Nein, ich gehe Heute nicht zu den Stones in die Waldbühne. Und ich war auch am Sonntag nicht bei Black Sabbath in der Wuhlheide. Aber ich habe Gestern Aerosmith gesehen und zwar in der faden, uncharmanten O2 World. Ganz spontan sind wir los, weil die "Walking Papers" den Support gegeben haben und die Band uns schon vor Biffy Clyro sehr gut gefallen hat. Tickets haben wir nicht, aber kurz vor der Halle treffe ich auf einen Ticketschieber. Nach zehnminütigen, zähen Verhandlungen (inklusive einmal weggehen) , habe ich zwei Tickets zum Preis von einem. ( "Sehr gute Plätze!!!" ) Es ist bei Weitem nicht ausverkauft, aber richtig knacke gut gefüllt. Das kann man von unseren Plätzen (Oberrang rechts) sehr gut beobachten. Weiter neben der Bühne geht nicht mehr. Und höher auch nicht mehr. Super.
Walking Papers leisten gute Arbeit, machen sehr viel Spaß. Wir sehen alles. Nach der Umbaupause wird auf der Leinwand ein "Live" - Film eingespielt, der Topact im Backstagebereich macht sich fertig für die Bühne. In den Fluren stehen Groupies mit Miniröcken und auftoupierten Haaren. Dazu läuft irgendeine Musik von einem (garantiert!) megagefährlichen Rapper. Kameraleute rennen mal mindestend MTV Avard erprobt über die Bühne und dann geht es los. Nach viel Knallerei mit allem Pipapo stehen Steven Tylor, Joe Perry und co auf der Bühne und legen direkt mal mit "Eat The Rich " los. Und zwar richtig ordentlich, mit gewaltiger Stimme und original Rülpser am Ende des Songs. Tyler geht auch schon massiv auf die siebzig zu, wovon nichts, aber auch gar nichts zu spüren ist. Rank und drahtig fit lässt er seine Extensions wild in mindestens einer der beiden Windmaschinen wehen, die auf der Bühne positioniert sind. Dabei schreit er immer wieder irgendwas auf deutsch ins Publikum. Wir verstehen nix, aber alle finden es total supi. Die Stimme ist der Wahnsinn und überhaupt scheint an diesem Abend alles in einer Neunziger Jahre Zeitschleife gefangen zu sein. Glitzerbuxen mit Schlag, wechselnde Sexualpraktiken mit herumgeschleuderten Mikrofonständern, fiddelnde Gitarren, die einfach nie (!) mal ruhig sind und den Drang auslösen, mal einfach den Stecker zu ziehen, rauchende Verstärker ( also als Effekt gemeint. Damit alle denken: wow, der spielt aber mal mit seiner Gitarre den Verstärker kaputt ), weiße Klavierflügel, auf der ein Gitarrist steht und sein Solo fiddelt. Das ist alles völlig behämmert und total bekloppt. Und macht ungeheuren Spaß. Dem Publikum und ganz offenscheinlich besonders Mr. Steven Tyler, von dem ich nie weiß, ob er naturstoned ist, oder einfach Spaß an Drogen hat. Völlig egal, es rockt. Manche Sachen verstehe ich einfach nicht, zB ein Beatles Cover in der Mitte der Show ( Come Together), aber egal.
Zehr Meter schräg unter uns taucht auf einmal jemand auf und ich erkenne ihn sofort- Chris Cornell von Soundgarden, später wird er auch von der Band begrüßt. Ich kenne nicht alle Songs, aber "Get A Grip" habe ich früher rauf- und runter gehört und auch heute noch sind Songs wie
"Crying", "Janie's Got A Gun" "Walk This Way" und wie die ganzen Knaller alle heißen, einfach nur fantastisch. Musikalisch als auch gesanglich. Und zwischendrin immer wieder diese Ansagen ( "Ach Du lieber Gott. ich liebe Euch!) und ein wild groovender Chris Cornell, volle Zwei Stunden.
Am Ende natürlich noch " I Don't Wanna Miss a Thing" und tatsächlich eine Konfettikanone mit Glitzer. Wie bei "Wer wird Millionär", wenn einer die Million gewinnt. Und nochmal mit Nebel und Laserstrahlern. Steven Tylor schillert irgendwo selbstironisch zwischen Genie und Wahnsinn. Schön, dass es ihn gibt und ihn mal live erlebt gehabt zu haben. ( "Gute Nacht! Slaft gut!" )
Ein absurder Zeitschleifenabend mit irre viel Spaß und ehrlichem Rock and Roll.
Edit:
Diesen Konzertbericht MUSS ich einfach noch verlinken, ist das bescheuert
[URL=http://www.berliner-zeitung.de/musik/aerosmith-konzert-in-berlin-schleck-mich-am-mikrofonstaender-,10809182,27395752.html]SCHLECK MICH AM MIKROFONSTÄNDER! [/URL]