'Der Sommer der Freiheit' - Seiten 238 - 280

  • Ein recht kurzer Abschnitt, aber dennoch passiert sehr viel.


    Darf man schadenfroh sein, wenn der Hauptfigur etwas zustößt, was man geahnt hat? Selma ist schwanger und weiß nicht, von wem. Ich kann mich nicht zurückhalten, ich musste dabei wirklich grinsen. Das hat sie nun von ihrer Flatterhaftigkeit!


    Gero zeigt auch eine andere Seite von sich und die gefällt mir genau so wenig. Wenn die beiden heiraten, wird das eine zerstörerische Ehe.


    Ob sich Robert einfach nur in Sicherheit gebracht hat mit einer spontanen Abreise? Immerhin liegt der Krieg ja schon in der Luft. Constanze tut mir mittlerweile wirklich leid, denn sie hat weder so eine Freundin noch so einen naja Liebhaber wie Robert verdient. Und Grischa, der sich ja wirklich um sie bemüht, ist nichts für sie.


    Es ist interessant zu lesen, wie der Beginn des Krieges für die Upper-Class war. Vor allem die Mutter fetzt "Hach, wo ist mein Pfefferminzöl?!" :lache

  • Jetzt sind mir neben Selma Robert und Gero auch noch unsympathisch und Constanze kommt kaum noch vor.
    Wenn Meta nicht ab und zu aufträte... :help

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • logan-lady : Mir ist im Rahmen der Recherche aufgefallen, wie wenig wir letztlich darüber wissen, wie der Krieg für die Menschen wirklich war. Inzwischen gibt es ja verschiedene Seiten im Internet, auf denen man unzählige persönliche Aufzeichnungen, Briefe etc. lesen kann. Mir war wichtig zu zeigen, dass es z.B. Frauen wie Hedda gab, die einfach nicht kapieren wollen, was da los ist.... Und andere, wie z.B. Selma, unterschätzen die Warnhinweise. Oder Grischa, der als Flieger den Krieg völlig anders erlebt als Gero unten am Boden. Oder Joseph als Abgeordneter des Zentrums, der den Vorgaben der Partei die eigenen Überzeugungen opfert...


    @maikäfer: ich kann nachvollziehen, warum Du die Figuren nicht magst. Aber letztklich ist es immer eine Gratwanderung beim Lesen, auf was man sich da einlässt.

  • @maikäfer: ich will Dich gar nicht loswerden! Im Gegenteil. Gerade dass wir uns hier offen drüber austauschen, wie was bei wem wie ankommt, was wie empfunden oder verstanden wird etc., macht doch genau den Reiz dieser Leserunden aus. Wenn ich nur Lobhudeleien wollte, würde ich mir beim Studentenservice wohl ein paar Claqueure anmieten.... Aber bringt mich das wirklich weiter? :grin

  • Die Auseinandersetzung zwischen Gero und Selma, da hab ich ja noch schlimmeres befürchtet. Trotzdem hat es eine Seite von Gero gezeigt, die mich nicht wirklich überrascht hat. Und dann im Anschluss gleich diese Liebesnacht, na ich weiß nicht was ich davon halten soll. :gruebel


    Das Attentat von Sarajevo ist jetzt also schon geschehen und einzig Meta scheint die Zeichen richtig zu deuten.


    Bei dem gemeinsamen Essen bei Meta wird deutlich, dass Selma schwanger ist. Auch das war ja irgendwie abzusehen und ich bin wirklich gespannt wie sie handeln wird.


    Dann zurück in Baden Baden wird der Vater zurück nach Berlin gerufen und somit scheint es nicht mehr lange bis zum Kriegsausbruch zu sein.


    Zitat

    Original von logan-lady
    Es ist interessant zu lesen, wie der Beginn des Krieges für die Upper-Class war. Vor allem die Mutter fetzt "Hach, wo ist mein Pfefferminzöl?!" :lache


    :write :lache

  • Als ich mich letztes Jahr näher mit der Einschätzung des Attentats von Sarajevo beschäftigt habe und wie man damit umging, war ich ziemlich erschüttert. Eine ganze Reihe der Bücher, die jetzt dazu erschienen sind, waren letztes Jahr noch nicht veröffentlicht. Dafür aber viele Tagebücher, Briefe etc. SChon krass, wie sehr man die Lage verkannte und anderes für wichtiger hielt.

  • Das Selma immer so wild wird, wenn sie Gero´s raue und wulstige Narbe in der Leistengegend berührt. Hat das irgendeinen besonderen Grund, weil das soooo oft erwähnt wird?


    Das geschieht ihr auch recht, das ihr als übel ist, hoffentlich geht das die ganzen 9 Monate so. Verdient hätte sie es ja. :lache
    Und vor allem nicht wissen, wer der Vater ist. Gab es damals eigentlich schon die sogenannten Vaterschaftstests?


    Lachen musste ich, als Meta ihrer Tochter Hedda die Leviten gelesen hat. Kein Wunder das Selma auch so eigenartig ist wie ihre Mutter.


