Welche Pferde sind das, die da werfen ihren Schatten aufs Meer? - António Lobo Antunes

  • Luchterhand Verlag


    Übersetzung von Maralde Meyer-Minnemann


    Kurzbeschreibung:
    In seinem zweiundzwanzigsten Roman taucht António Lobo Antunes in den Alentejo ein, das große Herzstück Portugals zwischen der Algarveküste und dem Tal des Flusses Tejo. Hier singen die Bauern vom Meer, obwohl sie es selbst nie gesehen haben; hier züchtet eine Großgrundbesitzerfamilie seit Generationen Stiere für den Kampf, doch nun droht der Ruin. Meisterlich fängt Lobo Antunes diese untergehende Welt ein, in all ihren Stimmen, im Ineinander von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, in funkelnden Bildern.


    Über den Autor:
    António Lobo Antunes wurde 1942 in Lissabon geboren. Er studierte Medizin, war während des Kolonialkrieges 27 Monate lang Militärarzt in Angola und arbeitete danach als Psychiater in einem Lissabonner Krankenhaus. Heute lebt er als Schriftsteller in seiner Heimatstadt. Lobo Antunes zählt zu den wichtigsten Autoren der europäischen Gegenwartsliteratur. In seinem Werk, das mittlerweile mehr als zwanzig Titel umfasst und in über dreißig Sprachen übersetzt worden ist, setzt er sich intensiv und kritisch mit der portugiesischen Gesellschaft auseinander. Er erhielt zahlreiche Preise, darunter den "Großen Romanpreis des Portugiesischen Schriftstellerverbandes", den "Jerusalem-Preis für die Freiheit des Individuums in der Gesellschaft" und den Camões-Preis.


    Über die Übersetzerin:
    Maralde Meyer-Minnemann, geboren 1943 in Hamburg, erhielt 1992 den "Hamburger Förderpreis für literarische Übersetzungen", 1997 den Preis "Portugal-Frankfurt", 1998 den "Helmut-M.-Braem-Preis" und wurde 2005 für den "Preis der Leipziger Buchmesse" nominiert.


    Mein Eindruck:


    Antunes hat wieder einen Anti-Familienroman der besonderen Art vorgelegt.
    Eine durch Stierzucht ehemals reiche Familie der portugiesischen Oberschicht, die inzwischen Ruin und einen Niedergang erlebte.
    Der Patriarchat der Familie ist schon tot, seine Frau liegt im Sterben, die vielen erwachsenen Töchter und Söhne besuchen die Sterbende, doch haben alle ihre eigenen Probleme und hassen sich teilweise gegenseitig.
    Diese Menschen sind Verlorene: Drogensüchtig oder krank, nicht anerkannt oder intrigant.
    Es liegt nahe, dass die Schwierigkeit in einer allgemeinen Kälte und familiäre Lieblosigkeit begründet liegt.


    Als einzige positiv angelegt Figur gibt es das Dienstmädchen Mercilla, die der Familie seit Jahrzehnten dient und die Kinder aufgezogen hat.


    Antunes war immer schwer zu lesen. In diesem Roman gibt es nur noch innere Monologe als Bewusstseinsströme, in denen die Figuren nach ihrer Identität forschen.
    Kurioserweise kommt es sogar vor, dass sich eine Figur an seinen Schöpfer Antonio Lobo Antunes persönlich wendet oder erkennt:
    “… ich bin eine Figur aus dem Buch, kein wirklicher Mensch, beruhige dich, du lebst nur, wenn es gekauft wird”


    Antonio Lobo Antunes hebt einen zeitlich linearen Ablauf, wie man ihn von konventionellen Romanen gewohnt ist, nahezu vollständig auf. Vergangenheit und Gegenwart sind gleichzeitig gegenwärtig. Selbst die bereits Verstorbenen sind noch in einer Form anwesend.


    Eine richtige Handlung besitzt der Roman ansonsten kaum. Er gleicht eher einem Gemälde aus Prosa, das man betrachten kann.


    Das Buch hat zudem ein langsames Erzähltempo, dass es dann doch ermöglicht, einzutauchen und das Buch in seiner Gesamtheit wahrzunehmen.

    Poetisch, düster, Antunes eben!


    ASIN/ISBN: 3442716586