Die Misshandlung der Frau im (Fantasy)Roman

  • Die Sprache ist ein besonders interessantes Thema.


    Ich persönlich störe mich schon daran, dass im Deutschen Männer die Anrede 'Herr' erhalten, beim weiblichen Geschlecht es hingegen nur für 'Frau' und nicht für das eigentliche Gegenstück zum Herrn, nämlich 'Dame', reicht. Unsere europäischen Nachbarn sind diesbezüglich wenigstens fairer: zum monsieur gehört die madame, zum Signor die Signora und zum Mr. die Mrs.
    Außerdem gibt es auch zig Nachnamen, die mit -mann enden (Baumann, Bergmann, etc.), mit -frau ist mir noch keiner begegnet. Ebenso: Müller, Meier, Bauer, Fischer,...
    Das mag nun mancher für spitzfindig halten, aber das zeigt nur, wie sehr wir diese Bezeichnungen verinnerlicht haben.


    Hinter jede Bezeichnung ein -in zu setzen, finde ich weder sprachlich schön noch scheint es mir eine gute Lösung, sondern nur ein Umkehren ins Gegenteil. (So reizvoll es auch wäre, bei Tisch um die Salzstreuerin zu bitten. ;-)) Besser wäre es, eine einzige neutrale, gänzliche unbelastete Nomenklatur z.B. für Berufsbilder zu verwenden und Begriffe zu finden, die für beide Geschlechter gleichermaßen gelten (etwa Schreibmensch statt Autor/in; Heilmensch statt Arzt/Ärztin).
    Soviel Kreativität sollte doch möglich sein.


    edit: Ergänzung

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    “I wasn't born a fool. It took work to get this way.”
    (Danny Kaye) :flowers

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  • Ich finde das auch sehr spannend, zumal ich aus meiner schwäbischen Heimat die Weiblichkeitsform des Nachnamens verinnerlicht habe, der bei uns mit der Nachsilbe -sche gebildet wurde: die Baumgärtnersche, die Vogelsche, auch ganz profan die Kochsche (nicht etwa die Köchin). Ein sehr verbreiteter Name war in meinem Dorf auch "Weiberle", die Weiberlesche habe ich allerdings nie gehört.


    In anderen Gegenden wird das ja eher mit der Nachsilbe "-in" gebildet. Hier in Leipzig war meine Nachbarin linker Hand also die "Hoffmännin", aber auch hier seltsamerweise nicht die "Hofffrau". Aber da fällt mir spontan dieses unsäglcihe "Kabbale und Liebe" ein, hieß da nicht die eine Heldin auch Luise Müllerin :gruebel

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Also, ich persönlich finde es ja echte Emanzipation, wenn die Mädels pink mögen dürfen. Und ich nicht drauf pochen muss, dass mein Nachname in eine weibliche Form umgewandelt wird.


    Ich fühle mich als "Schneider" und will gar nicht, dass ich demnächst "Schneiderin" heiß.


    Ich find das affig, sorry. Aber wenn ich mich als gleichberechtigte Frau fühle und auch so lebe, dann brauch ich das doch nicht, dass so lächerliche Sachen geändert werden.

    Man möchte manchmal Kannibale sein, nicht um den oder jenen aufzufressen, sondern um ihn auszukotzen.


    Johann Nepomuk Nestroy
    (1801 - 1862), österreichischer Dramatiker, Schauspieler und Bühnenautor

  • Die Umdeutung der Farben finde ich ein sehr spannendes Thema. Ich habe mal gelesen, dass Blau* als Himmelsfarbe eine Schutzfunktion hatte [daher z.B. auch der blaue (Sternen)Mantel von Maria, während Josef oft rot gekleidet ist] und generell die Säuglinge behüten sollte. Die Farbe wurde mit der Zeit pastellig, verniedlichend vielleicht, und irgendwann spaltete sich das auf bzw drehte sich die Bedeutung (wie Magali auch erwähnt). Möglicherweise zu einem Zeitpunkt, als die kleinen Jungs bis 3 Jahren oder so nicht mehr generell in Kleidchen gesteckt wurden, sondern auch schon als Kleinkinder ihren Mann stehen und sofort erkennbar sein mussten...



