'Der Spieler' - Kapitel 06 - 10

  • Zitat

    Original von ginger ale



    Elle est tombée en enfance müsste bedeuten, wenn ich das richtig übersetzt habe: Sie fällt zurück in ihre Kindheit (also: Sie redet dummes Zeug, ist kindisch).



    In meiner Ausgabe sind die Übersetzungen der fremdsprachigen Passagen drin. Die von dir erwähnte wird mit: 'Sie hat den Verstand verloren ... Wenn man sie alleine lässt, wird sie Dummheiten anstellen.' übersetzt.

  • Ich bin teilweise vom Hauslehrer genervt. Irgendwie habe ich andere Vorstellungen von einem Hauslehrer. Gut, er ist adelig und vielleicht nicht auf den Job angewiesen, aber für mich hat er einfach eine große Klappe und nimmt sich Sachen heraus, die sich ein normaler Angestellter bestimmt nicht trauen würde. Für mich ist es auch irgendwie verständlich, wenn der General sich in den Streit zwischen dem Baron und dem Lehrer einmischt. Zum einen ist der Baron an ihn herangetreten, damit muss er auch irgendwie reagieren. Und irgendwie ist ein Dienstherr auch für seine Angestellten und deren Verhalten verantwortlich.
    Wobei ich beim General-Hauslehrer das ganze Angestellten-Verhältnis eh merkwürdig finde.


    Für mich im Abschnitt das absolute Highlight war ja der Auftritt vom Erbtantchen. Einfach herrlich, die Gesichter hätte ich ja zu gern gesehen. :lache
    Und sie genießt die Narrenfreiheit des Alters, d.h. sie nimmt kein Blatt vor dem Mund und redet wie ihr der Schnabel gewachsen ist.



    PS: Bei mir im Buch sind auch die entsprechenden Übersetzungen.

    Kein Buch ist so schlecht, dass es nicht auf irgendeine Weise nütze.
    (Gaius Plinius Secundus d.Ä., röm. Schriftsteller)


  • In meiner Ausgabe lautet der Satz komplett: Cette vieille est tombée en enfance und wird übersetzt mit: Diese Alte ist kindisch geworden.

    Kein Buch ist so schlecht, dass es nicht auf irgendeine Weise nütze.
    (Gaius Plinius Secundus d.Ä., röm. Schriftsteller)

  • Zitat

    Original von ginger ale
    Die alte Dame wird mir immer sympathischer, sie scheint ja sehr gewitzt zu sein. Ich habe das Gefühl, da schmieden einige Leute hinter ihrem Rücken ein Komplott. Ob wohl der Ausflug auf den Berg zum Ziel hatte, die alte Dame dort oben anzuschubsen? Ich weiß nicht, ob ich dem General und de Grieux soviel Boshaftigkeit und Gemeinhait zutrauen soll. Sehr sympathische Gestalten sind beide ja bisher wirklich nicht, aber ein geplanter Mord? Das ist ein schöner Cliffhänger, den Dostojewski da eingearbeitet hat.


    Du bist ganz versessen auf einen Mord? :lache Ich glaube, das ganze Komplott geht nur darum, die alte Dame vom Geldverzocken abzuhalten.

  • Kann sich noch jemand an die Hollywood-Verfilmung von Der Spieler von 1949 erinnern? Da spielte Gregory Peck die Hauptrolle.


    Ich kann mir den gelassenen, in sich ruhenden Gregory Peck kaum als den immer nervlich angespannten Aleksej vorstellen.


    Gerne würde ich den Film mal wieder sehen, aber anscheinend gibt es ihn leider nicht als DVD. Da muss man auf eine Wiederholung im Fernsehen hoffen.

  • Zitat

    Original von Karthause
    Während der General immer noch auf die Todesnachricht der Erbtante wartet, steht diese plötzlich in Roulettenburg. Diese Szene fand ich sehr gelungen.


    Diese Szene hat mir auch sehr gefallen, ich musste grinsen beim Lesen. :-)


    Zitat

    Original von Karthause
    Warum die Deutschen/ Franzosen so pauschalisiert werden, ist für mich auch nicht erklärlich. Aber auch heute gibt es ja nationalitätsbezogene Vorurteile. Das mag es auch damals gegeben haben. Aber auch die Russen kommen in den Betrachtungen nicht so ganz gut weg. Ich kann mir nur erklären, dass Dosotjewski mit diesen Pauschalisierungen eine Art verallgemeinerte Außenwirkung der Personen einbringen will (???).


