Manche Arbeitslose nicht flexibel genug?

  • Fakt ist: Jeder kann arbeitslos werden.


    Fakt ist aber auch, dass es keine Trendberufe mehr gibt.


    Wer noch immer jenen dümmlichen Prognosen glaubt, a la vor einigen Jahren "Lernt Informatik, dass wird für die nächsten Jahrzehnte gebraucht", da kann ich auch nicht mehr helfen. :lache


    Nun gibt es schon haufenweise arbeitslose Informatiker.


    Juristensein, auch einst ein Trendberuf mit angeblich so hohen Chancen, fällt auch immer mehr flach.


    Sozialwissenschafter, als man vor einiger Jahren noch sage, dass man die noch brauchen würde, krähen auch nur mehr aus dem letzten Loch.



    Aber zB genau jene Menschen mit jener Ausbildung, die seit Entfachung der Neuen Medien als "brotlose Kunst" bezeichnet wird - auch war es in diesem Forum leider zu beobachten - stehen momentan zumindest in Österreich am Besten da von den Akademikern: Die Geisteswissenschafter.


    Deshalb seid nicht böse, wenn ich als großer Fan von Geisteswissenschaften etwas schelmisch gegenüber jenen grinsen muss, die stets voreilig behaupten: "Was willste mit diesem Studium? Taxi fahren?"


    Warum sind so wenige Geisteswissenschafter arbeitslos?


    Experten sagen: Weil sie am meisten flexibel sind.


    Sie haben ein extrem breites kulturwissenschaftliches Wissen. Sie können sich problemlos auf viele Situationen einstellen, können problemlos viele Berufsbereiche abdecken, und wenn du noch mit viel Praktika, Zusatzqualifikationen (Sprachen, Kurse etc.) aufwarten kannst, dann wirst du immer öfter von wirtschaftlichen Unternehmen bevorzugt.


    Und deshalb mein Rat an alle:


    Seid so offen wie möglich! Seid für alles offen! Lernt das, was euch gefällt. Lernt das, was ihr am Besten könnt.


    Das ist die Basis für Erfolg. Die Grundvorraussetzung.


    Bildet euch weiter. Ja, auch privat. Es geht nicht anders.


    Besucht billige Sprachkurse. Ich zB besuche nun in den nächsten 4 Jahren 4 verschiedene Sprachkurse, auf höchstem Niveau und für recht wenig Geld.


    Schaut, dass ihr möglichst breite Fähigkeiten habt. Sucht euch aber auch Spezielgebiete.


    Es sind meistens genau jene arbeitslos, die sich in ihrer Ausbildung auf ein Berufsbild beschränkt haben. Das ist eben genau falsch.


    Man muss offen für viele Berufsfelder sein.


    Es ist heute schon ein grundlegender Fehler der Gesellschaft, den Kindern die Frage in der Hauptschule aufzudrängen: "Was willste denn einmal werden?"


    Da könnte man ebenso fragen: "In welchem Jahr wirste denn einmal sterben?"


    Ich werde nach meinem Studium auch nicht fix sagen, ich will das so und so machen. Sicher habe ich auch meine Träume.


    Aber ich bin realistisch und weiß, dass ich das machen muss, das sich am Besten ergibt.


    Ein Beispiel:


    Ich habe mich zB von einer Hauptschule, zur Berufsschule, zur Abendmatura hinaufgearbeitet, zusätzlich habe ich schon viele Hochschulkurse gemacht.


    Als ich ab Dezember 04 auf Arbeitssuche war, war es ein knallharter, aber überraschend kurzer Kampf.


    Ich habe mich gegen 30 andere Bewerber (interessanterweise sonst alles Frauen) durchgesetzt, weil er meinen Lebenslauf mit "das ist einer, der arbeitet sich hoch" assoziert hat.


    Und das war der ausschlaggebende Punkt!


    Man muss seinen eigenen Weg finden, und dadurch herrausstechen.


    Wer auf der faulen Haut liegt, und meint, das Leben bestehe nur aus Spaß und Feiern, der wird irgendeinmal dumm dreinschauen.


