Liebe Eulen,
hat jemand von euch "Kristus" von Robert Schneider gelesen? Mich würde interessieren, was euer Eindruck war. Zuerst mal der Klappentext:
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Die Zeit scheint aus den Fugen im 16. Jahrhundert: Der Erde droht ein Kometeneinschlag, Seuchen wüten, und Luther predigt wider den Papst. In jenen unruhigen Tagen strömen beherzte Menschen hoffnungsfroh in die kleine Stadt Münster, denn dort verwirklichen die Wiedertäufer den Gottesstaat. Ihr prophetischer König ist Jan Beukels aus Leyden. Dies ist die Geschichte des Jan Beukels, der mit acht Jahren seinen Schulmeister mit dem Wunsch empört, »Kristus« werden zu wollen, der sich mit 25 zum König der Wiedertäufer krönen läßt und dessen Leben mit 27 erbärmlich in einem Eisenkäfig am Lamberti-Kirchturm endet. Ganz Kind seiner Zeit, ist Jan maßlos, selbstgerecht, von Visionen gepeinigt, vor allem aber auf der Suche nach Wahrheit und einer Aufgabe. Nach mannigfachen Irrwegen hört er von den Wiedertäufern. Von Stund an weiß er, was seine Bestimmung ist. Mit ihnen will er Münster zu einer Stadt der Frommen, der Gleichheit und der Freiheit machen. Dann aber wird die Stadt belagert, und statt eines Himmlischen Jerusalems wird sie eine Hölle der Lebenden und Jan ihr grausamer Despot.Obwohl sich diese unglaubliche Geschichte einst zugetragen hat, ist sie in ihrer Bizarrheit, Abenteuerlichkeit und Düsternis aus dem Stoff, aus dem Romane sind. In Robert Schneider hat sie ihren Autor gefunden. Seine Wortgewandtheit und sprachliche Musikalität beschwören Zeit und Akteure kongenial herauf.
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Ich kann Robert Schneider nur bewundern für sein Talent zu fomulieren. Habe in den letzten Jahren keinen Roman gelesen, der so gut geschrieben war: treffend, ungewöhnlich, mit Musik und Rhythmus und wunderbaren Einfällen. Ich wünschte, ich hätte diese Kunstfertigkeit im Umgang mit Sprache. Gerade das Mittelalterliche bringt Robert Schneider wunderbar heraus.
Und doch war ich unzufrieden, als ich den Roman ausgelesen hatte. Er erschien mir leer. Die Fassade faszinierte mich, aber als ich durch die Haustür eintrat, war das ganze nur eine Filmrequisite wie im Western. Fenster, Saloon-Schild, Dach, und dahinter die Wüste.
Wie kommt das? Ich kann so schwer sagen, was mir fehlt im Roman.
Ist es jemandem von euch ähnlich gegangen? Könnt ihr diese Empfindung erklären?
Lieber Gruß,
Titus