Ja, an dem Stil muss man sich gewoehnen. Ich-Erzaehler ist eh nicht das was ich mag.
Auf den ersten 20 Seiten spielt er erst einmal jeden gegen einander aus. Also nicht nur bei Tisch, sondern auch auf Reisen.
Ich habe auch die Roehr Uebersetzung von Anaconder.
'Der Spieler' - Kapitel 01 - 05
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Zwei Punkte sind mir aufgefallen, die auf ein hohes Suchtpotential beim Erzähler hinweisen:
1. Kaum sitzt der Erzähler zum ersten Mal in seinem Leben am Roulettetisch, schon meint er gewisse Gesetzmäßigkeiten bei den getroffenen Zahlen herauslesen zu können. Sehr schnell macht sich in ihm das Gefühl breit, das Schicksal herausfordern zu können.
2. Er macht sich lustig über die deutsche Art Familienvermögen anzuhäufen. Für mich klingt das so, wie wenn Menschen, die nicht mit Geld umgehen können, den soliden Lebenswandel anderer schlecht reden, um die eigene Unfähigkeit zu verstecken. Ein bisschen wie saure Trauben.
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Das 5. Kapitel verwirrt mich sehr!
Alle sind in Geldnöten, auch der Erzähler will zu Geld kommen. Aber Polina sieht keinen Grund, warum er Geld nötig hat. Dass er sich aus seiner untergeordeten Position befreien möchte und Achtung erwerben, lässt sie nicht gelten. Man könne sich in jeder Lebenslage eine würdige Stellung schaffen und der Kampf darum erhöhe ihn. Sollte das nicht auch für sie gelten? Womit hat sie sich eine würdige Stellung verdient? Sie darf um Geld spielen, er nicht. Ich verstehe nicht, was sie ihm damit sagen will.Und was meint er damit, dass die Russen für ihr Benehmen keine anständige Form finden können, weil sie zu reich und vielseitig begabt wären?
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Wow, hier ist ja schon viel los.
Ich habe schon angefangen, bin aber im Moment mehr von dem anderen Leserundenbuch (Alex Woods) begeistert..ich schreibe am Wochenende zum ersten Abschnitt! -
Ich habe auch gerade im 5. Kapitel weitergelesen.
Uijuijui - ganz schön masochistisches Gerede, dass der Ich-Erzähler da von sich gibt. Sieht ja so aus, als ob er das ernst meint. Das also sind die "wilden Russen", die keine Form für ihre Genialität gefunden haben?Na gut, ich kenne ein, zwei Russen, die tatsächlich ein ähnliches Temperament haben...
Die Deutschen kommen ja auch nicht gerade gut weg (im 4.Kapitel)Ich kann mir vorstellen, dass Polina ihm - dem armen Hauslehrer - sagen will, dass seine Unterwürfigkeit und Ergebenheit ihr gegenüber ihr gewaltig auf den Geist geht und er sich mal so benehmen soll, wie man es von einem coolen Typen erwarten würde. Das Buch ist 1867 herausgekommen, zu dieser Zeit waren Hauslehrer meistens sehr schlecht bezahlte Menschen, die zudem nicht viel zu sagen hatten im Hause ihrer Herrschaften. Aber wenn sie Persönlichkeit hatten, konnten sie sich durchaus Achtung verschaffen, schließlich waren sie belesene und gebildete Menschen, die Hauslehrer.
Als Frau war es ja zu der Ziet auch nicht gerade einfach, keinen Beruf zu haben und kein Geld zu verdienen, immer auf eine gute Partie hoffen... Polina könnte sich schon aus finanziellen Gründen gar nicht auf armen Hauslehrer einlassen, selbst wenn sie wollte. Aberdas csheint ihr ja sowieso fern zu liegen.
Und nun will sie ihn dazu verdingen, jemanden umzubringen. Oh ha!
Jetzt geht es los, der Thriller beginnt (hoffentlich)Edit: Lesebiene, du meintest sicher die Röhl-Übersetzung?
Die Übersetzung ist von 1919, da wundert es nicht, dass man sich an den Stil erst gewöhnen muss.
Aber an einer Stelle dachte ich, ich lese einen Schüleraufsatz! In seiner Beschreibung der Mademoiselle Blanche (bei mir auf Seite 35 unten) kommt Folgendes vor:
...die Hautfarbe zwischen gelblich und bräunlich, das Haar dunkelschwarz...
