ZitatOriginal von Historikus
Viele der befragten Arbeitslose wollen für einen Job nicht den Heimatsort wechseln.
Was sind denn eure ganz persönlichen Erfahrungen mit Arbeitslosen oder mit der Arbeitslosigkeit?
Ich war in meinem 39jährigem Berufsleben (zum 1. April) gerademal bei 3 Arbeitgebern beschäftigt.
Der erste war Lehre und ein paar drangehängt, isngesamt 7 Jahre an einem ort.
Der zweite war von 1973 bis 1997. Dabei
1. Umzug von Mannheim (bisheriges zuhause) nach Leverkusen
2. Umzug von Leverkusen nach München (eine 6-jährige Freundschaft hat es nicht mitgemacht)
in der Zeit in München geheiratet. 1 Jahr Ausblidung in Landshut = Wochenendeehe - hat die Ehe nicht lange überstanden, da weitere mehrmonatige Einsätze im gesamten Bundesgebiet anstanden.
Wieder solo 6 Monate Stuttgart, 4 Monate Bad Homburg, 1 Jahr Hamlen, alles vom Standort München aus, das ein Umzug nicht sinnvoll.
3. Umzug München nach Würzburg - zum 2. Mal geheiratet (Ehefrau aus dem gleichen unternehmen)
Nach ca. 18 Monaten Schließung der Filiale Würzburg. Vorübergehender Einsatz bei Stuttgart. Da Ehefrau wieder einen Job in München bekam
4. Umzug von Würzburg nach München - Wochenendeehe, da ich vorübergehend in Stuttgart arbeiten dürfte. Der Ehe zuliebe auf Karriere zu Gunsten eines festen Standortes verzichtet.
5. Umzug von München nach Frankfurt - nach einem Jahr trotzdem Ehe gescheitert, da ich nicht auf "Verdacht" nach Hamburg ziehen wollte.
6. Umzug von Frankfurt nach Wiesbaden - da neue Freundin, deren Tochter aus 1. Ehe in Wiesbaden in die Schule ging.
Firma wurde von einem größeren geschluckt. Firmenzentrale von Niderad nach Oberursel verlegt. Statt bisheriger Fahrzeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln einfach 1 Stunde mit 2 Umsteigen, jetzt 2 Stunden mit 4 Umsteigen. Aufgabe der Zentrale in Oberurssel und 1 Jahr Wocheendebeziehung, da ich nach Essen zum "großen Hai" durfte.
Da angeblich zu alt (47 Jahre) und zu unfexibel, auf schwarze Liste und gegen Abfindung zur gegenseitige Vertragsauflösung gedrängt.
Nach ca. 500 Bewerbungen im Rhein-Main-Gebiet (führte zu 15 Vorstellungen), trotz erheblichen Gehaltsabstrichen ergebnislos, einer kurzen Phase des Versuches einer Selbstständigkeit, mit 51 Jahren von einer Zeitarbeitsfirma mit einem Stundensatz der 56% unter der letzten Festanstellung lag. Bezahlung nach Stunden (Arztbesuche während der Arbeitszeit werden nicht bezahlt), Kündigungsfrist 1 Monate zum 1. oder 15. jeden Monats.
Hätte meine 3. Frau nicht Karriere gemacht, könnte ich mir heute weder Internet noch Buch-Neuerscheinugnen leisten, wurde jeden Cent viermal umdrehen.
Von meinem ehemaligen Lebensstandard wäre ich meilenweit entfernt.
Vermutlich noch mit erheblichen Schulden, denn ein Umzug in eine kleinere Wohung kostet auch ganz schön, vorallem Maklergebühren und Kaution.
ZitatOriginal von Historikus
Außerdem glauben erschreckend viele Menschen, dass ihne Ausländer die Jobs weg nehmen.
Im Handwerksbereich, im Niedriglohnbereich, bei Jobs für Ungelernte kann ich mir das ohne weiteres vorstellen. Besonders dann, wenn diese Ausländer nur zum Geld verdienen hier sind, ihren eigentlichen Lebensmittelpunkt aber weiterhin in ihrem, meist bedeutend kostengünstigerem Heimatland haben.
ZitatOriginal von Historikus
Kann man in der Gesamtheit sagen, dass in der heutigen Welt Arbeitslosigkeit leider ein nicht zu bewältigendes Faktum ist?
Nach meinen Beobachtungen ein eindeutiges Ja!!
Dank der immer weitergehenden Technisierung wird einfach immer weniger menschliche Arbeitskraft benötigt.
ZitatOriginal von Historikus
Sind manche Menschen selber schuld, dass sie arbeitslos sind?
Die wird es wohl immer geben, nur sollte man daraus keine Schlüsse, geltend für die Allgemeinheit ziehen.
Das sind meine persönlichen Erfahrungen zum Thema. Ich bin jetzt fast 6 Jahre bei der Zeitarbeitsfirma. Im Normalfall hätte ich seit 1.1.2004 weitere finazielle Einbußen dank des "wegweisenden Tarifvertrages" (O-Ton Gewerkschaften - max. bezahlte Stunden pro Woche 35 - Rest geht auf ein Arbeitszeitkonto), aber Dank meiner Berufserfahrung, meines Umganges mit den Standarttools von Big Microsoft, bin ich in der Zentrale der Zeitarbeitsfirma eingesetzt. Ich erhalte eine auf diesen Einsatz befristete Zulage und Bezahlung für eine 39-Stunden-Woche. Diese Vergünstigung kann aber jederzeit gestrichen werden und die Kündigungsfrist bleibt. Also leben mit dem Damokles-Schwert.
Sollte ich heute weiderum arbeitslos werden, erfolgt die Bemessung natürlich nach dem aktuellen niedrigen Gehalt, auch der Rentenanspruch sinkt mit jedem Jahr. Und mit 57 zum Spargelstechen? Nur, wenn die Kiste gleich daneben steht.
Für mich hat der alte Macho-Spruch eine ganz neue Bedeutung: "Gott erhalte mir die Arbeitskraft meienr Frau", sonst könnte ich in kürzester Zeit zum Sozialfall werden.
Ansonsten habe ich den Beiträgen von Ines und TOM nichts hinzuzufügen, außer wir näheren uns sehr schnell den Arbeitnehmerbedingungen zu Beginn der Industrialisierung.
LG Dyke