Blutopfer - Britt Reißmann

  • Britt Reißmann: Blutopfer – Kriminalroman, München 2014, Diana Verlag, ISBN 978-3-453-35772-3, Softcover, 398 Seiten, Format: 18,6 x 11,8 x 3,4 cm, Buch: EUR 8,99 (D), EUR 9,30 (A), Kindle Edition: EUR 7,99.


    „Hannah, ich habe im Moment so viele Baustellen, dass Stuttgart 21 ein Legohaus dagegen ist. Ich kämpfe in allen Richtungen gegen Windmühlen. Und so sehr ich mich auch anstrenge, ich erreiche nichts und niemanden.“ (Seite 267)


    Eine Gruppe Teenager trifft sich im Stuttgarter Haldenwald zu einer wahnwitzigen Mutprobe – und findet dabei die schrecklich zugerichtete Leiche einer Chirurgin aus dem Katharinenhospital. Dr. Ewa Salgam, 60, wurde geschändet, getötet und in eine 5 Meter tiefe Schlucht geworfen.


    Kriminalkommissarin Verena Sander, 45, ist die zuständige „Leichensachbearbeiterin“ und entsetzt darüber, ihre 14-jährige Tochter Mona am Leichenfundort anzutreffen, noch dazu mit einer Knöchelverletzung. Dass Mona sich mit Leuten herumtreibt, die unter Lebensgefahr im Wald herumklettern, hätte sie nie gedacht. Den Anblick der Leiche hätte sie ihr auch gerne erspart.


    Jetzt muss das Mädchen erst einmal verarztet werden. Und es braucht einen Therapeuten, um das schreckliche Erlebnis zu verarbeiten. Die Jugendpsychologin Hannah Gotthardt, bei der sie schließlich einen Termin bekommt, entpuppt sich als eine alte Bekannte von Verena. Hannah kannte die Tote beruflich. Dr. Salgam hat ihr manchmal Patienten überwiesen. Doch über sie als Person kann sie nicht viel sagen, genau wie die Kollegen aus dem Katharinenhospital.


    Nicht besonders traurig über Dr. Ewa Salgams Tod scheint ihr Sohn Leander zu sein. Er hatte Probleme mit seiner Mutter. Aber hatte er auch einen Grund, ihr etwas anzutun? Ganz schlecht auf die Ärztin zu sprechen war Thomas Magnus, ein überzeugtes Mitglied der Zeugen Jehovas. Er hatte sie verklagt, weil sie seiner Tochter Emily nach einem Unfall mit einer Blutkonserve das (irdische) Leben gerettet hat. Mit der Gabe von Fremdblut hat sie seiner Meinung nach Emily die Chance auf das ewige Leben genommen.


    Hat Magnus sich dafür gerächt? Befragen kann Verena ihn nicht, er verschwunden. Die Geschichte, die seine Frau ihr auftischt, glaubt Verena nicht. Sie weiß, wie die Zeugen Jehovas denken – sie ist selbst in dieser Gemeinschaft aufgewachsen. Warum nur will niemand ihren Argumenten folgen? Staatanwalt Triberg jedenfalls weigert sich, einen Haftbefehl für Magnus auszustellen.


    Obwohl Stuttgart kein Dorf ist, ergeben sich diverse Querverbindungen: Emily Magnus ist eine Schulkameradin von Verenas Tochter, kennt die Mutproben-Clique und ist Patientin bei Therapeutin Hannah Gotthardt. Die darf natürlich der Polizei gegenüber nicht plaudern. Schweigepflicht.


    Monas Freunde sind als Augenzeugen unbrauchbar und benehmen sich pampig und großspurig. Es kommt zu ein paar unschönen Szenen, in denen nicht ganz klar ist, ob Verena als besorgte Mutter oder als ermittelnde Polizeibeamtin auftritt. Das gibt Ärger mit den Vorgesetzten. Diese Situation ruft Verenas geschiedenen Ehemann Fabio auf den Plan: Wenn seine Ex weder Ermittlung noch Erziehung im Griff hat, wäre es vielleicht besser, Mona würde zu ihm und seiner neuen Familie ziehen. Als freier Architekt hätte doch auch viel mehr Zeit für sie als Verena, die dauernd auf Achse ist. Das mag durchaus gut gemeint sein, aber Verena fühlt sich angegriffen, als Mutter in Frage gestellt und sie hat Angst, ihre Tochter zu verlieren. Und was sie derzeit am allerwenigsten gebrauchen kann, ist eine weitere „Baustelle“: Chef und Staatsanwalt sind angefressen, Kollege Roman Katz neidet ihr ihre Beförderung, der Fall geht nicht weiter und Jugendfreundin Hannah ist ihr zwar eine Stütze, hat aber auch ihre Probleme. Und Geheimnisse, die sie zu bewahren gedenkt – um jeden Preis!


