir vorstellen, dass doch einiges davon abhing, jemand „zu erkennen“, zu wissen, zu welcher Volksgruppe er gehört. Hin und wieder schleicht mir die Frage durch meine Gedanke, ob ihr Vater auch ihr leiblicher Vater ist? Oder ob es da eine vergleichbare Konstellation wie bei Paul und Georgina gab.


    Leelavati handelt. Weil sie nicht anders kann, weil sie sich nicht mehr zu helfen weiß. Ihre Liebe zu Raharjo … Entschuldigung, aber ich finde nicht, dass er sie – zumindest zum jetzigen Zeitpunkt – auch nur ansatzweise verdient. Auch wenn das, was sie tut, nicht richtig ist, es hätte ihrem Mann vieles erklärt, auch wenn es die Situation zwischen den verschiedenen Paarkonstellationen verschärft hätte. Aber besser wird es jetzt wohl auch nicht.


    Ich glaube, dass Du, liebe Nicole, gespürt hast, wie wenig liebenswert Raharjo auf die Leserinnen und Leser wirken wird, nun bekommt er Gelegenheit, eine Seite zu zeigen, von der ich nicht vermutet habe, dass sie vorhanden sein würde, schon gar nicht, wenn ich berücksichtige, wie er seine eigenen Kinder behandelt. Die Beschreibungen des Kinder-Elends ab Seite 292, besonders 295 lassen mir wieder die Kehle eng werden. Nichts, was ich nicht weiß, wird dort beschrieben, aber sehr eindrücklich, es kommt mir zu nah. Raharjo bemüht sich um eines der Mädchen, es will nicht reden, scheint aber – instinktiv? Das ließe vielen Gedanken Raum – Vertrauen zu ihm zu fassen. Einerseits schön zu lesen, was und wie es sein könnte, sein Verhalten zu den Kindern, andererseits verstörend, weil es nur (wenigstens bisher) diesem Kind gilt. Aber sie wird wohl noch eine gewichtige Rolle zu spielen haben, so ausführlich, wie das alles geschildert ist ...

  • Zitat

    Original von Lipperin
    Mühsam ernährt sich das lippische Eichhörnchen ...


    ... und lässt mich hier an ganz wunderbaren Gedanken teilhaben, die ich mit großer Freude lese.
    Obwohl ich es sehr bedaure, dass ich mich dabei an so vielen Stellen zurückhalten muss, weil ich sonst etwas verrate - und dabei würde ich so gern mit Dir darüber reden.


    Zitat

    Original von Lipperin
    Raharjo ist mir manchmal allzu komplex, ich habe hin und wieder Mühe, ihn zu verstehen … und will es wenigstens im Moment auch gar nicht. Aber: Sein Vorschlag, seine Wortwahl auf Seite 256 sind genau das, was ich von ihm erwartet hatte … und trotzdem werde ich ihm beides nicht so rasch verzeihen, wie immer Georgina das auch sieht.


    Ist für mich völlig in Ordnung, dass es Dir da mit ihm so geht.


    Zitat

    Original von Lipperin
    Der Orang Laut schafft es jedenfalls spielend, sie aus ihren Träumen herauszureißen, seine Beleidigungen (Seite 268) geben zwar in einem Fall die Tatsache wieder, im anderen Fall nur seine Vorstellung, aber sagt man so etwas der Frau, die man zu seiner Geliebten gemacht hat? Doch wohl nur, wenn man sich ihrer allzu sicher ist, wenn es kein Miteinander geben soll, sondern nur ein Beherrschen. Die Worte, die diese Beziehung kennzeichnen, werden deutlich genug genannt: Seite 267 „Lust und Begierde“, Seite 271 „Leidenschaft“. Und sonst, was ist da sonst noch? Im vorigen Abschnitt habe ich diese Beziehung etwas Seltsames, etwas nicht Erklärbares genannt, hatte einen anderen Begriff dafür gestrichen: Manie. Georginas Verhalten gegenüber ihrer Familie spricht fast dafür (Seite 274).


    Ja, das ist es.
    Die Unterscheidung zwischen einem Miteinander und dem Beherrschen, wie Du es so wunderbar ausdrückst, die hat mich dabei beschäftigt. Wie aus dieser früher so unschuldigen Liebe dieser zwei jungen Menschen etwas Ungutes, Rasendes wird, von dem sie nicht lassen können, in das sie sich heillos verstricken. Wo es keine Gewinner geben kann, sondern nur Verlierer, auf allen Seiten.


    Zitat

    Original von Lipperin
    Pauls Bestreben, „Georgina vor dem Wahnsinn zu bewahren“ (Seite 285) ist vielleicht das, worum es geht. Er ist das erdverbundene Gegenmittel zu einer Macht, die diesen Wahnsinn ausgelöst hat, wer immer sie auch sei. Ich sagte es schon einmal, Liebe ist das für mich nicht. Da ist etwas, was die Menschen nicht „erhebt“, sondern sie zerstören will. Ich empfinde diese Beziehung nach wie vor als beängstigend.


    Ich freu mich unglaublich, dass Du Paul so empfindest!


