E-Books und Aliens in der FAZ

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    Eines der wenigen objektiven Qualitätsmerkmale aus meiner Sicht, die man bereits vor dem Anlesen erkennt, ist eben das verlegen mit Hilfe eines Verlages, der für entsprechendes Lektorat etc sorgt.


    Ich finde ein Verlagslektorat ist nun nicht mehr unbedingt ein Qualitätssiegel. Gutes Lektorat kann man nämlich mittlerweile einkaufen, genau wie Korrektorat und Coverdesign. Die meisten Selfpublisher, die ich kenne tun genau dies. An dieser Stelle könnte man natürlich über die Qualität dieser Lektorate diskutieren. Aber ich denken niemand möchte behaupten, dass freie Lektoren schlechter arbeiten als angestellte Verlagslektoren. Wobei Verlage meines Wissens immer öfter auf Freiberufler zurückgreifen. Also das ein Verlagsbuch ein Lektor hat, ist nun wirklich nicht überraschend und macht es auch nicht unbedingt zu einem wertvolleren "Produkt". Natürlich gibt es auch eine ganze Reihe Selfpublisher, die sich dies beim ersten Buch noch nicht leisten können/wollen.
    Aber wie hier schon an anderer Stelle gesagt wurde, entscheidet zum Schluss der Markt, ob ein Buch bei den Lesern ankommt.
    Ich glaube, ein großes Problem ist, dass kaum ein Selfpublisher so richtig weiß, womit Verlagsautoren zu kämpfen haben und anders herum wissen viele Verlagsautoren nicht, dass man auch als Selfpublisher mit seinen Werken durchaus schlaflose Nächte hat. Deshalb finde ich es umso schöner, in welche Richtung sich diese Diskussion entwickelt hat.

  • Zitat

    Original von LeSeebär


    Glaubst Du wirklich, die Käufer haben die Romane vor dem Kauf auf Qualität / Anspruch geprüft und dann erst gekauft, so daß die Kaufentscheidung irgendetwas über das Produkt aussagt?


    Ich gehe davon aus, dass Leser ein Buch weiterempfehlen, wenn es ihnen gefallen hat, und davor warnen, wenn sie es nicht gut fanden. Daher verkaufen sich manche Bücher besser als andere. Oder wie erklärst du dir das? Zufallsprinzip? Cover? Die Unterschiede zwischen den Verkaufszahlen waren teilweise erheblich (wobei da die Buchhändler auch mitmischen, weil sie manche Bücher anfordern und andere nicht). Und die Bücher sahen sich ja zum Verwechseln ähnlich.


    Das mit der verbalen Keule lassen wir jetzt mal, das ist wohl eine Frage, wie bestimmte Äußerungen rüberkommen.


    Viele Grüße


    Tereza

  • Daß Verlage Außenlektorate haben, d.h. freie MitarbeiterInnen beschäftigen, ist eine Entwicklung, die inzwischen auch 25 Jahre alt ist.
    Den Büchern hat es nicht gutgetan. Weder der Belletristik noch dem Sachbuch.
    Das liegt zum einen daran, daß 'LektorIn' keine geschützte Berufsbezeichnung ist. Jede/r kann sich so nennen und in Manuskripten anderer herumkritzeln.
    Zum zweiten liegt es daran, daß LektorInnen verflixt schlecht bezahlt werden. Ein Außenlektorat kommt einen Verlag billiger, als eine festangestellte Mitarbeiterin im Haus zu haben.
    Da überdies mehr Bücher als je zuvor auf den Markt geworfen werden, sind die Termine für Bearbeitunegn extrem knapp gesetzt.
    Ein Manuskript redigieren ist aber eine sehr zeitaufwendige Arbeit, wenn man sie richtig machen will.


    Zu den Problemen von SelbstverlergerInnen kann ich wenig sagen. Allerdings hat sie keine/r geheißen, den Weg zu gehen. Nicht mal, etwas zu schreiben. Das nimt nun wirklich jede/r freiwillig auf sich.
    Mein Mitgefühl hält sich in Grenzen.