    *zu dem Thema Blau gibt es auch viel anderen (Aber)glauben

  • also ich finde meinen Nachnamen, eher männlich, in der weiblichen Varainte ganz hübsch. Zumal der Nachname meines Mannes, ein männlicher Vorname, in einer weiblichen Form unmöglich wäre.
    Dennoch ist es spannend, wie leicht Frauen ihren Nachnamen (den ihre Eltern viellleicht in wochenlanger Hirnerei mit dem Vornamen kombiniert haben), freiwillig aufgeben. Mein Vorname mit dem Nachnamen meines Mann klänge bescheuert, der Vorname meines Mannes mit meinem Nachnamen großartig, aber da ging kein Weg rein.
    Nun heißen ich und die Weiber nach mir, mein Mann heißt so, wie er immer hieß, und die Lehrer müssen sich einfach merken, dass der Vati mit dem anderslautenden Nachnamen trotzdem der zuständige Vati ist.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Zitat

    Original von Andromeda
    Gerade im Fantasybereich gibt es aber auch das andere Extrem, Stichwort Amazonen. Prickelnd finde ich beide Varianten nicht.
    Besonders nervend finde ich die Bücher, in denen die "bessere" Gesellschaft die Gleichberechtigung praktizieren darf und das "einfache Volk" die Mädels an Herd und Putzzeug stellt, zu finden sehr deutlich z. B. bei Zimmer-Bradley und McCaffrey.
    Beides weibliche Autoren, die meiner Meinung nach besser die Chance genutzt hätten zu zeigen, dass es auch anders ginge.


    Gerade für Marion Zimmer Bradley (ich gehe davon aus, du spielst auf den Darkover-Zyklus an) möchte ich da widersprechen. Die Gilde der Entsagenden nimmt auf Darkover Frauen jeder Gesellschaftsschicht auf, die bereit sind, neben den Nachteilen auch auf die Vorteile zu verzichten, die das Frausein in dieser Gesellschaft hat. In den Büchern wird auch regelmäßig dargestellt, dass der "Ausstieg" nur ein Weg ist, den eine Frau für sich wählen kann, auch ihre Möglichkeit, sich in den traditionellen Rollen zu emanzipieren, spielt deutlich eine Rolle. Und die weiblichen Charaktere, die in ihrer Rolle gefangen sind, gehören meist zu höhergestellten Familien und sollen durch vorteilhafte Heirat oder Eintritt in einen Turm das Ansehen der Familie erhöhen.
    Die Rolle des Mannes aus dem einfachen Volk ist in den Romanen meist auch nicht besser - allerdings findet sich hier zumindest untereinander eine gewisse Emanzipation, weil man ja voneinander abhängig ist, um das Leben zu bewältigen.

  • Zitat

    Original von DraperDoyle
    Dennoch ist es spannend, wie leicht Frauen ihren Nachnamen (den ihre Eltern viellleicht in wochenlanger Hirnerei mit dem Vornamen kombiniert haben), freiwillig aufgeben.


    Genau das ist etwas, in dem sich ganz klar manifestiert, wie sehr wir an patriarchalischen Vorstellungen festhängen. Von einer Frau wird ganz selbstverständlich erwartet, dass sie bei der Eheschließung ihren Nachnamen ändert und den des Mannes annimmt, selbst wenn der Schweinhuber oder Notdurft heißt und ihr eigener viel besser zu ihrem Vornamen passt, wogegen ein Mann belächelt oder schief angesehen wird, wenn er den Namen der Frau annimmt. Deswegen wehren sich auch die meisten mit Händen und Füßen dagegen. Mann nimmt einfach nicht den Namen der Frau an. Das machen nur die Softies. Dann lieber noch einen Doppelnamen.
    Am seltensten wird übrigens die Variante gewählt, dass beide Partner ihren eigenen Geburtsnamen beibehalten.


    Man hört für dieses namentliche Unterordnen gern die Begründung, dass es ja komisch sei, wenn die Kinder dann anders hießen als man selbst. Dabei kann sich das im Laufe des Lebens ohnehin mehrfach ändern, und sei es nur, weil das Kind einen Künstlernamen annimmt. Dieser Grund ist völlige Augenwischerei, hinter der letzt nichts anderes steckt, als an alten Normen festzuhalten und die Erwartungen anderer (des Partners, der eigenen Familie usw.) nicht zu enttäuschen oder womöglich negativ aufzufallen.

    Der Name, auch der Nachname ist ein großes Stück Identität, das viele ziemlich bedenkenlos ablegen. Interessanterweise kehren heute immer mehr Frauen nach einer Scheidung wieder zu ihrem Geburtsnamen zurück, selbst wenn sie dadurch einen anderen anderen Namen als ihre Kinder tragen (dies ist dann plötzlich kein Problem mehr).
    Eine gute Partnerschaft und innere Verbundenheit hat aber sicher nichts damit zu tun, dass man den gleichen Namen trägt, noch dass sie dadurch befördert wird.


