Die Misshandlung der Frau im (Fantasy)Roman

  • Vielleicht liegt es an der Art von Büchern, die ich bevorzuge - und eh hier wieder Vorwürfe kommen, ich meine das nicht wertend, sondern ich als Frau bevorzuge dennoch Bücher, in denen es hauptsächlich um Männer geht.


    Und da sind diese Männer oft durchaus "schwach". Eigentlich immer, denn ein Buch zu lesen über einen tollen Typen, der nie Probleme hat, wär ja öd. Von Alkoholikern, über Drogensüchtige bis hin zu Selbstmördern ist mir da alles untergekommen.


    In den Büchern, die ich lese, ist es häufig so, dass die Männer ziemlich "weiblich" sind, wenn ich das so schreiben kann. Und eben nicht das starke Geschlecht.


    Wenn ich mir einen Thriller kaufe über einen Serienvergewaltiger, nun ja, irgendwie verwunderlich ist das ja nicht, dass der Täter ein Mann ist und die Opfer Frauen.


    Es gibt aber auch Romane, in denen der Mann gestalkt wird, z.B. von Ian McEwan "Liebeswahn".


    Daher kann ich persönlich das so nicht unterschreiben, dass in Büchern vorwiegend Frauen die Opfer sind.


    Und was die klassische Rollenverteilung angeht, John Irving brachte ich ja schon als Beispiel.


    Und bei Fantasy brachte hier ja auch schon jemand Terry Pratchett als Beispiel. Mir fällt auch noch Matt Ruff ein. Oder Alice im Wunderland :grin Die ist ja nun auch kein armes Harscherl und Opfer aller Männer.


    Ich kann das nicht bestätigen, dass Frauen meist die Opferrolle innehaben.

    Man möchte manchmal Kannibale sein, nicht um den oder jenen aufzufressen, sondern um ihn auszukotzen.


    Johann Nepomuk Nestroy
    (1801 - 1862), österreichischer Dramatiker, Schauspieler und Bühnenautor

  • Zitat

    Original von Frettchen
    Ich kann das nicht bestätigen, dass Frauen meist die Opferrolle innehaben.


    Ich glaube, deine Lesepräferenzen passen einfach nicht zum Ursprung der Frage (meine auch nicht). Dass die klassische Genre-Fantasy Frauen als schwach darstellt hängt doch zum einen mit den mittelalterlichen Vorlagen für die Fantasy-Welten zusammen und damit, dass keine Literaturform so streng logisch aufgebaut ist wie Genre-Fantasy. Die Autoren erschaffen einen Satz Regeln für ihre Fantasy-Welt und diese werden konsequent durchgespielt. Wie bei einem Rollenspiel, wo jede Figur einen Satz Stärken und Schwächen hat, ist die Unterdrückung der Frauen dann nur das Resultat einer fast schon mathematischen Funktion. Das muss natürlich nicht immer so sein, aber zumindest die faulen Autoren (und die meisten Autoren sind faul) ruhen sich auf diesen Genrekonventionen etwas aus.


    Liebeswahn ist aus zwei Gründen kein gutes Beispiel: es ist keine Fantasy und McEwan spielt bewusst mit den Lesererwartungen. Das Opfer ist ja nicht nur ein Mann, der Stalker ist auch noch gleichgeschlechtig. Es ist aber ein sehr guter Roman.

  • Zitat

    Original von Googol


    Liebeswahn ist aus zwei Gründen kein gutes Beispiel: es ist keine Fantasy und McEwan spielt bewusst mit den Lesererwartungen. Das Opfer ist ja nicht nur ein Mann, der Stalker ist auch noch gleichgeschlechtig. Es ist aber ein sehr guter Roman.


    Darum hab ich es ja als Beispiel gebracht, dass es eben auch Bücher gibt, wo es anders ist.


