'Als wir unsterblich waren' - Seiten 158 - 226

  • Also ich habe ab 1917 zunehmend Juengere (vor allem Siebzehnjaehrige) als Freiwillige gefunden. Der Jahrgang 1900 wurde aber definitiv erst 1918 eingezogen und als letztes Aufgebot regelrecht in die Schuetzengraeben "gekippt".

  • Danke für die Antwort. Man hat in vielen Erzählungen aus der Zeit das Gefühl, dass die Soldaten immer jünger wurden, je länger der Krieg voran schritt. Interessant finde ich, dass es gegen Ende des Krieges immer noch alles Freiwillige gewesen sein sollen. Das ist für mich aus heutiger Sicht einfach schwer vorstellbar.

  • Alle nicht!
    Nur die, die nicht wehrpflichtig waren.
    Und die Freiwilligen wurden nicht nur immer juenger, sondern leider auch immer aelter. Da gab's 68jaehrige, die sich meldeten. Was die sich gedacht haben, wuesste ich gern.


    Viel, viel krasser und schockierender war das alles natuerlich in WW II.

  • War es nicht auch so, dass der Druck sich nicht freiwillig zu melden, sehr hoch war?
    Viele der Männer werden sicher auch gedacht haben, dass es im Krieg nicht schlimmer sein kann als zu Hause...
    Ich hoffe, dass ist jetzt nicht zu weit weg von der Leserunde.

  • Der Druck, sich freiwillig zu melden, war bei uns - wo es zu Kriegsbeginn keine Wehrpflicht und Generalmobilmachung gab - enorm. Wer sich nicht meldete, wurde als Feigling regelrecht gebrandmarkt. Man konnte als gesunder Mann im wehrfaehigen Alter praktisch nicht mehr auf der Strasse herumlaufen, ohne beschimpft zu werden. Das fuehrte dazu, dass es anfangs mehr Freiwillige gab, als ueberhaupt "verwertet" werden konnten, aenderte sich aber mit Kriegsdauer, bis dann schliesslich 1416 die Wehrpflicht beschlossen wurde.


    In Deutschland war der Druck nicht gross, soweit ich das ueberblicken konnte. Allzu scharf war man auf Sechzehnjaehrige und Sechzigjaehrige anfangs nicht. Die mussten ja auch erstmal alle auf den Weg gebracht werden.


    Ich weiss nicht, wie's den anderen geht, aber fuer mcih fuehrt das nicht zu weit weg (wobei ich aber auch zugeben muss, dass Militaergeschichte von je her zu meinen Lieblingsthemen gehoert.)

  • Zitat

    Original von Saiya
    War es nicht auch so, dass der Druck sich nicht freiwillig zu melden, sehr hoch war?
    Viele der Männer werden sicher auch gedacht haben, dass es im Krieg nicht schlimmer sein kann als zu Hause...
    Ich hoffe, dass ist jetzt nicht zu weit weg von der Leserunde.


    Also ich denke, dass es bis zu einem gewissen Grad ein typisch menschliches und männliches Verhalten war. Die Heimat und die Familie wurden von Feinden bedroht, die musste man doch verteidigen und beschützen. Dazu der Drang nach "Abenteuer", der tief verwurzelte Wunsch nach Cowboy-und-Indianer-Spielen. Klingt blöd, aber wenn ich so an die Kindheit meiner Söhne denke. Ich wollte nicht dass sie Kriegsspielzeug bekommen aber sie haben sich selber "Waffen" aus Stöcken und Lego gemacht und mit ihren Freunden lange Zeit immer wieder Räuber und Kampfspiele im nahen Park gespielt. So was ist im Programm der Jungen wirklich drinnen. Und sicher unterschätzen viele junge Männer die Gefahr für ihr Leib und ihre Seele.


    Ist überhaupt nicht zu weit weg, finde ich.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Heumahd - Susanne Betz


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von hollyhollunder ()

  • Wisst ihr, was total komisch ist?
    Ich habe ja vier Brueder. Aber der, der aus Stoecken Waffen gebastelt hat - der war ich.
    Von meinen Soehnen ist auch nur einer an Waffen interessiert - und der hat's eher als historisches Interesse von der Mutter ererbt. Auffaellig fand ich aber schon immer, in beiden meinen maennerreichen Haushalten, dass Vaeter und Soehne irgendwie nicht aneinander vorbei ins Bad gehen koennen, ohne anzufangen, sich - durchaus freundlich gemeint - zu boxen. So wie Frauen sich halt guten Morgen wuenschen. Wir nennen das hier bei uns "maennern".