    Tereza


    knall eine 'geschmackvolle' Sexszene, so mit Spitzenunterwäsche, aufs Cover und das Ding geht, Inhalt egal.
    Biete das gleiche Buch mit einem voll bekleideten Paar an und es geht nicht.
    Laß jeden Witz und vor allem jegliche Ironie weg. Es geht um den kleinsten gemeinsamen Nenner der Träume. Der aller-, aller-nanowinzigkleinsten.
    Mach Schubladen auf und stopfe die Bücher da hinein. Rosa Cover, blaue Wölkchen-Cover. L&L-Cover.
    Und Fantasy muß Goldschrift haben, weibliche Jugendliche kaufen das blind.


    :-)
    Alles andere ist schietegal.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

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    Original von magali
    knall eine 'geschmackvolle' Sexszene, so mit Spitzenunterwäsche, aufs Cover und das Ding geht, Inhalt egal.
    Biete das gleiche Buch mit einem voll bekleideten Paar an und es geht nicht.


    Genauso sieht's aus :grin
    Und es ist wirklich - vollkommen - egal, was drinsteht, oder wie gut oder schlecht es geschrieben ist. Ehrlich. Vielfach verifiziert.
    Dieser Effekt ist übrigens besonders stark spürbar bei Titeln, deren Hauptabsatzkanäle die Online-Händler sind (aka SPs und Titel aus Kleinverlagen), die also ohne den Buchladen-Sortierfilter direkt um die Publikumsgunst konkurrieren.

  • Argh!


    Kannst Du mir nicht widersprechen?


    Die Verlage lieben Bücher, der Markt reguliert sich selbst und und allen geht es nur um die Kunst?
    :cry :cry

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus


  • Schön, dann weiß ich ja, was ich die ganze Zeit falsch gemacht habe und warum die Bücher nicht so gut liefen, wie die Verlage es sich gewünscht hätten.
    Die Spitzenunterwäsche muss her!


    Danke, du hast mich gerettet. :lache


    Tereza

  • Zitat

    Original von Tereza
    Ich gehe davon aus, dass Leser ein Buch weiterempfehlen, wenn es ihnen gefallen hat, und davor warnen, wenn sie es nicht gut fanden. Daher verkaufen sich manche Bücher besser als andere.


    Da werden wir uns wohl nicht mehr einig. Im Falle der Megaseller mag das ja noch einen spürbaren Effekt haben, aber die ganzen Nachahmerexemplare werden meines Erachtens in den wenigsten Fällen auf Empfehlung gekauft oder eben nicht. Wie gesagt, die Leute, die sich in erster Linie an den großen Stapeln im Buchladen orientieren, sind nicht diejenigen, die sich intensiv mit Büchern beschäftigen. Der Austausch mit anderen ist daher aus meiner Sicht eher selten das Kaufargument.

    "Wie kann es sein, dass ausgerechnet diejenigen, die alles vernichten wollten, was gut ist an unserem Land, am eifrigsten die Nationalflagge schwenken?"
    (Winter der Welt, S. 239 - Ken Follett)

  • Zitat

    Original von beisswenger
    Siehste, Tereza,
    nicht "Schwarze Seide" auf den Deckel draufschreiben, sondern "auf viel Fleisch" zeigen. :lache


    Genau. Mein nächstes Cover macht dem Playboy Konkurrenz. Titel? Am Besten sowas wie "Die Stöhnerin von Buxtehude". Inhalt? Ist egal, wie ich gerade gelernt habe. Ich kann schreiben, was ich will, interessiert die Leser ja eh nicht.


    Endlich hat man mir die Augen geöffnet!
    :wave



    Tereza

  • Zitat

    Original von Tereza
    Ich gehe davon aus, dass Leser ein Buch weiterempfehlen, wenn es ihnen gefallen hat, und davor warnen, wenn sie es nicht gut fanden. Daher verkaufen sich manche Bücher besser als andere.