    Ja, ich habe mich von der Fantasy wegbewegt, aber laut Titel geht es hier ja nicht ausschließlich um Fantasy. Und da wollte ich gern ein Beispiel bringen für einen Roman, wo eben die Rollen nicht typisch sind. Solche Bücher gibt es. Vielleicht nicht in der klassischen Fantasy. Aber wenn mich da dann die Rollenverteilung stört, mag ich vielleicht mal was anderes lesen. Den McEwan vielleicht bspw. :-)


    Wenn mich stört, dass im Dschungelcamp alle immer ekelige Sachen essen. Versuch ich dann, das Dschungelcamp zu ändern? Oder such ich mir andere Sendungen? Es gibt bei Romanen, auch bei Fantasy, welche, die nicht die klassischen Klischees bedienen.

    Man möchte manchmal Kannibale sein, nicht um den oder jenen aufzufressen, sondern um ihn auszukotzen.


    Johann Nepomuk Nestroy
    (1801 - 1862), österreichischer Dramatiker, Schauspieler und Bühnenautor

  • Zitat

    Original von Frettchen
    Aber wenn mich da dann die Rollenverteilung stört, mag ich vielleicht mal was anderes lesen. Den McEwan vielleicht bspw. :-)


    Mit Verlaub: du beweist eigentlich nur, dass du einen sehr guten Geschmack hast (du erwähnst da ein paar klasse Autoren und ein paar klasse Bücher), aber was bringt es einer enttäuschten Fantasy-Leserin (zurecht, weil es in dem Genre auch Potential gibt) von tollen Ausnahmebüchern außerhalb der Fantasy zu erzählen. Selbst wenn man die Diskussion auf Literatur im allgemeinen ausdehnt - und dann würde ich auch nicht mehr pauschal von schwachen Frauenfiguren reden - wären die Beispiele immer noch Bücher von absoluten Querdenkern und Ausnahmeerscheinungen. Ein McEwan in einem Meer von unambitionierten Genre-Autoren spielt einfach keine Rolle.

  • Aber solche Bücher und Autoren darf ich doch hier empfehlen? Klar, bringt das einer mit Leib-und-Seele-Fantasy-Leserin nix, wenn ich hier andere Bücher empfehle. Wobei Matt Ruff durchaus Fantasy ist.



    Aber zu schreiben: ja, Du hast völlig Recht, ist ja auch nicht so der Bringer. Zumindest nicht, wenn die TE sich nicht nur einfach mal auskotzen wollte, sondern auch Anregungen wollte für Bücher, in denen es anders ist.


    Bringt doch nichts, immer was zu lesen, das einen ärgert. Und die Lösung kann da vielleicht dann sein, mal das Genre zu wechseln.


    Ich kann doch die Autoren nicht ändern. Aber meine Buchauswahl. Und wenn mir nicht gefällt, was ich bisher gelesen habe, dann suche ich mir eben was anderes.

    Man möchte manchmal Kannibale sein, nicht um den oder jenen aufzufressen, sondern um ihn auszukotzen.


    Johann Nepomuk Nestroy
    (1801 - 1862), österreichischer Dramatiker, Schauspieler und Bühnenautor


  • Matt Ruff würde ich auch als phantastischen Autoren bezeichnen, auch wenn das vielleicht nicht jeder so sieht und er nun einmal kein klassischer Genre-Autor ist. Ihn zu empfehlen würde ich aber auch unterstützen (da würde ich mich korrigieren).


    Aber stell dir mal folgendes vor: jemand mag ein spezielles Genre. Fantasy. Aus diversen Gründen, aber eine Sache stört diese Person ganz speziell und das ist die Rollenverteilung der Geschlechter in vielen Büchern aus diesem Genre. Das muss ja kein Widerspruch sein. Da geht es nicht nur um ein "ja, Du hast völlig Recht". Natürlich hat diese Person Recht (weil irgendwie offensichtlich). Es geht darum wieso ist das so?, kann man das ändern?, gibt es bestimmte Autoren, die es anders machen (Magali erwähnte LeGuin), wo ist das Potential in dem Genre? Wie kann man das Potential fördern und stärken? Es geht darum, das Genre und die Ursprungsfrage ernst zu nehmen.


    Ein "lies doch McEwan" als Antwort ist dasselbe wie zu sagen: Fantasy hat eh kein Potential, ich kenne da ein paar gute Bücher aus anderen Genres, die sind viel besser.

