Véronique Omi: Das Glück, wie es hätte sein können
Antje Kunstmann Verlag 2014. 223 Seiten
ISBN-13: 978-3888979279
Originaltitel: Nous étions nés pour être heureux
Übersetzerin: Claudia Steinitz
Verlagstext
Als Suzanne in Serges Haus in Montmartre kommt, um das Klavier seines Sohnes zu stimmen, bemerkt er sie zunächst gar nicht. Hat er nicht alles, wovon er geträumt hat: Erfolg in seinem Beruf als Immobilienmakler, eine attraktive, viel jüngere Frau, zwei reizende Kinder? Dennoch beginnt er Suzanne zu folgen, sobald er sie zufällig wiedersieht, wartet Stunden im Regen vor ihrem Haus. Was verbindet ihn mit dieser Frau, die weder jung noch schön ist, ein ganz anderes Leben führt und warum öffnet sie ihm ohne zu zögern die Tür? Bald treffen sich die beiden Liebenden an unmöglichen Orten, in leerstehenden Wohnungen; bald beginnen sie sich Dinge zu erzählen, von denen kein anderer weiß bis Serge ein lange gehütetes Kindheitsgeheimnis aufdeckt, das sein Leben änderte. Um eine amour fou und versteckte, verleugnete Wahrheiten geht es in Véronique Olmis neuem Roman, um Musik und die Schlüsselpunkte, an denen ein Leben urplötzlich aus dem Takt gerät und der nächste Schritt, der richtige Ton über alles entscheidet.
Die Autorin
Véronique Olmi wurde 1962 in Nizza geboren und lebt heute mit ihren zwei Kindern in Paris. In Frankreich wurde sie, als eine der bekanntesten Dramatikerinnen des Landes, für ihre Arbeit mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Seit 1990 hat die ausgebildete Schauspielerin zwölf Theaterstücke verfasst, am Anfang stand sie bei deren Aufführung auch selbst auf der Bühne und/oder führte Regie.
Inhalt
Die Begegnung einer Frau und eines Mannes aus grundverschiedenen Milieus führt zu einer kurzen, heftigen Affäre beider. Von Suzanne, der Klavierstimmerin, und dem Pariser Immobilienmakler Serge würde mancher nur eine rein geschäftliche Beziehung erwarten. Auf ihr erstes flüchtiges Zusammentreffen im Hausflur folgt eine weitere zufällige Begegnung, die Suzanne für Serge zur Obsession werden lässt. Die Assoziation zur „Verstimmung“ im Leben der beteiligten Paare liegt nahe. Auch wenn Olmis Erzählperspektive mitten im Kapitel überraschend aus der jeweiligen Ichform ausbrechen kann, arbeitet sie inhaltlich mit recht gewöhnlichen Versatzstücken aus dem Leben großstädtischer Paare. Distanz scheint das dominierende Merkmal in der Beziehung zwischen Suzanne und ihrem Mann Antoine zu sein. Auch Serge, der 30 Jahre älter ist als seine Frau, lebt gesellschaftlich und in seiner Beziehung diese Distanz. Serge und Lucie haben nicht einfach Gäste, sie organisieren Soireen oder Diners. Die Geschehnisse und Obsessionen hinter den Wohnungstüren schildert Olmi in präzisem, kühl beobachtendem Ton, der einen als Leser auf der Hut sein lässt. Das Klavier erweist sich in Serges Familie nicht nur als Katalysator der Ereignisse sondern als Verbindung zum Kind, das Serge vor langer Zeit einmal war. Als würden beim Öffnen einer Schachtel immer weitere Schachteln in abnehmender Größe zum Vorschein kommen, wird Serge vom älteren Mann zum verlassenen Kind Sergio, schließlich wieder zum erwachsenen Sohn eines hochbetagten Vaters. Serges Rückkehr in seine Kindheit führt von der rauschhaften Liebe eines ungleichen Paares zu einer in Roman und Psychologie-Lehrbuch bereits häufig demonstrierten Familiensituation. Wie unter Zwang muss Serge Suzanne seine Geschichte erzählen und ruft bei mir damit die Vorstellung hervor, beide Frauen sollten sich im eigenen Interesse zügig von ihrem egoistischen Liebhaber befreien.
Fazit
„Das Glück, wie es hätte sein können“ hat mich trotz der Sprödigkeit der kunstvoll konstruierten Geschichte eher sprachlich durch Suzannes aufmerksamen Blick auf ihre Umwelt begeistert.
knappe 8 von 10 Punkten