    Seinen eigenen Namen beizubehalten, halte ich für einen großen Schritt in die richtige Richtung. Leider ist der Gesetzgeber dabei auch mal wieder keine Hilfe, indem er Paaren mit unterschiedlichen Nachnamen vorgibt, dass bei der Geburt eines Kindes ein Familienname gewählt werden muss, den dann alle künftigen Kinder auch tragen müssen. Das bringt frau wieder in Zugzwang und nicht selten zu Zugeständnissen.


    Soweit ich weiß, kann in England und Schweden mittlerweile ein völlig neuer Familienname gewählt werden, den keiner der Partner mitbringt. Das halte ich für eine schöne Idee, die auch verdeutlicht, dass man mit einer Eheschließung gemeinsam etwas Neues begründet und nicht lediglich der eine ins Lager des anderen wechselt.

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  • Zitat

    Original von Alice Thierry
    Soweit ich weiß, kann in England und Schweden mittlerweile ein völlig neuer Familienname gewählt werden, den keiner der Partner mitbringt. Das halte ich für eine schöne Idee, die auch verdeutlicht, dass man mit einer Eheschließung gemeinsam etwas Neues begründet und nicht lediglich der eine ins Lager des anderen wechselt.


    Gerade vorhin dachte ich, dass es schön wäre, sich einen ganz neuen Namen auszudenken, ohne zu wissen, dass es das schon gibt.
    Und im nachhinein finde ich es erschreckend, dass Frauen früher sehr gerne den Namen gewechselt haben, um sich vor aller Welt als verheiratete Frau zu zeigen und aufzuwerten.

  • Zitat

    bringt mich aber zu einem Punkt, der über das Geschlechterverhältnis hinausgeht: Ist nicht eigentlich das Problem ein grundsätzlicher Mangel an gegenseitigem Respekt? Warum muss man sich darüber streiten, dass ER jetzt mal wieder mit dem Abwasch dran sei, warum ist es nicht möglich, einen Zustand respektvollen Miteinanders zu finden, der auch einschließt, dass beide Partner die Gesamtsumme aller Arbeiten gerecht untereinander aufteilen, aber auch mal so, dass unterschiedliche Neigungen / Fertigkeiten / was weiß ich berücksichtigt werden? Wenn sie regelmäßig staubsaugt und er dafür alle schweren Dinge von A nach B schleppt sowie sämtliche Reparaturarbeiten am Haus übernimmt, wird das gern als verkrustet-überkommenes Rollenmuster gesehen. Warum? Ohne das Vorurteil wäre es eine gerechte Arbeitsteilung, die - falls er zufällig ein Rückenleiden hat und sie handwerklich begabt ist - auch umgekehrt funktionieren kann. Gleichberechtigung heißt nicht, Unterschiede in Bausch und Bogen einzuebnen, sondern sie zu schätzen, zu respektieren und das Beste daraus zu machen. Die Probleme beginnen dann, wenn einer versucht, auf Kosten des anderen einen (selbstsüchtigen) Vorteil zu gewinnen. Wenn er anfängt, in den Kategorien 'schlechter' oder 'besser' zu denken. Ist ER mehr wert als SIE, weil Klospülung reparieren schwieriger ist als Staubwischen? Heißt das, zwei Stunden Staubwischen sind so viel wie eine halbe Stunde Klospülung reparieren? Oder drei? Hier wird es wertend, und an dieser Stelle kippt der Respekt. Und das ist leider der Anfang von Machtproben, aus denen zwangsläufig Ungleichheit entsteht.


