Johan Theorin: Inselgrab

  • Kurzbeschreibung (Quelle: Verlagsseite)
    Ein verzweifeltes Klopfen weckt Gerlof Davidsson mitten in der Nacht. Der Junge, der atemlos vom Strand kommt, erzählt von einem Geisterschiff voller sterbender Seeleute und einem verrückten alten Mann mit einer Axt. – Auf Öland hat die Hauptsaison begonnen, und eigentlich sind die Sommergäste gekommen, um gemeinsam Mittsommer zu feiern. Doch einer von ihnen ist zurückgekehrt, um eine sehr alte Schuld zu begleichen. Einzig Gerlof ahnt, wer der Rückkehrer ist und an wem er sich rächen will. Er ist diesem Mann schon einmal in seiner Jugend begegnet, als sie beide auf dem Friedhof standen und plötzlich Klopflaute aus einem frischen Grab drangen …


    Autor (Quelle: Verlagsseite)
    Johan Theorin, geboren 1963 in Göteborg, gelang schon mit seinem ersten Kriminalroman »Öland«, ausgezeichnet als bestes Krimidebüt des Jahres, ein großer internationaler Erfolg. Als Herbst-Teil seines geplanten Jahreszeiten-Quartetts wurde es in vierzehn Sprachen übersetzt. »Nebelsturm«, dessen Filmoption bereits verkauft ist, spielt im rauen öländischen Winter. Das Buch erhielt in Schweden den Preis für den Besten Kriminalroman des Jahres und wurde mit dem Dagger Award für den besten internationalen Kriminalroman prämiert. Zuletzt erschien von ihm auf Deutsch »So bitterkalt«.[...]


    Allgemeines
    Titel der Originalausgabe: "Rörgast", letzter Band der Öland-Tetralogie
    Deutsche Übersetzung von Kerstin Schöps und Susanne Dahmann
    Erschienen am 12.Mai 2014 im Piper Verlag als Hardcover mit 480 Seiten
    Erzählung in der dritten Person auf zwei Zeitebenen: Gegenwart (Sommer 1999) und Vergangenheit (1931-1998)


    Zum Inhalt
    Der abschließende Band der Jahreszeiten-Tetralogie spielt im Sommer 1999 auf Öland. Die Inselbewohner und die zahlreichen Urlaubsgäste, die alljährlich das der reichen Familie Kloss gehörende Ölandic Resort, die größte Ferienanlage der Insel, bevölkern, bereiten eine aufwendige Mittsommerfeier vor.
    Auch der aus den vorherigen Bänden bekannte ehemalige Seemann Gerlof Davidsson ist für den Sommer aus seinem Altersheim in sein Sommerhaus zurückgekehrt. Ihn verbindet eine alte Bekanntschaft mit der Familie Kloss: vor knapp 70 Jahren war er als Aushilfstotengräber bei der Beerdigung des durch einen Unfall ums Leben gekommenen Vaters Edvard Kloss anwesend und wurde Zeuge eines mysteriösen Vorfalls. Es scheint, als schlage dieser Vorfall Wellen bis in die Gegenwart, denn die Festlichkeiten im Ölandic Resort werden durch seltsame Zwischenfälle gestört. Ein Wachmann verschwindet, vor der Küste wird ein "Geisterschiff" gesichtet und unter den Feriengästen bricht eine Erkrankungswelle aus.
    Parallel wird in Rückblenden die Geschichte eines Mannes in Gerlofs Alter erzählt. Aron Fredh, der vor 70 Jahren ebenfalls bei der Beerdigung von Edvard Kloss zugegen war, verlässt mit seinem Stiefvater Sven Schweden, um in einem "neuen Land" zu arbeiten, da Sven sich dort bessere Lebensbedingungen erhofft. Im Sommer 1999 kehrt Aron nach Schweden zurück, wo er noch etwas zu erledigen hat...


