Karl - ausgeliefert - Bernhard Giersche

  • "Das Spiel ist zu Ende, wenn ich sage, dass es zu Ende ist!" Die Entführung des Multimillionärs Karl Grothner soll Marius Kleinhans reich machen. Trotz aller schützenden Sicherheitssysteme gelingt ihm der große Coup, doch um welchen Preis? Hätte er sich über die Persönlichkeit seines Opfers mehr Gedanken gemacht, wäre er Einbrecher geblieben, statt zum Kidnapper zu werden. Aber zur Umkehr ist es schon lange zu spät! Eine tödliche Maschinerie aus Mord, Lügen und Intrigen gerät unaufhaltsam in Gang. Der Strudel aus Machtgier und morbider Liebe reißt alle Protagonisten mit sich. Wer wird verlieren, wer gewinnen? Wer ist gut und wer ist böse?


    Vorab: "Karl - ausgeliefert" ist neben "Das letzte Sandkorn" das zweite Buch aus der Feder von Bernhard Giersche. Neben den beiden Büchern gibt es auch noch Kurzgeschichten, z. B. "Nummer 27" in der Anthologie "24 kurze Albträume" von ihm.


    Wer "Das letzte Sandkorn" gelesen hat, weiß, dass Bernhard Giersche immer am Puls der Zeit ist. Er presst seinen literarischen Finger tief in die Wunden des Lesers und hinterlässt darin Eier, deren Ausgeburt noch lange, lange Zeit nach dem Lesen "Juckreiz" verursacht. Was ich damit sagen will: der Stoff aus dem seine Bücher sind gibt einem noch lange Zeit zu Denken.


    Aber nun widmen wir uns doch mal Karl Grothner: Karl ist (nicht) sexy. Karl ist reich. Karl ist erfolgreich. Karl leitet sein eigenes Imperium: "Grother Solutions" - ein Geflecht aus verschiedenen Geschäftszweigen, das bekannt dafür ist, für jedes Problem eine Lösung zu haben. Und wenn es mal keine Lösung gibt, schafft man sich eben eine in Form eines neuen Geschäftszweiges.


    Karl hat eine AGENDA für sein ganzes Leben. Jede Minute, jede Sekunde seines Tages folgt einem Plan - SEINEM Plan. Nur eines hat Karl nicht bedacht: die Variable Marius Kleinhans bringt seine Gleichung des Lebens in ein Ungleichgewicht, und die Auflösung dieser Variable bringt ein paar Probleme mit sich. Aber nichts, wofür Karl nicht eine Lösung parat hätte - oder auch nicht.


    Bernhard Giersche hat sich mächtig ins Zeug gelegt um das Bild von Karl zu perfektionieren. Nach und nach wird man mit Details aus Karls bisherigem Leben gefüttert, die dieses Bild von einem Mann vervollkommnen und die Gründe für sein "seltsames" Verhalten liefern.


    Marius Kleinhans spielt in "Karl - ausgeliefert" eine nicht unwichtige Rolle und schafft es mit wenigen Handgriffen Karls Welt aus den Fugen zu heben. Seine Handlungen sind - aus seiner Sicht - absolut nachvollziehbar und die Idee dahinter ist absolut genial. Bis ins kleinste Detail hat er seinen Coup geplant - doch auch er macht dabei einen kleinen Fehler: er hat die Rechnung ohne Karl gemacht.


    Im Laufe der Seiten lernen wir noch weitere Personen kennen, so z. B. die reizende Elisabeth Huss, Karls kompetente Chefsekretärin, die bereit ist, weitaus mehr für ihren Chef zu tun, als sich dieser in seinen kühnsten Träumen vorstellen kann/will. Oder Dr. Hans-Peter Krieger (wir sind weder verwandt, noch verschwägert), Jurist in Reinkultur. Er ist einer der wenigen Menschen in Karl Grothners innerem Zirkel, der Fragen stellen darf, ohne gefeuert zu werden.


    Der Autor schafft es auch hier wieder, den Spannungsbogen bis zum Schluss konstant hoch zu halten, indem er uns Lesern immer wieder ein Häppchen hinwirft, mit dem man seine Gedanken auf Reise schicken kann. Die Reise endet jedoch jedes Mal in einer Sackgasse. Zumindest war es bei mir so. Zu keinem Zeitpunkt war der Ausgang vorhersehbar. Und zum Schluss dann ein Ende mit Schrecken, das einem nochmal vor Augen führt wie ausgefuchst der ganze perfide Plan ist, bzw. war.


    Gleich zu Beginn wird man mitten in ein Szenario geworfen, dass alles bietet, was das Thriller-Herz begehrt: Hochspannung, Action, Tempo... Bernhard Giersche tritt gleich zu Beginn kräftig das Gaspedal - und zu keiner Zeit gerät der Plot ins Stocken, obwohl das Gaspedal zu klemmen scheint und die Bremsen nicht funktionieren.


    "Karl - ausgeliefert" ist eines der wenigen Bücher, die einen von Anfang an in seinen Bann schlagen und erst ganz zum Schluss wieder auswerfen. Zurück bleibt ein Leser, der das soeben Gelesene erst mal verdauen muss. Bernhard Giersche lässt uns an seinem Wissensfundus und an den Ergebnissen seiner Recherchen teilhaben und beglückt uns mit einem Mann, der seinesgleichen sucht und auf den die Welt gewartet hat: KARL!

  • Wenn Bernhard Giersche etwas schreibt, dann stellen sich mir schon gleich zu Beginn die Nackenhaare auf. Und so wurde ich nicht enttäuscht, denn auch hier beschreibt der Autor bildlich seine Fantasien und lässt den Leser in Abgründe blicken, die so perfide sind, dass man es kaum für möglich hält. Aber das Böse gibt es durchaus in der Realität. Und hier gibt ihm der Autor Platz zum Atmen. Mir hat sein zweiter Thriller viel besser gefallen, als der erste. Ein rundum gelungener Lesegenuss, bei dem auch der ein oder andere Albtraum nicht ausbleibt. Karl ist besonders, genau so wie die anderen Protagonisten in seinem Werk. Ich kann diesen Roman mit guten Gewissen empfehlen, allerdings nur wenn man keine Angst vor dem Keller hat.
    Daumen hoch oder auch Hände festgekettet!

    Fay
    Ein Roman ist wie der Bogen einer Geige und ihr Resonanzkörper wie die Seele des Lesers. (Stendhal)