Ich dachte immer, das sei so ein Kinderwort oder auch Umgangssprache einfacher Art. So redet man zwar, schreibt aber stattdessen tiefschwarz.
Scheint aber 1919 noch nicht so gewesen zu sein. Oder liegt es vielleicht an Herrmann Röhl? Nicht umsonst scheint es ja andere Übersetzer in den anderen Ausgaben zu geben... -
Ich habe den ersten Abschnitt nun auch beendet. Ich lese mit Interesse, aber die Welt von der ich lese ist mir sehr fremd. Auch die Empfindungen des Spielers, seine Hass-Liebe zu Polina, sein Eindruck von sich als ihr Sklave... kurios.
Ich bin wirklich gespannt, wie es weitergeht mit dem Ich-Erzähler. Ich denke auch, das er der Spielsucht verfallen wird. Er scheint sehr anfällig dafür zu sein. Außerdem suggeriert der Titel dies natürlich. Ohne die Personenliste hätte ich im ersten Abschnitt große Mühe gehabt, aber so war es kein Problem.ZitatOriginal von ginger ale
In seiner Beschreibung der Mademoiselle Blanche (bei mir auf Seite 35 unten) kommt Folgendes vor:
...die Hautfarbe zwischen gelblich und bräunlich, das Haar dunkelschwarz...Das klingt wirklich unglücklich. Ich habe gleich mal nachgelesen. In der Übersetzung von Werner Creutziger steht folgendes:
"Mademoiselle Blanche ist eine Schönheit. [...] Sie ist wahrscheinlich fünfundzwanzig Jahre alt, hoch gewachsen und hat volle gerundete Schultern; Hals und Brust sind makellos schön; sie hat einen brünetten Teint und tuscheschwarzes Haar von so gewaltiger Fülle, daß es zwei Frauenköpfe zieren könnte. Die Augen sind schwarz, das Weiße in ihnen geht ins Gelbliche, ihr Blick ist hochmütig, die Zähne sind blendend weiß, die Lippen immer geschminkt; sie duftet nach Moschus. Sie kleidet sich wirksam, elegant, reich, mit viel Geschmack. Hände und Füße sind bewundernswert. Ihre Stimme ist ein etwas rauher, tiefer Alt.""Tuscheschwarz" gefällt mir. Einen brünetten Teint aber kann ich mir schwer vorstellen, für mich können nur Haare brünett sein. Sehr gerne mag ich auch den Einschub: "Hände und Füße sind bewundernswert." - aaaaha.
ZitatOriginal von Karthause
Wenn man sich überlegt, dass Dostojewski diesen Roman aus der Not heraus in 26 Tagen diktierte und mangels eines Themas seine eigene Spielleidenschaft thematisierte, weil er seinem Verleger in der Pflicht war, finde ich es beeindruckend, wie er seine Figuren bereits jetzt mit Leben erfüllte und die Verflechtungen auf relativ wenigen Seiten darstellte. Das hat was von einer Karikatur in der Malerei.Das wusste ich nicht, aber das ist sehr interessant. Umso beachtlicher, dass der Roman heutzutage noch gelesen und geachtet wird.
So, jetzt geht es auf zum nächsten Abschnitt.
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Dark black - dunkelschwarz?
Wie heisst es denn im OriginalJa, ich lese die Roehl Uebersetzung. Mein LG hat keine Umlaute.
Edit fuegt noch an, eigentlich faengt er doch erst an zu spielen. Es ist doch sein erstes Mal. MM spielt er mehr mit Worten Leute aus. -
Doppel
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Ich lese eine ziemlich alte Übersetzung, glaube ich, den Verlag gibt es schon lange nicht mehr, eine ISBN habe ich auch nicht gefunden, und der Schutzumschlag mit Klappentext existiert auch nicht mehr. Ich habe mich einfach ins Geschehen gestürzt und hatte die gleichen Probleme wie einige von euch. Über den Ich-Erzähler erfährt man so gut wie nichts, außer, dass er spielt und vom General abhängig ist, ich vermute, ein Hauslehrer. Deshalb ist es auch für mich erstaunlich, wie selbstbewusst er sich benimmt. Daher denke ich, dass er nicht nur ein Spieler am Rouletttisch ist. Informationen erhält man fast ausschließlich durch Dialoge, in die sie Dostojewski sozusagen tröpfchenweise einfließen lässt. Ich hatte damit Anfangs meine Schwierigkeiten. Ich musste mich sehr konzentrieren. Aber im zweiten Kapitel hat's mich dann gepackt. Was er hier über das schmutzige oder gesellschaftlich anerkannte Geldverdienen durch Spielen schreibt, ist ein perfekter Spiegel unseres heutigen gesellschaftlichen Zustandes. Alle sind Spieler. Noch ironischer und zuweilen zynisch wird es bei der Beschreibung des deutschen Eifers, durch Arbeit zu Geld zu kommen. Ich habe mich prächtig amüsiert. Im übrigen denke ich, dass der Lob der russischen Spielermentalität und die Verachtung der Arbeit durch den Adel genauso zynisch gemeint ist.