    Ich kann mir auch in etwa solches vorstellen. Wirklich gut weg kommt ja keine Nationalität bei ihm (außer vielleicht der Engländer). Ich denke aber, man sollte das nicht beleidigend auffassen, sondern als Beschreibung, wie damals viele dachten und was für Vorurteile herrschten. Auch heute gibt es ja viele Vorurteile gegenüber anderen Landesangehörigen, die zum Teil überhaupt nicht stimmen. Ich empfinde die Beschreibungen hier aber als Selbstironie und -kritik und muss manchmal fast schmunzeln, wenn er über die redlichen, tugendhaften Deutschen spottet und danach gleich die Franzosen ins Kreuzfeuer nimmt. Bei ihm kommt keiner gut weg, nicht einmal die Russen selber.


    Zitat

    Original von Charlotte
    Womit ich allerdings Schwierigkeiten habe, sind die vielen Währungen oder verschieden Bezeichungen für die Münzen. Da gibt es Friedrichsdor, Louisdor, Gulden, Goldmünzen, Francs, Florin. Ich habe Schierigkeiten diesen in Relation zu setzen. Geht es euch auch so?


    Ja, das geht mir auch so. Ich kann gar nicht einschätzen, was dort für Beträge verspielt werden. Aber eine Umrechnung würde einem auch nicht viel helfen, weil man ja gleichzeitig wissen muss, wieviel Geld das damals tatsächlich war. Was üblich war, wieviel die Dinge des täglichen Lebens gekostet haben. Hier hätte ich mir eine Anmerkung hinten im Buch sehr gewünscht.


    Mh, die Stelle mit dem "Sind sie rasend." Finde ich bei mir gar nicht. Auch ein "Oho" oder "Gejn" oder soetwas fehlt. Wo genau ist das bei euch in der Unterhaltung mit dem General? Nachdem er ihm kündigt und ihm seinen restlichen Lohn auszahlt? Vielleicht finde ich es nur nicht.


    Zitat

    Original von ginger ale
    Ist das in euren Ausgaben eigentlich übersetzt worden?


    Bei mir sind die Übersetzungen der französischen Teile im Anhang. Gott sei Dank, ich kann nämlich auch kein französisch. Gerne hätte ich es auch in den Fußnoten, damit ich nicht jedesmal blättern muss, aber in diesem schmalen Büchlein sind es ja nicht so viele und so kann ich also damit leben.


    Die Hollywood-Verfilmung mit Gregory Peck kenne ich leider nicht. Schade, dass daran nicht so leicht ranzukommen ist.

  • Zitat

    Original von Cith
    Mh, die Stelle mit dem "Sind sie rasend." Finde ich bei mir gar nicht. Auch ein "Oho" oder "Gejn" oder soetwas fehlt. Wo genau ist das bei euch in der Unterhaltung mit dem General? Nachdem er ihm kündigt und ihm seinen restlichen Lohn auszahlt? Vielleicht finde ich es nur nicht.


    Anfang des 6. Kapitels. Alexej spricht die Baronin Wurmerhelm an, worauf der Baron (nicht der General) so antwortet.

  • Zitat

    Original von ginger ale



    Ob wohl Friedrich Dürremat von Dostojewskis' Der Spieler inspiriert wurde, als er Besuch der alten Dame schrieb? Die dortige alte Dame bringt ja auch auf sehr gewitzte Art alles durcheinander, entlarvt die hinterhäligen falschen Absichten und die Geldgier und Skrupellosigkeit der Dorfbewohner (oder waren es Kleinstadtbewohner).


    Lustig! Ich habe auch gleich an den Besuch der alten Dame gedacht, als die Babuschka ihren ersten Auftritt hat.

  • Zitat

    Original von made


    Anfang des 6. Kapitels. Alexej spricht die Baronin Wurmerhelm an, worauf der Baron (nicht der General) so antwortet.


