Die unterirdische Sonne - Friedrich Ani

  • Klappentext:
    Am Rand der Nacht, in der Stille der Nacht allein
    Eine Insel. Ein Haus. Ein Keller. Fünf Jugendliche, die mit Gewalt darin festgehalten werden. Kein Tageslicht. Und täglich wird einer von ihnen nach oben geholt. Doch niemand spricht über das, was dort geschieht. Denn wer spricht, stirbt, bekommen sie gesagt. Die Lage scheint aussichtlos, und Angst, Wut, Schmerz, Verzweiflung und Sehnsucht lassen die Jugendlichen beinahe verrückt werden. Doch nichts kann sie retten vor den schrecklichen Dingen, die geschehen. Bis ein neuer Junge zu ihnen gebracht wird, der nicht bereit ist, die Gewalt zu akzeptieren.


    Autor:
    Friedrich Ani, geb. 1959 in Kochel am See, arbeitete als Reporter, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete. Er schreibt Romane, Kinderbücher, Gedichte, Hörspiele, Drehbücher und Kurzgeschichten. Seine Bücher wurden in mehrere Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet. Friedrich Ani lebt in München. (Quelle: Weltbild)


    Zum Inhalt:
    In einem einsamen Haus auf einer Insel werden 5 Kinder bzw. Jugendliche im Alter von 11-16 in einem Keller ohne Fenster festgehalten... einige erst kurze Zeit, der längste bereits über ein Jahr....
    Sie schlafen auf Matratzen auf dem Boden, bekommen zu Essen und zu Trinken und haben ein Badezimmer und auch einen Fernseher....
    Einmal pro Woche müssen Sie sich mit dem Gesicht zur Wand stellen, dann wird eine Tür nach draußen geöffnet um zu lüften.
    Immer hat einer der 5 Putzdienst und alles wird mit Kameras überwacht - die totale Kontrolle.


    Immer wieder werden sie allein oder zu zweit "nach oben" geholt, was dort passiert bleibt auch für den Leser weitestgehend im Dunkeln - die Kinder jedenfalls reden nicht darüber, dürfen es auch nicht. Wer auch nur flüstert wird bestraft oder getötet...
    Jeder der 3 Jungen und 2 Mädchen hat eine andere Art mit dem Geschehen umzugehen, sie träumen sich an andere Orte, erzählen sich Geschichten um dem Grauen zumindest Gedanklich ein paar Minuten zu entkommen.
    Im TV sehen sie ihre eigenen Geschichten, sehen wie das Suchen aufgegeben wird und erkennen mehr und mehr wie aussichtslos Ihre Lage erscheint.


    Erst als mit Noah ein älterer Junge zu ihnen kommt, der anscheinend nicht bereit ist, dies alles hinzunehmen, eskaliert die Situation....


    Mein Fazit:
    Das Buch ist beklemmend und fesselnd zugleich - allein anfangs hatte ich etwas Probleme in die Geschichte rein zu kommen, das gab sich aber schnell und es war innerhalb kürzester Zeit gelesen.
    Es ist Erzählstil geschrieben, die Kinder erzählen abwechselnd, lassen uns in ihre Gefühlswelt ein und an Ihren Gedanken teilhaben - dieser Stil war für mich (!) teilweise etwas schwierig zu lesen, man muss sich darauf einlassen können - eben auch auf den Jargon, den sich die Kinder dort angewöhnt haben - aber es lohnt sich.

    "Die unterirdische Sonne" ist alles andere als leichte Kost, hier wird diese furchtbare Situation von Kindesentführung aus völlig anderer Sicht erzählt als in 'herkömmlichen' Krimis, nämlich aus der der Kinder! Über die Täter weiß man nur sehr wenig, genau wie über die Taten - hier braucht es aber auch nicht sehr viel Fantasie, leider...
    Auch gibt es hier keine Kommissare, kein SEK - nein, in diesem Buch geht es einzig und allein um die Opfer.


    Das Grauen der Kinder, wie sie damit umgehen und versuchen dem gedanklich zu entfliehen wurde hier in einen fesselnden Roman gepackt, die bedrückende Stimmung, die Hoffnungslosigkeit dieser Kinder rauben zeitweise schier den Atem...
    Das ganze mal aus diesem Blickwinkel zu betrachten ist ergreifend, erschreckend und ist (soweit ich weiß) auch bislang ziemlich einzigartig.
    Furchtbar, wenn man den Gedanken zulässt, dass das ganze leider gar nicht weit entfernt von der Realität liegt....


    Dennoch ist es hier aber ein Roman,der einen zum Glück am Ende nicht ganz hoffnungslos zurücklässt...

    "I have lived a thousand lives and I've loved a thousand loves. I've walked on distant worlds and seen the end of time."