  • Hier geht es jetzt erst mit Alexandra weiter. Das ihre Oma so drin liegt ist zwar schlimm nur sie hat leider auch das Alter gehen zu dürfen.
    Nur so wie es der Arzt gesagt hat ist es nicht ganz.
    Uns wurde bei meinem Opa das so erklärt, jeder Mensch wo sterben muss kann erst gehen wenn er sein ganzes Leben noch einmal gelebt hat und das zieht sich beim einen etwas länger hin und beim anderen sind es nur ein paar Tage.
    So hat das damals der Arzt erklärt der meinen Opa begleitet hat.
    Bei meiner Oma war es auch so, nur das es da schon ein gutes halbes Jahr vor ihrem Tod anfing und wir es gar nicht so registriert haben und eben erst im nachhinein.


    In der anderen Zeitschiene hat also nun der Krieg begonnen und ich kann ja Manfred verstehen, aber mir kommt es so vor als ob er es total falsch angeht und dadurch vielleicht nicht so das Fingerspitzengefühl hat.


    Clemens versucht sich einzufinden und hadert auch aber er weiß auch das er nicht alles in der Hand hat was passiert.


    Was mir aber auch gefallen hat, ist das Hertha doch immer wieder auftaucht, jetzt weiß ich zumindest mal das der Verein aus dem Wedding stammt.

  • Zitat

    Original von Charlie
    Wisst ihr, was total komisch ist?
    Ich habe ja vier Brueder. Aber der, der aus Stoecken Waffen gebastelt hat - der war ich.
    Von meinen Soehnen ist auch nur einer an Waffen interessiert - und der hat's eher als historisches Interesse von der Mutter ererbt. Auffaellig fand ich aber schon immer, in beiden meinen maennerreichen Haushalten, dass Vaeter und Soehne irgendwie nicht aneinander vorbei ins Bad gehen koennen, ohne anzufangen, sich - durchaus freundlich gemeint - zu boxen. So wie Frauen sich halt guten Morgen wuenschen. Wir nennen das hier bei uns "maennern".


    Ich mit meinen drei Männern nenn das immer Hirsch-Verhalten, wenn sie sich kabbeln. Also Revier abstecken, bisschen rumröhren. :lache

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Heumahd - Susanne Betz


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Alex kann ich nicht verstehen! Erst ist Oliver ihre große Liebe (sie bleibt direkt bei ihm für einige Tage und meldet sich nicht bei ihrer Momi) und dann gibt sie ihn auf als ihre Großmutter krank wird. Und auch als er bei ihr vorbeikommt gibt sie ihm keine Chance alles wieder ins Lot zu bringen.
    Interessant fand ich den Arzt. Er versucht Alex zu helfen, ohne die Konventionen zu beachten.


    Zitat

    Original von Saiya
    Ich weiß gar nicht, wen ich von Clemens Familie schlimmer finde, seine Mutter, den Onkel oder den Vater. Seine Mutter tut mir allerdings auch leid. Sie wurde verbogen bis man sie zerbrochen hat. Wenn man dem eigenen Kind mit Selbstmord droht, um es dazu zu zwingen etwas zu tun, muss man sehr krank sein.


    Diese emotionale Erpressung von Clemens Mutter ist schon sehr heftig. Sie nimmt ihre Liebe zu Clemens als Waffe - und er wird dadurch erdrückt. Außerdem lebt sie in ihrer eigenen Welt - sieht die Differenzen zwischen Clemens und seinem Vater nicht, sondern redet sich die Welt "schön". Ihren Sohn macht sie dadurch das Leben sehr viel schwerer, da er immer das Gefühl hat, sie auch zu enttäuschen (wie auch schon seinen Vater). Und für seine Freunde muß er auch immer stark sein! Ich hoffe, daß er bei Paula auch mal er selbst sein darf - mit seinen Schwächen und Ängsten!



    Zitat

    Original von Findus
    Ja so habe ich das auch empfunden, vor allem waren ja Gefühle oder Zärtlichkeiten in ihrer und Momis Welt eher selten so dass sie nun, kaum aufgebrochen nicht mit ihnen umgehen kann.