    Ahh! Das habe ich falsch verstanden in dem Fall. Dort steht bei mir "Gehn Sie weiter!", dann noch einmal "Gehn Sie weiter!" und dann antwortet er mit "Jawohl" und daraufhin sagt der Baron: "Sind Sie rasend?". An dieser Stelle und an der Jawohl-Stelle ist bei mir ein Stern und unten heißt es: "Die mit einem Stern versehenen Kursivstellen sind auch im Original deutsch.". Vielleicht könnte mit "Gejn" dann einfachen "Gehen" gemeint sein? :gruebel

  • Zitat

    Original von Cith


    Ahh! Das habe ich falsch verstanden in dem Fall. Dort steht bei mir "Gehn Sie weiter!", dann noch einmal "Gehn Sie weiter!" und dann antwortet er mit "Jawohl" und daraufhin sagt der Baron: "Sind Sie rasend?". An dieser Stelle und an der Jawohl-Stelle ist bei mir ein Stern und unten heißt es: "Die mit einem Stern versehenen Kursivstellen sind auch im Original deutsch.". Vielleicht könnte mit "Gejn" dann einfachen "Gehen" gemeint sein? :gruebel


    Wir beide scheinen die gleiche Ausgabe zu lesen. :-]

    Kein Buch ist so schlecht, dass es nicht auf irgendeine Weise nütze.
    (Gaius Plinius Secundus d.Ä., röm. Schriftsteller)

  • Zitat

    Original von Macska
    Wir beide scheinen die gleiche Ausgabe zu lesen. :-]


    Ich lese die vom Aufbau-Verlag. Habe sie im ersten Abschnitt auf Seite 1 verlinkt gehabt. Allgemein finde ich es hier aber schön, dass wir so viele verschiedene Ausgaben lesen, sodass man auch Unterschiede zwischen den Übersetzungen erkennt und gerade über so etwas wie diese eine Stelle diskutieren kann. Hätten wir jetzt alle das Buch mit "Gejn" gehabt, wäre es weniger aufschlussreich gewesen. Aber ich finde es interessant, dass bei manchen nur "Oha" steht und in anderen Ausgaben dagegen ein ganzer kleiner Satz. Wie unterschiedlich man doch Dinge übersetzen kann.

  • Bei mir sagt er auch nanu nanu.


    Wenn man Gejn googelt, kommt man auf den Songtitel: Herman Van Veen - Ich loz dir nisht gejn

    Don't live down to expectations. Go out there and do something remarkable.
    Wendy Wasserstein

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Lesebiene ()

  • Nachtrag zur Aktualität, S. 65 (6. Kapitel): Ich nehme jedoch an, daß sie ihn gelten lassen wird, um so mehr, als die Juristen in letzter Zeit, soviel mir bekannt ist, mit ähnlichen Entschuldigungen sogar schon Mißbrauch treiben. :grin



    Zitat

    Original von Rouge
    Diese Aktion mit dem Baron kommt mir auch ziemlich kindisch und albern vor. Als so schlimm habe ich jetzt die Beleidigung nicht empfunden. Allerdings verstehe ich auch, dass der Erzähler sich ärgert als der General sich einmischt.


    Ja, aus heutiger Sicht war das eigentlich gar nicht schlimm. Aber damals, denke ich, schon. Vor allem wenn ein (vermutlich) Bürgerlicher sich dergestalt einem Adeligen genähert hat!



    Zitat

    Original von Rouge
    Da hat der Erzähler ja auch keinen guten Eindruck von den Franzosen im Allgemeinen


    Kein Kommentar. :chen
    Zum Thema Frankreich sage ich immer, ich fahre ein französisches Auto, da habe ich genug für die deutsch-französische Freundschaft getan ... :grin



    Zitat

    Original von Karthause
    Während der General immer noch auf die Todesnachricht der Erbtante wartet, steht diese plötzlich in Roulettenburg. Diese Szene fand ich sehr gelungen


    Genau das war die Stelle, an der mich das Buch dann gepackt hat: als die ach so todkranke Erbtante quietschfidel auftauchte und alles mehr oder weniger aufmischte! :chen Ich habe mich köstlich amüsiert und das verdatterte Gesicht des Generals vor mir gesehen. Geschieht ihm recht.



    Gespannt bin ich, wie es mit ihrer Spielleidenschaft weiter geht. Anfängerglück, Dauerglück - oder einmalige Sache?