    Beurteilung
    Die Komposition dieses Romans entspricht ungefähr dem Aufbau der anderen Bände der Reihe: Die Handlung in der Gegenwart ist eng mit Geschehnissen in der Vergangenheit verbunden. In wechselnden Kapiteln verfolgt der Leser die Ereignisse auf Öland im Sommer 1999, wobei er sich über ein Wiedersehen mit dem alten, körperlich gebrechlichen, aber geistig noch sehr regen Gerlof Davidsson freuen kann, und die fortlaufende Lebensgeschichte des Aron Fredh von dessen Emigration im Jahr 1931 bis zu seiner Heimkehr knapp 70 Jahre später. Der Erzählstrang über Arons Leben während seiner Zeit im Ausland ist im Präsens geschrieben, wodurch der Leser sich als unmittelbarer Zuschauer in einem Szenario wiederfindet, das eine der dunkelsten und bedrückendsten Epochen des 20. Jahrhunderts schildert. Die Lektüre dieser Geschichte ist sehr erschütternd und könnte sensible Leser belasten. Der in der Gegenwart (1999) angesiedelte Erzählstrang ist im Präteritum verfasst und entspricht in seinem Aufbau einem Krimi, der im Wesentlichen die "Ermittlungen" des alten Gerlof beinhaltet, aber auch aus anderen Perspektiven berichtet, so zum Beispiel aus dem Blickwinkel der Musikerin Lisa, die als Gitarristin und DJ in der Ferienanlage arbeitet, aber auch ganz eigene Pläne verfolgt, und aus der Perspektive des dreizehnjährigen Jonas. Der Junge ist der jüngste Neffe des Besitzers der Ferienanlage, Kent Kloss. Von seinem großen Bruder und seinen älteren Cousins ausgegrenzt, verdient er sich ein Taschengeld bei Renovierungsarbeiten und stromert allein über die Insel, wobei er eine ungleiche Freundschaft mit dem alten Gerlof schließt.
    Durch den Wechsel zwischen zwei Zeitebenen und den Perspektivwechsel zwischen verschiedenen Romanfiguren in der Gegenwartserzählung bleibt die komplexe Handlung durchgängig fesselnd und verleitet zum Weiterlesen, da sich dem Leser die Zusammenhänge erst allmählich erschließen. Die Charakterisierung der Romanfiguren ist ebenso gelungen wie die gut durchdachte und logisch komponierte Gesamtstruktur des Werks. Es bleiben keine Fragen offen und es gibt keine unglaubwürdigen Schilderungen von "übermenschlichen" Heldentaten, wie man sie in vielen Krimis/Thrillern findet.
    Das Ganze wird in einem sehr ansprechenden Sprachstil, der die Landschaft Ölands anschaulich macht, dargeboten, was den Roman trotz seines anspruchsvollen Inhalts, der beim Leser Konzentration fordert, zu einem literarischen Leckerbissen macht.
    Die Kenntnis der drei vorherigen Bände ist nicht zwingend notwendig. Der Autor nimmt gelegentlich auf vorherige Ereignisse Bezug, verrät dabei aber nichts, was einem Neueinsteiger die spätere Lektüre eines der Vorgängerbände verleiden könnte. Im Hinblick auf die Entwicklungen im Leben der verbindenden Hauptfigur Gerlof Davidsson wäre eine Lektüre in der richtigen Reihenfolge, beginnend mit "Öland", allerdings empfehlenswert.


    Fazit
    "Inselgrab" hält das hohe Niveau der vorherigen Bände dieser Reihe. Intelligent konstruiert, bietet es beste Unterhaltung mit Anspruch und ist als krönender Abschluss der Öland-Tetralogie unbedingt empfehlenswert!
    10 Punkte

  • Zitat

    Original von €nigma
    Fazit
    "Inselgrab" hält das hohe Niveau der vorherigen Bände dieser Reihe. Intelligent konstruiert, bietet es beste Unterhaltung mit Anspruch und ist als krönender Abschluss der Öland-Tetralogie unbedingt empfehlenswert!
    10 Punkte


    Das freut mich außerordentlich. Gerade wenn noch ein Teil fehlt, auf den die halbe Leserschaft wartet, gibt es ja oft qualitative Abstriche, damit das Ding endlich rausgehauen werden kann.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Ich fand den dritten Band etwas schwächer als Band 1 und 2 und hatte schon befürchtet, dass sich "Inselgrab" letztlich noch schlechter präsentiert. Schön, dass das nicht der Fall ist. Ich freue mich schon auf das Buch und hoffe, dass Theorin es auch nach der Tetralogie schafft, so gut und erfolgreich zu bleiben...

  • 3 Jahre habe ich nun auf letzten Teil der Öland - Tetralogie warten müssen. Da mich die Vorgänger "Öland, "Nebelsturm" und "Blutstein" richtig begeistert haben, waren das 3 lange Jahre.