    Nur durch Eifer, Fleiß, und lebenslanges Lernen kommt man heute weiter.


    Gruß

  • Man kann noch so gute und breitgefächerte Qualifikationen vorweisen, wie man will - wenn nicht mehr genügend Arbeit da ist, dann hilft das nicht. Arbeit wird definitiv immer weniger werden.


    Die Frage ist also nicht: Wie kann ich derjenige werden, der dann noch Arbeit bekommt, sondern wie kann man die Gesellschaft so umbauen, daß der Wert eines Menschen nicht über Arbeit definiert wird?


    Gruss,


    Doc

  • Doc, ich denke das geht nicht. Dazu gibt es auf der Welt eine zu große Kluft zwischen Arm und reich. Ich denke, das hat auch viel damit zutun.

    Auch aus Steinen,
    die dir in den Weg gelegt werden,
    kannst du etwas Schönes bauen

    Erich Kästner

  • @Doc: Kannst Du mir vielleicht auch sagen, von was die Leute dann leben wollen, wenn sie nicht arbeiten? Von Wertpapieren?


    Ihr habt es ja gut in Europa; wer keine Arbeit hat, bekommt Geld vom Staat. In anderen Ländern verhungerst Du ohne Arbeit. Warum denkst Du, weshalb viele Menschen in den USA 2 oder 3 Jobs machen?
    Das Essen wächst nunmal nicht auf den Bäumen (es sei denn man hat einen Obsthain) und deine Ausbildung oder dein Job definiert Dich immer irgendwie.

  • Ich habe mich immer weiter gebildet. Mittlerweile habe ich im biblischen Alter von 45 Jahren ein Zweitstudium begonnen, vielleicht habe ich ja dann eine Chance.


    Nur immer wieder zu sagen, ihr müßt flexibel sein, hilft nur solange, wie andere nicht flexibel sind. Je mehr Menschen ihren Radius räumlich und berufsspezifisch erweitern, um so geringer sind die Chancen für den Einzelnen.

  • Oryx
    Fakt ist, daß Arbeit in den nächsten Jahrzehnten immer weniger werden wird. Deswegen wird man sich früher oder später und wohl oder übel mit der Frage auseinandersetzen müssen, wie weniger Arbeitnehmer als Arbeitslose einen funktionierenden Staat am Laufen halten sollen.


    Ich habe leider keine Lösung, ich sehe nur das Problem. Durch die immer weiter wachsende Arbeitslosigkeit werden auch immer größere Kluften zwischen arm und reich entstehen. Das wird zu nicht unerheblichen Spannungen innerhalb der Bevölkerung, vielleicht sogar Staaten führen, etc. etc. Ich spreche nicht von den nächsten 20 Jahren, aber man muss kein Prophet sein, um solche Entwicklungen abzusehen.


    Das mag vielleicht für die jetzt gerade arbeitende/arbeitssuchende Generation gerade noch so hinhauen, nur für die relativ nahe Zukunft, sagen wir mal 50 bis 150 Jahre weiter, wird das anders aussehen.


    Gruss,


    Doc

  • Zitat

    Fakt ist, daß Arbeit in den nächsten Jahrzehnten immer weniger werden wird.


    Bei dieser Gelegenheit muss ich jetzt zum ersten Mal, da es schon so oft angesprochen wurde, widersprechen.


    Das Gegenteil wird der Fall sein.


    Wir werden aufgrund der sich verschiebenden Alterspyramide in einigen Jahrzehnten zu wenige Arbeiter haben, zB besonders im Gesundheitsbereich.


    Gruß

  • @His: Unsinn. Sie wollen auch nur ein Haus und 2 Autos vor der Tür stehen haben und ihren Kinder das College ermöglichen, wie alle anderen auch. Ein Durchschnittsgehalt reicht nicht, um das alles zu finanzieren.


    Galadriel : Was studierst Du nun? Ich kann mir vorstellen, dass man mit nur Mathematik nicht sehr weit kommen kann.
    Ich habe gleich zwei Studien nacheinandergemacht (dafür eben nie einen Ph.D. sondern nur zwei M.A.s), um kompetitiv sein zu können und natürlich mit dem Blick auf eine kleine eigene Firma in der nahen Zukunft.