    Zitat

    Original von Lipperin
    Leelavati handelt. Weil sie nicht anders kann, weil sie sich nicht mehr zu helfen weiß. Ihre Liebe zu Raharjo … Entschuldigung, aber ich finde nicht, dass er sie – zumindest zum jetzigen Zeitpunkt – auch nur ansatzweise verdient. Auch wenn das, was sie tut, nicht richtig ist, es hätte ihrem Mann vieles erklärt, auch wenn es die Situation zwischen den verschiedenen Paarkonstellationen verschärft hätte. Aber besser wird es jetzt wohl auch nicht.


    Ich finde das eine absolut berechtigte Empfindung, dass er eine solche Frau wie Leelavati nicht verdient hat.


    Mir gefiel diese Vorstellung, dass das Schicksal da immer wieder seine Hände im Spiel hat, und manchmal eben buchstäblich die von Paul - oder hier jetzt Leelavati.
    Und auch, dass wir nie erfahren, was denn in diesem Brief stand.


    Zitat

    Original von Lipperin
    Ich glaube, dass Du, liebe Nicole, gespürt hast, wie wenig liebenswert Raharjo auf die Leserinnen und Leser wirken wird, nun bekommt er Gelegenheit, eine Seite zu zeigen, von der ich nicht vermutet habe, dass sie vorhanden sein würde, schon gar nicht, wenn ich berücksichtige, wie er seine eigenen Kinder behandelt.


    Das hab ich - und damit kann ich sehr, sehr gut leben.
    Ich hab mir bei den zentralen Charakteren wenig Gedanken darüber gemacht, ob sie liebenswert wirken können oder sind. Mir ging's hauptsächlich darum, dass sie in sich stimmig sind - heftige Reaktionen auf dem Weg, den man mit ihnen geht, eingeschlossen.


    Bei Raharjo aber auch mit dem Hintergedanken, dass ich gerade diese neue Seite, die wir hier an ihm so überraschend kennenlernen, umso spannender finde im Kontrast zu seinem Verhalten in den paar Jahren zuvor ...



    Zitat

    Original von Lipperin
    Die Beschreibungen des Kinder-Elends ab Seite 292, besonders 295 lassen mir wieder die Kehle eng werden. Nichts, was ich nicht weiß, wird dort beschrieben, aber sehr eindrücklich, es kommt mir zu nah.


    Das versteh ich sehr gut, liebe Lipperin. :knuddel1

  • Zitat

    Original von Nicole
    Ich drück die Daumen, dass es wieder aufgetaucht ist!


    Ist es zum Glück! Beim wochendendlichen Großaufräumen ist es wieder hervorgekommen, natürlich dort, wo ich eigentlich schon gesucht habe ... Aber Hauptsache wieder da und ich kann weiterlesen! :-)


    Zitat

    Original von Lipperin
    Sein Anwurf „Was bist du nur für eine Mutter“ erscheint mir eine allzu berechtigte Frage zu sein, die mir im Übrigen auch schon hin und wieder in den Sinn kam, spätestens, als sie sich einbildet, sie könne mit den Kindern zu Raharjo gehen. Hat sie überhaupt kein Gefühl dafür, was sie David damit auf Dauer antun würde (auch wenn das Abenteuer natürlich erst mal lockt – und was ist im Übrigen mit der Liebe der Kinder zu Paul)?


    Georgina denkt schon an ihre Kinder, sonst hätte sie wohl nicht gezögert, mit Raharjo zu gehen. Außerdem wird sie als sehr liebevolle und umsichtige Mutter geschildert, ich finde es deswegen in diesem Zusammenhang unfair, ihr vorzuwerfen, sie wäre eine schlechte Mutter. Die Kinder haben mit dieser Affäre am allerwenigsten etwas zu tun und dass sie mal an sich denkt möchte ich ihr als Frau wirklich nicht vorwerfen.


    Paul nutzt das vermeintliche Wohl der Kinder eiskalt, um seine Interessen durchzusetzen. Das ist meiner Meinung nach genauso unschön und sein Vorwurf an dieser Stelle absolut unangebrac

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Wie unterschiedlich man doch diese Geschichte(n) lesen kann!


    Zitat

    Original von Lese-rina
    Georgina denkt schon an ihre Kinder, sonst hätte sie wohl nicht gezögert, mit Raharjo zu gehen. Außerdem wird sie als sehr liebevolle und umsichtige Mutter geschildert, ich finde es deswegen in diesem Zusammenhang unfair, ihr vorzuwerfen, sie wäre eine schlechte Mutter. Die Kinder haben mit dieser Affäre am allerwenigsten etwas zu tun und dass sie mal an sich denkt möchte ich ihr als Frau wirklich nicht vorwerfen.


