E-Books und Aliens in der FAZ

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    Original von Tereza
    Ich dachte, die Diskussion bezog sich auf den oben verlinkten Artikel. :grin


    Ja. Für mich geht es in dem oben verlinkten Artikel darum, wie ein Selbstveröffentlicher erfolgreich sein kann / könnte. Und dazu gehört eben eine gewisse (auch finanzielle) Vorleistung. Daß man die, wenn das Buch am Ende tatsächlich ein Erfolg wird, natürlich leicht wegsteckt, ist richtig, aber nicht jedes gute Buch wird ein Verkaufsschlager. Und auf genau diesen Punkt wollte ich hinweisen.


    Zitat

    Aber wie ich schon sagte: NIEMAND wird gezwungen, selbst verlegte Ebooks zu kaufen. Daher sehe ich auch keinen Grund, sich derart über sie aufzuregen, wie manche Leute es hier tun.


    Ich fand es bisher nicht besonders "schlimm", wie sich hier über die Selbstveröffentlicher "aufgeregt" wurde. Aber vielleicht bin ich als Nichtbetroffener auch zu unsensibel. Im Gegenteil nehme ich vielmehr wahr (nicht nur bei den Eulen!), daß von Selbstveröffentlichern immer wieder verlangt wird, daß man sie doch ernst nimmt. Sie glauben, sie leisten das gleiche wie "Verlagsautoren" oder sogar noch mehr, weil "Verlagsautoren" ja "alles abgeben".


    Zitat

    Original von Kuckucksheim
    Erfolgreiches Selfpublishing ist nämlich ein Fulltimejob. Das kann man nicht einfach sein Buch gemütlich bei einem Verlag abgeben und den dann die Arbeit machen lassen.


    Das scheint unter Selbstveröffentlichern eine verbreitete Meinung zu sein und da muß ich dann eben sagen: Sorry, aber wenn man es alleine nicht so gut hinbekommst, wie ein Autor und sein Verlag zusammen, dann sucht man sich entsprechende Unterstützung und jammert nicht über mangelnde Wertschätzung der Ergebnisse.


    Zitat

    Original von Tereza
    Wer lieber anspruchsvolle Literatur liest, soll dies tun. Sie wird ja weiterhin verlegt und ist meines Erachtens nicht vom Aussterben bedroht.


    Das würde ich so nicht unterschreiben. Es gab in den letzten Jahren auf dem Buchmarkt große Wellen sehr anspruchsloser Unterhaltungsbücher - Mittelalterfrauenromane mit sehr zweifelhaftem historischen Hintergrund, Heimatkrimikomödien bei denen man sich trotz Leiche köstlich amüsiert und Nackenbeißer mit ganz viel Liebe (nur zur Klarstellung: Ich rede von Verlagsmachwerken!) Darunter hat der Anteil anspruchsvoller Unterhaltung meines Erachtens durchaus gelitten. Wenn wir jetzt auch noch einen weiteren Sektor mit "seichter Unterhaltung" schaffen, wird der Anteil und die Aufmerksamkeit für die gute Unterhaltung noch geringer, bis man eines Tages selbst den schwächsten Verlagsroman noch lobt, weil "wenigstens die Grammatik stimmt".


    Seit der Geiz-ist-geil-Generation ist die Bevölkerung meines Erachtens beim Qualitätsanspruch von Produkten extrem in den Keller gegangen. "Für 1,50 Eur kann man eben nicht mehr verlangen" ist nicht nur bei Büchern eine oft gehörte Aussage. Aber ist das wirklich, was wir wollen? Kein Lektorat, Korrektorat übernimmt die Rechtschreibprüfung, aber am Ende kostet es dann eben auch nur 3 Eur?


    Zitat

    Wenn das Niveau den Bach runtergeht, müsste es aber meines Erachtens daran liegen, dass die breite Mehrheit der Leser es lieber "niveauloser" hat.


