Hansjörg Schertenleib - Wald aus Glas

  • Titel: Wald aus Glas
    Autor: Hansjörg Schertenleib
    Verlag: Aufbau
    erschienen: TB- Ausgabe 2014
    Seiten: 286
    Sprache: Deutsch


    Inhalt:
    „Warum träumt man von Dingen, vor denen man sich, bei Licht betrachtet, fürchtet?“


    Die dreiundsiebzigjährige Roberta hat alles verloren. Man hat ihr den Hund genommen und sie in ein Altenheim gesteckt. Doch sie wehrt sich und flieht aus der Schweiz. Sie befreit ihren Hund und macht sich auf den Weg nach Österreich. Sie will nach Jahren der Fremdheit in den Ort ihrer Kindheit zurückkehren, um ihr Leben noch einmal selbst zu bestimmen. Auch die fünfzehnjährige Türkin Ayfer entzieht sich – ihren Eltern, die sie in die Türkei verbannt haben und den religiösen Vorstellungen ihres Onkels, in dessen Hotel am Schwarzen Meer sie arbeiten muss. Sie will zurück in die Schweiz, um das Leben zu führen, von dem sie träumt.


    Autor:
    Hansjörg Schertenleib wurde 1957 in Zürich geboren und lebt heute in Irland und in Suhr, Schweiz. Er schrieb Hörspiele, Theaterstücke, Gedicht- und Erzählbände sowie Romane, die mehrfach ausgezeichnet und in mehrere Sprachen übersetzt wurden.


    Meine Meinung:
    Der Name Hansjörg Schertenleib sagte mir nichts, als ich das Buch „Wald aus Glas“ kaufte. Ich sah das Taschenbuch in der Buchhandlung und der Titel sprach mich sofort an. Also wanderte es mit nach Hause.
    Als ich „Wals aus Glas“ zu lesen begann, konnte ich es fast nicht mehr aus den Händen legen, so wohl fühlte ich mich in der Sprache, so sehr fühlte ich mit den beiden Protagonistinnen.
    Gleich zu Beginn erfährt der Leser das Ende der Geschichte. Ein Spaziergänger entdeckt die Leiche einer älteren Frau, die an eine Birke gelehnt über einen See blickt. Der viel zu früh gefallene Schnee bedeckt leicht ihren Körper und den ihres Hundes, der erschossen auf ihrem Schoß ruht. Es ist Roberta, eine 73-jährige Rentnerin, die aus dem Altenheim getürmt ist, in das sie gegen ihren Willen gesteckt wurde.
    Ebenfalls im Prolog liest man über einen zweiten Fund. Diesmal ist es der stark verletzte Körper einen jungen Frau. Es ist Ayfer, eine Jugendliche, die von ihren Eltern gegen ihren Willen zu ihrem Onkel in die Türkei geschickt wurde, um dort im Hotel zu arbeiten. Auch sie flieht und wird nun verletzt ins Krankenhaus gebracht.
    In drei Teilen entwickelt Schertenleib nun die Fluchtgeschichte beider Frauen. Dabei hat mich besonders die Ausdruckskraft und die Beobachtungsgabe des Autors gefesselt.
    Beide Frauen teilen das gleiche Schicksal. Sie leben in ihnen unerträglichen Lebenssituationen und entwickeln den Willen und die Kraft, daraus zu fliehen. Mehr möchte ich eigentlich gar nicht verraten.
    In diesem Roman ist der Weg das Ziel. Schertenleib lässt seinen Figuren Zeit, zu entdecken, in welches Leben und in welches Ich sie ankommen möchten. Seine Sprache strahlt eine Ruhe aus und schafft es zugleich, Gefühle und Stimmungen eindrucksvoll zu transportieren.
    Mir hat das Buch sehr gefallen.


    Edit: ISBN eingefügt

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

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