    Danke, agu! :write


    Ich zB koche gerne, mein Mann hasst es. Was hat es mit Gleichberechtigung zu tun, wenn ich ihm das nun aufbürden würde und stattdessen mit den Händen im Klo rumwühlen würde, weil das "männlicher" ist? Asche auf mein Haupt, aber das finde ich nun wirklich verbissen. Das ist ja fast so, als würde ich auf gar keinen Fall weiblich sein wollen. Als wäre das was Schlimmes. Ich bin aber gerne eine Frau! Ich finde es super, auf 10 cm Highheels durch die Gegend zu laufen, weil ich darauf gehe, wie auf Wolken ( und Herrn rienchen einen Kopf überrage :grin), während ich in "bequemen" Sneakers watschele, wie eine Ente. Ein Segen, dass es schöne Unterwäsche gibt und nicht nur Schießer- Feinripp. Und Einwegrasierer mit integrierter Aloe- Vera- Pflege, um mich nicht wie ein Urviech fühlen zu müssen. Und ich will auch nicht Fussball spielen, wie ein Mann. Und ihm damit nacheifern. Ich will Fussball gucken und mich dran erfreuen können, und nicht irgendwelche Frauen sehen, die doch nur sein wollen, ie ihre männlichen Vorbilder. Ich bin kein Mann und will auch keiner sein! Ich hab keine Lust, einen Reifen zu wechseln (in der Not könnte ich das), nur damit alle Männer sehen, das ich auch einen Reifen wechseln kann. Wozu soll ich mich beweisen? Und für wen? Was hat das alles mit Gleichberechtigung zu tun?


    Das sind alles nur Beispiele einer vermeintlichen Wertigkeit, die jeder Einzelne hier aufrechnet. Die WER aufstellt? Ist es wertiger, eine Babywindel zu wechseln und den Müll rauszubringen, als die Steuerabrechnung zu machen und Schönheitsreparaturen am Haus durchzuführen? Aufrechnereien sind in einer Beziehung mMn eigentlich immer fehl am Platz. Auf sowas hätte ich überhaupt gar keinen Bock. Bin ich froh, dass ich Frau sein darf, ohne mir all das vorwerfen lassen zu müssen!


    Und wenn es hier um Namen geht und Identitäten, so sollte man (! :grin) Folgendes nicht außer Acht lassen:


    Ich gebe meinen Namen nicht auf, ich bekomme einen neuen geschenkt, den jemand mir teilen möchte. Das habe ich schon oft erklärt, Draper. Es kann auch eine Weiterentwicklung sein, sich von seinem Mädchen (!) namen zu verabschieden und einen Ehenamen zu bekommen, der mich zur Frau macht. Ich bin nicht mehr die Tochter, ich bin nun die Frau von jemandem.


    Ich weiß nun wirklich ganz und gar nicht, was zum Geier da nun immer wieder so furchtbar negativ gesehen wird. Ich bin nicht emanzipiert, weil ich mit Freude den Namen meines Mannes annehme ( der gleichzeitig auch noch ein männlicher Vorname ist. Weia! :rofl) ? Oder muss ich der ganzen Welt mit "Schmidt- Schneiderin oder Mittendrein- Schmitterin" bewesen, wie furchtbar gleichauf ich mit dem Typen bin, der zwar nicht kochen, aber bügeln kann und mit mir im selben Bett schläft? Oder muss ich sogar mein eigenens Zimmer haben?


    ?(

    Ailton nicht dick, Ailton schießt Tor. Wenn Ailton Tor, dann dick egal.



    Grüße, Das Rienchen ;-)

  • Zitat

    Original von Alice Thierry
    Die Sprache ist ein besonders interessantes Thema.


    Ich persönlich störe mich schon daran, dass im Deutschen Männer die Anrede 'Herr' erhalten, beim weiblichen Geschlecht es hingegen nur für 'Frau' und nicht für das eigentliche Gegenstück zum Herrn, nämlich 'Dame', reicht. Unsere europäischen Nachbarn sind diesbezüglich wenigstens fairer: zum monsieur gehört die madame, zum Signor die Signora und zum Mr. die Mrs.


    Liebe Alice,


    das ist einfach eine Folge der Sprachentwicklung. "Frau" war im Mittelalter und auch noch in der frühen Neuzeit das Aequivalent zu "Herr", also die Anrede für eine weibliche Person von Stand. Ebenso wie "Fräulein": http://de.wikipedia.org/wiki/Fr%C3%A4ulein.
    Einfache Frauen wurden "Weib" genannt. Das war damals aber kein Schimpfwort. Mit der Zeit kam es dann zu einer Verschiebung der Bedeutungen (das kommt in der Sprachgeschichte öfter vor, warum weiss keiner so genau). Oben entstand eine Lücke - und man griff auf das französische Wort "Dame" zurück.


    Viele Grüsse


    Tereza

  • rienchen,
    Es geht nicht darum, was du machst, sondern warum. Ob du etwas tust, weil es dir gefällt, oder ob du dir etwas aufdrücken lässt.
    Ich für meinen Teil bin mir da nicht immer so ganz sicher, was ich wirklich will, inwieweit ich von anderen manipuliert bin.