    Das ist mir zu billig. Eine Verkaufsstatistik sagt am Ende doch gar nix darüber aus, ob dem Kunden das Buch gefallen hat. Ich denke, wenn man den Markt nicht mit Massenware geschwemmt hätte und der Kunde dementsprechende Auswahl von "anspruchsvollen" Büchern (wir reden immer noch vom Genre leichter Unterhaltung, nicht von Eco oder ähnlichem!) hätte, würde der Verkauf der Bücher nicht weniger werden. Die breite Masse kauft eben das, was man Ihnen vorsetzt. Und sie hat keine Lust, wie ich stundenlang in Buchläden zu stöbern, um am Ende vielleicht EIN brauchbares Buch zu finden, das ich noch nicht kenne. Deshalb gibt sie sich mit den Bücherstapeln auf den großen Tischen zufrieden, die zumindest bei den großen Buchhändlern nach Vergütung von den Verlagen bestückt werden sollen und nicht nach Qualität (hab ich mir sagen lassen - keine Ahnung ob das stimmt, aber zumindest Qualität scheint da kein Kriterium zu sein).

    "Wie kann es sein, dass ausgerechnet diejenigen, die alles vernichten wollten, was gut ist an unserem Land, am eifrigsten die Nationalflagge schwenken?"
    (Winter der Welt, S. 239 - Ken Follett)

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    Original von Kuckucksheim
    Ich bin vermutlich auch die Einzige, die das Buch von Vanessa Mansini (um das es hier ursprünglich ging) gelesen hat. Es war sehr unterhaltsam und lustig, natürlich nichts, was mich noch tagelang beschäftigt hat, aber es war handwerklich ordentlich (um mal bei dem Vokabular zu bleiben). Obwohl der Autor zu diesem Zeitpunkt noch nicht sonderlich erfolgreich war, hat das Buch eine Lektorat und Korrektor erhalten - das heißt, der Autor ist für das Buch in finanzielle Vorleistung gegangen. Nun kann sich das sicherlich nicht jeder ambitionierte SPler leisten, nur dann entscheidet eben der Leser, ob ihm das Buch gefällt oder nicht.


    Prüft denn der Leser wirklich, ob der Autor vorher Lektorat + Korrektorat erhalten hat? Ich könnte mir vorstellen, daß Selbstveröffentlicher in absehbarer Zeit auf ihren Bücher angeben, von wem sie Lektorat + Korrektotrat erhalten haben, damit der Leser nicht weiterhin Pussi in Jute kauft, sondern eine Vorstellung hat, was ihn erwartet. Natürlich gibt es für sowas Leseproben, die einen ersten Einblick vermitteln, was wenigstens Rechtschreibung und Grammatik angeht, aber durch wie viele Leseproben will man sich wühlen, nur um ein vernünftiges Buch zu finden?

    "Wie kann es sein, dass ausgerechnet diejenigen, die alles vernichten wollten, was gut ist an unserem Land, am eifrigsten die Nationalflagge schwenken?"
    (Winter der Welt, S. 239 - Ken Follett)

  • Wie sich gezeigt hat, sitze ich mit meinem Vorschlag nun zwischen den Stühlen.
    Da jedoch grundsätzliches Interesse bekundet wurde, eröffne ich einen neuen Strang.
    Ich bitte um ein wenig Geduld.


    @ LeSeebär:
    Keine Angst, ich würde mir niemals anmaßen in der Rubrik "Autoren unter sich" einen Beitrag zu eröffnen ;-).


    @ beisswenger:
    Aye aye Sir!


    @ magali:
    Es wäre schön, wenn Du mitlesen würdest und manchmal wird der Mensch auch schwach ;-).


    @ Ida:
    Wo die Diskussion hinführt, werden wir sehen.

  • Danke, Salonlöwin.


    Ich finde so eine Diskussion sehr interessant und bin schon gespannt, wo sie hinführen wird.

    Man möchte manchmal Kannibale sein, nicht um den oder jenen aufzufressen, sondern um ihn auszukotzen.


    Johann Nepomuk Nestroy
    (1801 - 1862), österreichischer Dramatiker, Schauspieler und Bühnenautor

  • Salonlöwin


    ich bin kein Mensch, ich bin das Forumsmonster. Das hast Du grad vergessne, aber ich erinnere gern daran.


    Wenn Du den Thread eröffnest, achte darauf, daß Du das Eingangsposting möglichst präzise abfaßt, das kann dann später helfen.


    Und sag hinterher nicht, ich hätte Dich nicht gewarnt.


    Wir sehen uns in der Rappelkiste.
    Glück auf.



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Eine kurze Anmerkung zum Thema „Massenware“ ganz allgemein: Viele Kunden wollen tatsächlich genau das haben! Leichte anspruchslose Lektüre, das literarische Equivalent eines handelsüblichen „Chill-Klassik“-Samplers. Ob diese Leute mit anspruchsvollerer Lektüre klarkommen würden wage ich tatsächlich in vielen Fällen zu bezweifeln, wobei mir tatsächlich diese Herangehensweise an Literatur und Bücher vollkommen fremd ist. Aber die Leute sind zufrieden – also bin ich es auch!