    Der Mordfall Dr. Ewa Salgam führt Verena - und damit die Leser – in den Bereich der Ärzte und Psychologen, in die Sado-Maso-Szene und in die Welt der Zeugen Jehovas. Auch Monas Teenie-Clique spielt eine wichtige Rolle. Man hat den Eindruck, jeder kennt jeden, die Wahrheit sagt keiner und Mordmotive gibt’s viele. Wie das alles zusammenhängt und was tatsächlich passiert ist, davon werden wir Leser genauso überrascht wie die Ermittler. Nur für uns ist die Überraschung weit weniger gefährlich …


    Verena Sanders Privatleben ist hier untrennbar verquickt mit dem Fall. Tätersuche und Familienprobleme stehen nahezu gleichberechtigt nebeneinander. Weil sich die Problematik „Eltern und Kinder“ mehrfach in der Geschichte spiegelt und Verena aufgrund ihrer eigenen Situation ein besonderes Verständnis für die Beteiligten aufbringt, hat das hier seine Berechtigung und ist kein aufgesetztes „Gefühlsgedöns“.


    Wird eigentlich irgendwo erklärt, wie Polizist Ströbele auf die Idee kommt, Kollegin Thea „Engelchen“ zu nennen? Das ist für den Handlungsverlauf zwar nicht wichtig, doch manch ein Leser mag sich erinnern: Thea Engel war die Heldin von Britt Reißmanns Stuttgart-Krimis aus dem Emons Verlag. Auch die Kollegen Michael Messmer, Walter Ströbele, Dezernatsleiter Rudolf Joost und Gerichtsmediziner Dr. Herbert Krach waren 2005 schon dabei, und tatsächlich auch Verena Sanders, die es sich damals schon zur Aufgabe gemacht hatte, die SOKOS mit Nervennahrung in Gestalt von Süßigkeiten zu versorgen. Nur Frau Baric ist im neuen Fall nicht mehr mit von der Partie. ;-)


    Wenn man die Personen schon kennt, ist es nett, wenn nicht, ist es auch kein Problem. BLUTOPFER ist ein völlig eigenständiger Roman. Man muss sich auch nicht in Stuttgart auskennen oder gar schwäbisch verstehen. Natürlich freut man sich als Einheimischer, wenn man die Schauplätze erkennt oder die Leute denselben lokalen Radiosender hören wie man selbst. Aber ein Regionalkrimi ist das Buch nicht. Die Geschichte wäre genauso spannend und interessant, wenn sie in einer anderen Stadt spielen würde.


    Man lernt in diesem Krimi sogar einiges dazu … über die Zeugen Jehovas, über Psychologie und über andere Themen … Was man nicht tun sollte: die Danksagung der Autorin zuerst lesen. Die steht nicht umsonst hinten im Buch. Die Autorin beschreibt, zu welchen Themen sie recherchiert hat und damit ahnt man zu früh, was eine Person für ein Problem hat. Dies zur Warnung für neugierige Leute wie mich, die erst mal kreuz und quer blättern, ehe sie beginnen, eine Geschichte zu lesen.


    Die Autorin
    Britt Reißmann war Intarsienschneiderin und Sängerin. Seit 1999 arbeitet sie bei der Mordkommission Stuttgart und schreibt Krimis, die ganz besonders realitätsnah sind. Für ihren Roman „Der Traum vom Tod“ wurde sie mit dem DeLiA-Literaturpreis ausgezeichnet. "Blutopfer" ist ihr erster Krimi im Diana Verlag. Britt Reißmann lebt mit ihrer Familie in Stuttgart.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

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  • Verena Sander, gerade frisch befördert, wird an den Fundort einer Leiche gerufen. Mit vielem hat sie gerechnet, nur nicht, dass ihre 14-jährige Tochter Mona vor Ort sein würde und als Finderin der Leiche gilt. Während Verena nun auf der einen Seite einen Mörder finden muss, kämpft sie daheim mit einer traumatisierten Tochter, die sich auch noch zu einem kiffenden Jungen hingezogen fühlt. Wie werden die Kämpfe ausgehen? Und wer hat Interesse daran, dass der Mord nicht aufgeklärt wird?


    "Blutopfer" war mein erster Krimi von Britt Reißmann und nach dem Lesen frage ich mich, warum eigentlich? Das Buch hat mich von der ersten Seite an gefesselt und mich erst wieder losgelassen, als ich den letzten Satz gelesen habe.


