Autorin
Sabine Bode (* 1947) begann als Redakteurin beim „Kölner Stadt-Anzeiger“. Seit 1978 arbeitet sie freiberuflich als Journalistin und Buchautorin.
"Die vergessene Generation" entstand 2004. Weitere Werke sind u.a. "Kriegsenkel" und "Die deutsche Krankheit - German Angst".
Inhalt
In diesem Buch geht es um die deutsche Aufarbeitung der Kriegsfolgen für die Jahrgänge 1930 - 45, also der Menschen, die im 2. Weltkrieg Kinder waren. Dabei richtet die Autorin ihr Hauptaugenmerk weniger auf die traumatisierenden Erlebnisse während dieser Zeit, sondern verstärkt auf die Auswirkungen auf das weitere Leben dieser Generation.
Während diese Aufarbeitung für die Nazi-Opfer (Opfer von SS-Verfolgung und Holocaust) Ende der 70-er Jahre begann, blieben andere Kriegsopfer unberücksichtigt. Schuldgefühle über die Nazi-Greuel verboten, darüber zu sprechen, in wie weit auch andere Deutsche Opfer des Krieges waren.
Dabei waren gerade die Kriegskinder mehrfach traumatisiert. Das fing schon mit der NS-Erziehung an. Haarsträubende Erziehungsmethoden zerstörten die Bindungs- und Liebesfähigkeit von Geburt an. Dann erlebten sie traumatischen Ereignisse, wie etwa Bombenangriff, Mitansehen von Tod und Verwundung, Flucht unter übelsten Umständen in eine ungewisse Zukunft, Vergewaltigung, monatelang mörderischer Hunger, verschollen sein. Zusätzlich waren sie aus dem Tritt geratenen Erwachsenen ausgeliefert.
Während die erwachsene Kriegsgeneration eine gewisse Solidargemeinschaft hatte, waren die Kriegskinder zum Schweigen gebracht worden. Mit eigenen Problemen belastete, überforderte Eltern konnten den Kindern nicht die Geborgenheit geben, die nötig gewesen wäre, um das Trauma zu heilen. Es fehlte weitestgehend die Gesprächsbereitschaft sowohl in den Familien als auch in der Gesellschaft. Noch bis weit in die sechziger Jahre hinein herrschte landläufig die Meinung vor: sprich nicht darüber, vergiss es, denn an was man sich nicht erinnern kann, macht keine Probleme.
Diese Kinder haben das so weit verinnerlicht, dass viele heute noch überzeugt sind, "es hat uns nicht geschadet", obwohl körperliche und seelische Krankheiten (Depressionen und andere posttraumatische Belastungsstörungen) ihnen zu schaffen machen.
Es gab zwar bereits in den 50-er und 60-er Jahren erste Untersuchungen, die aber keine große Resonanz erzielten.
Doch je älter diese Kinder wurden, häufig mit dem Eintritt ins Rentenalter, begannen ihre Kindheitserlebnisse sie einzuholen. Aktuelle Auslöser für Erinnerungen waren Fernsehbilder vom Krieg in Jugoslawien, Afghanistan, Irak.
Die Autorin betont, dass es sich nicht um Einzelschicksale handelt, sondern um das Trauma einer ganzen Generation, und nicht nur das, es wird auch in die darauf folgende Generation hineingetragen, da viele Kriegskinder problematische Familienbeziehungen haben. Hier tut Aufarbeitung dringend Not!
In Gesprächen und Briefen wird klar, wie heilsam es für Betroffene sein kann, dass ihre traumatischen Erlebnisse nicht nur von ihnen selbst, sondern auch von der ganzen Gesellschaft anerkannt werden.
Meinung
Absolut lesenswert! Nicht nur für selbst Betroffene, sondern auch für die Kinder dieser Kriegsgeneration. Aber auch für alle anderen leistet dieses Buch einen wichtigen Beitrag dazu, die Menschen dieser Altersgruppe besser zu verstehen.
Es ist nicht immer einfach zu lesen. Hin und wieder brauchte ich eine Pause, weil ich erschüttert war über die Ignoranz und Verständnislosigkeit, die diesen Menschen so lange entgegen gebracht wurde. Erst durch dieses Buch ist mir klar geworden, wie sehr diese Menschen (und auch teilweise ihre Kinder) heute noch leiden!