'Der Sommer der Freiheit' - Seiten 164 - 238

  • Für die „Erbsenzähler“ unter uns: auf S. 186 in der 8. Zeile von unten dürte ein Satzfehler sein: das muß wohl „Diener heißen.


    S. 211, die (milde) Standpauke des Vaters, auf sowas habe ich angesichts der Zeit, in der der Roman spielt, eigentlich schon lange gewartet. Aber geholfen hat’s nix, wie man im weiteren lesen konnte.


    Selma macht eine Gratwanderung auf dem Vulkan und weiß anscheinend selbst nicht, was sie will. Obwohl - da erinnerte sie mich wieder an Tony aus den Buddenbrooks - Hauptsache die Äußerlichkeiten stimmen. Auf die Idee, daß solches für ein ganzes Leben gilt, und das aus mehr als Äußerlichkeiten besteht, kamen die anscheinend gar nicht.


    Gewundert hat mich, daß Selma mit keinem Wort auf ihre Entdeckung mit Gero und seinem Partner eingeht, sondern das einfach so übergeht.


    Zitat

    Original von Heidi Rehn
    Selma und Gero sehe ich vor allem in einer Zweckbeziehung.


    Genau diesen Eindruck habe ich auch. Gero braucht eine Frau, um als „normal“ gelten zu können, und Selma will gesellschaftlichen Status und finanzielle Sicherheit auf hohem Niveau. Insofern passen die beiden zusammen. Aber nur insofern.



    Zitat

    Original von Heidi Rehn
    Diese Umwälzungen im Scheunenviertel beschäftigen mich übrigens immer noch....


    Das Scheunenviertel war mir übrigens von den Meindorff-Büchern von Elisabeth Büchle ein Begriff. Einer der Handlungsstränge, meist eher nicht angenehm, dort spielt nämlich in diesem Viertel, so daß ich da recht konkrete Vorstellungen habe. Und dauernd darauf warte, daß einer von den Meindorffs auftritt, zumal einer von Ihnen (das „schwarze Schaf“) aus dem französischen Zweig der Familie stammt. :grin

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Danke für den Hinweis auf Elisabeth Büchles Bücher. Da werde ich doch gern mal reinschauen.... Aber bei mir spielt das Scheunenviertel nur am Rande hinein. Ich war allerdings im April zur Recherche in Berlin und habe mich dort für das neue Buch viel herumgetrieben.... :-]


    Danke für den Hinweis auf den Druckfehler. Tja, wenn man die mal endgültig in den Griff bekäme....


    Selma muss die Entdeckung mit Gero erst verkraften, noch dazu, wo sie gar nicht so recht weiß, wie sie das verarbeiten soll, ist sie sich doch selbst unschlüssig, wie sie genau zu ihm steht. Die Begegnung mit Constanze und Robert hat da einiges aufgewirbelt. Und so lang sie nicht weiß, wie es anders werden soll, belässt sie es beim Alten.... Nach außen hin soll die Fassade immer schön weiß sein und glänzen. :-]

  • @ Heidi Rehn


    Ich weiß nicht so recht, wie es ist, wenn man als Autorin dauernd von Büchern anderer Autoren zu hören (bzw. lesen) bekommt. Aber mir als Leser drängen sich Vergleiche halt einfach auf, vor allem, wenn man die Geschicke einer Familie auf über 1.200 Seiten mitverfolgt hat.


    Elisabeth Büchle veröffentlicht ihre Bücher im (christlichen) Gerth Medien Verlag, was darauf hindeutet, daß das Thema Religion nicht ausgeklammert wird. Was mich zu einem Thema bringt, das mich schon lange umtreibt - zumal Joseph Abgeordneter des Zentrums ist - , aber besser in den "Fragen an die Autorin"-Thread paßt.


    Und sag ich doch: Hauptsache, die Fassade stimmt. Aber ob das für ein ganzes Leben reicht?

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Elisabeth kenne ich übrigens seit einigen Jahren über verschiedene Autorennetzwerke und schätze sie sehr.