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Zitat
Original von made
Und was meint er damit, dass die Russen für ihr Benehmen keine anständige Form finden können, weil sie zu reich und vielseitig begabt wären?Über diesen Satz bin ich auch gestolpert.
Alexej beschreibt am Anfang den Franzosen als gutaussehend, aber niederträchtig. Den Engländer als reich und anständig.
Der Franzose, der wahrscheinlich nichts hat und nichts ist, versucht das mit guten Manieren, Charme und Höflichkeit zu verbergen. Der Engländer, der tatsächlich viel Geld hat, macht nicht viel Aufhebens darum. Er gibt sich bescheiden.
Ich denke Alexej sieht es so, dass die Russen reich (und damit meint er wahrscheinlich nicht nur den finanziellen Reichtum) und vielseitig begabt sind und sich deshalb so geben können, wie sie sind. Sie haben es nicht nötig etwas überspielen zu müssen.Für alle, die die Ausgabe vom Fischerverlag lesen: Die Übersetzungen der französichen Einlagen finden sich im Anhang. Ich habe das leider erst viel zu spät gesehen und mich geärgert, dass ich so wenig von dem verstanden habe.
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Zitat
Original von Charlotte
Über diesen Satz bin ich auch gestolpert.
Alexej beschreibt am Anfang den Franzosen als gutaussehend, aber niederträchtig. Den Engländer als reich und anständig.
Der Franzose, der wahrscheinlich nichts hat und nichts ist, versucht das mit guten Manieren, Charme und Höflichkeit zu verbergen. Der Engländer, der tatsächlich viel Geld hat, macht nicht viel Aufhebens darum. Er gibt sich bescheiden.
Ich denke Alexej sieht es so, dass die Russen reich (und damit meint er wahrscheinlich nicht nur den finanziellen Reichtum) und vielseitig begabt sind und sich deshalb so geben können, wie sie sind. Sie haben es nicht nötig etwas überspielen zu müssen.
"reich und vielseitig begabt": mir ist nicht klar, ob "reich" im Sinn von "wohlhabend" gemeint ist oder sich auf "begabt" bezieht.ZitatOriginal von Charlotte
Für alle, die die Ausgabe vom Fischerverlag lesen: Die Übersetzungen der französichen Einlagen finden sich im Anhang. Ich habe das leider erst viel zu spät gesehen und mich geärgert, dass ich so wenig von dem verstanden habe.
Bei mir fehlt das leider, ich plage mich mit einem Wörterbuch herum. -
ok, jetzt wo du es sagst Ich hätte es niemals so gelesen, aber es erscheint sinnvoll.
"Reich und vielseitig begabt" klingt wesentlich einleuchtender als "reich" und "vielseitig begabt", so wie ich es gelesen hatte. -
Der General ist sicher nicht reich, sonst würde er nicht sehnlichst das Ableben der Tante erwarten. Aber er ist doch in einer ganz anderen Situation als die ehmaligen Leibeigenen. Er muss über Geldquellen verfügen, sei es als Kredit oder in Form von baren Mitteln (in welcher Höhe auch immer) sonst könnte er sich die Auslandsreise nicht leisten. Denn auf der Flucht scheint er ja auch nicht zu sein.
Dieses "reich und vielseitig begabt" hat deshalb sicher in beiden Bezügen seine Berechtigung.
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Ob die Erbschaft der Tante sich nur auf Geld beschraenkt
Der General kann es sich leisten 1000 und mehr zu verspielen. Wo hat er das Geld her. Er spielt wohl viel. Der Ich-Erzaehler hingegen erstmalig. -
Zitat
Original von Herr Palomar
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Dostojewskij liest man am Besten im Alter von Anfang 20, Mitte 30 kommt dann die Tolstoi-Phase!Und was liest man dann mit Mitte 40?