  • Der hier schon erwähnte Autor Karl Edward Wagner hat in seinen Romanen und Kurzgeschichten seine weiblichen Figuren viel leiden lassen, dennoch sind seine weiblichen Protagonistinnen meist recht komplex dargestellt und der Gewalt nicht aus Schwachheit sondern hauptsächlich aufgrund der historisch bedingten Strukturen ausgesetzt. Bei Wagner geht es oft um Kampf, Bedrohung und Intrigen der Finsternis. Da gibt es auch Frauen, die dabei mitmischen.


    Ein weiteres Beispiel für oft leidende, aber aktive Frauenfiguren sind die von Tanith Lee.


    Ein Autor wie John Norman mit seinen Gor-Romanen hatte da natürlich andere Zielsetzungen. Da war der erste Roman auch der letzte, den ich von ihm gelesen habe, obwohl sprachliche Qualitäten vorhanden waren.


    Daher finde ich es wichtig, dass weibliche Figuren in der Fantasy vielschichtig ausgestaltet sind. Und manchmal fand man das in der klassischen Fantasy.
    Gut auswählen ist schwierig, aber lohnend.

  • Die Empfehlungen von Büchern, in denen es anders zugeht, finde ich immer wichtig.


    Man muß bei dem Thema auch die Entstehungszeit beachten. Wenn wir etwa im 19. Jahrhundert Romane haben, in denen Frauen Opfer sind, war die Absicht gerade bei Autorinnen, genau damit auf die Abhängigkeit von Frauen hinzuweisen und auf Veränderung der Lage zu pochen, je nach Einstellung, mehr oder weniger deutlich.
    So etwas findet sich auch im 20. Jahrhundert.
    Wenn wir in die 1970er und 1980er sehen, finden wir nicht wenige Romane gerade im Bereich SciFi und Fantasy, die bewußt 'feministische' Welten gestaltet haben oder die patriarchalische Gesellschaft offen kritisiert.
    Marion Zimmer Bradly etwa, Vonda McIntyre mit Dreamsnake, Oktavia Butler, die zugleich Rassenfragen thematisiert.
    Noch Guy Gavriel Kay in den 1990ern arbeitet so. Ein Lied für Arbonne von 1992 z.B. benutzt die detaillierte und unangenehm zu lesende Darstellung von Frauen als Opfer als Kritik an gesellschaftlichen Gegebenheiten. Das Buch ist eine regelrechte Anklage.


    Das Problem sehe ich darin, daß man heute, wo man es nun wirklich besser wissen könnte, sehr traditionalistische Geschichten auf den Markt bringt.
    Daß Frauen offen sagen, daß sie das stört, ist dagegen höchst positiv.
    :-]



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von magali
    Wenn wir in die 1970er und 1980er sehen, finden wir nicht wenige Romane gerade im Bereich SciFi und Fantasy, die bewußt 'feministische' Welten gestaltet haben oder die patriarchalische Gesellschaft offen kritisiert.
    Marion Zimmer Bradly etwa, Vonda McIntyre mit Dreamsnake, Oktavia Butler, die zugleich Rassenfragen thematisiert.


    Vonda McIntyre und Butler, sicher auch Ursula Le Guin waren damals prägend für Leser des Genres in dieser Zeit! Jedenfalls auch für mich.


    Alles weibliche Autoren :gruebel


    Männer haben die Rolle der Frau in der Fantasy-Literatur offensichtlich seltener bearbeitet.

  • Zitat

    Original von magali
    Das Problem sehe ich darin, daß man heute, wo man es nun wirklich besser wissen könnte, sehr traditionalistische Geschichten auf den Markt bringt.