    Jetzt noch mal ernsthaft, zwischen all der Cover-Lingerie:
    Ich habe auch eine ziemlich lange Zeit ziemlich viele meiner Hoffnungen auf diese Annahme gestützt. Inzwischen glaube ich da nicht mehr (uneingeschränkt) dran.
    Das Weiterempfehlungsprinzip gibt es natürlich, aber echte Auswirkungen auf Verkäufe zeigt es nur dann, wenn damit eine kritische Masse erreicht wird. Wenn also enorm viele Leute mit großer Reichweite (zum Beispiel Blogger mit vielen Followern, Facebookseiten-Betreiber mit zehn- oder hunderttausenden von Fans usw.) diesen Titel wiederholt empfehlen, so dass er immer wieder in die Sichtbarkeit gerückt wird. Liesel aus Buxtehude, die den Roman 'Rauschende Nächte' ihrer Nachbarin ans Herz legt, reicht leider nicht - nicht einmal hundert Liesels reichen da.
    Deshalb sind solche Wellen aus eigener Kraft auch sehr selten. Natürlich werden die Amanda Hockings oder - um mal lokal zu bleiben, die Emily Bolds oder die Dinosauriersex-Schreiberinnen in der Szene wie der heilige Gral herumgereicht. Aber die haben den Durchbruch sicher nicht geschafft, weil drei Leute ihre Bücher zufällig entdeckt und dann an jeweils eine weitere Person weiterempfohlen haben. Diese Leute sind in der Regel exzellent vernetzt in der Bloggerszene und Social Networks, die treiben sich z.T. seit vielen Jahren in FanFiction-Foren mit zehntausenden Mitgliedern rum, die einen gewaltigen Multiplikator bilden, wenn sie für eine der ihren Werbung machen. (Und natürlich schreiben sie massentaugliche Themen - aber das tun viele andere auch).
    Diese Voraussetzung haben nur die allerwenigsten Autoren. Ein ähnlicher Effekt kann über sehr aufwändiges und teures Verlagsmarketing in Kombination mit exzellenten Pressekontakten erreicht werden (und dann i.d.R. für ein anderes Publikum) - nämlich die Sichtbarkeit über gekaufte Präsentationstische in Buchhandlungen und über breite Streuung in den Feuilletons der ganz großen Tageszeitungen und über sonstige Medienauftritte (Fernsehen...) zu erhöhen.


    Aber jetzt mal abseits dieser Megabestseller, die einen winzigen Bruchteil aller Bücher auf dem Markt ausmachen:
    Ich habe jetzt über mehrere Jahre die Erfahrung gemacht (als Autor, als Cover-Designer, als Marketing-Helfer), dass insbesondere in der Genre-Literatur der Inhalt zwischen den Buchdeckeln wirklich eine erschreckend geringe Rolle für den Kaufimpuls spielt. Ich habe es Dutzende Male erlebt, dass mehrere Titel zum gleichen Zeitpunkt mit ähnlichen Voraussetzungen starten: Der Autor ein Debütant (entweder wirklich oder weil er ein neues Pseudonym benutzt), ähnliches Genre, identische PR-Maßnahmen. Die Unterschiede: Textqualität (z.T. krasse Unterschiede, die schon auf der ersten Seite der Leseprobe offensichtlich werden). Klappentext (wobei die auch alle sehr ähnlich sind). Cover.
    Nehmen wir an, es erscheinen parallel drei Titel - einer mit halbnacktem, eng umschlungenen Pärchen mitten im Vorspiel oder Spitzenunterwäsche (die gehen gleich gut), einer mit Pärchen, aber ohne nackte Haut, einer klassisch-schön-geschmackvoll gestaltet, ein echter Hingucker, aber ohne Sex.
    Die Leseprobe des ersten Buches kann sich lesen wie ein Verkehrsunfall im Deutsch-Nachhilfeunterricht, und die vom dritten ist richtig gut - man kann blind darauf wetten, dass die Gurke mit ästhetischem Sexcover binnen zweier Tage in irgendeine Top100-Rangliste schießt (und sich da erstaunlich lange hält), während der zweite Pärchentitel so lala dahindümpelt und beim dritten die Verkaufsränge schnell klar machen, dass den nur seine Freunde und Bekannten gekauft haben. Und die dreieinhalb Fans, die er aus seinem Schreibforum hat. Ein englisches Autorenpseudonym auf dem Sexcover kann noch mal als Multiplikator wirken.
    Das ist reproduzierbar. Alle raufen sich die Haare darüber, aber was solls.


