Mystisch und spannend
Inhalt:
Hätte die siebzehnjährige Lida geahnt, was auf sie zukommt, hätte sie ihren Freund Jesper wohl nicht so sehr bedrängt, sie zu einem Blind Walk mitzunehmen. So aber lässt sie sich zusammen mit fünf weiteren jungen Leuten in der Wildnis aussetzen, kaum mit Nahrung und Wasser versorgt und ohne Handy, eben nur mit dem Allernötigsten. Ziel ist es, wieder in die Zivilisation zurückzufinden. Doch schon bald geht es vorrangig ums Überleben.
Meine Meinung:
Ich habe dieses Buch geradezu verschlungen. Es beginnt mit einem mysteriösen Prolog, der schon gleich die Spannung auf das Kommende anheizt. Dann lernen wir Lida und Jesper kennen. Lida war mir auf Anhieb sehr sympathisch, auch wenn sie anfangs ein wenig naiv wirkte. Von Jesper kann ich das nicht behaupten. Er tat zwar schon irgendwie liebevoll und besorgt, doch nahm ich ihm das nicht so ganz ab. Als dann noch die anderen der Eventgruppe dazukommen, ist schnell klar, dass das nicht gut gehen kann. So viele gegensätzliche Charaktere, die sich für eine Woche zusammenraufen müssen, um heil aus dieser Sache rauszukommen. Da ist zum Einen die biestige Natascha, die sich gleich an Jesper ranmacht, und mit jedem nur Streit sucht. Isabel hat Visionen, in denen sie den Tod aller vorhersieht außer Lidas. Birk denkt nur ans Essen und wirkt recht egoistisch, Joy dagegen ist sehr pragmatisch, und Thore scheint in allen Situationen die Nerven zu behalten. Sie alle wirken sehr authentisch und wurden von der Autorin detailliert dargestellt. Man kann sie aufgrund ihrer Eigenschaften sofort auseinanderhalten.
Die Protagonistin Lida erzählt in der Ich-Form, was ich hier sehr passend finde. Denn sie spielt natürlich die Hauptrolle, und es ist sehr wichtig zu wissen, was in ihr vorgeht. Ihre Gedanken und Gefühle, die sich im Verlauf der Handlung immer wieder ändern, werden so sehr gut zum Leser transportiert.
Es gibt aber noch einen weiteren Ich-Erzähler: Sten. Sein Handlungsstrang ist in einer etwas anderen Schrift gedruckt, sodass man immer weiß, wer gerade erzählt. Sten liegt nach einem Unfall im Krankenhaus. Er wurde in ein künstliches Koma versetzt, und jetzt wird’s mystisch …
Wer einen absolut realistischen Roman erwartet, wird vielleicht enttäuscht sein. Doch wer Patricia Schröder kennt, weiß, dass sie tolle Fantasyromane schreibt. Wobei die genremäßige Einordnung von „Blind Walk“ nicht einfach ist. Es ist sowohl ein Jugendbuch (aber auch für Erwachsene geeignet) als auch ein Thriller mit mystischen und romantischen Anteilen. Ich fand diese Mischung auf jeden Fall äußerst gelungen.
Der Spannungsbogen ist perfekt aufgebaut. Der Leser wird mit so mancher unerwarteten Wendung überrascht. Andere Dinge sind vorhersehbar, was aber auch nicht schlimm ist. Schließlich macht es ja auch Spaß, mit seinen Spekulationen mal recht zu haben, oder?
Der Schreibstil hat mir sehr gut gefallen. Die Sprache ist einfach zu lesen, die Beschreibungen sind detailliert und wirken lebendig. Ab und zu blitzt in einigen Dialogen ein Fünkchen Humor durch. Mir hat das Buch einige Stunden spannenden Genuss bereitet.
5/5 Sterne