    Ich glaube, das ist tatsächlich ein großes Problem aktueller Science Fiction & Fantasy. Aktuell gibt es unter den (englischsprachigen) SF & F Autoren sehr viel Differenzen zwischen dem traditionalistischen Lager dem liberalen "Diversity"-freundlichen Lager, also Autoren, die besonders offen für nicht-traditionelle Einflüße sind. Ein Thema ist da z.B. "fluid non-binary gender". Nun wirft das konservative Lager dem liberalen Lager vor, die SFWA (die Schriftstellerorganisation für englischsprachige SF & F-Autoren) und Preisverleihungen zu dominieren. Nun kam ganz aktuell ein konservativer Autor, der frisch aus der SFWA ausgetreten ist (nicht ohne in einem extrem passiv-aggressiven offenem Brief sich über die politisch korrekte Stimmung auszulassen), zu der Aussage, dass Robert Heinlein, der bekannte konservative SF-Autor (Jahrgang 1907-1988) heutzutage keine Chance hätte, den Hugo Award (der wichtigste Preis im SF & F-Bereich) zu gewinnen, weil das liberale Establishment das zu verhindern wüsste.


    Der Denkfehler dabei ist: unabhängig davon, was ich von Heinlein halte, wäre er 1977 geboren und nicht 1907 dann hätte er andere Bücher geschrieben. Vielleicht (oder sogar sehr wahrscheinlich) würden sie nicht meinem politischen oder literarischen Geschmack entsprechen, aber sie wären Produkte unserer Zeit, weil Heinlein ein gewisses Gespür für aktuelle Fragestellungen hatte.


    Es gibt aber offenbar viele Genre-Autoren (und wahrscheinlich auch entsprechend viele Genre-Leser), die diese 70 Jahre irgendwie nicht wahrhaben wollen und irgendwie nur Nachahmungen siebzig Jahre alter Geschichten schreiben und/oder lesen wollen.

  • Voltaire - danke für den Hinweis, dass Gerd Brantenberg eien Frau ist . Irgendwann muss ich das gewusst haben, aber dann wieder vergessen.


    @ alle
    Der Thread hier wird immer interessanter. Was du über die aktuellen Lager der SF und F Autoren schreibst, Googol hätte ich sicher sonst nicht erfahren. Und auch danke für die Tipps, die von Magali und anderen kamen.
    Dass Autoren-Namen genannt wurden, ist mal etwas Konkretes, um mich umschauen und vielleicht einiges davon lesen.


    Apropos lesen:


    Auch wenn das vermutlich wieder einige zu dummen Sprüche reizen wird, egal:
    Wir wäre es mit einer "feministische" Bücherliste (alle Genres), um es mal kurz fassen. Vielleicht fällt auch jmd. von euch ein besserer Titel ein, der kurz sagt, worum es geht.


    Mir würde es aus Gründen der Übersichtlichkeit gut gefallen, wenn alle, die Romane - Fantasy und andere Richtungen) kennen, diese untereinander eingetragen würden, jeweils mit nur ein, zwei Sätzen dazu, ob es um "feministische" Rollenmodelle im weitesten Sinne geht oder um die Darstellung von Gewalt an und Unterwerfung von Frauen, die klar als Kritik/Gesellschaftskritik zu verstehen ist oder das Durchleuchten von partiarchalischen Handlungsweisen oder was sonst an dem Roman/Buch"feministisch" ist. Dazu jeweils ein Hinweis auf das Genre. Sofern man das Buch einordnen kann.
    Ohne Diskussionen und Kommentare, damit es eine Übersicht bleibt und man/frau diese als Bücher-Einkaufs-Hinweis-Liste verwenden kann. Ausgiebigere Kommentare oder Diskussionen zu den Büchern könnten dann weiter hier in diesem Thread geführt werden, aber als Link auch in die Bücherliste eingefügt werden, wenn gewünscht. .


    Vielleicht hat auch jemand irgendwo schon eine Liste dieser Art gesehen? Oder wir könnten sie irgendwo einfügen?


    Wie wäre denn euer Interesse an einer selbstgemachten Liste in dieser Richtung?
    Würdet ihr mitmachen / etwas einstellen?

  • Zitat

    Original von ginger ale

    Wir wäre es mit einer "feministische" Bücherliste, um es mal kurz fassen. Vielleicht fällt auch jmd. von euch ein besserer Titel ein, der kurz sagt,worum es geht.