  • Zitat

    Original von LeSeebär


    Das ist mir zu billig. Eine Verkaufsstatistik sagt am Ende doch gar nix darüber aus, ob dem Kunden das Buch gefallen hat. Ich denke, wenn man den Markt nicht mit Massenware geschwemmt hätte und der Kunde dementsprechende Auswahl von "anspruchsvollen" Büchern (wir reden immer noch vom Genre leichter Unterhaltung, nicht von Eco oder ähnlichem!) hätte, würde der Verkauf der Bücher nicht weniger werden. Die breite Masse kauft eben das, was man Ihnen vorsetzt.


    Die Verkaufsstatistik sagt sehr wohl etwas darüber aus, wie ein Buch den Leuten gefallen hat. Glaubst du wirklich, ein Text hält sich Monate lang in der Bestsellerliste, wenn dreiviertel der Leser von ihm enttäuscht sind? Natürlich spielt Werbung auch eine Rolle, aber auch die allergrößte Werbekampagne bringt nichts, wenn Leser das Buch nicht annehmen.
    Nehmen wir mal die Grauschatten. Die Autorin veröffentlichte ihren Text zunächst im Internet. Wahrscheinlich hätte sie es auch schwer gehabt, dafür einen Verlag zu finden. Aber bald darauf war er so beliebt, dass ein Verlag ihn kaufte. Der Rest der Geschichte war ein weltweiter Erfolg.
    Nun werden ähnliche Texte auf den Markt geworfen. Und andere (vielleicht sogar etwas anspruchsvollere) werden äußerlich so präsentiert, dass sie ins Schema passen. Dann liegen sie stapelweise in den Buchhandlungen. Aber sie verkaufen sich keineswegs alle gleich gut. Manche floppen sogar. Die Verlagswelt zieht daraus ihre Schlüsse: das läuft, das offenbar nicht. Autoren, deren Texte nicht so gut liefen, werden gedrängt, sich anzupassen, wenn sie weitere Verträge wollen.
    So funktionieren die ganzen Trends. Der Markt reguliert sich selbst. Das wird auch bei den selbst verlegten Ebooks der Fall sein. Ein fehlende Lektorat kann für den Autor durchaus negative Auswirkungen haben, wenn in den Rezensionen über die vielen Rechtschreibfehler geklagt wird. Das beeinflusst natürlich die Verkaufszahlen. Wenn der Autor schlau ist, dann lernt er daraus.


    Um das allgemeine Niveau anzuheben, müssten Verlage meines Erachtens gezielt darauf verzichten, leichte bzw. seichte (ich fälle hier bewusst kein Urteil)Romane zu verlegen, nur weil die sich gut verkaufen. Dann hätten die Leser keine andere Wahl, als zu anspruchsvolleren Büchern zu greifen (und die Selfpublisher würden sich ins Fäustchen lachen, weil ihr Zeugs plötzlich weggeht wie warme Semmeln.) Vielleicht würde diese Einschränkung einige Leser dazu bringen, dass sie Geschmack an etwas literarisch gehobener Unterhaltung finden. Aber es wäre für die Verlage finanziell u.U. eine Katastrophe und zudem wäre es eine Art Zensur, wie sie eher in Diktaturen üblich ist.


    Und nun hoffe ich, das Salonlöwin bald ihren thread aufmacht, wo Autoren sich besser heraushalten sollten. Ich muss nämlich an meinem nächsten Buch weiterschreiben und diskutiere hier stattdessen dauernd herum. :cry