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  • Danke für die Rezi Grinse! :wave
    Klingt sehr interessant. Gerade weil es mal aus einer anderen Sichtweise erzählt wird.
    Ich habs auf meinen Wunschzettel gepackt!

    Es geht uns mit den Büchern wie mit den Menschen. Wir machen zwar viele Bekanntschaften, aber wenige erwählen wir zu unseren Freunden, unseren vertrauten Lebensgefährten.
    Ludwig Feuerbach (1804-1872)

  • Puuuh, vielen, vielen Dank für Euer Lob und Eure Kommentare!!
    Ist ja erst meine zweite Rezi überhaubt, und da ist man ja schon noch etwas unsicher.....
    Tat echt gut, Euch zu lesen, Danke!! :-]


    Zitat

    Original von Jasmin87
    Danke für die Rezi!
    Das Buch hört sich interessant an...


    @ Grinse: Erfährt man denn am Ende, warum die Kinder im Keller festgehalten werden? Du kannst die Antwort bitte spoilern, damit nicht zu viel verraten wird. Danke :wave


    Okay, also...


    Ich nehme Dir hiermit -so hoffe ich- trotzdem nicht die Lust, das Buch zu lesen, sofern der Stoff nicht ganz in die falsche Richtung für Dich geht....


    Viele Grüße
    Grinse :wave


    (Edit verbesserte ein Smilie :zwinker)

    "I have lived a thousand lives and I've loved a thousand loves. I've walked on distant worlds and seen the end of time."


    image.gif

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Grinse ()

  • 5 Jugendliche, ein Keller und eine Anweisung: sprich nie über das, was du oben erlebst. An diese Vorgabe halten sich die Mädchen und Jungen auch, bis Noah zu ihnen stößt. Denn Noah sind die Regeln egal. Wie gefährlich ist eine Neugierde?


    "Die unterirdische Sonne" war mein erster Roman von Friedrich Ani und lässt mich zwiegespalten zurück. Auf der einen Seite fängt der Autor außergewöhnlich gut die Beklemmung im Keller ein, auf der anderen Seite ist eine Story nicht wirklich existent.


    Die Geschichte wird von einem auktorialen Erzähler berichtet, wobei dieser nicht sonderlich zuverlässig ist. Denn er passt sich den Gedanken der Jugendlichen stark an, nimmt ihre Sprache und somit auch ihren sehr laxen Erzählstil an. So kommen einem die Umstände zwar beängstigend nah, auf der anderen Seite schwirrte mir gerade zu Beginn der Kopf, da ich innerhalb kürzester Zeit allen Jugendlichen zugehört habe und ihren Gedanken folgen konnte. Hier musste ich mich wirklich konzentrieren, was an sich nicht schlecht ist, mir hier aber Durchhaltevermögen abverlangte, da die Sprache sehr einfach und geradezu primitiv gehalten wurde.


    Die Figuren blieben mir während der Lektüre fern. Zwar ist ihr Schicksal beängstigend, jedoch erfährt man als Leser eben so wenig über die Taten oberhalb des Kellers wie die anderen Mitgefangenen. Auch wirken die Jugendlichen nicht individuell, sondern alle gleichermaßen verstört und verwirrt. Zwar kommt so die wirklich bedrückende Stimmung im Keller und die Wirkung einer Entführung sehr gut rüber, jedoch war mir im Verlauf des Buches das Schicksal der Gruppe egal, denn keiner der Charaktere hat mich berührt.


    Die Story selbst ist sehr eigen. Denn man verbringt einfach nur Zeit im Keller. Es werden immer wieder Jugendliche rausgeführt und zurückgebracht. Ihr teilweise sehr abstruses Verhalten stellt Friedrich Ani verstörend gut dar. Aber einen roten Faden konnte ich nicht entdecken. Jedes Kapitel ist ähnlich, es gibt keine "Highlights" oder Twists. Und das Ende, auf das ich setzte, war für mich nicht nachvollziehbar und auch nicht logisch erklärbar.


    Ich war bei der kompletten Lektüre wankelmütig. Mal wollte ich abbrechen, 2 Seiten später hatte mich ein Satz so in den Bann gezogen, dass ich weiterlesen musste. Dies war für mich eine vollkommen neue Leseerfahrung. Insgesamt lässt mich der Roman aber unbefriedigt zurück.


    Der Stil von Friedrich Ani gut, wenn auch nicht immer flüssig zu lesen. Seine Erzählweise orientiert sich extrem an der einfachen Ausdrucksweise seiner Protagonisten, zeigt auf der anderen Seite aber auch eine Tiefe, die mich umgehauen hat.


    Fazit: puh, ich kann nicht mal eine Empfehlung geben. Und das ist mir noch nie passiert!