    So eine Liste wäre nicht schlecht.
    Ich empfehle, dass Du den Thread unter Allerlei Buch einstellst, da kommen sicher einige Antworten und Buchdoktor wird es in der Themensammlung mit aufnehmen! :fingerhoch

  • Googol


    danke, interessante Information. ich sehe das wie Du.
    Und Heinlein?
    :lache


    Den soll man mal nicht unterschätzen, der ist für eine Menge Überraschungen gut. Und eben die fehlen mir in so manchen aktuellen Fantasy-Romanen auch.




    ginger ale


    das ist eine gute Idee. Allein eine Titelliste wäre schon gut. Inwieweit man Kommentare dazu verfaßt, wie praktikabel das ist, kann man ja sehen.



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Ja, Magali, das wird sicher jede/r selbst entscheiden können. Ich hab ein paar Anregeungen gegeben, der Rest kommt schon von selbst. .


    Und hier ist der neue Listen-Thread: Klick
    Gut so?
    Änderungsvorschläge (z.B. geschicktere Formulierungen) am besten per PN an mich, damit ich es auch mitkriege.


    Es wäre schön, wenn einer von euch in der Liste den Anfang machen würde.


    Liebe JASS - es wäre ganz toll, wenn du den Link in den Anfangspost übernehmen würdest.
    :wave Ginger



    Edit: Tippfehler und Ergänzungen


  • Hallo, magali,


    deinen Beitrag habe ich erstmal für mich sacken lassen. Ich war sehr erstaunt darüber, festzustellen, wie konservativ, spießig ich in vielen Belangen bin. Die meisten Punkte, die du angesprochen hast, habe ich unter dem Gesichtspunkt noch nie hinterfragt - oder noch stärker: Ich bevorzuge sie sogar. Mir gefällt ein schöner Schwall Liebe in Geschichten. Nur möchte ich sie auf Augenhöhe. Auf freiwilliger Basis. In einer gleichberechtigten Gesellschaft.


    Klingt so formuliert auch nicht weniger festgefahren ... :gruebel


    Grundsätzlich lese ich heraus, dass du das Problem darin sieht, dass die Denkmuster nicht hinterfragt werden und weniger, dass patriarchische Gesellschaften von den Autoren bewusst bevorzugt werden?


    Zitat

    Original von Sabine_D
    Ich meine mich zu erinnern, dass in den Büchern von Sabine Wassermann (also jetzt die aus dem Fantasy Genre) ein anderes Bild der Frau gezeigt wird.
    Die Bücher stechen mal positiv hervor.
    Ob es daran liegt, dass die Bücher von einer Frau geschrieben wurden? :gruebel


    Du meinst "das gläserne Tor"?
    Ich habe das Buch geliebt, aber die Geschichte war nach meiner Erinnerung richtig konservativ. :wow Die Welt war komplett patriarchisch, Anschar der starke Held und Gracia absolut prüde. Er war der Krieger, sie zart und musste gerettet werden.


    Zitat

    Original von Maharet
    Ich lese zwar viel Fantasy, aber ich kann grade gar nicht sagen das ich das so empfinde. Grade bei "Ein Lied von Eis und Feuer" sind viele Frauen eigentlich die Kräfte die hinter den Kulissen die Strippen ziehen (ums jetzt mal möglichst ohne Spoiler zu schreiben) und auch sonst wüsste ich aktuell kein Beispiel aus den Fantasy Büchern/Reihen die ich in letzter Zeit gelesen habe. Daher schließe ich mich Tilia, Moloko und BelleMorte an!


    Wie ich schon geschrieben hatte: Ich behaupte nicht, dass die Geschichte keine starken Frauen hat, aber wie du sagst: "Kräfte hinterden Kulissen". Weil sie nicht die Berechtigung haben, es vor den Kulissen zu sein. Die Welt an sich gibt ihnen nicht die Positionen als Kriegerinnen, als Herrscherinnen in einer gleichberechtigten Gesellschaft.


    Zitat

    Original von Bodo


    Ich denke man sollte auch die Frauenfiguren danach beurteilen wie stimmig ihre Rolle innerhalb des Romans ist – mag einem diese Rolle gefallen oder nicht.


