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Alice Thinschmidt, Daniel Böswirth: Das Rucksackbuch für den Wald, (Kinder-Sachbuch, 8 – 10 J.), Wien 2014, Verlag Perlen-Reihe, ISBN 978-3-99006-034-6, Softcover, 128 Seiten, mit zahlreichen Farbfotos sowie Illustrationen von Jürgen Schremser, Format: 14,8 x 10,6 x 1,8 cm, EUR 12,95.
Kinder wollen etwas erleben. Der klassische Sonntagsspaziergang, bei dem sie den Eltern hinterherzotteln, die über Erwachsenenthemen reden, ist für sie so ziemlich das Langweiligste unter der Sonne. Dabei gibt es in der Natur so vieles zu entdecken, das für Kinder interessant und spannend ist – das ganze Jahr über und vor allem im Wald. Man muss nur wissen, wie man ihnen die Tier- und Pflanzenwelt nahebringt.
In diesem Buch gibt es 36 kreative Tipps und Anleitungen, was man im Jahreslauf im Wald entdecken, erforschen, spielen und erleben kann – und was sich mit „Fundstücken“ aus dem Wald alles basteln und sogar backen und kochen lässt. Piktogramme am rechten Seitenrand dienen der schnellen Orientierung: draußen, drinnen, Vorbereitung, sammeln, basteln, kochen, experimentieren, spielen ...
Erst gibt es eine kleine Einführung in die „Wald-Hausordnung“, damit man weiß, wie man behutsam und schonend mit der Natur umgeht. Und dann geht’s los.
Frühling
Wir starten im Februar und lernen, was Blütenblätter färbt und was sie öffnet und schließt. Verschiedene Versuche machen das anschaulich.
Schritt für Schritt wird gezeigt, wie man eine Weidenpfeife schnitzt, was nur funktioniert, wenn die Bäume gerade auszutreiben beginnen. Ich kenne das Pfeifenschnitzen noch aus meinen Kindertagen, mein Vater konnte das. Angeblich klappte das aber nur mit Hilfe einer „Beschwörungsformel“ – einem Lied aus seiner Kindheit:
„Pfeiferl, Pfeiferl geh,
sunst hau i di in Schnee,
sunst hau i di in Schindergram,
dass di Hund und Katz verzahn.“
Man sieht: Solche Dinge bleiben über Generationen im Familiengedächtnis.
Die Autoren zeigen auch, wie man aus Brennnesseln eine leckere Suppe kocht. Und wie wäre es mit einem Butterbrot mit Gänseblümchen und Veilchen drauf? Manche Blumen kann man tatsächlich essen.
Sommer
Der Sommer ist die richtige Zeit für den Bau eines Rindenboots mit Knatterantrieb. Woher man den Pulsarmotor dafür bekommt, erfährt man in den weiterführenden Empfehlungen auf Seite 127. Explosiv und ein bisschen gefährlich wird es bei dem Versuch mit den Bärlapp- oder Farnsporen, weshalb man ihn auch nur an Orten durchführen darf, an denen keine Brandgefahr besteht.
Blätter, Blüten und Rinden eigenen sich für die verschiedensten Kunstwerke: Frottagen, Kollagen, Farbdrucke und anderes mehr. Beeren sind mehr etwas für die Koch- und Backkunst. Und auch die Kunst des Spurenlesens kann man hier erlernen. Wie man die Trittsiegel der Tiere konservieren und mit nach Hause nehmen kann, erfahren wir hier auch. Spiele wie „Rehkitz und Luchs“, „Wo ist mein Baum“ und „Fehler suchen“ sind ebenfalls etwas für die warme Jahreszeit.
Herbst
Im Herbst dreht sich natürlich alles um bunte Blätter und reife Früchte. Die Autoren geben Tipps für Blätterkollagen, geröstete Bucheckern, Flugobjekte nach dem Vorbild der Ahornsamen, Experimente zum Thema Blattfarbstoffe, Holunderbeertinte, Webbilder, Ketten, Kronen, Kränze und Girlanden aus Beeren, Nüssen und Samenkapseln, Kastanienmonster und –männchen und vieles andere mehr. Die Möglichkeiten in dieser Jahreszeit sind bunt und vielfältig.
Winter
Sogar im Winter bietet der Wald eine Grundlage für viele Aktivitäten: Man kann Futterzapfen für Wildtiere herrichten, Bienenwachskerzen nach dem Vorbild von Nadelbaumzapfen gießen, Rindenmasken basteln, ein Winterlicht aus Birkenrinde bauen, mit Hilfe von Wasser und Formen Eispaläste und Eiskekse herstellen und – Achtung, eklig! – das Gewölle von Eulen untersuchen, das sich im Winter bei Schnee besonders gut finden lässt. Man kann Schneeballzielwerfen spielen, Baumfamilien zusammenstellen oder Spuren finden und erfinden. Besonders letzteres hört sich recht spaßig an.
Das Buch ist klein und handlich genug, dass man es zum Waldspaziergang mitnehmen kann, für den Fall, dass man unterwegs etwas nachschauen möchte. Mit diesem Büchlein sind ereignisreiche Exkursionen fürs erste gesichert, und Langeweile gehört beim Sonntagsspaziergang der Vergangenheit an. Dass dies auch von den Erwachsenen Beteiligung und Engagement erfordert, dürfte klar sein. Den Kindern einfach das Buch in die Hand zu drücken, sichert den Sonntagsfrieden noch nicht.
Bei den Anleitungen kann’s sein, dass man als Leser aus Deutschland hier und da Vokabeln nachschlagen muss. Die Autoren stammen aus Österreich, das Buch ist in Wien erschienen, und ein klein wenig unterscheiden sich die Bezeichnungen in den beiden Ländern eben. (Topfen – Quark, Staubzucker – Puderzucker, Einsiedeglas – Einmachglas/Einweckglas, Spagat - Schnur etc.)
Klimaneutral und ökologisch nachhaltig produziert
Das Buch wurde klimaneutral und ökologisch nachhaltig produziert wie alle Bände der Perlen-Reihe. Der Verlag sichert eine umweltfreundliche Rohstoffzusammensetzung und ein umweltverträgliches Herstellungsverfahren unter Schonung der natürlichen Ressourcen zu. Alle Papiere werden aus Zellstoffen hergestellt, die aus nachhaltiger Forstwirtschaft gewonnen und ohne Einsatz von Elementarchlor umweltverträglich gebleicht wurden. Ein Aufkleber auf dem Cover verrät: „Lokal gedruckt mit Pflanzenölfarben auf Öko-Papier.“ Wer jetzt blässlichen Druck auf grauem, labberigem Umweltpapier befürchtet, den kann ich beruhigen: Die Umweltfreundlichkeit sieht man dem Produkt nicht an. Farbbrillanz und Papierqualität sind genau so, wie man es gerne hätte. Der etwas altmodische Charme des Buchumschlags ist Stil des Hauses – die Cover sind alle in dieser Art gestaltet.
Die Autoren
Alice Thinschmidt und Daniel Böswirth absolvierten die Höhere Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau in Wien und sind als Fachautoren in Österreich, Deutschland und der Schweiz tätig. Im Lauf der Jahre haben sie das umfangreiche Fotoarchiv www.gartenfoto.at aufgebaut. Alice Thinschmidt ist als Ökopädagogin auch beruflich damit beschäftigt, gemeinsam mit Kindern die Natur zu entdecken und immer wieder Neues auszuprobieren. Die besten Kritiker sind dabei ihre eigenen Kinder.