    In "Inselgrab" erzählt Johan Theorin eine Familiengeschichte um Schuld und Vergeltung, die ihren Anfang in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts nimmt, als der kleine Aron Fredh mit seinem Stiefvater Sven in's "Neue Land" aufbricht. Dort wollen sie ein neues und besseres Leben beginnen.


    Es ist eine tragische, beklemmende Geschichte, ohne allzu große Überraschungsmomente, die zu einem nachvollziehbaren Ende führt - jedoch zog sie mich zu keiner Sekunde in ihren Bann.


    Wo ist die Bildgewalt, die einzigartige Atmosphäre, die subtile Spannung, die Johan Theorin in seinen drei Vorgängerbänden aufzubauen vermochte?


    Ich kenne die intensiven schwedischen Sommer, das besondere Licht dieser Jahreszeit, die Mittsommerfeste und die hellen, kurzen Nächte. Nichts davon erreichte mich hier während des Lesens. Lediglich der Epilog zeigte einen kleinen Anflug dessen, was die Faszination der anderen Bücher für mich ausmachte.


    In punkto Atmosphäre, Mystik und Spannung bleibt "Inselgrab" nach meiner Meinung weit hinter seinen Vorgängern zurück. Meine - vielleicht zu hoch geschraubte - Erwartung wurde ziemlich enttäuscht.


    6 Punkte

  • Ich fand diesen letzten Band im Vergleich zu den Vorgängerromanen auch ziemlich grobgeschlossert und eindeutig zu lang.
    Die Idee war ja eigentlich recht originell, aber die Ausführung schien mir irgendwie, hm, lustlos.


    Der Erzählstrang, der historische Ereignisse verarbeitet, wirkte auf mich wie die Nacherzählung einer N24-Doku, in der schlechte Schauspieler möglichst blutrünstige Szenen wieder und wieder nachspielen. Ein Thema, das einen eigentlich zutiefst erschüttern könnte, macht einen folglich ähnlich betroffen wie das Schicksal der Geyer-Wally, vorgetragen von einer ländlichen Laientheatertruppe.


    Aber auch die Teile des Romans, die in der Gegenwart spielen, waren seltsam oberflächlich. Auch hier war die Konstruktion der Geschichte nicht wirklich schlecht, aber Theorin gelang es nur selten, diese Konstruktion auch mit Leben zu erfüllen. Lediglich Gerlof wirkte auf mich nicht wie jemand, der seinen Text aufsagt, sondern wie ein echter Mensch, was vielleicht daran lag, dass diese Figur schon drei Romane Zeit hatte, zu wachsen.


    Und so passte dann bei der Zusammenführung der beiden Handlungsstränge vieles nicht so recht zusammen. Ich glaube zwar, dass eigentlich jede offene Frage beantwortet wurde (wobei ich zugeben muss, spätestens im letzten Drittel nicht mehr so recht bei der Sache gewesen zu sein, evt. verlorengegangene rote Fäden wären mir wahrscheinlich gar nicht aufgefallen) , nur schienen mir diese Antworten nur selten glaubwürdig.



    Aber dass die Figur Lisa/Lady Summertime eigentlich genauso funktioniert, war dann doch zu viel des Guten.


    Schade, für mich war das leider auch ein sehr mäßiger Abschluss der Reihe.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • DraperDoyle


    Es mag sein, dass ich zum Ende hin auch etwas die Konzentration verloren habe, aber

  • Ich habe mich so auf dieses Buch gefreut. Und es ging auch gleich gut los mit diesem unheimlichen Zwischenfall bei der Beerdigung. Inzwischen hat mich aber auf Seite 84 schon die Freude verlassen und schaue mit etwas Schrecken auf den Rest dieses dicken Buches. Es kommt einfach nicht in die Gänge. Ich werde morgen nochmal etwas weiterlesen und dann entscheide ich, ob ich weiter lese oder nicht.

  • Ich breche ab. Die Story war so gar nichts für mich. Schwedische Auswanderer, wohin auch immer, eine Ferienanlage, eine klauende DJane....das war nicht wirklich mein Ding. Gerlof ist ja ganz nett, aber er scheint überirdische Kombinationsfähigkeiten zu haben. Ich langweile mich tödlich beim Lesen. Johan Theorin, den ich bisher auf der To-Read-List hatte, hat seinen Bonus bei mir vespielt. Nach "Ödland" und vor allem "Nebelsturm" war er bei mir ganz oben auf der Liste, aber alles was danach kam war nicht ganz meins. Dieses Buch hier langweilt mich einfach nur. Schade.