Lass den Teufel tanzen - Teresa De Sio

  • Taschenbuch: 256 Seiten
    Verlag: btb Verlag (14. April 2014)
    ISBN-13: 978-3442747559
    Originaltitel: Metti il diavolo a ballare
    Preis Taschenbuch: Euro 9.99
    Preis Kindle E-Book: Euro 8.99


    Autorin


    Teresa De Sio, geboren 1955 in Neapel, ist seit über dreißig Jahren eine erfolgreiche Singer/Songwriterin. Ihren ersten großen Erfolg erzielte sie 1982 mit dem Album Teresa De Sio. Der Musikdokumentarfilm Craj, dessen Drehbuch sie mitverfasste, erhielt 2005 bei den Filmfestspielen in Venedig den Preis für den besten Debütfilm. De Sio schreibt regelmäßig für die angesehene Literaturzeitschrift Storie. Für ihren Debutroman Lass den Teufel tanzen wurde sie mit dem renommierten Autorenpreis Premio Rapallo Carige ausgezeichnet.


    Kurzbeschreibung/Klappentext


    In der Nacht des Karnevalsamstags 1956 wird der Gutsherr Narduccio Greco vergiftet aufgefunden. Der Verdacht fällt sofort auf die zwölfjährige Tagelöhnertochter Archina Solimene, ein unzugängliches Mädchen, das – da sind sich die Bewohner des weltabgewandten apulischen Dorfes Mangiamuso einig – vom Teufel besessen ist. Zusammen mit ihrer Schwester, die sich bei Narduccio verdingte, stellt sie allerlei Kräutertränke her, darunter die hochgiftige Stramunella. Man munkelt, Narduccio habe sich an ihr vergangen und sei aus Rache getötet worden. Doch was passierte wirklich in jener Nacht?


    Meine Meinung


    Letzten Sonntag galt es ein paar Tage bis zu einer Leserunde zu überbrücken. Kurz bei Amazon gestöbert und einen Zufallskauf auf meinen Kindle geladen. Und dann gestaunt, welche Trouvaille ich für kleines Geld erstanden habe. Es gibt sie also tatsächlich, die versteckten Perlen der Literatur. Weit abseits der Bestsellerlisten fristen sie ein Dasein in einer unbeachteten Nische und warten darauf, von neugierigen Leser/-innen entdeckt zu werden. Immerhin, die Edition Elke Heidenreich hat dieses Buch in ihre Liste aufgenommen, was auf eine vorhandene Qualität des Romans hinweist.


    Die Handlung spielt in Apulien, auf der Halbinsel Salento ganz im südöstlichsten Zipfel Italiens, oder um es verständlicher auszudrücken, genau dort wo sich der Absatz des italienischen „Stiefels“ befindet. Erzählt wird eine eigenwillige Geschichte aus den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts und da ereignete sich just zum Zeitpunkt des Karnevals ein tragisches Unglück. Narduccio Greco wird tot aufgefunden und wie sich herausstellt, ist er an Gift gestorben. Hat die zugezogene Archina Solimene etwas damit zu tun? Ein Mädchen das irgendwelches Unkraut, das am Strassenrand wächst, sammelt und mit dem sie eine Stramunella, einen hochgiftiger Kräutersud, braut? In kleiner Dosis eine Medizin aber wenn man zuviel davon nimmt ... :yikes ein kleines abgelegenes Dorf, alteingesessene Bewohner, religiöser Glauben und heidnischer Aberglauben, ein mysteriöses Unglück und eine bettelarme fremde Familie. Der Teufel scheint Kundschaft gefunden zu haben und das Böse kann plötzlich menschlich werden ...


    Erzählt wird die merkwürdige Geschichte aus der Sicht von Filomena, der Schwester von Archina Solimene. Im Alter blickt sie zurück, was sich vor Jahrzehnten in Mangiamuso abgespielt hat. Sie spart nichts aus, die eigenbrötlerischen Dorfbewohner mit ihrem seltsamem Leben und die Rituale die sie pflegen. Als Archina angeblich von einer Tarantel gebissen wird, eilen Musikanten herbei und spielen drei Tage lang auf und Archina tanzt drei Tage lang und schwitzt die Tarantel aus sich raus. Ist das nun ein Fest oder ein Begräbnis? Dies ist nur ein Beispiel wie sie ihre Bräuche pflegen, die Menschen in Apulien.


    Das Buch ist ein einem ungewöhnlichen, sehr dichtem Sprachstil geschrieben und ausserdem scheint es mir exzellent ins Deutsche übersetzt worden zu sein. Der Lokal- und Zeitkolorit wird stimmungsvoll wiedergegeben. Zu Beginn war ich etwas erstaunt aber mit jeder gelesenen Seite wurde mir bewusst, was für einen hochklassigen Roman ich in den Händen halte. Mit grossem erzählerischem Können wird ein intensives Charakterbild der Bewohner nachgezeichnet und man beobachtet die Einheimischen aus der Warte des stillen Beobachters. Es ist definitiv kein Krimi, obwohl man dies vermuten könnte, sondern die Geschichte porträtiert die Lebensweise in einem abgeschiedenen italienischen Dorf vor rund 60 Jahren und einen Vorfall wie er (vielleicht) stattgefunden haben könnte.


    Ja, so war es. Oder zumindest hat Filomena es so in Erinnerung, aber wer weiss schon, was die vielen vergangen Jahre, der Lauf der Zeit mit den Erinnerungen anstellen. Und gerade zur Zeit des Karnevals, wo die Welt Kopf steht, sieht man die Sache ganz anders, als sie wirklich ist ... Wertung: 9 Eulenpunkte und eine dicke Leseempfehlung.