Yuros und Antiopia - zwei Kontinente, dazwischen ein Ozean. Yuros wird vom Rondelmarischen Kaiserreich mit seinen übermächtigen Armeen dominiert, die herrschende Clique hat um ihre Verfügungsgewalt über Magie (die sie 'Gnosis' nennen) eine Religion erschaffen. Antiopia, der exotische Widerpart, ist die Heimat vieler, uneiniger Königreiche und zweier miteinander verfehdeter Religionen, in deren Namen eine Menge Blut vergossen wird.
Der Ozean kann nur mit magischen Windschiffen überquert werden kann, oder über eine gewaltige Brücke, die alle zwölf Jahre für zwei Jahre aus den Fluten auftaucht. Die nächste Mondflut, die die Brücke freigeben wird, ist nur noch wenige Wochen entfernt. Legionen des Rondelmarischen Kaiserreichs stehen bereit, Antiopia mit Krieg zu überziehen, sobald die Brücke begehbar ist.
Von hier aus entwickeln sich verschiedene Handlungsstränge, die zunächst noch nicht viel miteinander zu tun haben, aber auf die eine oder andere Weise alle mit dem großen Ganzen verwoben sind:
Da ist Ramita, eine Händlertochter, die an den mächtigsten Magier ihrer Zeit verheiratet wird, der mit ihr Kinder zu zeugen hofft, die der Welt irgendwie den Frieden zurückgeben sollen. Ramitas Geliebter Kazim wird unter dem Eindruck seines Liebeskummers von einer Sekte fanatischer Gotteskrieger angeworben, die Ramitas Ehemann tot sehen wollen - und lässt sich zum willigen Werkzeug ausbilden.
Dann haben wir den jungen Alaron, der mit seiner Abschlussarbeit der Wahrheit über eine gigantische Verschwörung um das heiligste Artefakt des Rondelmarischen Magierklerus erschreckend nahe kam und darauf seinen Titel nicht erhält - aber der Spur unbedingt weiter nachgehen will.
Schließlich Elena, einst Spionin in rondelmarischen Diensten, nun der jungen Königin Cera auf Antiopia aus Liebe und Loyalität ergeben. Ceras Reich ist ein Schlüssel beim Versuch, rondelmarische Vorherrschaft auf dem Kontinent zu zementieren, und Elena hat Ceras Leben um einen hohen Preis vor den Angriffen ihres früheren Meisters Gurion retten können. Doch die Bedrohung ist noch lange nicht abgewendet - im Gegenteil. Und Gurion bereitet seinen Gegenschlag an gänzlich unerwarteter Stelle vor.
'Am Ende des Friedens' - der zweite Band der deutschen Übersetzung - ist eigentlich die zweite Hälfte des ersten Bands im englischen Original, das vermutlich aus Gründen des Umfangs geteilt worden ist. Das merkt man deutlich, denn wo der erste Band seine Zeit brauchte, um so etwas wie Spannung aufzubauen, ist dieser zweite Teil fast von Anfang an packend und lädt zum Mitfiebern ein. Die Dinge geraten schnell und gnadenlos in Bewegung, es folgt eine Wendung auf die nächste, viele unerwartet. Die Figuren gewinnen an Profil und Tiefe und damit auch an Sympathie. Man nimmt tatsächlich Anteil an ihrem Schicksal, und da der Autor sie nicht schont, überschlagen sich die Ereignisse umso dramatischer.
Ich gebe zu, nach dem ersten deutschen Band war ich unschlüssig, in welche Richtung dieses Epos sich entwickelt. Nach diesem zweiten Teil bin ich nun sehr positiv überrascht und meine, dass das hier auf jeden Fall große, lesenswerte, sehr epische Fantasy ist - die gelungene Verknüpfung mehrerer Einzelschicksale mit einem großen, weltumspannenden Konflikt. Es gibt derzeit eine Menge Bücher, die von sich behaupten, sie seien 'für Fans von Game of Thrones' - dieser Auftakt hier könnte es tatsächlich schaffen, eine ähnlich epische und vielschichtige Geschichte zu erzählen. Einziger Wermutstropfen ist für mich der Weltentwurf: Die Anlehnung an unsere real existierende Welt, jedoch in Fantasy-Namen gekleidet, mutet mitunter bemüht und ein bisschen bizarr an. Es ist recht offensichtlich, dass Kultur und Religion des Rondelmarischen Kaiserreichs und des ganzen Kontinents Yuros einem mittelalterlichen Europa unter Einfluss des Christentums und mit großer Lust auf Kreuzzüge ins heilige Land entsprechen, und dass Antiopia nach dem Vorbild Asien modelliert ist. Die beiden großen Religionen entsprechen bis hin zu priesterlichen Riten und dem Aussehen (bzw. Nicht-Aussehen) ihrer Götter dem Hinduismus (mit seinem Zentrum in einem Land, das Indien entspricht) und dem Islam - bei dem auch eine fanatische Sekte religiös getriebener Gotteskrieger nicht fehlen darf. Dazu wird man mit einer Vielzahl von Namen bombardiert, bei denen man auch nach 800 Seiten noch nicht sicher ist, auf welchem Kontinent oder in welcher Religion oder wo auch immer sie eigentlich hingehören.
In dem Moment allerdings, in dem man sich als Leser den Schicksalen der Protagonisten nähert, in denen es um menschliche Intrigen und Sehnsüchte und Unsicherheiten geht, da findet dieses Buch zu wirklicher Größe. Da stören auch die vielen albernen Bezeichnungen nicht mehr, denn die Charaktere und ihre Verwicklungen wissen so sehr zu fesseln, dass man alles andere vergibt.
Aus diesem Grund bekommt das Buch - zusammen mit Band 1 - auch eine klare Leseempfehlung und volle Wertung. Denn hier erwartet einen wieder einmal richtig epische, gut durchdachte, emotional packende Fantasy, bei der man sich die Nägel vor Spannung auf den nächsten Band abknabbern möchte. Ich rate zu zwei Dingen: Erstens, unbedingt den ersten Band vorher lesen - und dann unmittelbar mit diesem hier weiterzumachen, denn die Story geht nahtlos weiter. Und zweitens, habt Geduld. Vor allem beim ersten Band. Die ersten zweihundert Seiten oder so sind zäh, die Namen verwirrend, die Figuren erscheinen einem zunächst fremd. Aber das ist es wert, in diesem zweiten Band wird man belohnt.
Ach ja, die Cliffhanger am Ende sind tödlich