Tiefe - Henning Mankell

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  • Kurzbeschreibung laut Amazon:
    Lars Tobiasson-Svartman ist Marineoffizier und Seevermessungsingenieur, ein Mann der Abstandmessung und des Abstandhaltens. Es ist die Zeit des Ersten Weltkriegs und er hat den militärischen Auftrag, in den Stockholmer Schären neue Fahrwasser auszuloten. Eines Tages trifft er auf einer der äußersten Schären eine einsam lebende Frau, Sara Fredrika. Es ist Liebe auf den ersten Blick. Doch bald geht sein Auftrag zu Ende, und zu Hause erwarten ihn seine Frau und ein geordnetes Heim. Um zu Sara Fredrika zurückkehren zu können, ersinnt er einen dreisten Betrug. Wie immer bei Mankell entwickelt die Geschichte einen unwiderstehlichen und unheimlichen Sog. Ein Mann zwischen zwei Frauen. Ein Mensch, der über Leichen geht, um ans Ziel seiner Wünsche zu gelangen. Ein Roman über die finsteren Abgründe der Seele und das Böse in uns.


    Meine Meinung:
    Tiefe ist mE kein typischer Mankell. Das liegt nicht nur daran, dass es keinen Ermittler gibt. Der Mord ist Nebensache, ihm wird keine große Rolle zugeschrieben.
    Die Hauptperson, Lars Tobiasson Svartman, erscheint am Anfang seltsam fremd und unnahbar, es dauert, bis man seinen Charakter näher durchschaut. Und dann ist er einfach nur unsympathisch, unmöglich. Man wünscht ihm Unglück, um nicht länger seine Betrugsgeschichten ertragen zu müssen.
    Fazit: nett, aber sicher nicht der beste Mankell, da das Buch leider oft nur an der Oberfläche kratzt.

  • Kurz vorm Erscheinungsdatum hab ich noch gedacht: Super, ein neuer Mankell! Den musst du unbedingt haben! Aber dann nachdem ich die ersten Rezis gelesen habe, dachte ich nur: Muss doch nicht unbedingt sein :-(

    Du kannst dem Leben nicht mehr Tage geben - aber dem Tag mehr Leben


    Ich lese gerade: "Das Erbe von Ragusa" von Corinna Kastner

  • Ich kenne bisher nur diesen Mankell und fand das Buch super.
    Muß jetzt auch mal einen seiner Krimis lesen, Die Brandmauer konnte ich bei Buchticket ergattern :-]


    Dieses Buch hat mir mal wieder gezeigt, das ich Psycho-Trips, die gut erzählt sind, sehr gerne lese.


    8 von 10 Punkten von mir!

  • Die Stimmung, in der Mankell erzählt, hat mir gut gefallen.


    Diese ruhige, gleichmäßige Art, fast schon ein Schwelgen über das Meer und das Leben der Hauptfigur - fand ich prima.
    Mich faszinieren eben auch Geschichten, in denen Menschen aus ihren üblichen Mustern herausfallen, sich die Triebhaftigkeit und die Suche nach dem wahren Glück als psychologische Faktoren hervortun. (Das ist doof formuliert, aber besser kann ich das gerade auch nicht ausdrücken).

  • Ich habe das Buch trotz der allgemeinen schlechten Kritiken aus der Bücherei mitggenommen.


    Richtig ist: das ist kein typischer Mankell - das ist was ganz anderes.
    Mankell beschreibt einen Mann , den wir am liebsten nicht kennen würden. Das erschreckende ist: Alle Untaten werden nicht erklärt, das Böse hat nur Selbstnutz und Selbstgier als Motiv und es gibt keine Reue von Lars Tobiasson-Svartman , der Hauptfigur.


    Mir hat das Buch gut gefallen und gleichzeitig erschreckt,
    empfohlen für alle die keinen "typischen" Mankell suchen

  • Für alle, die bis jetzt der hohe Preis abgeschreckt hat: im April 2007 kommt es als TB :

    ...der Sinn des Lebens kann nicht sein, am Ende die Wohnung aufgeräumt zu hinterlassen, oder?


    Elke Heidenreich


    BT

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  • Zitat

    Original von Melkat
    Lesen muss ich ihn trotzdem... :grin


    Das dachte ich als Mankell-Fan auch.


    Ich bin jetzt bei Seite 100 angekommen und muß sagen, dass es der schlechteste Mankell ist, den ich je gelesen habe. Die Beschreibungen der Landschaften, der Schiffe und deren Mannschaften - irrgendwie ödet mich das alles an.