    Viele Grüße


    Tereza


  • Ich sehe das ähnlich - die Bücher verkaufen sich, weil sie den Geschmack der breiten Käuferschichten treffen. Und das sind nun einmal nicht die Eulen, die fünf Bücher in der Woche verschlingen, sondern die, die diese fünf Bücher im Jahr lesen. Das letzte, was sie gelesen haben, hat gefallen und nun soll es gern was Ähnliches sein. Ich kann nichts Verwerfliches daran sehen, dass Verlage darauf aufspringen und mit Massenware Geld machen wollen (auch wenn mich dieses auf Erfolgswellen schwimmen ziemlich nervt). Was mich aber ärgert, ist das große Gewese, welches Verlage um ihr Tun betreiben "Kulturgut Buch" und Trallala. Wenn dieses Geld wenigstens dafür genutzt würde, auch mal was Interessantes, Neues zu fördern. Stattdessen werden Unsummen in Lizenzen gesteckt und Bücher in hochwertiger Ausstattung vermarktet, die inhaltlich kaum übers Heftchenniveau heraus kommen. Auch diese Bücher haben ihre Berechtigung, aber es kommt doch auf die Mischung an! Statt immer schneller immer mehr Abklatsch auf den Markt zu werfen würde ich mir zudem wünschen, dass den Büchern eine längere Halbwertzeit gestattet wird. Kaum draußen, schon wieder verschwunden. Wie soll man da noch was Interessantes finden, wenn man nicht zur breiten Masse der Gelegenheitsleser gehört?


    Da der E-Book-Markt zwar am wachsen, aber noch vergleichbar klein ist, denke ich allerdings nicht, dass es die Umsätze von selbstveröffentlichten Büchern wesentlich steigern würde, gäbe es keine entsprechende Literatur auf dem Buchmarkt. Ich denke, dass sind tatsächlich getrennte Märkte, sonst hätte es doch keinen Sinn, wenn Verlage Selfpublisher unter Vertrag nehmen. Abgesehen davon, dass selbst Heftchenromane noch besser zu lesen sind als das was ich mir so an Leseproben auf Amazon angetan habe.

  • Warum eigentlich dieser Geschiß über „Literatur“ contra „Seichte Scheisse“? Die Leute wollen austauschbare Massenware und geben dafür eine Haufen Geld aus – so what? Es gibt immer noch – und, by the way, wird weiterhin geben – genug Gutes und Anspruchsvolles, Originelles und Herausforderndes auf dem Buchmarkt, so das allen gedient ist.


    Verlage sind Wirtschaftsunternehmen – sie wollen Geld verdienen! (Und ich wette das keiner von denen die jetzt mit Ideologien um sich werfen ehrenamtlich arbeitet)


    Man nennt so etwas eine „win – win“ Situation: Seichte Massenware wird produziert und Leute geben freiwillig Geld dafür.


    Und: Ja, die Qualität der Verlagserzeugnisse und des Selfpublishing nähern sich immer mehr an – welche Seite sich mehr bewegt will ich lieber nicht wissen. Im Augenblick versuchen die Verlage auf verschiedene Art und Weise an dem SP-Erfolgsmodel teilzuhaben, und zwar teilweise so nachdrücklich, das man das ganze, sofern man noch einen etwas romantisch-verklärten Blick auf die Institution „Verlag“ hat, als geradezu entwürdigend ansehen könnte.


    (Das Problem liegt hier aber meines Erachtens woanders: Die Verlage haben einfach – grundlos, denke ich -Angst etwas zu verpassen und stürzen sich deshalb blindlings auf etwas das sie einfach gelassen beobachten könnten)


    Man kann die Einführung der allgemeinen Schulpflicht (mehr Leute lernten Lesen) oder aber die Erfindung des Taschenbuchs (mehr Leute konnten sich Bücher leisten) und zahllose andere Ereignisse für die Entwicklung verantwortlich machen, unter dem Strich bleibt einfach die Tatsache: Viele Leute wollen seichte Scheiße, und diese wird also bereitgestellt.


    Und was ist daran schlimm? Die Leute haben Spaß daran, sie sammeln Bücher von verschiedenen Autoren und erfreuen sich an ihren Geschichten und merken nicht mal, das es seichter Mist ist den sie konsumieren. Sie haben einfach Spaß.


    So wie wir alle beim Lesen!

  • Zitat

    Original von Tilia Salix
    Was mich aber ärgert, ist das große Gewese, welches Verlage um ihr Tun betreiben "Kulturgut Buch" und Trallala. Wenn dieses Geld wenigstens dafür genutzt würde, auch mal was Interessantes, Neues zu fördern. Stattdessen werden Unsummen in Lizenzen gesteckt und Bücher in hochwertiger Ausstattung vermarktet, die inhaltlich kaum übers Heftchenniveau heraus kommen.


    An dieser Stelle liegt für mich der Hund begraben. In Deiner Aussage ebenso wie in Bodos. Ich sehe das ganz genauso wie ihr beide.