    Die Geschichte wird aus der Erzählerperspektive berichtet, man begleitet jedoch zu einem großen Teil die Ermittlerin Verena Sander. Diese hat neben den Ermittlungen auch noch eine pubertierende Tochter daheim, einen Ex-Mann, der nun auf einmal um das Aufenthaltsbestimmungsrecht kämpfen will und einen Kollegen, der sich in einer Männlichkeit bedroht sieht. Dies alles muss Verena unter einen Hut bringen und vergisst sich dabei manchmal selbst. Dennoch ist die Situation der Ermittlerin so lebensnah und realistisch beschrieben, dass ich mich mit Verena verbunden fühlte. Was nicht heißt, dass ich jede Entscheidung von ihr gut fand. Aber dennoch habe ich mit ihr mitermittelt, mitgefiebert und mitgeweint.


    Einen Teil der Lösung habe ich zwar schon nach knapp 130 Seiten gefunden, das tat aber meinem Lesespaß keinen Abbruch. Denn das Finale und die Auflösung war logisch, sehr gut ermittelt und dazu noch realitätsnah. So muss ein Krimi sein.


    Der Stil von Britt Reißmann ist sehr gut und flüssig zu lesen. Ihre Erzählweise ist fesselnd und gleichzeitig so normal, als ob mir eine gute Freundin ihre Geschichte erzählt hätte. Die Autorin füllt ihren Krimi mit sehr viel Liebe zum Detail, lässt aber blutige Fakten fast außer Acht. Das hat mir sehr gut gefallen.


    Fazit: "Blutopfer" ist ein toller, deutscher Krimi, der mir Lust auf mehr von Britt Reißmann gemacht hat. Eine klare Leseempfehlung an alle Krimifans!

  • Die Stuttgarter Hauptkommissarin Verena Sander und ihr Team werden zu einem Leichenfundort im Stuttgarter Wald gerufen. Ein Clique Jugendlicher hat während einer Mutprobe eine verstümmelte weibliche Leiche entdeckt. Für Verena ist es ein Schock, als sie feststellen muss, dass ihre 14 jährige Tochter Mona diejenige war, die diese Mutprobe absolvieren sollte.


    Bereits der Prolog hat es in sich und wirft viele Fragen auf.
    Was dann folgt, ist Krimikost vom Allerfeinsten.
    Gekonnt zwang mich die Autorin dazu, um drei Ecken herum zu denken. Immer wieder gab es neue Denkansätze und eventuelle Tatmotive. Manche Gepflogenheiten der Zeugen Jehovas wurden mir nahe gebracht und ließen mich so manches Mal den Kopf schütteln.


    Der Schreibstil ist flüssig und gut zu lesen. Auch das Privatleben der Ermittlerin Verena Sander wird gut ausgeleuchtet und ist ein besonderer Bestandteil der Handlung.
    Die Spannung und das Tempo werden konsequent angezogen, was dafür sorgte, dass ich so Nebensächlickeiten wie Essen und Schlafen am liebsten ausgelassen hätte.


    Die Aufklärung am Schluss ließ mir quasi die Haare zu Berge stehen.


    Krimis, bei denen ich irgendwie mit ermitteln kann, liebe ich. Und "Blutopfer" ist ein ganz besonders Feiner und intelligent konstruierter dieser Art!


    "Blutopfer" war der erste Krimi den ich von Britt Reißmann gelesen habe, und diese Autorin werde ich auf jeden Fall weiter auf meinem Radar haben.


    Eine klare Leseempfehlung und volle Punktzahl von mir!


    Gelesen habe ich das Buch im Rahmen einer, von der Autorin engagiert begleiteten Leserunde, wofür ich mich ganz herzlich bedanken möchte.

  • Ich habe dieses Buch in der Leserunde gelesen und bin begeistert.


    Es war ein unglaublich spannender und fesselnder Krimi.
    Von Anfang an war ich in der Handlung drin und bin der Autorin voll auf den Leim gegangen, was den Täter betrifft. Aber auch die privaten Probleme der Ermittlerin spielen eine nicht ganz unwichtige Rolle.


    Ganz nebenbei lernt man auch so einiges z. B. über den Glauben der Zeugen Jehovas und über eine eher seltene Krankheit (über die ich aber nichts verraten möchte).


    Mir hat natürlich auch sehr gut der Ort der Handlung gefallen, da ich aus dieser Gegend komme.


    Vielen Dank auch an Britt für die sehr tolle Begleitung durch die Leserunde. Von mir bekommt dieser Krimi die vollen 10 Punkte.