    Am Ende des Kapitels wird Selma so langsam bewusst, das sie nun Verantwortung für das kleine Lebewesen in sich tragen muss und Entscheidungen müssen auch mal gefällt werden. Was völlig neues für sie.


    Kurz gesagt: Selma muss endlich erwachsen werden.


    Pfefferminzöl könnte man in der heutigen Zeit auch ab und an noch gebrauchen. :-]

  • Ich wage mich mal im Bezug auf die Vaterschaftstestfrage vor:
    Ich meine in einer Doku über Charlie Chaplin gesehen zu haben, dass man bis in die 40er und 50er Jahre hinein eine mögliche Vaterschaft nur anhand der Blutgruppen festgemacht hat. Sprich, ob die Kombination von Mutter und Vater überhaupt die Blutgruppe des Kindes ergeben kann. Und da Anfang des 20. Jahrhunderts die Blutgruppen entdeckt wurden, gehe ich mal davon aus, dass von sowas Gebrauch gemacht werden konnte. Wobei ich vermute, dass im Deutschland der Vorkriegszeit genau das selbe galt wie heute: wird ein Kind in der Ehe geboren, ist der Ehemann der Vater! (jahaa, auch heute wird das noch ganz automatisch angenommen, also auch von rechtlicher Seite)

  • Das war ja klar, dass das so kommen musste. Selma ist schwanger und weiß nicht von wem :rolleyes
    Die einzige die meiner Meinung nach den Durchblick hat ist Meta. Constanze macht sich leider rar, das Studium scheint aber genau das richtige für sie zu sein. Joseph versucht zwischen Mutter und Tochter zu vermitteln, erreicht aber letztendlich nichts. Wer hat in dieser Familie eigentlich Mut ( außer Meta)? Bin gespannt wie sich das weiterentwickelt und ob die Lektüre bei Selma wirkt. :chen

  • Zum Vaterschaftstest: in der heutigen Form gibt es den noch nicht sonderlich lang. Mir ist auch nur die Möglichkeit mit der Blutgruppe für das frühe 20. Jahrhundert bekannt, aber das war zum einen doch immer ein Unsicherheitsfaktor und zum anderen sehr aufwendig. Das hat man nicht eben so mal gemacht. Das wäre ein großer Skandal gewesen in Selmas und Geros Kreisen, sobald das ruchbar geworden wäre. Es ist in der Tat, wie logan-lady schrieb: man geht davon aus, dass ein ehelich gebornes Kind das des Vaters ist. Da muss er schon reichlich aktiv werden, um das zu widerlegen. Heute, wohl gemerkt. Damals ging das schon gar nicht, noch dazu, wenn die Verlobten vor der Ehe Sex hatten. Das hätte Gero ja dann zugeben müssen....


    Pfefferminzöl ist eines meiner Mittel bei leichten Kopfschmerzen... sehr zu empfehlen! :grin


    Meta hat den Druchblick, das stimmt. Und ob Selma langsam erwachsen wird, wird sich zeigen. Jetzt brechen jedenfalls ganz andere Zeiten an....

  • Irgendwie fehlt mir Constanze in dem Abschnitt ein bisschen. Mich hätte interessiert, wie das Studium für sie denn so ist. Als eine der wenigen Frauen damals muss das ja teilweise recht abenteuerlich gewesen sein.


    Das Selma schwanger wird war fast abzusehen, nachdem sie ja auch Gero wieder in den Fängen hat.
    Robert hätte sie kaum heiraten können, der war dann ja auch weg, bevor sie ihm überhaupt was sagen konnte.... Also Gero.

  • Selmas Mutter scheint mir auch ein wenig naiv zu sen. Die Anzeichen von Selmas Schwangerschaft kann sie ja anscheinend nicht deuten. Und auch vor der Politik verschließt sie brav die Augen, ist ja schließlich Männersache. Schön, dass wenigstens Meta den Durchblick hat und ihre Tochter mal zusammenstaucht.

  • saphiria : danke für den Hinweis auf Hedda. Die hat wirklich ein Problem, die Ereignisse zu kapieren. Aber das ist nicht ihre Schuld. Frauen wie sie gab es damals wirklich. So progessiv Meta ist, so ist es ihr leider nicht gelungen, die Tochter entsprechend zu erziehen. Es gibt von Vicki Baum in ihren Erinnerungen eine schöne Passage, in der sie die Generation ihrer Mutter (die genau die Heddas ist) so treffend beschreibt: dass sie am Vorabend ihrer Hochzeit noch mit Puppen gespielt haben und in der Hochzeitsnacht entsetzt zu ihren Eltern geflohen sind, weil der Wüstling von Bräutigam unsägliche Dinge von ihnen verlangt hat.... :lache


    streifi : Sehr gern hätte ich mehr von Constanzes Studium erzählt, denn das finde ich auch sehr, sehr aufregend, aber leider führte das im Roman zu weit. Vielleicht gibt das mal einen eigenen Roman. :-] Es gibt einen tollen Roman von Vicki Baum über eine junge Frau im Umfeld der Uni, allerdings Mitte der 20er. Trotzdem erhält man einen Einblick, wie es auch schon vorher gewesen sein könnte: "Stud. chem. Helene Willführ". Sehr lesenswert! Das war ihr Druchbruch als Autorin.

