OT: The Dark Lantern 1951, dt.(Schweiz) 1960, BRD: 1962
Die Engländerin Viola Bayley (1911 – 1997) schrieb Abenteuergeschichten mit einem love interest für Jugendliche, eine Art ‚Fünf Freunde‘-Geschichten für etwas ältere Teenager oder modern ausgedrückt Mystery Thriller für die Kleinen. . Sie bestechen durch fremde Schauplätze, nicht nur England, Schottland oder Wales, sondern auch Griechenland, Korsika, die Türkei oder Schweden. Die Geschichten erschienen Jahr für Jahr ab Beginn der 1950er. Einige davon wurden ab 1960 auch ins Deutsche übersetzt und erfreuten sich eine Zeitlang einer gewissen Beliebtheit. Sie sind schlicht erzählt, meist von einer weiblichen Ich-Erzählerin, die überraschend auf Reisen gehen darf. Vor Ort erwarten sie gleichaltrige Verwandte und neue Freunde, vor allem aber ein Abenteuer, das mit einem haarsträubenden und richtig lebensbedrohlichen Showdown endet.
Die dazugehörige Liebesgeschichte erleben meist ältere Verwandte, ein Bruder, eine Cousine, etwa oder eine sehr etwas ältere gute Freundin. Die Heldin selbst ist noch halb Kind, sie macht die Liebesgeschichte nur vermittelt mit, beobachtet sie aber genau.
Diese Auftrennung zwischen Abenteuer erleben (noch kindlich sein dürfen) und Romanze leben (schon erwachsener sein) machten einen Gutteil des Reizes dieser Geschichten aus, weil sie dieses Hin – und Herschwanken auf der Schwelle zu Verhaltensweisen Erwachsener wunderbar wiedergibt.
Die Geschichte der Schwarzen Laterne spielt in Devon, in einem Fischerdörfchen an der Steilküste. Erzählt wird sie von Jessica, sie dürfte so fünfzehn Jahre alt sein. Ihr Vater ist Kardiologe und muß zur Enttäuschung der Familie unerwartet während der Ferien in London bleiben. Also fahren nur Jessica, ihre beiden Brüder John und Nikolas, die Mutter und Hund Schnitzel an die Küste. Vor Ort fällt ihnen gleich ein düsteres Haus auf, das natürlich eine düstere Geschichte hat. Spuken soll es dort. Zur Zeit aber bewohnt es ein amerikanisches Ehepaar mit einer Tochter, die angeblich ziemlich krank ist.
Die drei Geschwister sind in Ferienstimmung, auch Nikolas, der bereits studiert, ist zu jedem Abenteuer bereit. Beim eigentlich verbotenen nächtlichen Bad im Meer entdecken sie - eine Nixe. Dieses wunderschöne Mädchen entpuppt sich als Pflegetochter des amerikanischen Ehepaars. Obwohl sie ein wenig älter ist als Jessica, hätte die das Mädchen gern als Freundin. Auch Nikolas möchte die Bekanntschaft gern vertiefen. Aber die Pflegeeltern des Mädchen, sind alles andere als glücklich über die Kontakte. Sie scheinen sie gezielt verhindern zu wollen.
Das macht unsere Drei natürlich neugierig, allen voran Nikolas, der in Stella, so heißt die Nixe, die Frau seines Lebens entdeckt hat.
Diese Konstellation ist der Ausgangspunkt für eine gut ausgedachte Geschichte um eine wichtige wissenschaftliche Entdeckung, verschwunden Formeln und richtig bösartige Spione. Das Ende ist hochexplosiv im Wortsinn, wie die Jugendlichen samt Stella doch noch in letzter Sekunde entkommen können, ein Kniff, der auch heute noch wirkt. Die Liebesgeschichte ist angemessen rührend.
Als Teenager habe ich Bayleys romantische Abenteuergeschichten ausgesprochen gern gelesen. Heute haben sie ihr Flair fast verloren, weil sie recht behäbig wirken und die Welt, in der sie funktionieren einfach nicht mehr existiert. Erzählt sind sie aber gut, mit einem echten Sinn für Spannungsaufbau. Bayley studierte an der Drama School in London und arbeitete später einige Jahre als Sprechtrainerin.
Übersetzt ist das Buch nach allen Regeln der (damaligen) Kunst, auch das wirkt heute ein bißchen plüschig. Die Übertragung erfolgte aber auf allen Ebenen, John etwa spielt mit Märklin-Eisenbahnen, jede ‚Mrs.‘ wird zu ‚Frau‘ und der Hund hört auf den Namen ‚Schnitzel‘.
Zum Wiederentdecken für NostalgikerInnen.