  • Zitat

    Original von Tereza
    das ist einfach eine Folge der Sprachentwicklung. "Frau" war im Mittelalter und auch noch in der frühen Neuzeit das Aequivalent zu "Herr", also die Anrede für eine weibliche Person von Stand.


    Das Problem beschäftigte übrigens schon vor Jahrzehnten die Gerichte:


    Die Frau will Dame sein / ZEIT 1980


    Nach weiteren Jahren wurde die Klage 1991 schließlich vom Verwaltungsgericht Hannover abgewiesen.


    Einerseits frage ich mich, ob es sinnvoll ist, Worte nur damit zu verteidigen, daß sie vor Jahrhunderten eine andere Bedeutung hatten. Andererseits dürfte es spannend sein, die Gesichter zu beobachten, wenn ich die mir angetraute zukünftig als "meine Dame" vorstelle. :gruebel

    "Wie kann es sein, dass ausgerechnet diejenigen, die alles vernichten wollten, was gut ist an unserem Land, am eifrigsten die Nationalflagge schwenken?"
    (Winter der Welt, S. 239 - Ken Follett)

  • Ja, rienchen, das hast du schon erklärt, ich sehe es aber immer noch anders.
    Als Geschenk sehe ich es eher von Seiten der Frau, denn sie gibt schließlich was auf, ihren alten Namen.


    Zitat

    Original von rienchen
    Es kann auch eine Weiterentwicklung sein, sich von seinem Mädchen (!) namen zu verabschieden und einen Ehenamen zu bekommen, der mich zur Frau macht. Ich bin nicht mehr die Tochter, ich bin nun die Frau von jemandem.


    Da allerdings finde ich fast schon ein wenig gruselig. Frauen ohne Mann bleiben also Mädchen? Oder habe ich mich gar immer noch nicht mental von meinen Eltern gelöst, weil ich immer noch den Namen trage, den sie mir einst gegeben haben? Oder ist die Frau immer Besitz von irgendjemand? Das war mal Peters Tochter, jetzt ist sie Thomas' Frau?
    Genau deshalb finde ich den Begriff Mädchenname auch so furchtbar. "Mädchen" ist offenbar ein Zustand, der dringend behoben werden muss.


    Edit bittet für meine heutige Spachschwäche um Entschuldigung, bin eigentlich krank und gehöre ins Bett :rolleyes

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  • Zitat

    Original von Tereza


    Einfache Frauen wurden "Weib" genannt. Das war damals aber kein Schimpfwort. Mit der Zeit kam es dann zu einer Verschiebung der Bedeutungen (das kommt in der Sprachgeschichte öfter vor, warum weiss keiner so genau). Oben entstand eine Lücke - und man griff auf das französische Wort "Dame" zurück.


    Das dachte ich mir schon, dass die Dame nicht auf deutschem Grund gewachsen ist. Dennoch klingt es respektvoller als die Anrede "Frau".
    Und ich glaube nicht, dass frau Schwierigkeiten mit dieser Anrede hätte.
    Alternativ könnte man aus ihr natürlich auch eine "Herrin" machen - das wäre dann ebenfalls ein angemessenes Pendant, auch wenn es im ersten Moment sehr ungewohnt klingt. :-)


    Oder wir lassen die ganze Anrederei einfach weg.
    "Herr Meier, Sie sind der faulste Hund im ganzen Betrieb." wird durch die Anrede auch nicht weniger beleidigend.

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  • Zitat

    Original von DraperDoyle


    "Mädchen" ist offenbar ein Zustand, der dringend behoben werden muss.


    Vor nicht allzu langer Zeit war das auf jeden Fall so, weil es keine andere Perspektive für Frauen gab, um versorgt zu sein. Andernfalls blieben sie den Eltern und Verwandten auf der Tasche liegen, was wohl die wenigsten wollten, und die Mädchen auch nicht, denn schließlich waren die anderen ja auch alle "unter der Haube" (im wahrsten Sinne des Wortes).


    Zitat

    Original von rienchen


    Ich gebe meinen Namen nicht auf, ich bekomme einen neuen geschenkt, den jemand mir teilen möchte. Das habe ich schon oft erklärt, Draper. Es kann auch eine Weiterentwicklung sein, sich von seinem Mädchen (!) namen zu verabschieden und einen Ehenamen zu bekommen, der mich zur Frau macht. Ich bin nicht mehr die Tochter, ich bin nun die Frau von jemandem.