ZitatOriginal von made
Schon eigenartig die Einstellung des Erzählers, er könne nur gewinnen, wenn er für sich spielt. Dabei ist doch Polinas Angebot, mit ihrem Geld zu spielen und den halben Gewinn zu behalten für einen Mittellosen ideal. Gewinnchancen ohne Risiko.
Aber wahrscheinlich ist ja gerade dieses Risiko der Reiz des ganzen. Man ahnt jetzt schon, wohin das führen wird.Ich kann ihn da schon verstehen. Ich glaube, wenn man fremdes Geld verspielt, geht man nicht so ein hohes Risiko ein. Kleinvieh macht ja bekanntlich auch Mist, aber ich glaube für den richtig großen Gewinn muss man auch mal richtig was riskieren. Top oder Flop halt.
Und ich denke, das macht man mit fremden Geld einfach nicht, selbst wenn man am Gewinn beteiligt ist.ZitatOriginal von made
Zwei Punkte sind mir aufgefallen, die auf ein hohes Suchtpotential beim Erzähler hinweisen:1. Kaum sitzt der Erzähler zum ersten Mal in seinem Leben am Roulettetisch, schon meint er gewisse Gesetzmäßigkeiten bei den getroffenen Zahlen herauslesen zu können. Sehr schnell macht sich in ihm das Gefühl breit, das Schicksal herausfordern zu können.
….Ich weiß nicht, ob das schon auf ein hohes Suchtpotenzial schließen lässt. Ich habe den Abschnitt auch irgendwie anders aufgefasst. Für mich macht er sich über die anderen Spieler lustig, die versuchen mit Berechnungen, Beobachtungen und diversen Aufzeichnungen die richtige Strategie zu finden, um den ganz großen Gewinn einzustreichen. Er beobachtet das Spiel zwar auch und meint auch Gesetzmäßigkeiten zu erkennen, aber für ihn ist das halt ( noch ) ein Spaß und er versucht noch nicht verbissen zu gewinnen. Und irgendwie hat er ja auch Recht. Wenn man verbissen versucht etwas zu erreichen, dann klappt es meistens nicht. Wie oft hat man das auch im realen Leben, das Leute jahrelang verbissen versuchen über Lotto oder Wetten zu Geld zu kommen und gewinnen nur Kleinstgewinne, während einige wenige nur mal aus Lust und Laune spielen oder wetten und gleich den großen Gewinn einsacken.
ZitatOriginal von ginger ale
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Ich kann mir vorstellen, dass Polina ihm - dem armen Hauslehrer - sagen will, dass seine Unterwürfigkeit und Ergebenheit ihr gegenüber ihr gewaltig auf den Geist geht und er sich mal so benehmen soll, wie man es von einem coolen Typen erwarten würde. ...Ich weiß nicht ob der Hauslehrer ihr wirklich auf den Geist geht. Ich habe eher das Gefühl sie genießt ihre Machtposition und nutzt seine Ergebenheit so richtig aus. Daher behandelt sie ihn schlecht und testet ihre Grenzen aus, in dem sie von ihm unmögliche Dinge verlangt. Und irgendwie ist sie auch auf ihn angewiesen, darüber ist sie sicherlich auch nicht erfreut. Es ist für mich irgendwie eine Hassliebe.
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Ich glaube, ich habe den Abschnitt so aufgefasst wie Du. Er ist kein Roulettespieler.
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Zwar bin ich seit einigen Tagen am Lesen (derzeit Ende des zweiten Abschnitts), doch die Zeit für die Leserundenteilnahme fehlt einfach. In neun Wochen ist der Umzug - endlich! - vorbei und bis dahin ist noch ziemlich viel zu tun (danach auch, ich schätze, etwa Weihnachten dürfte das Thema endgültig durch sein). Posten und Beiträge Lesen ist derzeit halt schwierig.