    Die weitere Entwicklung stellt sich dann wie folgt dar:
    Die Sexgurke kriegt zwar lange keine Rezensionen, und dann nach ein paar Wochen, einige Einzeiler a la 'Unter Roman stelle ich mich zwar mehr vor, aber so ist auch sehr schön. Danke für schnelle Lieferung.' Sie hält sich unverändert in den oberen Rängen (außerdem gilt hier: je billiger der Preis, desdo höher). Auch wenn die Hälfte der Bewertungen negativ ausfällt.
    Der Durchschnitts-mit-nettem-Pärchen-Titel bekommt recht schnell eine gute Menge positiv-überschwänglicher Rezensionen, meist von Bloggern, die alle drei als Rezensionsexemplar geordert, aber die Gurke nach 25 Seiten abgebrochen und das nächsthübsche Cover gegriffen haben. Die Verkäufe stabilisieren auf Okay-Niveau. Nicht überbordend, aber auch kein Flop. Im Kleinverlag bedeutet das ein paar hundert verkaufte Exemplare über das erste Jahr.
    Das dritte Buch (das mit der gehobenen Hochglanz-Grafik als Cover, das um Welten besser geschrieben war als die anderen beiden) schafft ungefähr die Hälfte der Rezensionen von Titel 2, alle im Vier- und Fünfsterne-Bereich. Die sind teils von wirklich begeisterten Bloggern, teils von Fans. Am Ende des ersten Jahres hat es sich höchstens hundert Mal verkauft, wahrscheinlich deutlich darunter.


    Das Beispiel ist jetzt zwar dahingehend konstruiert, dass die Vergleichstitel auch mal alle miteinander gurkig sind, oder durchschnittlich oder sogar auch mal gut, aber im Großen und Ganzen trifft das schon so zu. Zumindest bei den Verlagen, für die ich arbeite und deren Programme ich entsprechend im Blick behalte.
    Als Autor finde ich das unendlich frustrierend, aber mittlerweile zieht es mich nicht mehr so runter wie früher.


    Last but not least: Das Sex-Konzept ist auch nicht mehr die Gelddruckmaschine, die es mal war. Etliche der erfolgreichen Selfpublisherinnen, die schon länger auf dem Markt und im LiRo-Genre (Erotik inklusive) unterwegs sind, sagen, dass es viel schwieriger geworden ist. Dass man am Anfang wirklich richtig gut Geld damit verdienen konnte, aber mittlerweile die Luft dünn ist, weil so viele einen Krümel vom Kuchen abhaben wollen. Differenzierung über die berühmte 'eigene Stimme' (die impliziert, dass der Autor das Schreiben wirklich drauf hat) scheint in diesem Markt nahezu unmöglich, eben weil es die LeserInnen kaum interessiert. Und seit Horden von Hobby-GrafikerInnen das industrielle Massen-Coverdesign für Selfpublisher als vermeintliche Goldgrube entdeckt haben, ist darüber auch keine Unterscheidung mehr möglich.


    Was man daraus jetzt macht, sei dahingestellt. Als Leser verlasse ich mich (fast) nur noch auf altbekannte Namen, die ich auch vor fünf Jahren schon gelesen habe. Als Autor stelle ich das finanzielle Ergebnis nicht mehr in den Mittelpunkt.
    Aber da muss natürlich jeder seinen eigenen Weg finden.


    :wave