Liv Winterberg: Der Klang der Lüge

  • Kurzbeschreibung (amazon)
    Sériol, 1308. Als die junge Alissende abgezehrt und verwahrlost das idyllische Pyrenäendorf erreicht, wird sie freundlich aufgenommen und erhält eine Anstellung als Magd. Dass ihre neuen Herren Katharer sind, wie viele andere Bewohner des Dorfes, bemerkt sie erst im Lauf der Zeit. Doch Glaubensfragen sind Alissende ohnehin gleichgültig, ein voller Bauch ist ihr wichtiger. Ihr Glück scheint vollkommen, als sie den Schäfer Simon kennenlernt und sich in ihn verliebt. Von seinem Sitz in Pamiers aus blickt Bischof Durand voll christlicher Sorge und Missfallen auf Sériol. Spione haben ihm zugetragen, dass dort eine »ketzerische« Ordination stattgefunden habe. Fest entschlossen, das Dorf von denen, die vom wahren Glauben abgefallen sind, zu säubern, lässt er alle Verdächtigen festnehmen. Zurück bleiben die Kinder und Alissende, die sich nun nicht mehr heraushalten kann und will …


    Autorin (Info bei amazon)
    Liv Winterberg, 1971 in Berlin geboren, studierte Germanistik, Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in Berlin. Ihr Debütroman 'Vom anderen Ende der Welt' wurde auf Anhieb ein Besteller.


    Allgemeines
    Erscheinungstermin: 1.August 2014 im Deutschen Taschenbuch Verlag
    Broschiertes TB, 400 Seiten
    Der Prolog spielt im Jahr 1290, die Haupthandlung in Sériol und Pamiers im Jahr 1308
    Ergänzungen: Personenverzeichnis, Glossar, Nachwort der Autorin
    Erzählung in der dritten Person aus wechselnden Perspektiven


    Inhalt
    Im Mittelpunkt des Romans steht die junge Alissende, die als Säugling wegen ihrer Kränklichkeit von ihrer Mutter in einem Wald ausgesetzt wurde. Sybilla, die Schwester eines jüdischen Geldverleihers, hat das Kind zu sich genommen. Nach Sybillas Tod lebt Alissende als Magd in der Familie des Geldverleihers, wird jedoch im Zuge der Judenvertreibung unter König Philipp IV von Frankreich heimatlos.
    Auf dem Weg nach Süden gerät Alissende in das (fiktive) Dorf Sériol, in dem sie freundlich aufgenommen wird und als Magd Anstellung findet. Sie verliebt sich in den Hirten Simon, der ihre Gefühle erwidert, und könnte ein sorgloses Leben führen, wenn es nicht immer wieder im Dorf zu merkwürdigen Vorfällen käme. Wiederholt werden Einwohner des Dorfes von Männern des Bischofs Durand zu Verhören nach Pamiers abgeholt. Der Bischof scheint in Sériol "Ketzer" zu vermuten, ein Verdacht, der vielen Dorfbewohnern sehr gefährlich werden kann, zumal Alissende nicht mehr weiß, wem sie noch trauen kann.