    Viele Grüße :wave

  • Verena Sander ist Mitte vierzig, arbeitet bei der Kripo in Stuttgart und ist vor kurzem befördert worden. Sie ist ein echter Workoholic und vergisst über ihre Arbeit leider oft ihre vierzehnjährige Tochter Mona. Als Verena an den Fundort einer Leiche gerufen wird, trifft sie dort auf das Mädchen. Sie hat die Tote im Rahmen einer Mutprobe der Clique, in die sie unbedingt aufgenommen werden will, gefunden. Verena ist wenig begeistert, denn die beiden Anführer dieser Clique sind bekannt als Schulschwänzer und Konsum von Alkohol und Marihuana.
    Die Ärztin Ewa Salgam wurde anscheinend ermordet und gefoltert und Verena und ihr Team gehen vielen Spuren nach, tappen aber lange Zeit im Dunkeln. Hat der Tod der Ärztin mit ihrem Beruf zu tun? Sie hat vor einem Jahr einem Mädchen mit Blutransfusionen das Leben gerettet, wovon der Vater allerdings gar nicht begeistert war und die Chirurgin sogar verklagte. Denn er gehört zu den Zeugen Jehovas und da sind Bluttransfusionen nicht erlaubt.
    Oder hatte Ewa Salgams Sohn ein Motiv, seine Mutter zu töten? Auch er scheint ein dunkles Geheimnis zu haben.
    Und so sehr Verena sich freut, eine Freundin aus Kinderzeiten wieder gefunden zu haben, irgendetwas scheint auch mit Hannah Gotthardt nicht zu stimmen.
    Zu den beruflichen Problemen kommen die Sorgen um ihre Tochter. Und dann scheint auch noch ihr Ex-Mann der Meinung zu sein, sie würde nicht ausreichend für Mona sorgen...

    Ich habe "Blutopfer" im Rahmen einer Leserunde hier im Forum gelesen, mit Begleitung der Autorin Britt Reißmann. Es war mein erstes Buch von ihr, aber sicher nicht mein letztes.
    Die Geschichte ist spannend, mit der richtigen Dosis Herz und Humor. Dafür sorgt auch die Figur von Verenas Kollegen Roman Katz mit seinen Märchenzitaten. Und meiner Meinung nach sehr realistisch, sowohl der Fall als auch die privaten Probleme von Verena. Es ist nichts übertrieben oder an den Haaren herbei gezogen.
    Der Schreibstil gefällt mir sehr gut, es gelingt der Autorin immer den Leser "bei der Stange zu halten".
    Auch die Charaktere sind gut gelungen, Verena mochte ich gleich. Ebenso Mona und Hannah sowie Verenas Kollegen Katz.
    Ich würde mich freuen, mehr von Verena zu lesen.

  • Lange habe ich auf ein neues Buch von Britt Reißmann warten müssen. Und das Warten hat sich gelohnt.


    Statt Thea ermittelt jetzt mit Verena Sander eine neue Kollegin bei der Stuttgarter Kripo. Dennoch fühlte ich mich gleich wieder heimisch. Mir gefällt einfach der Schreibstil von Britt.


    Mit den Zeugen Jehovas kommt hier eine Personengruppe ins Spiel, über die ich bislang nicht viel wusste. Die Erklärungen zu deren Religion fand ich sehr interessant. Dank Britts ausführlicher Leserundenbegleitung wurden auch Fragen geklärt, die über den Inhalt des Buches hinausgingen.


    Sehr positiv anzumerken ist, dass ich bis zum Schluss keine Ahnung vom Täter hatte. Geschickt hat Britt hier Spuren gelegt, die mich am Ende dann doch in eine falsche Richtung leiteten. Sicher, am Ende ist man schlauer, hätte die subtilen Bemerkungen mehr beachten müssen. Hinweise waren schon da.


    Wie es gerne von mir gelesen wird, bekommt auch das Privatleben der Ermittler einen Platz im Buch. Und das in einem gesunden Verhältnis.
    Verena hat eine Tochter, Mona, die in einem Alter ist, wo die Eltern schwierig werden. Somit hat Verena nicht nur die berufliche Belastung, sondern ist auch als alleinerziehende Mutter gefragt. Dieser Spagat gelingt ihr genauso gut oder schlecht wie jeder anderen Mutter auch. Von daher war Verena für mich sehr authentisch.


    Ich habe dieses Buch sehr gerne gelesen und kann hier nur eine unbedingte Leseempfehlung aussprechen.
    Von mir bekommt das Buch die volle Punktzahl und ich freue mich bereits jetzt schon auf weitere Bücher von Britt.