    @Doc: Ich denke, Arbeit wird es immer geben, die Frage ist nur in welchem Segment.

  • His, ich bitte Dich. Wir müssen uns hier nicht um einzelne Branchen streiten. Klar wird es Berufszweige geben, die mal mehr mal weniger Arbeitskraft benötigen. Ich rede von der Gesamtentwicklung, und die zeigt seit Beginn der Industrialisierung nun mal nach unten (wenn man mal von diversen Kriegen, die anschliessend nach einer "Flurbereinigung" natürlich wieder Märkte geschaffen haben, absieht).


    Gruss,


    Doc

  • Oryx : Ich kann nur mit Mathe eine Menge machen. Ich habe wissenschaftlich gearbeitet, in der Versorgung Behinderter mit Hilfsmitteln, betriebswirtschaftlich könnte ich auch arbeiten. Allerdings darf ich nicht steuerrechtlich arbeiten, deshalb hänge ich jetzt ein entsprechendes Studium dran.

  • Gehen wir mal davon aus, dass es nur eine bestimmte Menge an Arbeit gibt. Dieses Gut muss neu verteilt werden. Darum geht es.
    5,2 Millionen Arbeitslose haben auch ein Recht auf Würde und Selbstachtung. Wenn es in einem Land wie der Bundesrepublik zum Beispiel nur 20 Millionen Jobs gibt, aber 25 Mio Menschen, die arbeiten wollen, dann ist es die Aufgabe der Politiker, gemeinsam mit den Vertretern der Gewerkschaften und der Unternehmen, eine Möglichkeit zu finden, wie diese 20 Mio Jobs auf 25 Mio Menschen verteilt werden können. Eine Möglichkeit ist der Vorruhestand oder Altersteilzeit, eine andere Möglichkeit liegt vielleicht in den wöchentlichen Arbeitsstunden, ich weiß es nicht. Arbeitslose kosten dem Staat Geld. Warum dieses Geld nicht so ausgeben, dass den Arbeitslosen eine Möglichkeit eröffnet wird, Selbstachtung, Stolz und Würde zu behalten? Ist es denn nicht möglich, das Gut Arbeit umzuverteilen?


    Es wird auch in Zukunft nicht mehr Jobs geben, aber es wird immer Menschen geben, die arbeiten möchten und keine Arbeit finden und jeden Monat werden es mehr. Hier muss etwas getan werden.


    "Die Würde des Menschen ist unantastbar", heißt es im Artikel 1 des Grundgesetzes. Und diese Würde beinhaltet, dass meine seine Möglichkeiten unter Beweis stellen kann und Anerkennung dafür erlangt.


    Dies ist nicht nur ein Problem für BWLer, Politiker und Manager, sondern auch für Soziologen, Psychologen und Lehrer.

  • Nein, wäre ich nicht, aber um eben eine bessere Möglichkeit für eine selbstständige Tätigkeit zu haben, habe ich im letzten Jahr begonnen Wirtschaftswissenschaften zu studieren. Da wird mein Mathestudium teilweise angerechnet und ich will zusätzlich eine Spezialisierung im Bereich Wirtschaftsrecht machen.

  • Oryx
    In Deutschland definiert sich der Wert eines Menschen im Allgemeinen über die Arbeit.
    Wenn du arbeitslos bist, sinkt dein Wert. Wert und Würde habe ich als Synonym verwandt. Natürlich gibt es immer wieder Menschen, die ihren Wert über andere Dinge definieren. Mütter, die mit ihren Kindern zu Hause bleiben und sich auch dafür entschieden haben, andere, die Angehörige pflegen oder ehrenamtlichen Tätigkeiten nachgehen. Auch Renter, die aus dem BErufsleben ausgeschieden sind, haben natürlich Würde. Doch all diese Menschen haben sich FREIWILLIG dafür entschieden, nicht zu arbeiten.


    Arbeitslosen aber ist dieses REcht genommen.