    Natürlich ist es nicht immer leicht, wenn man von anderen Kollegen und ihren Büchern reden hört. Aber letztlich kommt es auf den Zusammenhang und die Art, wie das geschieht, an. Ich verstehe das hier als Runde, in der wir auch Anregungen austauschen. Und da ist es doch sehr bereichernd, wenn man Hinweise auf Kollegen erhält. Solltest Du, lieber SiCollier , aber fortan nur noch von anderen Kollegen und ihre Meisterwerke schwärmen, würde es wohl sehr hart für mich.... :lache

  • Zitat

    Original von Heidi Rehn
    Ich verstehe das hier als Runde, in der wir auch Anregungen austauschen. Und da ist es doch sehr bereichernd, wenn man Hinweise auf Kollegen erhält. Solltest Du, lieber SiCollier , aber fortan nur noch von anderen Kollegen und ihre Meisterwerke schwärmen, würde es wohl sehr hart für mich.... :lache


    So verstehe ich eine Leserunde auch, und ich habe die zur "Liebe der Baumeisterin" noch in sehr guter Erinnerung, auch wenn es für mich damals eher ungünstige Umstände waren und ich mit dem Buch nicht so ganz warm wurde. Dennoch ist erstaunlich viel hängen geblieben. Und beim Lesen der "Buddenbrooks" hatte ich dauernd ... "Die Liebe der Baumeisterin" im Kopf. Denn im Gegensatz zum erwähnten Mann-Roman hatte ich bei dem ein gutes Gefühl dafür, in welcher Zeit der Roman spielt.


    Und ich werde mich mit anderen Autorennamen etwas zurückhalten. Zumindest versuche ich es. :grin

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Wie gesagt, SiCollier, ich finde es eigentlich ganz anregend, wenn wir uns hier auch auf weitere Autoren und deren Bücher hinweisen. Das erweitert nur unseren Horizont und das ist doch auch nicht zu verachten :grin.


    Mir macht es einfach Spaß, dass wir hier so offen und konstruktiv miteinaner umgehen. Aber das hatte ich ja schon öfter angemerkt. Es ist einfach eine sehr faire Atmopshäre und bereichert mein ansonsten doch gelegebtlich sehr einsames Schreiben, gerade weil ihr da versucht, in dieselbe "Welt" abzutauchen. Ist doch schön, wenn man gemeinsam darüber nachdenkt, warum es funktioniert oder nicht funktioniert :grin

  • Ihr Lieben,


    Meta ist eine wichtige Gesprächspartnerin für Selma - in ihrem unsteten hektischen
    Leben wirkt sie wie ein ruhender Pol und sie ist eine kluge, hellsichtige Ratgeberin für sie.
    In der Fiktion ist alles möglich, leider ist das Leben kein Roman, da müssen wir die Drehbücher
    selber schreiben.
    Dennoch sind es wichtige Denkanstösse für Selma, verschiedene Lebensentwicklungen zu
    betrachten. Sie ist immer noch viel zu sehr fixiert auf ihre Zukunft an Gero`s Seite und will
    andere Wege, die ihr offenstehen könnten, nicht zulassen.
    Vermutlich wird der bevorstehende Krieg ihre Lebensplanungen durcheinanderwirbeln.


    Was ihre Beziehung zu Gero angeht, ist sie eine Meisterin der Verdrängung, sie redet sich alles schön,
    bis sie glaubt, dass alles in Ordnung ist.
    Kein Wunder, dass der Abend in Bühler`s Ballhaus eskaliert und Selma völlig hyperaktiv und hektisch
    redet und agiert. So langsam bekommt ihre Fassade Risse und hält dem permanenten Druck nicht mehr stand, bis sie das Tanzvergnügen fluchtartig verlässt mit Robert.
    Auch mit Constanze geht sie völlig unsensibel um und hetzt das arme Mädel durch die Kälte.
    Mit Robert hat sie inzwischen eine Affäre und die beiden sind sich nicht einig, was sie nun sein wollen -
    Freunde oder ein Liebespaar.
    Immerhin inspirieren sie seine Photos und regen ihre Phantasie an. Sie sieht die Geschichten hinter
    den Bildern und würde irgendwann vielleicht Bücher schreiben können, falls sie Meta`s Talent geerbt hat.


    :wave

  • Emmy : ja, das Leben ist kein (Rosalie Goldstein-)Roman und Meta besitzt gottseidank auch die nötige Distanz zu ihrem SChreiben. Umso mehr beschäftigt sie, wie Selma da ihr Talent nicht wahrhaben will. Und natürlich, wie sehr sie sich in Sachen Gero selbst belügt, wie Du es so treffend geschrieben hast.


    Robert weiß leider auch nicht so recht, was da mit ihm, Selma und Constanze geschieht und ist letztlich genauso überrumpelt wie Selma. Und letztlich auch zu feige, um die Situation zu Ende zu denken. Er scheut einfach die Verantwortung und handelt auch sehr egoistisch. So sehr es ihm gelingt, mit seinen Porträtfotos Geschichten und das Leben dahinter einzufangen, so sehr scheitert er im eigenen Leben daran, das Gesehene/Erlebte richtig zu deuten und zu gestalten....