    Grundsätzlich stimme ich dir da zu - Eines meiner Lieblingsbeispiele ist da Isabella Swan (Twilight): Ich finde die Figur stimmig in ihren Aktionen, auch wenn mir durchaus nicht jede ihrer Reaktionen gefällt.


    Diskussionswürdig wird es für mich, wenn ich Strömungen/Trends wahrnehme. Möglicherweise haben sich die Autoren nicht bewusst für die patriarchischen Strukturen entschieden. Aber sie haben es. Und ich denke schon, dass das irgendwo einen Grund hat. Daher frage ich mich: Warum?


    Zitat

    Original von Bodo
    Gerade heute bemerkt man auch in der Fantasy ein recht stereotypes Wiederkäuen von (scheinbar) bewährten Klischees, welche sich z.T. bis zu Howard und noch weiter zurück verfolgen lassen. Wie in vielen Kunstformen wird hier versucht, den Erfolg einiger Werke und ihrer Figuren zu wiederholen, in dem man einfach die vermeintlich erfolgreichen Komponenten in leicht abgewandelter Form immer und immer wieder reproduziert.


    Das die Einzigartigkeit nicht im Grossen Ganzen liegt sondern in den vielen Details und Nuancen, welche die großen Autoren des Genres ihren Geschichten beifügten wird dabei leider immer übersehen.


    Welche sind für die wiedergekäute Werke?

  • Ich habe auf der Bücherliste eine Mangareihe empohlen, Fantasy, die mir wirklich großartig gefällt.


    Diesen Thread hier finde ich sehr interessant, vor allem, weil ich auch als Fantasyautorin immer wieder vor der Frage stehe, wie ich die weiblichen Figuren anlege, ob ich eine Liebesgeschichte als zentrales Element einbaue oder auch nicht und wenn, wie sie ablaufen soll.


    Dass Frauen den Männern im echten Leben und in der Geschichte unterlegen sind, ist meiner Ansicht nach mit der körperlichen Überlegenheit der Männer begründet. Männer sind im Durchschnitt stärker, großer und unempfindlicher gegen äußeren Schmerz wie auch gegen Kälte verglichen mit dem Durchschnitt der Frauen gleichen Alters. Daher konnten und können viele Männer auf der ganzen Welt den Frauen ihren Willen aufzwingen. Begünstigt und gefördert wird das durch die Rechtfertigung, welche die großen Weltreligionen ihren männlichen Anhängern bieten (männliches Gottheitsbild, männliche Religionsgründer, Hirarchie von Männern geleitet), sich Frauen überlegen zu fühlen.


    Als Autor kann man jetzt entweder eine Rasse entwerfen, in welcher beiderlei Gender genau die gleiche Körperkraft haben, oder man entwickelt ein Element, das die Hirarchie unabhängig von der Körperkraft regelt. Eine Kraft, mit der sich die Frauen gegen die körperliche Gewalt zur Wehr setzen können.
    Modesitt hat es in einem seiner Bücher so angegangen, dass in einem Land sämtliche Männer einen Halsring tragen mussten, die weibliche Elite des Landes hat dann über ein Gerät einen Schmerzimpuls auslösen können. Die Frauen waren dabei nicht weniger zimperlich als in anderen Bücher die Männer und nicht weniger grausam.


    Als ich die Welt für meine Vollstreckerreihe entwarf, habe ich, da in das mittelalterliche Setting auch ein magisches Talent eingebaut, welches die Hirarchie unabhängig von der Körperkraft regelt, sodass die wichtigen Positionen beiden Geschlechtern offenstehen. Verheiratung ist trotzdem ein Thema, gerade weil es ein Talent ist, dessen Vererbung nur grob gesteuert werden kann und das auch wild auftritt, sodass das Blumenmädchen von nebenan die nächste Königin werden könnte.
    Um nicht einen Liebesroman schreiben zu müssen, habe ich Krimielemente mit eingebaut, und dann kam genau das, was hier schon eine Eule angeschnitten hat, die Leserinnen scheinen tatsächlich vor allem immer auf die große Romanze zu warten, das eine Gefühl, das sie zu Füßen des Helden hinschmelzen lässt.
    Eine weibliche Heldin, die sich nicht unterkriegen lässt und sich dann nicht einmal richtig verliebt? Das scheint schon wieder so "unweiblich" zu sein, dass wiederholt die Frage aufkam, ob es in der Reihe denn noch eine große Lovestory geben wird.
    Muss so eine wirklich immer drin sein? Wird von Leserinnen überhaupt Fantasy gelesen, wenn es nicht mit Romantasy durchsetzt ist?