Ich lese die Fassung im Rahmen der Dostojewski-Gesamtausgabe aus dem Piper Verlag von 1980, die Übersetzung ist von E. K. Rashin, also eine ältere Übersetzung. Ich hatte vor einigen Jahren meine älteren Übersetzungen mit der neuen von Svetlana Geier verglichen und für mich die älteren als die deutlich besseren befunden, weshalb die Svetlana Geier-Bücher längst verkauft sind. Nachdem ich solche Vergleiche auch für Selma Lagerlöf (Gösta Berling) und J. R. R. Tolkien (Der Herr der Ringe) angestellt habe, bleibe ich im Zweifel inzwischen grundsätzlich bei einer älteren Übersetzung, da ich bei einem Vergleich noch keine neue getroffen habe, die mir gefallen hätte.
Ob das Roulettespiel allerdings eine sichere Methode ist, um zu Geld zu kommen, sei dahingestellt (S. 20, gegen Ende Kapitel 1). Ich war überrascht, daß das Verlieren anscheinend überhaupt nicht einkalkuliert wurde.
Ein paar Mal habe ich mir gedacht, Dostojewski schreibt über unsere Zeit, so wenig hat sich in mancher Hinsicht geändert.
Z. B. S. 24 (2. Kapitel): Was aber den Gewinn betrifft, so sind doch die Menschen nicht nur am Roulettetisch, sondern überall und zu jeder Zeit nur darauf bedacht, wie sie einem anderen etwas wegschnappen oder sonstwie etwas gewinnen könnten.
Oder S. 42 (4. Kapitel): „Womit begründen Sie denn Ihre Meinung?“ fragte mich darauf der Franzose.
„Damit, daß im Katechismus der Tugend- und Ehrbegriffe des zivilisierten Westeuropäers die Fähigkeit, Kapital zu erwerben, in historischer Entwicklung fast zum ersten Hauptstück geworden ist.Bis zum Ende des ersten Abschnitts hatte mich das Buch noch nicht so richtig gepackt. Irgendwie - ohne daß ich das jetzt näher begründen könnte - war es mir „zu wenig Dostojewski“. Ich dachte sogar über Abbruch nach, wollte aber nicht schon wieder ein Buch ab- oder unterbrechen, und außerdem sind es nur knapp über zweihundert Seiten. Die sollten doch zu schaffen sein.
Danke, Karthause, für das Personenregister. Ich kann manchmal nur wenige Seiten am Stück lesen, da ist das sehr praktisch, weil der Überblick doch etwas verloren geht.
Zum Thema Deutsch- und Ausländerfeindlichkeit: dazu steht etwas im Nachwort zu meiner Ausgabe. Ich werde später nochmals darauf eingehen, vielleicht erst im letzten Abschnitt. Jedenfalls paßt es in die Zeit, die politischen Verhältnisse und die russische Sicht der Dinge.
ZitatOriginal von Herr Palomar
Dostojewskij liest man am Besten im Alter von Anfang 20, Mitte 30 kommt dann die Tolstoi-Phase!
Also zum ersten Mal habe ich Dostojewski zwischen 20 und 25 gelesen. Die „Tolstoi-Phase“ habe ich allerdings ausgelassen.ZitatOriginal von ginger ale
Aber an einer Stelle dachte ich, ich lese einen Schüleraufsatz! In seiner Beschreibung der Mademoiselle Blanche (bei mir auf Seite 35 unten) kommt Folgendes vor:
...die Hautfarbe zwischen gelblich und bräunlich, das Haar dunkelschwarz...
Bei mir ist das S. 35 und lautet: Sie wird mindestens ihre fünfundzwanzig Jahre alt sein, ist hoch gewachsen, mit breiten, vollen Schultern; ihr Haar und ihre Büste sind wundervoll. Ihre Gesichtsfarbe hat den gelblich-bräunlichen Schimmer der Südländerin, ihr Haar ist schwarz wie Tusche und in solcher Überfülle vorhanden, daß es für zwei Frisuren ausreichen würde.
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Ich konnte heute morgen mit einiger Verspätung auch endlich starten, so ganz angekommen bin ich in der Geschichte nách dem ersten abschnitt aber noch nicht. eigendlich lese ich "Ich-Erzähler" sehr gerne, aber der hier ist mir irgendwie noch sehr suspekt.
Sehr interessant ist es auf jeden Fall wieder eure Beiträge hier zu lesen! -
Finde ich toll, dass du noch mitliest. Ich denke, jeder hier hatte mit dem Anfang etwas Schwierigkeiten, aber das gibt sich zum Glück recht schnell.