    Der Aufbau kommt mit teilweise wie Seitenschinderei vor: Kapitel, die nur aus wenigen Zeilen bestehen, Absatzüberschriften auf extra Vorblättern etc etc.


    Wenn es ein ausgeliehenes Buch wäre, würde ich es sofort zurück geben. Da ich es aber nun mal bezahlt habe, werde ich mich wohl bis zum Ende durchquälen in der Hoffnung, dass vielleicht noch ein bisschen "Zug" in die Geschichte kommt.


    Enttäuschte Grüße
    D.

    "Ein Tag ohne Lesen ist wie eine Sünde.
    Ein Tag ohne den Gang in die Wälder ist ein Versäumnis."
    Peter Handke, Schriftsteller

  • Nachdem ich das Buch heute früh zu Ende gelesen habe, bleibe ich dabei:


    Zitat

    Original von Depardieu
    dass es der schlechteste Mankell ist, den ich je gelesen habe.


    Am meisten hat mich - neben der Langatmigkeit am Anfang - gestört, dass die Motive von Tobiasson-Svartman so völlig im Dunkeln bleiben. Da wird ein latent gewalttätiger Mann beschrieben, der immer komplexere Lügengebäude errichtet. Das ist nachvollziehbar, wenn es darum geht, seine Dreiecksgeschichte zu vertuschen. Aber oft genug ist es nicht nachvollziehbar, dann lügt er um des Lügens willen.


    Man wird aus dem Menschen nicht schlau. Und die Erklärung, dass er einfach nur böse ist, ist mir irgendwie zu billig. Ich finde, Mankell hätte sich mehr Mühe geben können.


    Wenigstens ist die Geschichte irgendwie "rund" und gut und folgerichtig zum Abschluss gebracht.


    Fazit: Muß man - auch als Mankell-Fan - nicht gelesen haben.


    Grüße
    D.

    "Ein Tag ohne Lesen ist wie eine Sünde.
    Ein Tag ohne den Gang in die Wälder ist ein Versäumnis."
    Peter Handke, Schriftsteller

  • Zitat

    Original von Depardieu
    Ich bin jetzt bei Seite 100 angekommen und muß sagen, dass es der schlechteste Mankell ist, den ich je gelesen habe. Die Beschreibungen der Landschaften, der Schiffe und deren Mannschaften - irrgendwie ödet mich das alles an.


    Schade, dass ich den Fehlgriff überhaupt gestartet habe! "Tiefe" ist nämlich der erste Roman, den ich von Henning Mankell lese, & ich kann dir da nur recht geben. Inzwischen bin ich auf Seite 160, aber es wird und wird nicht besser - ich bin "gespannt", wie es noch weitergeht. :hmm
    Um mich vom Gegenteil überzeugen zu lassen, werd ich auf jeden Fall noch einen Mankell lesen - so will ich das nicht stehen lassen ;-)


    + Wenn du dich ein Leben lang versteckst, findest du dich irgendwann gar nicht mehr +
    (aus Sommersturm)

  • Ich glaube die Schwierigkeit bei Tiefe besteht einfach darin, den Roman zu klassifizieren, denn eines ist sicher, es handelt sich keinesfalls, wie hier schon öfters erwähnt, um einen Krimi.


    Ich würde "Tiefe" als Spannungsroman bezeichnen, wo der Wandel oder auch die Gesinnung eines Menschen beschrieben wird, der eben aus anderen Motiven mordet, als es der Rest der Welt im Krieg tut, nämlich aus eigennützigen Motiven.


    Als Einstieg in Mankells Gesamtwerk würde ich "Tiefe" auf gar keinen Fall empfehlen, was aber kein Grund sein sollte es später zu lesen.


    Die Neuerscheinung "Die italienischen Schuhe" ist ja ähnliches Machwerk.
    Nur der Neue Titel, der im Mai 2008 erscheinen wird: Der Chinese, soll ja wieder ein richtiger Krimi bzw. Thriller werden.


    Wir dürfen also gespannt sein..


    gespannte Grüße von Elbereth :wave

    “In my opinion, we don't devote nearly enough scientific research to finding a cure for jerks.”

    ― Bill Watterson

  • Mir war die Hauptfigur in Tiefe so dermassen unsympathisch, dass ich am Ende das ganze Buch merkwürdig fand. Normalerweise lasse ich mir durch einen extrem widerwärtigen Charakter nicht das ganze Buch verderben, aber hier hat Lars Tobiasson-Svartman viel dazu beigetragen.