    Seit Biss und Shades of Grey hat man als Autor zunehmend das Gefühl, eine große Zahl potentieller Leserinnen vorweg schon zu vergraueln, wenn sich kein schwaches Weibchen an eine starke Schulter anlehnen darf, der Wunsch nach dem Prinz Charming, der auch zuerst mal ein böses Biest sein darf, ist heute in unserer so freien Gesellschaft offenbar nicht kleiner geworden.


    Wie findet ihr die Genderdarstellungen in den Fantasyromanen von Mercedes Lackey? Die Bücher von der Söldnerin haben mir von allen am besten gefallen. ich stell sie gleich mal in die Liste nebenan.

  • ginger ale : Heißt das, dass eine Frau für dich im Roman nur ernsthaft als gleichberechtigt oder stark (= schwammiges Wort) wahrgenommen wird, wenn sie kein romantisches Interesse an Männern hat?


    Danke auf jeden Fall für die weiteren Denkansätze zum Frauenbild.



    Ich möchte dazu sagen, dass es mir nie darum ging, dass ein GRRM sein Werk nicht so schreiben darf, wie er will. Dass es Tabus gibt, wer seine Figuren wie darstellen darf.


    Ich will verstehen, warum sich die Autoren dafür entscheiden, ihre Gesellschaft und ihre Frauen so darzustellen, wie sie es tun. Mangelnde Ideen? Eigene Vorliebe? Die Meinung, nur so würde es sich verkaufen?


    Dass ich mich das frage, hat natürlich damit zu tun, dass mich die Ungerechtigkeit und Ungleichheit beim Lesen aufregt. Aber das nichts mehr geschrieben werden soll, was mich aufregt, ist nicht der Anspruch.


    Aber wieso nicht anders? Ist das ein bevorzugtes Schreiben für bestimmte Geschlechter und Männer lesen lieber über patriarchische Strukturen?


    Ich glaube nicht, dass man aus dem, was gekauft wird, schließen kann, dass andere Dinge nicht gewünscht werden. Sie werden nur nicht produziert. Oder nochmal anders formuliert: Es kommt nichts anderes auf den Markt, weil von vornherein davon ausgegangen wird, dass das nicht gewünscht ist. Dass das eine absurde Schlussfolgerung ist, wurde schon oft genug bestätigt. Ich erinnere mich an Jennifer Benkau, die "Dark Destiny" laut eigener Aussage nur an den Verlag bekam, weil Dystopien plötzlich "gingen". Vorher hieß es, dass will keiner lesen. Bis ein Verlag endlich mal eine entsprechende Geschichte brachte. Und erst dann hat sich wirklich gezeigt, ob Leser/innen an Dystopien Interesse haben.


    Zitat

    Original von magali
    Im Unterhaltungsroman sind Frauen aber vornehmlich gern in Opferrollen zu finden. Und hier wird es dann hakelig.
    Da muss man sich doch fragen, wie man auf die Idee kommt, daß sich Leserinnen so etwas in alller Ausführlichkeit antun wollen.
    Wollen sie im übrigen oft nicht.
    Protest dagegen ist schwer unterzubringen. Die Gegenargumente findet man in gewohnter Weise hier.


    Das ist auch meine Meinung. Aus vielen Nebensätzen in Rezensionen lese ich eigentlich heraus, dass die abgeschmackten Klischees, gerade in historischen und Frauenromanen, vielen Leserinnen auf den Keks gehen. Niemand hatte etwas gegen Rebecca Bloomwood, aber müssen deshalb alle Frauen im Frauenroman tollpatschig und überfordert sein? Müssen ihre Mütter grundsätzlich unbedingt Oma werden wollen und ihre Töchter wie Kleinkinder behandeln?