  • Das war mein erstes Buch von Britt Reißmann. Es gibt bereits einige Bücher der Autorin, die ebenfalls im Umfeld der hier ermittelnden Beamten der Stuttgarter Kriminalpolizei spielen. Dass mir die Vorgeschichte einiger der Nebenfiguren nicht bekannt war, hat mich nicht gestört und dem Verständnis der Handlung nicht geschadet.


    Den Hauptanteil an der Geschichte bildet das Geschehen um Hauptkommissarin Verena Sander, ihr Privatleben und auch ihre beruflichen Hürden und Schwierigkeiten werden ausgiebig beschrieben. Dabei verzettelt sich die Autorin nicht, sondern verfolgt ihre Krimihandlung konsequent, wenn auch für meinen Geschmack gelegentlich zu sehr im Hintergrund.


    Ich hatte meine Schwierigkeiten mit der Glaubwürdigkeit von Verena und ihrer Tochter Mona. Im Hinblick auf den sehr kurzen Zeitraum, in dem die Geschichte spielt, war ihre Entwicklung für mich nicht schlüssig, da ging mir einiges zu schnell.


    Ansonsten ein flüssig geschriebener, gut zu lesender, spannender Krimi mit überraschender Auflösung, auf die ich nicht gekommen wäre.

  • Mir hat dieser Krimi gut gefallen, auch wenn mir Verena nicht in allen Situationen sympathisch war. Die „persönliche Verstrickung“ in den Fall und die daraus resultierenden privaten Probleme haben die eigentliche Ermittlungsarbeit für mein Empfinden teilweise überlagert, rückblickend muss ich aber sagen, dass das Verhältnis privater Angelegenheiten zu kriminalistischer Aufklärung ausgewogen war - und natürlich notwendig für den Handlungsverlauf.


    Die Lösung des Falls selbst verläuft anfangs nur schleppend, aber zum Ende hin konnte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Es werden einige falsche Spuren gelegt und die tatsächliche Auflösung war dann doch eine Überraschung, mit der ich so nicht gerechnet hätte. Das hat mir wirklich gut gefallen. Die Danksagung habe ich mir (wie empfohlen) bis zum Schluss aufgehoben, so dass mir ein bestimmtes Detail nicht bekannt war, was der Spannung beim Lesen gut getan hat. ;-)


    Einfach ein rundum gelungener Krimi, der sich spannend entwickelt und zügig lesen lässt. Sicher nicht mein letzter Krimi von Britt Reißmann! 8 von 10 Eulenpunkten.

  • Ich habe das Buch im Rahmen einer Leserunde mit Autorin gelesen und danke an der Stelle Britt nochmals herzlich für ihre engagierten, ausführlichen Kommentare und ihre ständige Präsenz.



    Der Prolog und der Einstieg in das Buch war für mich sehr brutal und ich war schon gespannt, wo das noch hinführen wird.


    Verena Sander, Hauptkommissarin in Stuttgart wird zu einem Tatort mitten im Wald gerufen. Eine Clique Jugendlicher hat eine Mutprobe veranstaltet und Verena muß dort ihre eigene Tochter verletzt auffinden. Mona sollte über einen Baumstamm laufen und dabei hat sie im Graben darunter eine Leiche entdeckt. Es handelt sich um die vermisste Chirurgin Dr. Ewa Salgam. Zu ihrem Sohn Leander hatte Ewa kein gutes Verhältnis und außerdem hatte sie einen ganz speziellen Gegner, Thomas Magnus. Er ist bei den Zeugen Jehovas und hat sie angezeigt, weil sie seiner Tochter Emily mit der Verabreichung von Blutkonserven das Leben gerettet hat. Wer könnte hinter dem Mord stecken, denn von Mord muß ausgegangen werden?


    Verena lebt in dem ständigen Spagat zwischen ihrer Rolle als Kommissarin und der als Mutter. Meist hat man den Eindruck, daß ihr der Beruf wichtiger ist als die Tochter. Als sie nach dem Leichenfund eine Psychologin für Mona sucht, trifft sie auf eine Freundin aus Kindertagen, Hannah Gotthardt.


    Die Autorin hat viele Spuren ausgelegt und die Leser auf immer wieder falsche Fährten gelockt. Sie hat die einzelnen Stränge und Personengruppen hervorragend charakterisiert und man konnte etliches nachvollziehen, musste aber auch bei vielem den Kopf schütteln, vor allem beim Thema Religion. Die Spannung zog bis zum großen Showdown stetig an und diese Auflösung hatte ich jedenfalls nicht auf dem Plan!


