Martin Gülich: Der Zufall kann mich mal
Thienemann 2014. 192 Seiten
ISBN-13: 978-3522202084. 12,99€
Vom Verlag empfohlen ab 12 Jahre
Verlagstext
Tim, 14, hat seit einem Fahrradunfall ein steifes Bein. Doch er kann sehr gut mit seiner Behinderung leben und hat hauptsächlich mit den ganz normalen Problemen des Erwachsenwerdens zu kämpfen: Sein bester Freund Luca und er sind in dasselbe Mädchen verliebt und Tims ehemaliger Freund Remo hat sich total verändert. Tim findet heraus, dass der Grund dafür der Alkoholismus von Remos Vater ist und er beschließt Remo zu helfen. Die beiden hecken verrückte Strategien aus, um Remos Vater von der Flasche wegzubekommen, und bringen ihn schließlich dazu, eine Therapie zu beginnen. Das alles liest sich witzig, mit einer ernsthaften Leichtigkeit, berührt den Leser und regt zum Nachdenken an!
Der Autor
Martin Gülich, geboren 1963, lebt und arbeitet als freier Schriftsteller in Stuttgart. Seit seinem Jugendroman-Debüt „Vorsaison“ (1999) sind neben einem Band mit Kurzprosa fünf weitere Romane von ihm erschienen, zuletzt „Was uns nicht gehört“ (2012). Seine Bücher wurden in neun Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Thaddäus-Troll-Preis, dem Reinhold-Schneider-Förderpreis der Stadt Freiburg und dem Heinrich-Heine-Stipendium der Stadt Lüneburg.
Inhalt
Den Film Moby Dick hat Tim in der Schule verpasst, der ihm seinen Spitznamen Ahab einbrachte. Ein Bein nach vorn, das andere Bein seitwärts im Bogen herumsetzen, genau wie Melvilles Kapitän bewegt Tim sich nach seinem Fahrradunfall. Grund für den Unfall war Tims Schnapsidee, sein Buch unter die Klingel zu klemmen und auf dem Rad schnell noch ein paar Seiten zu lesen. Im normalverrückten Alltag eines Vierzehnjährigen spielt Tims Behinderung nur eine Nebenrolle und doch wird in Tims umständlicher Art zu erzählen deutlich, wie stark sein Handicap ihn einschränkt. Radfahren, Hockeyspielen, spontan etwas mit der Clique unternehmen – mit einem steifen Bein kann man das vergessen. Im Moment drehen sich Tims Gedanken um seinen Freund Remo. Freundschaft für die Beziehung der beiden wäre zu zurückhaltend ausgedrückt, sie sind wie Brüder. Seit Remos Eltern sich getrennt haben, gibt es mit Tims Freund Probleme in der Schule, schließlich schwänzt Remo die Schule ganz. Wer bereits Ärger gemacht hat, wird schnell zum Sündenbock, so dass sogar die Polizei gegen Remo ermittelt. Als Remo seinem Freund endlich anvertraut, dass sein Vater Alkoholiker ist, beschließen die beiden eine aberwitzige Hilfsaktion. Dass den Jungs ein glaubwürdiger Weg aus dem Alkoholproblem von Remos Vater einfallen würde, hatte ich ihnen ehrlich gesagt nicht zugetraut.
Fazit
Vierzehn ist mit Abstand das blödeste Alter, das einem Jugendlichen passieren kann, meinte Luca zu Beginn. Tim wird in diesem schwierigen Jahr erwachsen - und seine Freundschaft zu Luca und Remo übersteht sogar die erste Schwärmerei für ein Mädchen. Als Junge, der gern liest und in seiner Stammbuchhandlung persönlich bekannt ist, scheint Tim in Gülichs Jugendroman die Idealbesetzung für die Rolle des sonderbaren Vogels zu sein. Charakteristisch für Tims spezielle Art ist die Zielsicherheit, mit der er sich beim Erzählen möglichst weit vom Thema weg bewegt. Junge, komm endlich in die Gänge, würde ich Tim am liebsten zurufen. Wie seine Hauptfigur kommt auch das Buch erst allmählich in Gang, berührt dann aber mit Martins Gülichs verhaltener Darstellung seines gehandicapten Anti-Helden.
8 von 10 Punkten