    Zärtlichkeiten (bis auf Händchen halten) hat es zwischen Momi und Alexandra nicht gegeben. Ich hatte mich zwischenzeitlich gefragt, ob die beiden überhaupt Großmutter und Enkeltochter sind, da ich mir diese "Gefühlskälte" nicht erklären konnte (vorallem, da sie sich nur noch gegenseitig haben).... :gruebel



    Zitat

    Original von Findus
    Was schade ist, denn das ist wieder so ein Buch, das man sich aufheben will, möglichst lange etwas davon haben will gleichzeitig aber so in die Geschichte eintaucht, dass man alles um sich rum vergisst bis zum Schluss.


    :write geht mir so ähnlich. Deshalb versuche ich auch das Buch ganz langsam zu lesen, und erst zu posten, bevor es weitergeht. Denn sonst ist das Buch so schnell zu ende - und ich möchte es noch etwas genießen! :kiss

  • Zitat

    Original von bibliocat




    Zärtlichkeiten (bis auf Händchen halten) hat es zwischen Momi und Alexandra nicht gegeben. Ich hatte mich zwischenzeitlich gefragt, ob die beiden überhaupt Großmutter und Enkeltochter sind, da ich mir diese "Gefühlskälte" nicht erklären konnte (vorallem, da sie sich nur noch gegenseitig haben).... :gruebel


    Das hatte ich doch gemeint, das einzig zärtliche war "Süppchen" und da streiten sich die Geister ob das überhaupt zärtlich ist.

  • ICh muss zu meienr Schande gestehen, dass ich das Buch fertiggelesen habe, ohne Pause für die LR oder mit Notizen zu machen. Es war einfach sooo schön zu lesen. Deshalb versuche ich mich an die einzelnen Abschnitte so zu erinnern.


    Auch mir ist der Wechsel zwischen den Alex und Paula-Abschnitten sehr prositiv aufgefallen. Ich hatte das noch nie, dass die Sätze sich wiederholen. Gefällt mir super gut und das rückt die beiden noch enger zusammen.


    Sorry an alle Berlin-Eulen, aber ich mag den berliner Dialekt einfach nciht. Und dann lese ich dieses Buch und bei den Figuren (allen voran Kutte) passt der Dialekt perfekt. Sparsam eingesetz macht er die Figuren noch lebendiger und greifbarer. Hat irgendwie etewas uriges.


    Ansonsten habe ich die Handlung mit Spannung verfolgt.

  • Zitat

    Original von hollyhollunder
    Mir geht es gerade ganz genauso. Die Frau ist richtig ätzend für meine Laune. Das weinerliche (ich geh in die Spree) das sülzige (mein Funkelstern mit dem wunderschönen Haar) das vorwurfsvolle-erwartungsvolle (nein mein toller Sohn wird mich nicht enttäuschen, gell.). Das geht bei mir gar nicht. Und Clemens windet sich und fürchtet sich, seine Mutter könnte sich etwas antun. Sorry, soll sie doch. Ich mag keine Menschen, die andere mit Selbstmord unter Druck setzen. Ein mir nahe stehender Mensch hat auch schon mal mit dem Selbstmordgedanken gespielt (wegen Depression) und da haben die Ärzte gemeint, kein anderer Mensch könnte einen aufhalten, wenn man das machen möchte, aber die die drohen tun es meistens nicht, sondern wollen nur Aufmerksamkeit und Entgegenkommen.
    Die Frau gehört in die Psychatrie. Und Clemens sollte sein Verhalten ändern, denn zu so einer Beziehung gehören immer zwei und inzwischen ist er ja kein kleines wehrloses Kind mehr. Ich weiß, ich rede schlau daher. Aber wie gesagt, die Frau bringt mich auf die Palme.


    Mir geht Clemens Mutter auch auf den Zeiger. Sie ist einfach nur nervig und man Clemens nur zuschreien: lass' sie doch machen. Aber irgendwie kann ich Clemens auch verstehen. Er hat mit den Jahren mit den Marotten seiner Mutter leben gelernt und so einfach lässt man sie nicht stehen. Es ist ja die eigene Mutter. Vielleicht wenn Clemens nicht auch noch Druck vom Onkel bekäme, hätte er seiner Familie schon länger den Rücken gekehrt.
    Ich denke auch, dass die Drohung mit dem Selbstmord nur ein Druckmittel ist. Die Mutter hat herausgefunden, dass es sehr gut wirkt und setzt es daher gezielt ein. In meinem Bekanntenkreis hat sich vor ein paar Jahren jemand umgebracht und daran konnten ihn niemand hindern. Seine Frau hat es versucht, aber sie hatte einfach keine Chance.