    Wäre aber schön, wenn die Männer das auch mal so sähen: Mann bekommt einen neuen Namen geschenkt, den die Frau (oder auch der andere Mann) mit ihm teilen möchte. Er kann sich endlich von seinem Jünglingsnamen verabschieden und ist dann nicht mehr nur der Sohn, sondern der Ehemann von jemandem. Na, wenn das kein Grund zum Freuen ist.
    Go for it, man!


    edit: Ergänzung

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  • Zitat

    Original von DraperDoyle


    Genau deshalb finde ich den Begriff Mädchenname auch so furchtbar. "Mädchen" ist offenbar ein Zustand, der dringend behoben werden muss.


    So hat es immer noch den Anschein.
    Mir ist der Begriff "Familienname" auch lieber. Und den behalte ich im Fall einer Ehe entweder, weil ich die Verbundenheit mit meiner Familie weiterhin ausdrücken möchte und finde, dass dieser Name zu meiner Identität gehört. Oder ich nehme den Namen meines Partners/ meiner Partnerin an, da ich mit diesem/ dieser nun eine neue, eigene Familie gründe.
    Oder ich entscheide mich stumpf für den Namen, der sich besser anhört *g* (oder nehme den Kompromiss mit dem Doppelnamen).


    Ich finde nicht, dass erst ein Partner einen Menschen zur Frau oder resp. zum Mann macht. So viel Eigenständigkeit sollte schon jeder mitbringen, um sich selbst vom Jungen oder Mädchen zum erwachsenen Menschen zu entwickeln.

    There is no such thing as a moral or immoral book. Books are well written, or badly written. That is all.
    Oscar Wilde

  • zu den Nachnamen:


    das wichtigste wurde schon gesagt. Was 'Frau' angeht, haben wir im Deutschen halt das Pech, daß das im Lauf zu Zeit auch zum Ausdruck der Geschlechtsbestimmung geworden ist. Damit ist der eigentliche respektvolle Titel 'Frau' um - bzw. entwertet.
    Im 19. Jahrhundert war übrigens die Anrede 'Madame' für verheiratete Frauen des Bürgertums in Deutschland ziemlich verbreitet.
    Und seit 1976 konnte man sich doch auch aussuchen, welcher Nachname angenomen wird, der des Mannes oder Frau. Seltsam, daß wenig Männer den Namen der Frau wählten. Auch Doppelnamen waren/sind doch möglich.
    DoppelnamenträgerInnen wurden sehr schnell zum Gegenstand des Spotts, eine Karikatur, und das findet man bis heute. Das schadet natürlich dem Versuch, auf diesem Weg den Sinn für die ungleiche Stellung von Mann udn Frau zu wecken udn genauso ist es auch gedacht, wenn man sich darüber lustig macht.
    Merke: wer den Spott hat, braucht für den Schaden nicht zu sorgen.


    Inzwischen kann immerhin jede/e den eigenen Namen behalten bei Eheschließung.


    Das Ganze rührt her von der sehr alten Vorstellung des Mannes als Haupt der Familie und der Frau als nur als beschränkt rechtsfähiges Wesen, das in Vielem der Vormundschaft bedurfte. Schon in Erinnerung an solche schrecklichen Zustände ist es in meinen Augen wichtig, sich über die Bedeutung eines eigenen Namens/Nachnamens im Klaren zu sein.
    Namen sind ein faszinierendes Feld, auf dem immer auch die Machtverhältnisse deutlich werden. Dienstboten wurden etwa umgenannt. Gefiel der Hausfrau die Marie nicht, wurde sie halt Liesl genannt.
    Ich erinnere auch an Zwangstaufen oder Namensvergabe an SklavInnen, der zugleich Besitzvermerk sein konnte.
    Das sind immer Verletzungen der Integrität der jeweiligen Person, Eingriff in die Persönlichkeit.


    Die andere Seite ist die, daß das Namensrecht immer auch mit dem Nachnamen der in der Ehe geborenen Kinder zusammenhängt. Darüber kommt man dann zur Bedeutung des Namens in Erb- und Vermögensrecht. Auch da waren Frauen meist schlechter gestellt. An der Namensfrage hängt viel.


