Eichmann war von empörender Dummheit: Gespräche und Briefe - Hannah Arendt, Joachim Fest

  • Herausgegeben von Ursula Ludz und Thomas Wild.


    Gebundene Ausgabe: 208 Seiten
    Verlag: Piper, 2011
    2013 ist auch eine Taschenbuchausgabe erschienen.


    Kurzbeschreibung:
    Hannah Arendt und Joachim Fest in einem bislang unbekannten Briefwechsel über Adolf Eichmann und die Frage, wie ein »erschreckend normaler« Mensch zu einem Verbrecher werden konnte, der als selbst ernannter »Spezialist« an entscheidender Stelle für den Völkermord verantwortlich war. In Vorbereitung seines 1964 gesendeten Rundfunkinterviews über Hannah Arendts spektakulären Prozessbericht »Eichmann in Jerusalem« schickt Joachim Fest einen dicken Fragenkatalog an die Autorin. Natürlich spielt darin auch der Vorwurf vieler Kritiker eine Rolle, Arendt verharmlose Adolf Eichmanns Schuld auf unerträgliche Weise. Tatsächlich ist Arendts Formel von der »Banalität des Bösen« vielfach missverstanden worden. Die Antwort kommt postwendend: »Sehr geehrter Herr Dr. Fest, ich hatte niemals die Absicht, mich zu verteidigen.« Der Beginn der spannenden Auseinandersetzung über eines der wichtigsten Bücher zur deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert. Die Briefe und das anschließende Gespräch zeigen das Denken von Arendt und Fest in neuem Licht.


    Über die Autoren:
    Hannah Arendt, am 14. Oktober 1906 in Hannover geboren und am 4. Dezember 1975 in New York gestorben, studierte Philosophie, Theologie und Griechisch unter anderem bei Heidegger, Bultmann und Jaspers, bei dem sie 1928 promovierte. 1933 Emigration nach Paris, ab 1941 in New York. 1946 bis 1948 als Lektorin, danach als freie Schriftstellerin tätig. 1963 Professorin für Politische Theorie in Chicago, ab 1967 an der New School for Social Research in New York.


    Joachim Fest, 1926 in Berlin geboren, ist Publizist und Historiker. Von 1973 bis 1993 war er Herausgeber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung"



    Mein Eindruck:
    Eigentlich hatte ich erwartet, der Briefwechsel zwischen Hannah Arendt und Joachim Fest wäre ein privater, aber im Prinzip geht es hauptsächlich um das Geschäftliche, also z.B. Vorbereitungen zu dem Gespräch, welches im Radio gesendet wird und welches hier auch abgedruckt ist. Oder sie sprechen über ihre literarischen Projekte. Hannah Arendt zeigt sich sehr interessiert an der Albert Speer-Biographie, bei der Fest beteiligt war oder an seinem Hitler-Buch, das in diesem Zeitraum entstand.
    Fest wiederum hoffte Hannah Arendt für einen Beitrag im Spiegel gewinnen zu können.


    Die Briefe waren wirklich hervorragend geschrieben. Joachim Fest hatte eine elegante Art zu schreiben und sich auszudrücken. Hannah Arendt wiederum antwortete völlig frei und ohne Angst, zu widersprechen. Das trägt zu einer guten Gesprächsführung bei zwischen zwei Menschen, die sich gegenseitig schätzten und respektierten. Das führte immerhin dazu, dass sich der Briefwechsel doch über einige Jahre erstreckte.


    Trotz der sehr guten Briefe, die mich sehr interessiert hatten, ist das abgedruckte Radio-Interview von 1964 wohl das Highlight des Buches.


    Weiterhin sind 4 Texte im Buch enthalten, die Teil der Debatte um Hannah Arendts “Eichmann in Jerusalem. Banalität des Bösen” waren.
    Diese sind von Council of Jews from Germany, Golo Mann, Mary McCarthy und Reinhard Baumgart. Von diesen Texten hat mich der von Mary McCarthy am meisten überzeugt.


    Leider ist das ohnehin nicht umfangreiche Buch inhaltlich kurz ausgefallen, wenn man bedenkt, dass die Anmerkungen der Herausgeber zu den Briefen viel Platz einnehmen. Natürlich ist das Buch dennoch sehr lesenswert!