Bei meinen Streifzügen durch die Niederungen der Leipziger Regionalkrimigefilde bin ich auf dieses Buch gestoßen. Zugegeben, habe ich mich durch die für einen Regionalkrimi recht edle Aufmachung mit geprägtem Titel blenden lasse.
Ein Baulöwe liegt tot in der Grube. Ein sonderlich beliebter Zeitgenosse war er wohl nicht, und so gibt es haufenweise Verdächtige: geprellte Geschäftspartner, eine verlassene Geliebte, eine durchgeknallte Schwester, die vernachlässigte Ehefrau, oder gar ein korrupter Beamter der Baubehörde? Als Kommissar Heine bei Letzterem zu aufdringlich ermittelt, wird er prompt suspendiert (die ganze Stadtverwaltung, ein Klüngel!) und muss sich desweiteren ohne Legitimation um den Fall kümmern.
Das macht er dann auch, wenig professionell, dafür gründlich und das trotz ernsthafter Eheprobleme.
Das klingt erstmal zwar nicht sonderlich originell, aber das ist gar nicht das Problem.
Die Autorin fährt eine ganze Armada an Verdächtigen auf, beinahe jedes denkbare Motiv wird abgedeckt: Korruption, Eifersucht, Erpressung, Rache. Leider bleibt bei diesem Konvolut von möglichen Tätern kein Raum, die einzelnen Charaktere und ihre möglichen Motive ordentlich auszuarbeiten. Irgendwie wirkte nahezu das gesamte Personal auf mich wie Laiendartsteller, die die ihnen zugedachte Rolle mehr schlecht als recht ausfüllen
Auch der Plot gerät der Autorin aus dem Ruder. Denn spätestens mit der Suspendierung des Kommissars verliert das Buch jeden Bezug zur Realität. Offenbar ist es zwar für einen Regionalkrimi zwingend notwendig, dass die Lokalitäten korrekt geschildert werden, ansonsten scheint aber eine stimmige Geschichte eher zweitrangig. Es ist egal, wenn ein suspendierter Polizist völlig unbehelligt weiter ermittelt, im Liebestaumel eine Verdächtige deckt (ui, das ist ja zweideutig :wow) und des nächtens in fremde Häuser einbricht. Aber wehe, der Grieche auf der Hoffmann-Straße, bei dem er abends einkehrt, ist in Wirklichkeit ein Ungar!
Selbst die politische Dimension hat die Autorin vergeigt. Es spricht gar nichts dagegen, das Thema auch eines Regionalkrimis "hoch anzubinden". Und ich persönlich halte Korruption für eines der schlimmsten Übel in einer Gesellschaft, aber finde es gerade deshalb schade, dass dieses Thema hier auf Stammtischniveau abgehandelt wird. So schimpft Heine gerne auf die Beamten, die sich den Arsch breitsitzen, aber offensichtlich ist ihm dabei entgangen, dass er selbst doch auch ein Beamter ist. Anstatt seinem Verdacht also nachzugehen, nachzubohren, wie Filz überhaupt funktioniert, Beweise zu finden, sich womöglich Unterstützung bei der Abteilung für Wirtschaftskriminalität zu suchen, pöbelt er ein wenig rum und ist ansonsten der Ansicht, dass er mit seinem gesunden Volksempfinden richtig liegt: wer solch eine Villa hat, der kann ja nur korrupt sein.
„Leipziger Affären“ ist ein Regionalkrimi, der mit Polit- und Psychothriller-Elementen aufgepeppt werden sollte, und doch am Ende nicht Fisch und nicht Fleisch ist.