    'Herr' und 'Herrin' wären tatsächlich eine schöne deutsche Lösung. Man könnte es ja mal probieren. Am Anfang klingt es komisch, aber hey, es ist alles eine Frage der Gewohnheit.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Frettchen


    es geht doch nicht darum, ob Du Dich emanzipiert fühlst. Du kannst Dir auch einbilden, Du seist Darth Vader, der Drache mit dem Nibelungenschatz in der Handtasche oder die Präsidentin des Bundestags.
    Deswegen bist Du es trotzdem nicht.


    Da gilt dasselbe, wie bei bastetchen:


    es geht um die Wahrnehmung von außen. Und nach der bist Du eine Frau, der es passieren kann, daß sie einen Arbeitsvertrag nicht bekommt, weil sie schwanger werden kann, daß sie ein Viertel weniger verdient als ein Mann, der den gleichen Job hat oder sich dumm anmachen lassen muß, weil sie auf ihren Körper reduziert wird. Die nicht ernst genommen wird. Weil sie eine Frau ist.


    rienchen


    was soll ich dazu sagen? Du möchtest halt machen, was Du willst. Was hat das mit Emanzipation zu tun?
    Zu Deinen Ausführungen über Deine bevorzugte Kleidung oder daß Du findest, daß man, wenn man die Körperhaare nicht beseitigt, sich fühlt, wie ein Urviech, könnte man einiges sagen.
    Aber bitte. Mach Dein Ding. Mit Emanzipation hat das aber nichts zu tun, bloß mit Privilegien.

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    K. Kraus

  • Delphin


    natürlich ist es nicht gut, wenn Männer als brutal, herrschsüchtig und aggressiv dargestellt werden und das auch noch positiv gewertet wird. Natürlich ist das undifferenziert und klischeehaft.


    Und natürlich sind Männer nicht durchgängig so und wollen es auch nicht alle sein. Es gibt ja auch Männer, die Frauen als Menschen ansehen oder sogar für die Emanzipation eintreten.
    Man muß aber beachten, daß das an dem Machgefälle zwischen den Geschlechtern nichts ändert. Männer können sich aussuchen, was sie sein wollen. Alpha-Urviech oder Pascha oder zivilisiert oder sogar fortschrittlich. Die Entscheidung liegt bei ihnen.
    Die Frauen müssen sich mit der Entscheidung abfinden.


    Was mir zu Büchern und die Darstellung von Frauen noch eingefallen ist:


    in Liebesgeschichten sehr junge Mädchen wird grundsätzlcih der erste Kuß zur Sprache gebracht und dann natrülcih die Frage nach dem Zungenkuß. Ist der eklig, heißt es immer.


    In Liebesgeschichten für ältere Teenager und junge Frauen sind die Protagonistinnen meist geschminkt, wichtig ist vor allem Lippenstift. Natürlilh wird auch geküßt.
    Bloß fragt hier niemand, ob es den dazugehörigen jungen Mann nicht Überwindung kostet, seine Lippen auf so ein Geschmiere zu drücken. Ob das nicht eklig ist.
    Liegt das nun daran, daß Männer eben tapfer sind und jeder Gefahr todesmutig entgegengehen oder wir so überzeugt sind, daß Frauenschönbheit nur durch Schminke erreicht werden kann oder wollen wir der Kosmetikindustrie nicht an den Karren fahren?


    zu anderen Werten in Fantasy-Romanen:


    Susanne Gerdom hat in ihren Fantasy-Romanen i.d.R. keine Pferde als Last - und Reittiere, weil sie das für Tierquälerei hält. Darüber wird nicht diskutiert, es kommen eben keine vor, basta.
    Genauso ist es mit Nahrung. Fleisch gibt es nicht, ihre Figuren leben vegetarisch, wenn nicht sogar vegan.
    Das wird nicht diskutiert, das ist einfach so.
    Das ist ein schöne Möglichkeit, mit Veränderung zu arbeiten.

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    K. Kraus

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  • Noch etwas zu der Frage, woran denn Gleichberechtigung im Detail festgemacht oder nicht festgemacht werden kann:
    Ich glaube, ein sehr wichtiger Punkt ist die Unterscheidung innerer Überzeugungen und äußerer Zeichen. Und dann haben wir noch das Spannungsfeld Individuum und Gruppe - von 'der Frau' im Allgemeinen bis heruntergebrochen auf 'Lieschen Müller' ist es doch eine ziemliche Strecke.