  • Jetzt hat Selma aber ein großes Problem. Sie ist schwanger und weiß nicht wer der Vater ist. Bin gespannt, was sie nun macht.


    Zitat

    Original von SupaWeibi
    Das Selma immer so wild wird, wenn sie Gero´s raue und wulstige Narbe in der Leistengegend berührt. Hat das irgendeinen besonderen Grund, weil das soooo oft erwähnt wird?


    Das würde mich auch interessieren



    Edit: Rechtschreibfehler

  • Nun habe ich das Gefühl, dass es endlich irgendwie losgeht. Das "Geplänkel" vom Beginn ist vorbei. Gero rastet aus und der Krieg kommt näher und Selma ist schwanger. Ich hoffe, dass mich die Geschichte jetzt doch noch etwas mehr einnimmt.

  • Das hoffe ich doch auch, liebe imandra777! :-)


    @Supa Weibi & Selma: Geros Narbe ist für Selma das Symbol seiner Verletzlichkeit, sein Geheimnis, das sie gelüftet hat. Damit ist sie ihm sehr, sehr nahe gekommen und das rührt sie. Sein älterer Bruder (der offenbar zu Brutalität neigt) hat ihm die zugefügt. Wahrscheinlich ein Zeichen von Macht und Gewalt über den Jüngeren, Schwächeren....

  • Der Streit zwischen Selma und Gero war ja heftig, aber so richtig ein reinigendes Gewitter anscheinend auch nicht. Ich habe so ein bißchen das Gefühl, die Versöhnung geschieht eher aus Schreck über das Geschehene denn aus den „richtigen“ Motiven.


    Zu S. 254 Meta hat eine ziemlich gute Übersicht und Grundeinstellung. Leider charakterisiert sie die Politiker ziemlich treffend - mit bekanntem Ergebnis. Und ich fürchte, heute würde sie nicht viel anderes zu sagen haben ...


    S. 270f kommt dann Heddas, um es mal so auszudrücken, sehr oberflächliche Denkweise und Einstellung deutlich zum Vorschein. Jetzt weiß ich, woher die Tochter das hat.


    Daß Selma schwanger wird, habe ich schon seit geraumer Zeit erwartet. Spätestens jetzt muß sie „im Leben ankommen“, sonst gibt es eine Katastrophe. Wobei die Schwangerschaft in der damaligen Zeit vermutlich eine solche war. Ihre Eltern ahnen anscheinend gar nichts davon, nur die Großmutter hat es gleich erkannt und reagiert erstaunlich tolerant. Wie wohl Gero das aufnehmen wird, und ob er glauben wird, daß das sein Kind ist? (Denn genau darauf will Meta doch hinaus?!)


    Und Robert ist das zweite Mal einfach so verschwunden. Das ist schon seltsam.



    Zitat

    Original von Heidi Rehn
    Mir war wichtig zu zeigen, dass es z.B. Frauen wie Hedda gab, die einfach nicht kapieren wollen, was da los ist.... Und andere, wie z.B. Selma, unterschätzen die Warnhinweise. Oder Grischa, der als Flieger den Krieg völlig anders erlebt als Gero unten am Boden. Oder Joseph als Abgeordneter des Zentrums, der den Vorgaben der Partei die eigenen Überzeugungen opfert...


    Und hat sich daran viel geändert? Sorry, wenn ich schon wieder darauf zurückkomme. Ich glaube, das Vorwort des zweiten Meindorff-Bandes brachte einen kurzen Überblick über die damalige politische Situation. Als ich das las, wurde gerade die Ukraine-Krise aktuell. Ich saß völlig erstarrt in meinem Stuhl. Was ich da über 1914 las, hatte ich ganz - zu - ähnlich in der heutigen (also zum Lesezeitpunkt) Tageszeitung über die aktuelle Entwicklung gelesen. Ich fragte mich, ob „unsere“ Politiker eigentlich wissen, was sie tun.


    Interessant fand ich in dem Zusammenhang die Rezeption des Attentats von Sarajevo. Ich kenne das nur als Auslöser für den 1. Weltkrieg. Daß man das auch anders sehen konnte (bzw. gesehen hat), war für mich ein völlig neuer Gedanke.



    Zitat

    Original von Heidi Rehn
    Da muss er schon reichlich aktiv werden, um das zu widerlegen. Heute, wohl gemerkt.


    Allerdings. Das „aktiv werden“ heißt, man muß das Baby (!) verklagen, daß das Familiengericht feststellt, daß man nicht der Vater ist. Bis X Tage nach Rechtskraft einer Scheidung ist das so (wie lange genau, habe ich vergessen).

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")