    Was mich persönlich unendlich auf die Palme bringt, ist die Heuchelei, die das ganze Thema umgibt. Die 'seichte Scheiße' mit Goldflitter als Kulturgut zu verkleiden, statt offen zu sagen, dass es eigentlich ein Heftchenroman ist, der zwischen zwei teuren Hardcover-Buchdeckeln steckt. Aber natürlich gehört es zum Erfolgsmodell dazu, dass sich die Verfasser solcher Dinger stolz als Autoren (aka tolle Künstler) in die Brust werfen können, die Verlage sich im Glanz-Image der Kulturbewahrer sonnen dürfen und die Leser sich im Gefühl erhöhen, nicht schundige Heftchenromane, sondern gehobenen Lebensstil ausstrahlende Bücher zu lesen.
    Denn 'seichte Scheiße' in Goldfolie gewickelt fühlt sich für alle Beteiligten doch einfach viel besser an. Wirtschaftlich ist das natürlich in der Tat eine Win-Win-Situation (zumindest kurz- bis mittelfristig): Ein Produkt wird durch Markenbildung so stark überhöht, dass man es für viel mehr Geld verkaufen kann, als es eigentlich wert ist. Blöd nur, dass das Geschäftsmodell so attraktiv ist, dass viel zu viele darauf aufspringen wollen und die Konkurrenz sich darüber schier selbst auffrisst. Und man dann doch wieder beim Preiskampf landet. Aber das ist natürlich wieder ein ganz anderes Thema.

  • „Das Buch“ als Medium allgemein gesehen ist tatsächlich ein Kulturgut! Und ich sehe eigentlich nicht das die Publikumsverlage hier zu dick auftragen oder sich als etwas aufspielen was sie nicht sind. Sie betreiben Marketing, was ich ganz normal finde.


    Nur eines noch: Ein Ex-PI und Groschenheftautor gilt heute als Schöpfer der typischen amerikanischen Kriminalliteratur, ebenso wie einige seiner Nachfolger, von denen einige auch für Groschenhefte tätig waren. Wohlgemerkt, sie werden als Literaten von Rang angesehen, nicht nur als gute erfolgreiche Autoren.


    Disney Pictures versenkte unlängst 250 Millionen (!) um das Werk eines anderen Schundautoren auf die Leinwand zu bringen – ein Autor dessen Figuren, ähnlich wie einige seiner zur selben Zeit tätigen Kollegen, immer noch Teil der Populärkultur sind.
    Und nicht Wenige achten all diese Schriftsteller heute als durchaus beachtliche Literaten.


    Nur so ein Gedanke zum Thema „gute“ und „schlechte“ Literatur...

  • Bodo, mir geht es nicht darum, seicht mit schlecht gleichzusetzen. Und natürlich ist das Medium Buch ein Kulturgut, aber das macht doch nicht jedes Druckwerk gleich zu kultureller Ware. Ich habe ein Problem damit, dass Verlage Bücher auf den Markt schmeißen, deren Ausstattung und Marketing suggerieren, es handle sich um gehobene Unterhaltung - und dann ist das doch nur wieder "seichte Scheiße in Goldfolie", wie agu so bildlich formulierte. Mag sein, dass sich da Gelegenheitsleser wiederfinden, ich aber nicht. An sich nicht schlimm. Nur: der Gelegenheitsleser kauft dat Ding auch als Taschenbuch in Massen, warum also zusätzlich Leser verarschen und Leute zum Kauf bewegen, die nach Lektüre unzufrieden zurück bleiben? Es gibt mittlerweile Verlage, da kaufe ich bestimmte Genres nicht mehr, weil ich mehrmals böse auf die Nase gefallen bin.

  • Zitat

    Original von Tilia Salix
    Bodo, mir geht es nicht darum, seicht mit schlecht gleichzusetzen. Und natürlich ist das Medium Buch ein Kulturgut, aber das macht doch nicht jedes Druckwerk gleich zu kultureller Ware.


    Jedes Buch - und sei es noch so schlecht - ist ein Kulturgut. Denn der Begriff "Kultur" als solcher wertet nicht - er ist lediglich ein Sammelbegriff.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Voltaire


    Jedes Buch - und sei es noch so schlecht - ist ein Kulturgut. Denn der Begriff "Kultur" als solcher wertet nicht - er ist lediglich ein Sammelbegriff.


    "Culture is ordinary, a whole way of life", sagte schon der Kulturtheoretiker Roland Barthes. :-)

  • Zitat

    Original von Voltaire


    Jedes Buch - und sei es noch so schlecht - ist ein Kulturgut. Denn der Begriff "Kultur" als solcher wertet nicht - er ist lediglich ein Sammelbegriff.