Ich habe es zwar schon zu Ende gelesen. Wollte aber auch noch zu den letzten Kapiteln etwas posten und dann auch noch eine Rezi schreiben. Also lese ich immer noch interessiert mit
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Zitat
Original von Karthause
Wenn man sich überlegt, dass Dostojewski diesen Roman aus der Not heraus in 26 Tagen diktierte und mangels eines Themas seine eigene Spielleidenschaft thematisierte ...
Für jeden, der/die sich für Dostojewski interessiert, ein Buchtipp. Gerigk geht auch auf den "Spieler" ein, schildert, dass diese 26 Tage stets ins Gespräch gebracht werden, berichtet aber auch - und das erscheint mir das Wichtigere -, dass sich D. sich seit 1863 mit dem Plan für einen Roman wie diesen intensiv beschäftigt hat.
Mein Eindruck zu diesem Abschnitt:
Mein Büchlein ist alt genug, dass es sich das Vergnügen versagen kann, den Übersetzer zu nennen. Dass der Roman von Dostojewski sei, muss wohl genügen. Schade, denn bei der Arbeit wäre es wohl angemessen, wenigstens den Namen dessen zu erfahren, der uns diese Geschichte nacherzählt. Und abermals schade, denn es hätte mich in den Stand versetzt, Nachforschungen anzustellen, z. B. über Ansehen des Übersetzers, eventuell gar die Qualität seiner Arbeit. Immerhin macht er gleich zu Anfang aus einer „Polina“ eine „Pauline“, was zu dem Vaternamen Alexandrowna meiner Meinung nach in einem leicht unglücklichen Verhältnis steht.
Jedenfalls ist ihr – Paulines – Verhältnis zum Ich-Erzähler eines, das einiges an Emotion zu bieten hat. Ein seltsames Paar, passend fast zu der seltsamen Bagage mit und um den General. Mademoiselle Blanche und der französische Marquis erscheinen mir fast ein wenig zu auftrumpfend, andererseits auch speichelleckend, um „echt“ zu sein. Mademoiselle Blanche hat „eines jener Gesichter, vor denen man Angst bekommen kann“. Was für eine fast schon brillante Charakterisierung, aber man weiß ja nur allzu genau, was gemeint ist, auch wenn man sich hüten würde, reale Namen damit zu verbinden.
Am meisten interessiert mich der Ich-Erzähler. Er ist natürlich auch geschickt genug, um das Interesse an sich zu wecken und wach zu halten. Seine Vermutung, in Roulettenburg werde sich in seinem „Schicksal ein radikaler und endgültiger Umschwung vollziehen“ erscheint weniger hellsichtig als auf mich vielmehr so, dass er erwarte, es werde sich hier ereignen, womit er schon (länger) rechne. Seine Ausführungen über das Gewinnen, über das Verhalten der „Plebejer“ resp. des Gentleman gemahnen mich fast ein bisschen an Goethes „graue Theorie“, aber auch wie eine Art Beschwörung. Dass „des Lebens Fülle“ ihm das bereithält, was Pauline ihm „höhnisch“ fragend entgegnet, nämlich „Ausweg und Rettung“, glaube ich eher nicht, obwohl er ja so davon überzeugt ist, er werde gewinnen. Natürlich, kann ja gar nicht anders sein. Einer der ersten Schritte in die Sucht? Aber – im Moment? - scheinen sich noch die Lust am Gewinnen von Geld und das lockende Provozieren von Pauline die Waage zu halten. „Geld ist doch alles“ … das klingt so fatal real, erst recht aktuell und zeugt von diversen Erfahrungen.
Eine Formulierung, die mir auffiel: „So spricht nur ein Gelbschnabel“ erwidert Pauline dem Erzähler. Ein ungewöhnliches Wort, dem zu begegnen ich mich nur in Bezug auf die Tierwelt erinnern kann. Ein interessantes Wort allemal … nur, wie bewusst gewählt? Ob es eine wörtliche Übersetzung ist? Aber Gelb – steht diese Farbe nicht für den Neid und die Eifersucht. Und die Dummheit, so sagt man bei uns. Wenn so gemeint, würde die gute Pauline aber eine messerscharfe Zunge führen ohne den geringsten Skrupel, sie einzusetzen, besonders dem Erzähler gegenüber. Stimmt dessen Einschätzung („Der Mensch ist von Hause aus despotisch und liebt zu quälen. Sie lieben das furchtbar!“) über sie – oder muss man eher fragen: Stimmt diese Einschätzung immer?