    Übrigens war ich gerade in der August-Sander-Ausstellung "Menschen vor Flusslandschaft". Sander war ein Porträtfotograf auf dem Rheinland, der zwischen 1920-1950 sehr, sehr viele, sehr interessante Porträts gemacht hat. Ich kannte ihn noch nicht, als ich am "Sommer...." schrieb. Aber seine Fotos hätten von Robert sein können.... :grin

  • Liebe Heidi,


    sie sind alle Suchende - Gero, Selma, Robert und auch Constanze - die Fehler machen,
    sich verrennen, andere verletzen und vor allem sich selber oft schaden.
    Genau das macht deine Personen so menschlich und liebenswert.
    :wave

  • Ich muss auch zugeben, Selma ist nach wie vor keine Sympathieträgerin - aber irgendwie hat es in dem Buch auch seinen Reiz. Wie hier schon jemand schrieb, man regt sich wunderbar über sie auf.. :lache


    Ich bin noch nicht ganz durch, inzwischen aber besser im Buch drin.. :wave

  • Dieser Abschnitt zeigt mir, dass wohl auch Selmas Liebe zu Gero nicht die Größte war. Sonst hätte sie nicht so reagiert, wie sie reagiert hat. Da war wohl auch der gesellschaftliche Aspekt wichtiger und sie hat sich schnell mit Robert getröstet ohne auf Constanzes Gefühle Rücksicht zu nehmen.

  • Lucy 1987: Selma macht es weder euch noch mir einfach, aber auch das finde ich eine interessante Erfahrung. Wie gesagt: wie wichtig ist es, dass die Hauptfigur der absolute Sympathieträger ist? Selma kann das einfach nicht sein, weil dann die Geschichte völlig anders verliefe....


    Sandrah : Liebe ist natürlich immer ein sehr schwer definierbarer Bgriff, aber natürlich ist Selma bei Gero das Drumherum - gute Position, gutes Aussehen etc. - sehr wichtig. Ihm umgekehrt aber auch. Das kann eine Basis sein und damals hielt man das in diesen Kreisen sehr gern für eine gute Basis einer Beziehung.

  • Zitat

    Original von Heidi Rehn
    Wie gesagt: wie wichtig ist es, dass die Hauptfigur der absolute Sympathieträger ist?


    Schon deutlich weiter im Buch kann ich nun sagen, daß das für mich in so einem Fall auch wesentlich davon abhängt, ob mir der Schreibstil zusagt. Wenn das der Fall ist, geht's auch ohne Sympathie.


    Das Extrembeispiel ist mir vor einigen Jahren in einem Darkover-Band von Marion Zimmer Bradley begegnet: die Hauptfigur habe ich gehaßt wie noch nie eine. Und noch immer hadere ich damit, ob die Strafe ausreichend war. Aber das Buch habe ich bis zu Ende gelesen.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Deutlich besser als erträglich, würde ich sagen. :grin


    Außerdem finde ich Selma eigentlich nicht unsympathisch, höchstens vielleicht unverständlich, nicht nachvollziehbar, einfach kindisch-naiv, gedankenlos - etwa die Richtung.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

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  • Selmas Reaktion war schon seltsam. Da erwischt sie Gero mit jemandem im Bett, der zudem noch der männlichen Gattung angehört und ... schweigt.


    Ich wäre da ausgerastet und hätte ihn zur Rede gestellt.


    Dieses Dreiecksverhältnis zwischen Constanze, Selma und Robert ist sehr komisch. Da hat sich Constanze in Robert verguckt, aber der hat vorwiegend Augen für Selma, die ja eigentlich schon gebunden ist, aber dennoch mit ihm in die Kiste hüpft.




    Constanze kommt mir immer mehr wie das fünfte Rad am Wagen vor und wird dabei immer blasser .. schade.

  • SiCollier : Selma ist wirklich kein einfacher Charakter. Und in gewisser Hinsicht alles andere als erwachsen, obwohl sie ja immer so tut, als wäre sie das.


    Tanzmaus : Selma ist nicht der Typ für solche Szenen. Sie muss einen anderen Weg finden, um Gero das spüren zu lassen, was sie weiß....
    Das Dreiecksverhältnis Selma - Constanze - Robert stellte ale drei immer wieder vor Herausforderungen, weil sich letztlich keiner der Drei im Klaren ist, was er wirklich will und fühlt.

  • Zitat

    Original von Heidi Rehn


    Das Dreiecksverhältnis Selma - Constanze - Robert stellte ale drei immer wieder vor Herausforderungen, weil sich letztlich keiner der Drei im Klaren ist, was er wirklich will und fühlt.


    Ja, diese Verwirrung war deutlich greifbar. Ich war selbst meistens sehr verwirrt. Man merkte zwar, dass die Bande von Constanze zu Robert und von Robert zu Selma sehr stark waren, aber so wirklich klar, war das alles nicht. :gruebel