Bamberger Verrat – Anna Degen

  • Anna Degen: Bamberger Verrat
    Emons Verlag; 2014


    Im Bamberger Hain liegt, hübsch aufgebahrt, eine männliche Leiche, aus nächster Nähe erschossen, ein Zettel in den Händen mit der Aufschrift «Lebenslanges Leid dem Verräter».


    Schon im Prolog wird klar, dass der Mord mit einer Episode aus der deutsch-deutschen Geschichte zusammenhängt: Ende der 1960er Jahre wird ein DDR-Flüchtling an der Grenze festgenommen, nachdem sein bester Freund ihn verraten hatte, und schließlich wegen Republikflucht und Spionage zum Tode verurteilt und hingerichtet.
    Dieses Szenario basiert auf einer tatsächlich geschehenen Begebenheit und bietet großes Potenzial für ein spannendes Buch. Leider hat sich die Autorin dafür entschieden, diesen Handlungsstrang größtenteils in Form einer Master-Arbeit zu erzählen, die von Rentnerin Kunigunde im Rahmen ihres Seniorenstudiums angefertigt wird. Dementsprechend trocken und belehrend liest sich das Ganze, zudem stören die Passagen mit dem Text dieser Arbeit, die immer wieder eingestreut werden, den Handlungsfluss doch sehr.


    Das scheint auch Hauptkommissar Werner Sinz und seinen Kollegen nicht zu schmecken, zumindest wirken ihre Ermittlungen über weite Strecken ziemlich unmotiviert. Die designierte Hauptfigur, Staatsanwalt Benno Berg, hält sich dabei sehr im Hintergrund – seine Präsenz konzentriert sich im Wesentlichen auf sein Privatleben, das sich wiederum auf die üblichen Beziehungsprobleme beschränkt. Überhaupt bleiben die handelnden Personen sehr blass und stereotyp: der kontrollsüchtige und ordnungsliebende Benno, seine Lebensgefährtin, die lebenslustige und chaotische Hanna Tal, die rührselige Tante Kunigunde, eine sehr junge, alleinerziehende Mutter mit schwerer Kindheit und fragwürdigem Umgang, und sowieso führt ein recht "akademisch" geprägter Blick auf die "kleinen Leute" zu ärgerlichen Klischees.


    Der Klappentext wirbt mit atmosphärischem Lokalkolorit, den ich allerdings in diesem Krimi nicht entdecken konnte. Bamberg wird hier auf gelegentlich eingebautes Namedropping reduziert; mal wird ein Straßenname, mal ein bekanntes Gebäude erwähnt, eigentlich könnte die Geschichte aber genauso gut irgendwo in Hintertupfingen angesiedelt sein.


    Als der Fall nach 256 Seiten endlich gelöst ist, sind jedenfalls nicht nur die Ermittler froh darüber, sondern auch ich.


    Karin Dengler-Schreiber, die sich hinter dem Pseudonym Anna Degen verbirgt, ist promovierte Historikerin und hat mehrere Bücher zur Geschichte Bambergs verfasst. "Bamberger Verrat" ist ihr zweiter Krimi.


    [SIZE=7][Edit: blöde Fehler ausgebessert][/SIZE]