    Die französischen Sätze sind in meiner Ausgabe leider auch nicht übersetzt. Da ich dieser Sprache überhaupt nicht mächtig bin, versuche ich mir bei kurzen Teilen mit meinen rudimentären Lateinkenntnissen etwas zusammenzureimen, ansonsten versteht ich es eben nicht und versuche, aus dem Zusammenhang den ungefähren Sinn zu deuten. In den „Dämonen“ ist das heftig, da manchmal mehrere Sätze hintereinander auf Französisch sind. Zu Stepan Trofimowitsch paßt das allerdings.



    Die von Herr Palomar erwähnte Verfilmung gibt es als italienische DVD (mit englischem Ton.



    Zitat

    Original von Cith
    Wirklich gut weg kommt ja keine Nationalität bei ihm (außer vielleicht der Engländer). Ich denke aber, man sollte das nicht beleidigend auffassen, sondern als Beschreibung, wie damals viele dachten und was für Vorurteile herrschten.


    Ich denke, so ist das auch zu verstehen. Heute schaffe ich es zeitlich nicht mehr, aber die nächsten Tage schreibe ich nochmals dazu, was zum Thema im Nachwort meiner Ausgabe steht.



    In meiner Ausgabe antwortet der Baron übrigens einfach mit „Hn?“.
    .

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von SiCollier
    In den „Dämonen“ ist das heftig, da manchmal mehrere Sätze hintereinander auf Französisch sind. Zu Stepan Trofimowitsch paßt das allerdings.


    Oh je, das habe ich mir erst vorgestern in der Bibliothek bestellt! Mal schauen.

  • Auch ich reime mir die französischen Einschübe einfach zusammen und es reicht zum Verständnis der Geschichte allemal. Was diese abschätzigen Bemerkungen "der Deutsche, das Französchen" betrifft, muss man die sehr nationalistisch geprägte Zeit, in der das geschrieben wurde, bedenken. Nationalitätübergreifend war nur das Geld - und das ist es auch heute noch. Und wieder fällt mir auf, dass das Thema brandaktuell ist: Alle sind Spieler, und es geht dabei nicht um das Spiel am Rouletttisch. Es ist eine Erbschleicherkommödie oder auch -tragödie. Das wird sich noch herausstellen. Die langatmige Schilderung, wie die Großmutter alles in Augenschein nimmt, nervte mich manschmal. Wie aber Dostojewski den Leser durch Andeutungen bei Atem hält, ist professionell. Wir erfahren endlich, wie die einzelnen Personen zueinander stehen und was sie im Schilde führen. Aber ob es auch wirklich so ist, steht nicht fest. Vor allem, welche Rolle Pauline wirklich spielt. Der einzige, der hier nicht spielt, ist der Erzähler Alexei. Er ist seinen Gefühlen für Pauline ausgeliefert und weiß, dass es wegen der gesellschaftlichen Konventionen keine Hoffnung für ihn gibt. Das dürfte auch der Grund dafür sein, dass er sich derart respektlos gegen diese "Falschspieler" verhält. Ich wette übrigens darauf, dass Pauline Alexei liebt und sie sich mit ihrem kratzbürstigen Verhalten dagegen wehren will.

  • Zitat

    Original von SiCollier


    Keine Bange, "Die Dämonen" haben mir deutlich besser gefallen als "Der Spieler", zu Beginn des Jahres habe ich es zum zweiten (oder mehr?) Mal gelesen. :-)



    Zitat

    Original von leselampe
    Die langatmige Schilderung, wie die Großmutter alles in Augenschein nimmt, nervte mich manschmal.


    Das kann ich nun nicht so sagen, eher im Gegenteil. Ich habe mit der Geschichte an sich so meine Probleme, weil ich diese Spielleidenschaft nicht nachvollziehen kann (bin tief im nächsten Abschnitt).

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • In diesem Buch wimmelt es ja nur so von total albernen Gestalten, den Vogel schießt dabei der Ich-Erzähle ab, aus dem werde ich so gar nicht schlau, allerdings hat er mit seiner Selbstdiagnose der geistigen Unzurechnungsfähigkeit meiner meinung nach absolut recht. :lache


    Einziger Lichtblick: die Erbtante, die so gar nicht den Eindruck macht demnächst das Zeitliche segnen zu wollen.