Mit diesem Titel geht Ulf Schiewes Normannensaga in die zweite Runde. Auch diesmal wird die ganze Geschichte aus der Sicht des jungen Gilbert erzählt, der als Kind von den Hautevilles als Geisel geraubt wurde, lange Zeit als Schweinehirt für sie arbeitete und mittlerweile zu einem engen Vertrauten von Robert Guiscard de Hauteville geworden ist.
Der zweite Band beginnt im Jahr 1054, ungefähr ein Jahr nach der Schlacht von Civitate, mit der „Das Schwert des Normannen“ endete.
Gaitelgrima, in zweiter Ehe mit Roberts Bruder Onfroi, dem Grafen von Apulien verheiratet, möchte nach Salerno zu ihrer Familie reisen, um dort ihren neugeborenen Sohn taufen zu lassen. Gilbert und einige seiner Freunde werden von Robert als Geleitschutz für die Contessa eingesetzt. Bei Prinz Guaimar von Salerno, Gaitelgrimas Bruder, finden sie herzliche Aufnahme. Gilbert ist von der Stadt beeindruckt, doch schon bald merkt er, dass sich ein Aufstand gegen die Prinzenfamilie zusammenbraut. „La Familia“ ist eigentlich heilig, aber hier droht innerhalb des Familiengefüges Gefahr, denn die Drahtzieher der sich anbahnenden Revolte sind keine geringeren als Guaimars eigene Schwager, die Brüder seiner Frau Gemma.
Ehe sich Gilbert und seine Gefährten versehen, stecken sie mittendrin in einem blutigen Aufstand. Wird Gilbert sein Versprechen gegenüber Robert einlösen und Gaitelgrima und ihren Sohn retten können?
Obwohl schon einige Monate vergangen sind, seit ich Band 1 gelesen habe, konnte ich mich sehr schnell wieder an die ganzen Ereignisse und Personen erinnern, um die es damals ging. Um die historischen Zusammenhänge vollends zu erfassen, empfehle ich, auf jeden Fall mit dem ersten Buch anzufangen. Aber man findet durchaus auch gut in die aktuelle Handlung, ohne die Vorgeschichte im Detail zu kennen. Es gibt immer wieder dezent eingebaute Hinweise im Buch, so dass die Zusammenhänge klar werden und man die verschiedenen Charaktere ausreichend kennenlernt.
Was so harmlos, als Verwandtschaftsbesuch, beginnt, wird bald zu einem blutigen Abenteuer mit ungewissem Ende. Gilberts Sorge gilt nicht nur Gaitelgrima und ihrem Sohn, sondern er hat eine dunkle Ahnung, dass seiner geliebten Gerlaine, die ihn bereits seit Hauteville begleitet hat, etwas zugestoßen sein könnte. Unterwegs findet er Hinweise, die seine Befürchtungen bestätigen.
Während es im ersten Band allgemein um die Eroberung Süditaliens durch die Normannen ging, wo die rauen Gesellen aus dem Norden vor nichts Halt machten und sich raubend und plündernd ihr Recht verschafften, so haben sie es mittlerweile zu Macht und Ansehen gebracht und wichtige Bündnisse geschlossen. Die Handlung, die diesmal zum großen Teil in und um Salerno spielt, ist sehr emotionsgeladen. Angesichts der Tatsache, dass Guaimar und seiner Familie Gefahr von der eigenen Verwandtschaft droht, muss man schon schlucken. Beginnt alles als verbaler Machtkampf, so ist bald rohe Gewalt im Spiel. Gemmas Brüder haben eine mörderische Intrige eingefädelt. Die Geschädigten reagieren recht unterschiedlich und mit einem breit gefächerten Spektrum an Gefühlen. Angefangen von taktisch vernünftigen Überlegungen bis hin zu blankem Hass und Rachegedanken ist hier alles vertreten und so lebendig dargestellt, dass man als Leser so manches Mal den Eindruck hat, mittendrin im Geschehen zu sein. Band 1 hat mir gut gefallen, aber die Fortsetzung hat mich völlig gefesselt und in ihren Bann gezogen. Wie er im Nachwort erklärt, hat der Autor für seine Geschichte einige dramaturgische Änderungen an den historischen Tatsachen vorgenommen, und doch bleibt er mit seiner Handlung sehr dicht an der Wahrheit, und diese realen Tatsachen sind besonders faszinierend, ja teilweise schockierend.
Auf jeden Fall ist es Ulf Schiewe nicht nur gelungen, einen Zeitabschnitt und historische Ereignisse für seine Leser lebendig zu machen, sondern er hat das Ende seines Romans so genial angelegt, dass man sich am liebsten gleich auf Band 3 stürzen würde. Hier wird uns jedoch einiges an Geduld abverlangt, denn es soll zwar weitere Bände geben, aber das Erscheinungsdatum ist noch ungewiss. Man kann nur hoffen, dass wir nicht allzu lange auf die Folter gespannt werden.