    Ich habe alle Bücher der Autorin gelesen, aber für mich hat sie sich mit diesem Krimi eindeutig gesteigert und ich bin jetzt schon auf den nächsten Band gespannt.


    Von mir volle Punktezahl!

  • Titel: Blutopfer
    Autorin: Britt Reißmann
    Verlag: Diana-Verlag
    Erschienen: Juli 2014
    Seitenzahl: 398
    ISBN-10: 3453357728
    ISBN-13: 978-3453357723
    Preis: 8.99 EUR


    Das sagt der Klappentext:
    Wenn Mut zum Verhängnis wird. Eine Clique Jugendlicher praktiziert gefährliche Mutproben in einem Waldstück bei Stuttgart und findet dabei einen grausam zugerichteten Leichnam. Die Spuren führen die Mordkommission zur Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas sowie in die Sado-Maso-Szene. Doch auch die Tochter von Hauptkommissarin Verena Sander ist unter den negativen Einfluss der Clique geraten. Aus Sorge um ihre Tochter macht Verena Fehler, die ihr beruflich wie persönlich beinahe zum Verhängnis werden.


    Die Autorin:
    Britt Reißmann, geboren 1963 in Naumburg/Saale, war Intarsienschneiderin und Sängerin, bevor sie nach Baden-Württemberg kam. Seit 1999 arbeitet sie bei der Mordkommission Stuttgart.


    Meine Meinung:
    Ja, was soll man zu diesem Krimi sagen? So richtig überzeugt hat dieser Krimi mich nicht. Nein, teilweise war ich sogar richtig verärgert. Dabei begann doch alles sehr vielversprechend. Die Geschichte schien anfangs ein angenehmes Krimilesevergnügen zu versprechen – doch im weiteren Verlauf relativierte sich dieser Eindruck dann. Klischees wurden bedient, dienstrechtliche Fehler häuften sich und dann wirkte vieles doch einfach nur konstruiert. Schade – denn im Kern hätte man aus dieser Idee, diesem Stoff, wohl wirklich etwas machen können.
    Was war nun ärgerlich?
    Wieviele andere Krimiautoren oder auch Drehbuchschreiber für TV-Krimiserien, so meinte die Autoren auch, sie müsse die gängigen Klischees über Staatsanwälte hier in ihrem Buch verwenden. Man könnte als Leser wirklich den Eindruck bekommen, Staatsanwälte wären per se inkompetent, selbstverliebt und selbstgerecht und wären nur ein Hemmschuh für die polizeiliche Arbeit. Das ist schon fast bösartig. Gerade die Staatsanwaltschaften leiden oft unter inkompetenter Polizeiarbeit und müssen dann Ermittlungspannen vor den Gerichten ausbaden und machen sich dann auch zum Gespött der Strafgerichte – weil sie auf die Ermittlungsergebnisse der Polizei vertraut hatten.
    Man könnte fast denken, Staatsanwälte wären durch die Bank Vollpfosten mit einer Herrenreitermentalität. Dabei braucht man schon eine sehr gutes Examen um überhaupt als Staatsanwalt eingestellt zu werden.
    Zudem wäre ein Disziplinarvorgesetzer verpflichtet gewesen, ein Disziplinarverfahren gegen die ermittelnte Beamtin einzuleiten. Wobei der Disziplinarvorgesetze in der Regel der Polizeipräsident oder der zuständige Minister ist. Aber ein Kommissonsleiter oder ein Staatsanwalt sind gegenüber Polizeibeamten nie Disziplinarvorgesetze. Sie sind allenfalls Fach- bzw. Dienstvorgesetzte.


    Da hier die Tochter der KHK Sander Teil des Falles war, hätte die Beamtin von den Ermittlungen abgezogen werden müssen.


    Und dann auf der Seite 387. Da wird doch tatsächlich wieder von einem vermeintlichen Straftatbestand der „Beamtenbeleidigung“ gesprochen. Diesen Straftatbestand gibt es nicht im deutschen Recht, aktuell ist er nur noch im französischen Strafrecht vorhanden. Früher gab es ihn einmal, im ehemaligen preußischen Strafrecht.
    Wird ein Beamter beleidigt, so richtet sich die Strafverfolgung nach § 185 StGB, wie bei jedem anderen Menschen auch, allerdings kann bei einem Beamten, wenn dieser in Ausübung seines Dienstes beleidigt wird, auch der Vorgesetzte nach § 194 (3) StGB einen Strafantrag stellen.


    Die handelnden Personen wirkten auf mich wenig authentisch, eher künstlich. Und auch hier wurde bei der einen oder anderen mitwirkenden Person überzeichnet. Als Beispiel sei hier die Mutter des Christoph genannt. Irgendwie die typische RTL II-Hausfrau.