    Zweifelt denn jemand daran, dass sie ihre Kinder liebt? Und gerade darum habe ich erwartet, dass sie das Wohl der Kinder nicht aus den Augen verliert, wenn sie darüber nachdenkt, zu Raharjo zu gehen. Das Verhalten dieses Mannes gegenüber seinen eigenen Kindern mit Leelavati kann ich nicht aus den Augen verlieren; was würde mir denn garantieren, er würde Georginas Kinder anders behandeln als diese - weil sie eben an demselben Umstand "kranken", wie seine ... haben die einen die aus seiner Sicht "falsche" Mutter, so die anderen die aus eben derselben Sicht "falschen" Vater. Soll ich denn wirklich glauben können, er würde ihre Söhne begeistert aufnehmen, nur weil Georgina ihre Mutter ist? Und welches Monstrum an Donnerwetter würde denn wohl losbrechen, wenn er irgendwann erkennen würde, dass Duncan sein Sohn ist?
    Ersteres kann Georgina nicht wissen, zweites aber zumindest ahnen. Und wie gesagt, was ist mit der Liebe der Kinder zu ihrem Vater? Müssen die darunter leiden, weil sie in eine Ehe gedrängt wurde, die sie nicht wollte, an der sie aber, und das kann ich nicht so ganz vergessen, letztlich nicht ganz schuldlos ist. Ohne die Schwangerschaft wäre es Paul wohl nicht so leicht gefallen, sie vor dem Zorn ihres Vater zu retten.


    Ja, ich hätte mir auch gewünscht, sie hätte mal an sich gedacht. Dann hätte ich ihr gewünscht, dass sie zu dem Ergebnis gekommen wäre, dass sie ihrem charmanten Liebhaber ... nein, ich sage jetzt nicht, was ich denke, sondern formuliere es anders: Sie hätte ihm den Laufpass geben sollen, bis sie sich sicher war, dass er sein arrogantes, von maßlosem und verletztem Stolz geprägtes Verhalten geändert hätte, bis sie sich seiner sicher gefühlt hätte und sie nicht auf weitere Verletzungen und Beleidigungen gefasst sein musste.
    Aber es müsste, so glaube ich, schon ein mittleres Erdbeben geschehen (nicht in Singapur, aber in Raharjo), um ihn zu ändern, um seinen Blick zu weiten für die Ängste und Leiden anderer, um ihn zum Nachdenken zu bewegen und mehr zu sehen als sich selbst und das, was ihm vermeintlich angetan wurde.


    Trotzdem bliebe da noch ein Knackpunkt:

    Zitat

    Paul nutzt das vermeintliche Wohl der Kinder eiskalt, um seine Interessen durchzusetzen. Das ist meiner Meinung nach genauso unschön und sein Vorwurf an dieser Stelle absolut unangebrac


    Paul handelt in meinen Augen genau so, wie ich es von ihm erwartet habe. Hätte er auch nur ein Jota von dem Weg abgewichen, den Nicole ihn gehen lässt, wäre er mir nicht mehr glaubwürdig erschienen.
    Ja, ich finde schon, er handelt zum Wohl seiner Kinder. Sie hätten doch sowieso irgendwann nach good old britain gehen müssen zur weiteren Ausbildung, gesellschaftlichen Schliff etc. pp., warum sollte er nicht die Gelegenheit ergreifen, das in dem Moment in die Wege zu leiten, als seine Ehe im höchsten Maß gefährdet war?
    Ich kann ihm das nicht vorwerfen, sondern gestehe ihm zu, dass er alles in seiner Macht Stehende tut, um das zu halten, was ihm das Wertvollste ist, nämlich Georgina und die Kinder, seine Ehe.
    Was hätte ihm denn sonst zu Gebote gestanden? Hätte er ihr das Köfferchen packen und sie mit freundlichem Gruß an Raharjo schicken sollen? Hätte er Raharjo zum Duell zur Teatime an den Strand bitten sollen?
    Entschuldige bitte, wenn ich mich in Ironie flüchte, aber Paul stehen nicht ansatzweise die "Waffen" zur Verfügung wie sie Raharjo hat. Er ist immer in der schlechtesten Position. Paul liebt seine Frau, das spüre ich sehr deutlich. Und das er daneben den Geschäftsmann nicht verleugnen kann ... könnte Raharjo denn jemals den Seemann ablegen?


    Sieh es mir nach, liebe Lese-rina :knuddel1, wenn ich das Bittere, das im Hintergrund lauert, in diesem Roman nicht aus dem Kopf bekomme. Vielleicht sollte ich von all dem schweigen. Ich bin zu alt und vielleicht auch zu müde, um an ein romantisches Happy End für Raharjo und Georgina zu glauben. Sich nach der Decke strecken und trotzdem die Hoffnung auf eine erfüllende Liebe nicht aufzugeben, das ist schwer genug, auch für diese beiden. Glaube ich.


    :knuddel1

  • Zitat

    Original von Lese-rina


    Ist es zum Glück! Beim wochendendlichen Großaufräumen ist es wieder hervorgekommen, natürlich dort, wo ich eigentlich schon gesucht habe ... Aber Hauptsache wieder da und ich kann weiterlesen! :-)


    *aufatem* :-)



    Zitat

    Original von Lipperin
    Wie unterschiedlich man doch diese Geschichte(n) lesen kann!


    ... was ich unglaublich spannend finde und hingerissen verfolge.
    Den Raum dafür sollte es gerade in dieser Geschichte, mit diesen Personen geben. :-)