Inhalt:
Anno Domini 1645. Die junge Katharina erhält eine folgenschwere Nachricht: Ihr seit Jahren verschollener Ehemann ist in Arabien gestorben. Dort hatte er Katharinas gesamtes Vermögen in den Weihrauchhandel gesteckt und wertvolle Vorräte hinterlassen. Als Katharina wegen aufflammender kriegerischer Konflikte das Land verlassen muss, beschließt sie kurzerhand, nach den Weihrauchvorräten zu suchen. In Begleitung des undurchsichtigen Händlers Massimo reist sie nach Arabien - und gerät in einen Sog verhängnisvoller Gefühle und Gefahren ... Sinnlich, exotisch und fesselnd - ein Historischer Roman über eine Reise in das alte Arabien
Über die Autorin:Charlotte Thomas ist das Pseudonym der Autorin Eva Völler für ihre historischen Romane.
Eva Völler hat sich schon als Kind gern Geschichten ausgedacht. Trotzdem hat sie zuerst als Richterin und später als Rechtsanwältin ihre Brötchen verdient, bevor sie Juristerei und Robe schließlich endgültig an den Nagel hängte. "Vom Bücherschreiben kriegt man auf Dauer einfach bessere Laune als von Rechtsstreitigkeiten. Und man kann jedes Mal selbst bestimmen, wie es am Ende ausgeht." Die Autorin lebt mit ihren Kindern am Rande der Rhön in Hessen
Meine Meinung:
Katharina Orsini ist für damalige Verhältnisse eine ungewöhnliche Frau. Sie ist groß gewachsen, überragt mit Gardemaß sogar die meisten Männer. Sie ist weder körperlich noch geistig das zarte anschmiegsame Wesen, welches die Frauen im 17.ten Jahrhundert hätten sein sollen. Mir kam sie zeitweise wie eine mutige starke Amazone vor, die sich für Messerwerfen und Pistolenschießen mehr interessiert als für schöne Kleider und süßes Zuckerwerk. So ist es durchaus glaubhaft, dass sie beschließt, selbst in „das ferne Land“ zu reisen und nach den Weihrauchschätzen zu suchen, die ihr Mann angeblich irgendwo gelagert hat.
Schnell hat sie den Händler und Führer Massimo verpflichtet. Zur damaligen Zeit dauerte so eine Reise schon mal gerne ein Dreivierteljahr. Vor der Abreise erhält sie von einem zwielichtigen Venezier den Auftrag, auf Massimo ein scharfes Auge zu haben, da dieser vermutlich ein feindlicher Spion wäre und Geheimnisse des Vaterlandes an die Araber verraten würde. Für diese Spitzeldienste erhält sie das dringend benötigte Geld, um die Reise finanzieren zu können. So ist dies also sozusagen ein Spionageroman vor historischem Hintergrund.
Aber gerade der historische Hintergrund hat es in sich. Charlotte Thomas hat es geschafft, von der ersten Seite an dieses ferne Land vor dem inneren Auge des Lesers in all seinen Facetten auszubreiten. Man schlendert mit ihr über den Suq (Markt) und riecht die wertvollsten Gewürze ebenso wie den Abfluss der Fäkalien, man hört das nervöse Brüllen der Kamele und das wilde Palaver der Kamelführer, man spürt die sengende Hitze, wenn es durch die Wüsten des Landes geht und bekommt Gänsehaut wenn, die eisige Nacht über Mensch und Tier hereinbricht. Wir erleiden Schiffbruch mit den Helden dieser Geschichte, kauern uns aneinander in so manchem Sandsturm, geraten in Feuergefechte und werfen einen heimlichen Blick in einen gut geführten Harem. Die liebevoll in die Geschichte eingearbeiteten historischen Fakten und Feinheiten sind ein Genuss für die Sinne und geben allem ein Flair aus Tausend und eine Nacht.
Auch die Figuren sind fein und intensiv gezeichnet. Nicht nur die energische Katharina und der geheimnisvolle Massimo haben mein Herz erobert, sondern auch die mütterlich-nervige Jokasta und der treue Pjotr sind unabdingbar für die Geschichte; neben einer ganze Riege weiterer interessanter Personen, die wie die Hauptpersonen alle nicht in schwarz und weiß, sondern mit all ihren Stärken und Schwächen beschrieben werden.
Das ferne Land ist viel mehr als nur ein toller Histo-Schmöker. Es ist auch trickreicher Spionageroman, ein abenteuerliches Road-Movie, ein Buch mit mehr als einer Liebesgeschichte (ohne Schnulz aber mit viel Herz) und nicht zuletzt ein Reiseführer durch ein mir bis dato ziemlich unbekanntes Land, in dem es so viel mehr gibt als nur Sand und Wüste.
Von mir also volle Punktzahl und eine unbedingte Leseempfehlung