    Das Buch war sicher kein totaler Flop – aber zu irgendwelchen Begeisterungsstürmen hat es mich ganz gewiss nicht hingerissen. Stilistisch allerdings gibt es nichts zu bemängeln. Das Buch war flüssig geschrieben und ließ sich insofern angenehm lesen.


    Der Euphorie des Klappentextes „Spannend, abgründig und tief bewegend“ kann ich mich nicht anschließend. Vielmehr ist dieser Kriminalroman eher von gerade noch durchschnittliche Qualität, ein herausragendes Leseerlebnis stellt er nicht dar. 5 Eulenpunkte.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Voltaire


    Da hier die Tochter der KHK Sander Teil des Falles war, hätte die Beamtin von den Ermittlungen abgezogen werden müssen.


    Ich wäre dir dankbar, wenn du mir dazu sagen könntest woraus sich das ergibt. Ich halte das für ein Gerücht.

  • Zitat

    Original von beowulf


    Ich wäre dir dankbar, wenn du mir dazu sagen könntest woraus sich das ergibt. Ich halte das für ein Gerücht.


    Maßgebend sind hier § 20 iVm § 13 VwVfG. In Hamburg legen wir das sehr eng aus. Zudem darf eben auch nicht vergessen werden, dass die Mona noch minderjährig ist. Ihre Mutter hätte somit das Recht bei einer Vernehmung anwesend zu sein. Doch kann sie als gesetzliche Vertreterin gleichzeitig auch Vernehmende sein bzw. leitende Ermittlerin.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Wenn ich mal dazu Stellung nehmen darf ... :grin


    Es war natürlich kein Zufall, dass Mona aufgrund ihrer Traumatisierung in dem Fall nicht vernommen wurde. Zudem war sie bestenfalls eine Zeugin, auf deren Befragung auch verzichtet werden kann. Wäre sie Beschuldigte wäre Verena definitiv außen vor gewesen, da hast du vollkommen recht.
    Wir hatten übrigens schon mehrere minderjährige Zeugen und sogar Beschuldigte - gerade in dem Betonmord, von dem ich in der Leserunde erzählt habe, die nicht den geringsten Wert darauf legten, dass ihre Eltern bei der Vernehmung anwesend waren (verständlicherweise). Marco und Christoph fielen natürlich auch in diese Kategorie, zumal diese beiden von unseren Betonmördern inspiriert waren.


    Was die Beamtenbeleidigung betrifft - formal gesehen wird sie natürlich als Beleidigung angezeigt, dennoch verwenden wir immer noch den alten Begriff dafür. Genauso wie wir "Mordkommission" sagen, obwohl es streng genommen "Dezernat für Tötungsdelikte und Todesermittlungsverfahren" heißt. Ich habe mir da etwas dichterische Freiheit erlaubt. ;-)



    edit: An dieser Stelle auch endlich mal vielen Dank für eure Rezensionen. Ich habe mich über jede einzelne sehr gefreut!

    Worte sind Waffen. Wenn Ihnen etwas ganz stark am Herzen liegt, legen Sie Ihre Waffe an und feuern. (James N. Frey)

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  • Lange musste die Fangemeinde auf einen neuen Krimi von Britt Reißmann warten ;-).
    Aber nun gibt es einen neuen Fall für die Mordkommission Stuttgart, dieses Mal mit Hauptkommissarin Verena Sander als Hauptfigur. Thea Engel trifft man in einer Nebenrolle wieder.


    Neben einer spannenden Krimihandlung voller Wendungen hat die Autorin noch eine Menge mehr in diesen Roman gepackt. Eine Reihe von problematischen bis hin zu dramatischen Eltern-Kind-Beziehungen prägen diese Geschichte und lassen sie überaus komplex erscheinen. Für meinen Geschmack hätte es da etwas weniger sein dürfen.


    Die Autorin legt eine Reihe von Spuren, die in den Köpfen der Leser die Gedanken um mögliche Täter und Tathintergründe kreisen lassen. Dazu kommt eine von privaten Problemen gebeutelte Kommissarin, die zwar hochmotiviert ist, doch durch zunehmenden privaten Stress nicht immer auf korrekte Art und Weise ermittelt. Aber gerade das führt zu den spannendsten Szenen.


    Begeistert hat mich hier vor allem wieder Erzähl- und Sprachstil der Autorin. Sie versteht es mit wenigen Worten Spannung zu erzeugen und ich mag es einfach, wie sie hier immer wieder mal Humor aufblitzt lässt, der mir trotz der dramatischen Geschehnisse im privaten wie im dienstlichen Bereich ein Schmunzeln ins Gesicht zaubert.