    Persönliche Beurteilung
    Der Roman thematisiert das Vorgehen der Katholischen Kirche gegen Andersgläubige. Wird dieses Thema schon im Rückblick auf Alissendes Vorleben in Bezug auf die Judenverfolgung angesprochen, so erfährt der Leser im weiteren Verlauf, dass auch eine christliche Bewegung, das Katharertum, der Verfolgung durch die Kirche anheimfällt. Gut 60 Jahre nach der Erstürmung der "Ketzerburg" Montségur lebt die Bewegung der Katharer wieder auf, das fiktive Dorf Sériol ist dem Nachwort der Autorin zufolge nach dem realen Dorf Montaillou modelliert und einige Romanfiguren sind realen Persönlichkeiten nachempfunden.
    Das Glossar erläutert einige historische Begriffe, in Bezug auf die Lehre der Katharer ist es jedoch nicht ganz vollständig. Im Roman ist verschiedentlich von den "Vollkommenen" die Rede, hier fehlen leider der Fachterminus "Perfecti" und eine nähere Erklärung über dessen Bedeutung.
    Der Schwerpunkt der Romanhandlung liegt auf der Liebesbeziehung zwischen Alissende und Simon, sowie den zwischenmenschlichen Beziehungen in Sériol im Allgemeinen. Die Romanfiguren werden dabei gründlich und glaubwürdig charakterisiert. Religionsgeschichtliche Details über den Alltag und die Glaubenspraktiken der Katharer kommen im Vergleich dazu etwas zu kurz.
    Der Erzählstil ist anschaulich und flüssig zu lesen, wirkt allerdings gelegentlich etwas zu modern für das 14.Jahrhundert.
    Lesern, die in erster Linie gute Unterhaltung mit einer Prise Romantik schätzen, kann man für diesen Roman eine uneingeschränkte Empfehlung geben. Wer vor allem religionsgeschichtlich interessiert ist, wird vermutlich nicht ganz zufrieden gestellt werden.
    6 Punkte

  • Ich habe bereits die beiden anderen Bücher der Autorin mit Begeisterung gelesen und mich deshalb auf diesen neuen historischen Schmöker gefreut.


    Schauplatz waren das Dorf Seriol in den Pyrenäen und der Bischofssitz in Pamiers


    Protagonistin ist Alissende, die von der eigenen Mutter quasi ausgesetzt und von Sybilla bis zu deren Tod liebevoll aufgezogen wurde. Alissende war getauft und als Dienstmädchen beim Bruder von Sybilla, einem jüdischen Geldverleiher, untergekommen. König Philipp ist Schuld daran, daß die beiden Söhne, Hans und Hugo, vertrieben wurden und Alissende hat sich ihnen angeschlossen. Auf ihrer Flucht kommen sie in das (fiktive) Örtchen Seriol. Alissende fühlt sich in dem Dorf und bei dem Bauern Benoit wie im Schlaraffenland. Als die Brüder später weiterziehen bleibt sie bei der Familie und mittlerweile hat sie sich in den Schafhirten Simon verliebt. Ihr ist allerdings nicht bewusst, daß das Dorf den Katharern angehört.


    In einem zweiten Strang erleben wir Bischof Durand, wie er einen Gefangenen foltert, um aus ihm die Namen von Ketzern aus Seriol zu erfahren. Zwischen Seriol und Pamiers erleben wir Pfarrer Legrand als vermeintlichen Vermittler.


    Nachdem fast alle Erwachsenen von Seriol beim Bischof vorgeladen wurden, nimmt sich Alissende der Kinder an und gibt ihnen all ihre Liebe und Fürsorge, genauso wie sie diese als Kind von Sybilla bekommen hat.


    Weitere Details möchte ich nicht ausführen und vor allem nicht, wie die Geschichte ausging.


    Beim Cover bleibt der Verlag dem Stil der Vorgängerbücher treu und auch dieses gefällt mir wieder sehr gut. Sehr gut war das vorangestellte Personenverzeichnis. Das angefügte Glossar und vor allem das Nachwort der Autorin waren informativ.


    Dieser historische Roman war spannend und flüssig zu lesen. Vor allem Alissende wurde sehr genau charakterisiert, allerdings hatte sie keinerlei Ecken und Kanten. Die hätte ich mir gewünscht. Für mein Empfinden hätte die Autorin auch mehr auf die Religion bzw. die Katharer-Problematik eingehen dürfen, so war mir etwas zuviel Romantik und Liebe im Spiel.


    Ich fühlte mich aber trotzdem gut unterhalten und bin bestimmt beim nächsten Buch wieder dabei!

  • 1308: In einem kleinen südfranzösischen Dorf in den Pyrenäen fühlt sich die junge Alissende wohl. Sie findet hier gute Freunde und ihre große Liebe. Doch die meisten Dorfbewohner gehören der Religionsgemeinschaft der Katharer an. Eines Tages werden alle zum Verhör abgeholt und nur Alissende bleibt zurück - mit den Kindern des Dorfes und den Tieren.