    Die Beschreibungen von Land und Leuten und besonders dem Meer haben mir eigentlich gut gefallen, und auch die Grundstimmung fand ich faszinierend aber als der Typ



    hatte ich nicht mehr so richtig Lust das Buch weiter zu lesen.


    Aber Hut ab vor Mankell, einen Charakter zu erschaffen der so viel Abneigung beim Leser auslösen kann

  • "Tiefe" von Henning Mankell


    "In meinem ganzen Leben bin ich herumgeschlichen und habe versucht, nicht mir mir selbst zusammenzustoßen", gesteht sich Lars Tobiasson-Svartmann gegen Ende des Romans in einem lichten Moment der Selbsterkenntnis ein. Das ist einer der wenigen Augenblicke, in dem der Autor auch den Lesern seines atemberaubenden Romans wenigstens eine Ahnung vom Begreifen, einen flüchtigen Ansatz von Erkenntnis zugesteht.


    Zwölf Jahre ist es her, seit Henning Mankell dieses Buch veröffentlicht hat, und mir war es bisher entgangen. Unverzeihlich, denn mit diesem Werk hat sich der erst kürzlich verstorbene schwedische Erfolgsautor ein Denkmal als grandioser nordischer Erzähler gesetzt, das literarisch noch weit über seine - zweifellos großartigen - Kriminalromane hinausragt. Unter den vielen, teilweise ziemlich dummen Buchbesprechungen aus der Zeit der Erstauflage findet sich eine bemerkenswerte von Peter Poprawa bei n-tv, die alles Wichtige zu diesem Buch enthält. Ich kann mich daher im Folgenden kurz fassen (wozu wiederholen, was bereits treffend gesagt wurde?) und statt dessen wärmstens empfehlen, diesen Link anzuklicken.


    Was Poprawa nicht tut, will ich hier jedoch gern noch nachholen, nämlich ein paar Kostproben zu geben von der ungeheuren Sprachkraft, die Mankell meisterlich beherrscht - in kurzen Sätzen, nordisch-spröder Diktion und dennoch machtvoll, geradezu überwältigend dicht.


    "Seine Mutter weinte immer lautlos. Es war, als würde ihr Schmerz auf leisen Pfoten gehen."


    "Sie hieß Sally Andersson, es sang um ihre Bewegungen."


    "Er lag lange wach und wusste, dass auch sie nicht eingeschlafen war. Er fragte sich, ob es einen größeren Abstand gäbe als den zwischen zwei Menschen, die im gleichen Bett liegen und vorgeben zu schlafen."


    Ein großartiges, fesselndes, ein verstörendes Buch über das Böse, über tödliche Obsession und unentrinnbare Verstrickung, ein Buch über die Feigheit und die ganz große Lüge - alles schnörkellos präzise erzählt, voller trefflicher, manchmal auch vieldeutiger Sprachbilder. Die Härte, die Unerbittlichkeit der kargen, kalten Ödnis in den äußeren Schären vor Schwedens Küste bilden den Hintergrund, die Kulisse für eine furchtbare menschliche Tragödie.


    Gut, dass ich es endlich gelesen habe. Es hätte mir etwas gefehlt, so viel ist sicher.

  • Danke, dass du an dieses wunderbare Buch wieder erinnert hast. Ich kann deinen Eindruck nur :write.
    Ich habe es schon mehrmals gelesen. :wave

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Zitat

    Original von Regenfisch
    Danke, dass du an dieses wunderbare Buch wieder erinnert hast. Ich kann deinen Eindruck nur :write.
    Ich habe es schon mehrmals gelesen. :wave


    Ich kann nachvollziehen, dass du es mehrmals gelesen hast, liebe Regenfisch, und gestehe, dass ich lang grübeln müsste, um mich eines Romanes zu entsinnen, der mich ähnlich tief getroffen und aufgewühlt hat. Ich bin über alle Maßen begeistert und habe mir das Taschenbuch gerade bestellt, da ich ein Leihexemplar gelesen habe, und dieses Buch ohne jede Frage in meine Sammlung der immer wieder zu lesenden literarischen Kleinode gehört.


    Sehr schön, dass du ähnlich empfindest, umso mehr, als ich glaube, deinen Anspruch ein wenig zu kennen. :knuddel1