    Auch hier kommt oft das Argument, dass Frauen das so lesen wollen ... Woher weiß man das, wenn es keine Alternativen gibt? Die Geschichten, die auch mehrere Jahre Bekanntheit überdauern, sind meiner Meinung nach meist die, die mal etwas anders gemacht haben.

  • Zitat

    Original von Delphin
    Ich glaube, ich lese am liebsten Bücher, in denen eine Figur Schwierigkeiten hat, mit denen ich mich wenigstens in einigen Aspekten identifizieren kann und ich mitverfolgen kann, wie sie (die Figur, das kann Mann, Frau oder auch geschlechtlich indifferenter Djinni sein ;-)) überwindet und im besten Fall dabei eine Entwicklung durchmacht, über sich hinaus wächst, trotz widriger Umstände und Verletzung der körperlichen Unversehrtheit seine Integrität bewahrt.


    Wenn ein Autor eine Fantasy-Welt erfinden würde, in der Frauen gleichberechtigt wären, die gleichen Stärken und Schwächen hätten, es keinen Sexismus, keine Gewalt von Männern gegenüber Frauen (und umgekehrt) gäbe, dann würde es in diesem Buch doch auch gar keine Geschichte zu erzählen geben, wie weibliche Figuren gegen diese Umstände kämpfen, aus festgelegten Rollen ausbrechen, vorgeschriebene Grenzen überschreiten. Denn mit diesen Geschichten sagt der Autor doch auch: "Guck mal, so könnte es sein, so könntest Du Deine Opfer-Rolle überwinden."


    Ich habe nie den Anspruch oder Wunsch nach Romanen gehabt, in denen jeder Mann und jede Frau die gleichen Stärken/Schwächen haben muss. Dass es gar keine Gewalt von keiner Seite aus gibt. Auch in einer gleichberechtigten Welt könnte die Protagonistin sich zu Beginn schwach fühlen oder anderen unterliegen. Nur könnten das ja auch die Geschlechtsgenossinnen sein. Und die Figur, die Gewalt zu ertragen hat, könnte ein Junge/Mann sein.


    Mir geht es darum, ein ganzes Geschlecht im Roman von vornherein in die unterlegende Position zu zwingen.


    magali hat so ungefähr dasselbe geschrieben, würde ich sagen ... :gruebel


    Googol : Danke für deine Beiträge, du hast vieles von meinem Anliegen auf den Punkt gebracht.


    magali : Danke für deinen Exkurs, das war mir bisher gar nicht bekannt.


    Allgemein vielen dank für alle eure Beiträge. Ich habe das Gefühl, ich kann wenig inhaltliche Unterfütterung beitragen, da ich diejenige mit dem großen Fragezeichen bin. Ich bin jedoch beeindruckt von dem, was ich dazu erfahre, egal ob an Fakten oder Gedanken.


    Die Bücherliste kann ich gern in den Eingangspost stellen. :wave

  • Zitat

    Original von JASS



    Wie ich schon geschrieben hatte: Ich behaupte nicht, dass die Geschichte keine starken Frauen hat, aber wie du sagst: "Kräfte hinterden Kulissen". Weil sie nicht die Berechtigung haben, es vor den Kulissen zu sein. Die Welt an sich gibt ihnen nicht die Positionen als Kriegerinnen, als Herrscherinnen in einer gleichberechtigten Gesellschaft.


    Ohne jetzt zuviel auf GRRM rumkauen zu wollen. Die Frage ist ja eigentlich immer die Selbe, und sie zieht sich durch unsere Geschichte wie auch durch viele Fantasy Bücher: Wer hat denn jetzt mehr Macht? Derjenige der mit dem Hammer draufhaut, oder derjenige der hinter ihm steht und sagt das er es tun soll?
    Vielleicht habe ich da einfach eine andere Sichtweise, aber ich finde das "im Verborgenen wirken" nicht gleich "herabgesetzt" ist. Es ist einfach eine andere Art der Machtausübung....