    Mein Leseeindruck:


    Ich mag Historische Romane sehr und die Verfolgung der Katharer ist ein spannendes Thema. Somit war ich auf dieses Buch sehr neugierig. Ich habe es auch sehr gerne gelesen. Der Schreibstil der Autorin ist leicht und angenehm, so dass sich das Buch flüssig lesen lässt.


    Die Handlung ist unterhaltsam, und besonders gut haben mir die Schilderungen des Dorflebens gefallen. Das Mittelalter ist eine faszinierende Epoche, über die ich gerne lese.


    Einzig die Figuren sind mir leider nicht ans Herz gewachsen. Sie blieben mir alle ein bisschen fremd und wirkten etwas zu blass für meinen Geschmack. Ich konnte nicht wirklich mit ihnen fühlen. Vielleicht liegt es daran, dass ich zu wenig von ihren Gedanken mitbekommen habe.


    Dennoch habe ich dieses Buch sehr gerne gelesen. Es hat mir schöne Lesestunden geschenkt.

  • Meine Meinung


    Die Autorin Liv Winterberg kannte ich vor „Klang der Lüge“ nicht. Im Nachhinein frage ich mich tatsächlich, warum eigentlich nicht? Ihr Schreibstil ist fantastisch. Liv Winterberg schreibt mit solch einer Lebendigkeit, dass man sich die gesamte Landschaft und die Menschen bildlich vorstellen kann. Sie hat es geschafft, eine fiktive Handlung mit echten Protokollen aus dieser Zeit zu verbinden, ohne dass der Leser merkt, was nun echt oder was reine Erfindung ist. Der Roman spiegelt das Vorgehen der katholischen Kirche gegen Andersgläubige. Jenes Thema wird bereits in der Vergangenheit angesprochen indem man das Vorleben von Alissende anreisst, oder in Bezug auf die Judenverfolgung die sie Jahre später erleben muss. Als Leser erfährt man im weiteren Verlauf, dass auch eine christliche Bewegung, das Katharertum der Verfolgung durch die Kirche anheim fällt. Die Geschichte spielt im Jahre 1308 inmitten einer sommerlichen Kulisse. Die Protagonistin erreicht nach einer Flucht, ein kleines idyllisches Bergdorf mit einer wunderschönen atemberaubenden Landschaft. Schnell wird ihr klar, sie ist zu Hause angekommen. Ein trügerischer Gedanke wie sie später feststellen muss, doch trotzdem wird sie nie von dem Gefühl los lassen. Die Autorin beschreibt in ihrem Roman jede Kleinigkeiten. Dadurch bekommt Sériol etwas verträumtes und ruhiges. Schnell kann man Sympathien und Antipathien zu den anderen Charakteren aufbauen. So war ich beispielsweise ganz begeistert von Rixende. Ich mochte die alte Frau von Beginn an. Und sollte es nicht ganz beabsichtigt gewesen sein, aber der Pfarrer Legrand trug für meinen Geschmack schon einen Hauch mit sich der ihn mich nicht mögen ließ. Das hat aber der Hirte Simon wieder wett gemacht. Die Liebe zwischen Alissende und ihm hat mich stark berührt. Doch so sehr ich auch von dem Buch begeistert bin, so muss ich auch einige Sachen bemängeln. So hat mir die Historie ein wenig gefehlt. Klar, der Leser weiß in welcher Zeit wir uns befinden, er hat es ja gelesen. Ich denke würde die Jahreszahl nicht am Anfang stehen, könnte man es sogar fast für die Jetztzeit verkaufen.
    Das Ende und die Aufklärung ging mir zum Schluss zu schnell, zu ruppig und zu unspektakulär von statten. Es kam mir auch nicht so ganz glaubwürdig vor. Zu viele Fragen überließ die Autorin ihrem Schicksal.Nun ja, aber nichts desto trotz, „Klang der Lüge“ ist ein wundervoll geschriebener Roman, der ans Herz geht und den ich sehr empfehlen kann.