    Zitat

    Original von Quasselstrippe
    Auch Alexandra erscheint mir nicht sehr glaubwürdig. Ich verstehe nicht wie sie sich Hals über Kopf in eine Beziehung stürzen kann, es ist ja angeblich die seit langem gesuchte große Liebe, nur um dann nach der Reaktion ihrer Großmutter kein Wort mehr mit ihm zu wechseln ohne die Hintergründe zu kennen.


    Ich hatte nicht den Eindruck, dass sie explizit nach der großen Liebe gesucht hat sondern es eher nach dem Motto "umverhofft kommt oft" gelaufen ist. Die Bezeichnung "große Liebe" oder "Liebe auf den ersten Blick" ist, wenn ich mich recht entsinne, erst durch uns Eulen aufgekommen und wird im Buch nicht so erwähnt. Alexandra war in den ersten Tagen extrem von den Hormomen gesteuert gewesen und der Zusammenbruch ihrer Oma war dann die kalte Dusche, die den Hormoncocktail weggespült hat. Die Reaktion Oliver wegzustoßen finde ich auch ziemlich extrem. Aber wenn man lange alleine war und man sich noch nicht zu sehr an den Partner gewöhnt hat, ist es die einfachste Lösung - zumindest für Alexandra. Das es mit Oliver nun auch noch jemand anderen gibt, der an ihrem Leben teilhat und sich Sorgen macht, auf die Idee kommt sie nicht.

  • Zitat

    Original von bibliocat


    Zärtlichkeiten (bis auf Händchen halten) hat es zwischen Momi und Alexandra nicht gegeben. Ich hatte mich zwischenzeitlich gefragt, ob die beiden überhaupt Großmutter und Enkeltochter sind, da ich mir diese "Gefühlskälte" nicht erklären konnte (vorallem, da sie sich nur noch gegenseitig haben).... :gruebel


    Vielleicht liegt es daran, dass beide einfach nicht gelernt haben, was mütterliche Liebe ist? Wenn jemand nicht weiß wie sich Mutterliebe anfühlt, ist es schwer sie seinen Nachkommen zu vermitteln.
    In dem Buch "Solange am Himmel Sterne stehen" beschreibt Kristin Harmel sehr gut wie sich Gefühlskälte durch die Generationen ziehen kann.


    Edit hat ein paar Buchstaben vertauscht.

  • Ich denke, dass Paula, wenn auch als Halbwaise, in einer sehr warmen, liebevollen Familienumgebung aufgewachsen ist - und dass sie ein warmer, zaertlicher, liebevoller Mensch war, der unter anderen Umstaenden sein Kind liebevoll, wach und lebendig aufgezogen haette.
    Ein Trauma, wie es das erzwungene Exil ausloest - mit dem Wissen, dass man seine Angehoerigen vermutlich nicht lebend wiedersieht - und die spaetere Erfahrung, dass die eigene Lebenswelt einschliesslich der Menschen, die diese gefuellt haben, nicht mehr existiert, ist aber selbst heute noch schwierig zu behandeln und nur selten voellig auszuheilen. Was die Zwangsentwurzelung in Menschen anrichten kann, erfahren wir wohl am eindringlichsten, wenn wir Biographien von Betroffenen lesen. Dort, wo Familieneinheiten zusammen gingen, bleibt ein gewisser Halt, eine gewisse schuetzende Auster selbst unter widrigen Umstaenden erhalten (ich empfehle - nur als ein Beispiel dafuer - sehr die ausgezeichnete Mascha-Kaleko-Biographie "Diese paar leuchtenden Jahre"). Paula aber hat ihren Partner verloren - nicht an ein anderes Leben, sondern an einen grausamen, ungewissen Tod. Sie hat ihre gesamte Familie verloren, ihre Heimat, ihren Beruf, ihr Lebenswerk, ihre Ueberzeugungen.
    Ich finde, dafuer hat sie sich bemerkenswert gut geschlagen und im Gegensatz zu z.B. Harry als resilient erwiesen.


    Und ich fand Alex und Paula auch nicht wenig liebevoll miteinander. Nur sproede, ein bisschen scheu. Was ich gern mag.


    Alles Liebe von Charlie