    Den Titel finde ich ein bisschen reißerisch und nicht so sehr passend für diesen Krimi. Aber das ist für mich, ebenso wie das Cover, kein wichtiger Aspekt.

  • Irgendwie käme ich nie auf die Idee das Verwaltungsverfahrensgesetz auf ein Ermittlungsverfahren anzuwenden. Ich hatte hier schon mal jemand verteidigt in einer Drogensache, da war der Hauptbelastungszeuge der Sohn des ermittelnden Beamten und das Einzige was da war, war Bedauern für dn Polizisten, dass sein Sohn konsumiert.

  • "Blutopfer" war mein erstes Buch von Britt Reißmann und eines kann ich sagen: Es wird nicht das letzte Buch sein.


    Mir hat dieser Krimi sehr gut gefallen, er war authentisch, die Personen sind ausführlich beschrieben worden und der Fall ist von Anfang an gut aufgebaut, logisch und nachvollziehbar. Die Themen, die bearbeitet wurde, waren auch sehr interessant.


    Für mich war besonders interessant der Zwiespalt von Verena Sander und die Auswirkungen ihres Privatlebens auf ihre Arbeit.


    Eines muss ich aber noch los werden: Der Staatsanwalt Triberg ist mir ein wenig unsympathisch. Ich bin gespannt, ob er im nächsten Buch auch wieder die Leitung übernimmt. :grin


    Ich gebe dem Buch 9 von 10 Punkten. Eine klare Leseempfehlung. :-)

  • Meine Meinung:
    Schockierend.


    Dieser Kriminalroman spielt in der Region Stuttgart. Das freute mich besonders, da ich selbst aus dem Raum Göppingen stamme, also ganz in der Nähe sozusagen. Da ich Regionalkrimis liebe, war dieser Roman natürlich ein Muss, nachdem ich davon in einem Forum erfuhr.
    Auf den Inhalt selbst möchte ich gar nicht genau eingehen. Der Klappentext verrät meiner Ansicht nach genug, um das Buch interessant genug zu machen.


    Was mir an diesem Krimi ebenfalls sehr gut gefiel, war die Genauigkeit, mit der Britt Reißmann die Polizeiarbeit beschrieb. Wie die Ermittler vorgehen, wie lange z.B. eine DNA-Analyse wirklich dauert und wieviel Zeit doch wirklich nur in der Laufarbeit und im Befragen von Zeugen und Kontakten steckt.
    Mal ganz abgesehen von dem Mund fusselig reden beim Staatsanwalt, um an einen Gerichtsbeschluss zu bekommen oder eine Fahndung machen zu lassen…
    Dass dies teilweise verdammt schwer ist, wenn der leitende Staatsanwalt nicht überzeugt ist und auf mehr Beweise pocht, hätte ich nicht gedacht. Sowas wird im Fernsehen echt immer viel leichter dargestellt.
    Und daran, behaupte ich, merkt man, wie gut die Autorin über die Polizeiarbeit recherchiert hat.


    Die Geschichte um das Privatleben der Hauptkommissarin Verena und ihrer Tochter Mona war ebenfalls sehr interessant beschrieben.
    Da Mona in Verenas Fall involviert war und entsprechend professionelle Hilfe benötigte, kamen dabei noch andere interessante Sachen zum Vorschein, die Verena ziemlich aus dem Konzept brachte und in ihrem Fall ins Schleudern brachte.
    Was natürlich keine gute Voraussetzung ist, wenn es um die Mitarbeit des Staatsanwaltes ging…


    Durch den Wechsel der Sichtweisen entstand eine langsam wachsende Spannung, die sich immer mehr steigerte und durch das gesamte Buch zog. Da das Privatleben der Kommissarin auch viel Platz einnahm, waren es auch mehr Handlungsstränge, dich mich alle gleichsam fesselten und immer weiterlesen ließen.
    Die Kapitel waren ziemlich lang, wurden aber durch Absätze und die dadurch teilweisen Blickwechsel aufgelockert. Dadurch wollte ich auch immer weiterlesen, sodass ich den Roman innerhalb weniger Tage durch hatte.


    Fazit:
    Dieser Regionalkrimi mit seiner Protagonistin hat auf eine ganz besondere Weise mein Herz erobert.
    Nun bin ich sehr gespannt, was mich in dem nächsten Buch erwartet und mache diesen Roman zum Highlight für den Monat Juli 2016!


    :eiskristall :eiskristall :eiskristall :eiskristall :eiskristall :alarm



    © Tikvas Schmökertruhe 30.09.2016