    Voltaire, ich sprach vom Gegenstand Buch. Mein Notizbuch ist der Form nach ein Buch, aber ist es auch ein Kulturgut? Ist das Telefonbuch ein Kulturgut? Wobei ich hier nicht den sehr weiten Kulturbegriff der Kulturwissenschaften meine, denn der umschließt praktisch alles. Ich meine den eng gefassten Kulturbegriff, mit dem Verlage so gern argumentieren, wenn es um Fragen der Buchpreisbindung geht, oder um Gedrucktes vom E-Book zu trennen.

  • Zitat

    Original von Tilia Salix


    Voltaire, ich sprach vom Gegenstand Buch. Mein Notizbuch ist der Form nach ein Buch, aber ist es auch ein Kulturgut? Ist das Telefonbuch ein Kulturgut? Wobei ich hier nicht den sehr weiten Kulturbegriff der Kulturwissenschaften meine, denn der umschließt praktisch alles. Ich meine den eng gefassten Kulturbegriff, mit dem Verlage so gern argumentieren, wenn es um Fragen der Buchpreisbindung geht, oder um Gedrucktes vom E-Book zu trennen.


    Wikipedia definiert "Kultur" so:
    Kultur (zu lateinisch cultura „Bearbeitung, Pflege, Ackerbau“, von colere „pflegen, verehren, den Acker bestellen“) ist im weitesten Sinne alles, was der Mensch selbst gestaltend hervorbringt,


    Über die Qualität des Gestalteten steht da nichts. Insofern ist auch dein Notizbuch oder das Telefonbuch ein Kulturgut.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Ja, Voltaire. Das ist die Definition, mit der die Kulturwissenschaften heute arbeiten. Das ist aber nicht der Kulturbegriff, mit dem die Verlage argumentieren. Denn wie ließe sich die Buchpreisbindung damit begründen, dass Bücher Kulturgüter sind, die besonders geschützt und jedem zu gleichen Bedingungen zugänglich gemacht werden sollen, wenn praktisch alles Kulturgut ist?

  • Da wir gerade bei Definitionen sind, könnte mal jemand das Wort "Schund" definieren? Mir fallen natürlich auf Anhieb einige Bücher ein, die ich als Schund bezeichnen würde, aber ich befürchte, dass es Leser gibt, die anderer Meinung wären. Sicherlich hat jeder der an der Diskussion beteiligten Autoren schon die ein oder andere miese Rezension bekommen. Eventuell ist auch schon mal eins seiner Werke als Schund bezeichnet worden. Aber ich kenne nun wirklich keinen Autoren, der sein eigenes Buch für Schund hält. Also wessen Meinung zählt jetzt mehr? Ich finde das Thema überaus schwierig zu bewerten.

  • Ich würde jetzt kein Buch, das ich kenne, als "Scheiße" oder "Schund" definieren.
    Jede Geschichte hat ihrem Zielpublikum etwas zu geben und wenn es Erholung vom Alltag ist, und wenn es einige heitere, einige bewegende Minuten weg aus einer tristen Alltagssituation sind. Meine Oma ist 86 und kann kaum noch laufen. Sie hat früher viel Heftchenromane gelesen und ist jetzt immer dankbar, wenn man ihr aus diesen uralten Dingern etwas vorliest, die sie noch im Dachboden liegen hat. Es erinnert sie an die guten Zeiten. Die einfachen Sätze überanstrengen sie nicht, sie kann abschalten und die Gefühle die in der Geschichte sehr schlicht vermittelt werden nachvollziehen. Wir als ihre Familie sind froh darüber.
    Ich kenne auch genug junge Leute, für die schon das Lesen eines Heftchenromans eine Herausforderung darstellt, weil sie es mit der Sprache nicht so leicht haben aus unterschiedlichen Gründen. Und wenn es nur noch dicke Wälzer mit hochgeistiger Literatur gäbe, auch keine ebooks und keine lechte Lektüre zum Download? Dann würden die wirklich nur noch ihre Facebookstatusmeldungen lesen und ihre SMS und das wärs.


    Solange eine Geschichte auch nur einem Menschen Lesefreude bringt, weigere ich mich diese als "Schund" zu bezeichnen, ganz egal, ob sie jetzt meinen persönlichen Geschmack trifft oder nicht.