x Autoren: Michael Tsokos, Saskia Guddat
x Originaltitel: Deutschland misshandelt seine Kinder
x Genre: Sachbuch
x Erscheinungsdatum: 03. Februar 2013
x bei Droemer Knaur
x 256 Seiten
x ISBN: 342627616X
x Erste Sätze: Einleitung. auf das Thema “Kindesmisshandlung” angesprochen, reagieren erstaunlich viele Menschen mit reflexartiger Abwehr. Oft durch Bagatellisierung nach dem Muster: “Ein Klaps hat noch keinem geschadet”, oder auch durch glatte Verleugnung: “So etwas macht doch heutzutage in Deutschland niemand mehr!”
Klappentext:
Jedes misshandelte Kind ist eines zu viel
Das deutsche Kinder- und Jugendschutzsystem versagt mit grausamer Regelmäßigkeit. Sozialarbeiter und Ärzte schreiten auch bei erkennbaren Misshandlungsfällen oft nicht ein. Richter sprechen in Zweifelsfällen vorschnell die Angeklagten frei.
Die Rechtsmediziner der Berliner Charité Michael Tsokos und Saskia Guddat decken gravierende Missstände auf und zeigen, wie wir die Gesundheit und Rechte der Kinder besser schützen können.
Rezension:
Ein Buch wie “Deutschland misshandelt seine Kinder” von Michael Tsokos und Saskia Guddat zu lesen, ist meiner Meinung nach die Pflicht eines jeden Erwachsenen. Wir alle waren Kinder, garantiert wurden mehr als ‘nur einige’ in verschieden schweren Graden misshandelt – und wer hätte sich als Kind nicht gewünscht, dass einem ein Erwachsener hilft, und selbst wenn es ein Fremder ist!?
Die Autoren wollen mit diesem Buch ein Tabuthema ansprechen und vor allem eine Diskussion lostreten. An dieser Stelle fragte ich mich aber ehrlich gesagt: Sollte dieses Buch dann nicht jedem zugänglich gemacht werden? Ein Hardcover mit nicht einmal 300 Seiten ist mit 20 Euro schon teuer genug, aber hätte es hier nicht auch eine unaufwändige Taschenbuchausgabe für 5 Euro getan? An diesem Punkt hinkt das Prinzip in meinen Augen. Klar – die Autoren und auch der Verlag verdienen ihr Geld damit, aber im Auftrag der Aufklärung wäre ein bisschen ehrenamtliches Engagement auch nicht schlecht.
Wenn ich schon dabei bin, würde ich auch gerne gleich auf meinen zweiten Kritikpunkt zu sprechen kommen: Klischees. Für den unaufmerksamen Leser wird folgende Botschaft ankommen: “Die Mischung aus Gepierct, Tättowiert, Harz4 und Muskeln = der Vorzeige-Kinderschläger” – die meisten der genannten Fallbeispiele bedienen sich auch genau an diesem Typ Mensch. Ich kenne jedoch genug Leute, auf die dieses Muster zutrifft und die einem Kind nie etwas zu Leide tun könnten und fühle mir persönlich durch das indirekte “Vorsicht vor Gepiercten und Tätowierten” etwas auf den Fuß gestiegen.
Klar – in einem Fall wie diesem ist es vielleicht nicht mal so schlimm, etwas übertriebene Vorsicht zu schüren – und vor allem möchte ich gar nicht abstreiten, dass (zumindest körperliche) Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in ärmeren Familien möglicherweise öfter vorkommt als wo anderes – aber es störte mich, dass nur am Rande erwähnt wird, dass das natürlich nicht immer so sein muss und dass so etwas auch ‘in den besten’ Familien passieren kann. Die Relation zueinander erschien mir zwischen ‘arm und reich’ einfach zu weit auseinanderklaffend.
Nun fragt man sich wahrscheinlich, warum ich dann trotzdem noch 3 von 5 Sternen vergebe… – Ganz einfach: Allein das Thema aufzugreifen und zu publizieren ist viel wert. Zudem wurde auf viele wichtige Ansätze eingegangen – zum Beispiel auch auf das Thema “Warum der Kinderschutz versagt” (mich erschütterte die Gleichgültigkeit mancher Sozialarbeiter) und auf die Rechte der Opfer. Zudem gibt es ein Kapitel das sich “Eingreifen, statt wegschauen” nennt – auch das ist recht gut geworden.
Und manchmal ermutigt das Buch sogar dazu, selbst aktiv zu werden…
Fazit:
Macht wachsamer, regt zum Nachdenken und auf jeden Fall zu Diskussionen an – Allerdings sollte ein Aufklärungsbuch mit einem solchen Thema auch unbedingt für den kleinen Geldbeutel erhältlich sein.
Bewertung:
6 von 10 Sternen