Dave Eggers: Der Circle
Verlag: Kiepenheuer&Witsch 2014. 560 Seiten
ISBN-13: 978-3462046755. 22,99€
Originaltitel: The Circle
Übersetzer: Ulrike Wasel, Klaus Timmermann
Verlagstext
Das Kultbuch jetzt auf Deutsch
Leben in der schönen neuen Welt des total transparenten Internets: Mit »Der Circle« hat Dave Eggers einen hellsichtigen, hochspannenden Roman über die Abgründe des gegenwärtigen Vernetzungswahns geschrieben. Ein beklemmender Pageturner, der weltweit Aufsehen erregt.
Huxleys »Schöne neue Welt« reloaded: Die 24-jährige Mae Holland ist überglücklich. Sie hat einen Job ergattert in der hippsten Firma der Welt, beim »Circle«, einem freundlichen Internetkonzern mit Sitz in Kalifornien, der die Geschäftsfelder von Google, Apple, Facebook und Twitter geschluckt hat, indem er alle Kunden mit einer einzigen Internetidentität ausstattet, über die einfach alles abgewickelt werden kann. Mit dem Wegfall der Anonymität im Netz – so ein Ziel der »drei Weisen«, die den Konzern leiten – wird es keinen Schmutz mehr geben im Internet und auch keine Kriminalität. Mae stürzt sich voller Begeisterung in diese schöne neue Welt mit ihren lichtdurchfluteten Büros und High-Class-Restaurants, wo Sterneköche kostenlose Mahlzeiten für die Mit-arbeiter kreieren, wo internationale Popstars Gratis-Konzerte geben und fast jeden Abend coole Partys gefeiert werden. Sie wird zur Vorzeigemitarbeiterin und treibt den Wahn, alles müsse transparent sein, auf die Spitze. Doch eine Begegnung mit einem mysteriösen Kollegen ändert alles …
Mit seinem neuen Roman »Der Circle« hat Dave Eggers ein packendes Buch über eine bestürzend nahe Zukunft geschrieben, einen Thriller, der uns ganz neu über die Bedeutung von Privatsphäre, Demokratie und Öffentlichkeit nachdenken und den Wunsch aufkommen lässt, die Welt und das Netz mögen uns bitte manchmal vergessen.
»Das ›1984‹ fürs Internetzeitalter« Zeit online
Der Autor
Dave Eggers hat bislang sechs Bücher veröffentlicht, darunter „Ein herzzerreißendes Werk von umwerfender Genialität“, für das er 2001 Pulitzer-Preis-Finalist war. Für „Zeitoun“ wurde ihm unter anderem der American Book Award und der Albatros-Preis der Günter-Grass-Stiftung verliehen. Dave Eggers ist Gründer und Herausgeber von McSweeney’s, einem unabhängigen Verlag mit Sitz in San Francisco. Der Autor stammt aus Chicago und lebt heute mit seiner Frau und seinen zwei Kindern in Nordalifornien.
Inhalt
Mae braucht einfach nur irgendeinen Job, um ihren Studienkredit von über 200 000$ abzahlen zu können. Eine Stelle bei “The Circle“ scheint der Himmel auf Erden für jede Berufsanfängerin zu sein. Maes neuer Arbeitgeber ködert seine Mitarbeiter mit einem Rundum-Sorglos-Campus-Leben, das eigene Aktivitäten überflüssig macht. Die Firma verkauft die Bequemlichkeit einer allumfassenden Internet-Identität und übernimmt dafür im Gegenzug die Kontrolle über sämtliche Daten im Leben eines Amerikaners. Zukünftig soll es nur noch eine überprüfte Identität für alle Aktivitäten im Internet geben, „True You“, das wahre Selbst. Kaufen, Bezahlen, Wählen, Gesundheits-Versorgung, soziale Kontakte, die Datenkrake verknüpft alles und wertet alles aus. Jeder und jede Aktivität wird rund um die Uhr bewertet, optimiert und von Neuem bewertet. In einem System, in dem man vor lauter Mitteilen und Folgen kaum dazu kommt, alle Kommunikationsebenen mit ihren "Smiles" und "Zings“ zu checken, ersetzt die Metakommunikation das wirkliche Leben. Wer dem Tempo nicht folgen kann, etwa soziale Events schlicht verpasst oder Zeit außerhalb des Campus verbringen will, macht sich damit verdächtig. Der bisher noch nicht komplett vollendete Kreis soll einmal die Daten aller User von Facebook, Twitter, amazon, PayPal, Apple, Microsoft und Google miteinander verknüpfen. Als gutgläubige Gallionsfigur wird Mae ihr Gesicht der schönen neuen Internetwelt für ihre Werbekampagne zur Verfügung stellen, indem ihr Leben rund um die Uhr aufgezeichnet und online gestellt wird. Sie wird dafür einen hohen Preis zahlen müssen.
Den sektenartigen Charakter des datenhungrigen Konzerns werden vermutlich viele Menschen als notwendiges Übel hinnehmen. Hat man ihnen doch zuvor ein Leben als gläserne Bürger schmackhaft gemacht, das Sicherheit suggeriert und verspricht, gechipte und getrackte Personen einem möglichen Entführer wieder abjagen zu können. Verurteile Straftäter werden für jeden sichtbar gekennzeichnet werden. Völlige Kontrolle wird die Menschen besser machen, verspricht der „Circle“ seinen potentiellen Kunden.
Fazit
Jung, unbedarft und kritiklos steht Mae dem überbordenden Pathos eines allumfassenden Internetkonzerns mit seinem USA-weiten Big Brother-System gegenüber. Die ohne erzählerische Finesse erzählte Geschichte, ohne Nebenhandlungen und mit eindimensionalen Figuren funktioniert allein durch die naive Sicht Maes, der sich die Leser von Beginn an überlegen fühlen können. Verknüpft werden in diesem Roman schlicht ein paar absehbare Trends der Gegenwart, ohne eine wirklich utopische neue Welt zu schaffen. Der zeitliche Abstand zwischen Eggers Blick in die gedachte Zukunft und den technischen Möglichkeiten der Gegenwart ist vermutlich einfach zu gering, um die Faszination einer neuen Welt entfalten zu können. Das Bewerben des Buchtitels in einem Atemzug mit Orwells "1984" hat dem amerikanischen Autor einen denkbar schlechten Dienst erwiesen. Von Orwells Visionen und seiner erzählerischen Kraft ist Eggers weit entfernt. Sprachlich und inhaltlich flach.
4 von 10 Punkten