    Zunächst einmal muss man sich klar machen, dass die Menge aufgetragener Schminke, die Aufgabenzuordnung im Putzplan oder Farben für die Kleidung nur äußere Symbole sind und nicht die Essenz des Problems.
    Die Bedeutung solcher Symbole wird immer variieren, abhängig von den Überzeugungen, dem Selbstverständnis und der Situation der Beteiligten. Menschen, die fest verwurzelt in sich ruhen und aus dieser Position der Stärke heraus nicht nur dem anderen Geschlecht, sondern grundsätzlich ihren Mitmenschen gegenüber Respekt aufbringen, für die also auch ein gleichberechtigter Umgang in Familie, Partnerschaft und Beruf selbstverständlich sind - die können Diskussionen über weibliche Wortformen, Namensfragen oder Kosmetik-Rituale müßig, vielleicht sogar albern finden.


    Das sollte natürlich nicht verwechselt werden mit der Art von Spott, die von Leuten stammt, die ihren Status Quo davon bedroht sehen und ihn gerne zementieren würden. Die ein Interesse daran haben, das Symbol abzuwerten.


    Es gibt nämlich auch die anderen, die zum Beispiel in intergeschlechtliche Machtkämpfe verstrickt sind und dort vielleicht regelmäßig den Kürzeren ziehen, die womöglich sogar Bekanntschaft mit physischer oder psychischer Gewalt gemacht haben. Oder die, deren Weltbild, Rollenmuster und Selbstverständnis sich gerade erst formt und für die Orientierung sehr wichtig ist. Für die können solche Symbole die Welt bedeuten und es macht einen Unterschied, dass es sie gibt.
    Deshalb kann man sie als überflüssige Gängelung empfinden, aber sie sind notwendig, weil längst nicht jede in einer Situation lebt, in der sie darüber nur lachen kann.


    In einer Gesellschaft, in der ganz selbstverständlich ein gleichberechtigter Umgang auf allen Ebenen stattfindet, sind diese Symbole überflüssig. Das ist ganz so wie mit Worten, die lange Zeit nichts Böses assoziierten und dann plötzlich ein Stigma erhalten, weil sie durch entsprechende Benutzung negativ konnotiert werden. Das ist ja auch immer ein Wettlauf.
    Nur weil man etwas umbenennt, heißt das nicht, dass die, die das Wort negativ besetzt haben, automatisch verschwinden. Im Gegenteil, sie machen sich nach und nach die neue Bezeichnung zu eigen, bis die ebenso problematisch besetzt ist wie die alte.
    Ein Beispiel: Die Bezeichnung für Ethnien mit nicht-weißer Hautfarbe, insbesondere in Nordamerika. Da gibt's sicher ein Dutzend Begrifflichkeiten, die alle im Lauf der Zeit (manchmal binnen weniger Jahre) von der neutralen Bezeichnung ins Schimpfwort rutschten. Für 'Weiße' findet sich das nicht - weil das Wort von denen, die den Sprachduktus beherrsch(t)en, nie negativ besetzt wurde.


    Ungleichberechtigung geht mit Diskriminierung einher, und man versucht u.a., das Diskriminierungspotential durch die Verschiebung vom Spezifischen, Individuellen hin zum Allgemeinen zu erreichen. Der Ansatz lautet: Schau mal, der/die/das ist im Grunde ja genauso wie du. Es gibt also keinen Grund, ihn wegen seiner Andersartigkeit anzufeinden.
    Das Problem ist aber nicht die Andersartigkeit an sich, sondern deren Wertung.
    Einfach alle Unterschiede wegzureden, zu pauschalisieren, alles zu vereinheitlichen ist nicht die Lösung. Es ist aber einfacher, als Respekt und Verständnis für etwas, das anders ist, aufzubauen.
    Im gegenwärtigen Wertesystem unserer Gesellschaft vermischt sich das. Da trifft Geschlechtsneutralisierung auf den Aufruf zu mehr Individualität, mehr Buntheit, mehr Ausdruck des eigenen Selbst und das Ideal, Andersartigkeit inspirierend anstatt einschüchternd zu finden.
    Das wäre kein Problem, wenn der oben benannte Idealzustand in allen Köpfen verankert wäre. Weil er das aber nicht ist, weil wir auf ein ungeheuer komplexes System aus Ursachen und Wirkungen schauen, weil Menschen unter der dünnen Zivilisationsschicht dann doch wieder hunderttausend Jahre alten Instinkten erliegen, und wahrscheinlich noch aus zahlreichen anderen Gründen, führt das oft zu Verwirrung und im schlimmsten Fall zu Ablehnung.


    Umso wichtiger ist es, dass man nicht aufhört, sich damit auseinanderzusetzen.