Karen Thompson Walker - Ein Jahr voller Wunder

  • OT: The Age of Miracles


    zur Autorin:
    Karen Thompson Walker, Anfang dreißig, geboren und aufgewachsen in San Diego, Kalifornien, hat an der UCLA und an der Columbia University studiert. Sie schrieb "Ein Jahr voller Wunder" in den Morgenstunden, bevor sie ihrer Arbeit als Lektorin in einem Verlag nachging. Karen Thompson Walker lebt mit ihrem Ehemann in Brooklyn, New York.


    zum Inhalt:
    Karen Thompson Walker beschreibt in ihrem Debütroman den Untergang der Erde durch die stetige Verlangsamung der Erdrotation. Julia Joel lebt mit ihren Eltern in einer kalifornischen Kleinstadt. Eines Morgens wird die Nachricht über die Verlangsamung im Radio bekannt gegeben. Relativ ratlos versucht die Familie nun, ihren Alltag weiterhin zu organisieren und sich auf die nun langsam ausdehnende Zeit einzustellen. Schleichend nimmt auch das sich verändernde Magnetfeld der Erde Einfluss auf Flora und Fauna. Pflanzen, die nur bedingt Sonnenlicht vertragen, gehen schnell ein. Bald merken die Menschen das bei den Auslagen der Obst- und Gemüsestände. Auch die Tiere haben mit den anhaltenden Tages- und Nachtzeiten zu kämpfen. Vor allem aber verändern sich das Verhalten und Denken mancher Menschen.


    Gelesen wird dieses Hörbuch von der Sängerin und Schauspielerin Winnie Böwe. Ihre Stimme klingt angenehm und passt zur Gedankenwelt der Protagonistin. Die Ich-Erzählung benötigt für die gekürzte Lesung 275 Minuten, die auf vier CDs verteilt sind.


    meine Meinung:
    Die amerikanische Autorin hat hier ein interessantes Thema aufgegriffen. Wohl jeder hatte schon den Wunsch, sein Tag möge einige Stunden mehr haben. Liegengebliebenes könnte noch erledigt werden und der Stress dadurch gemindert. Meist macht man sich bei dem Wunsch nach einem längeren Tag allerdings keine Gedanken um die Auswirkungen. Das Mehr an Zeit hätte wesentliche Nachteile für die Natur. Auch der menschliche Körper könnte sich nicht so schnell auf die veränderten Bedingungen anpassen. Wie bei Julias Mutter und einigen anderen Figuren in diesem Roman würde der Organismus unterschiedlich reagieren. Schnell bilden sich Gruppen, die ihr Leben unterschiedlich gestalten würden. Hier werden recht realistisch zwei Beispiele mit Menschen, die nach Echtzeit, und Menschen, die nach der Uhrenzeit leben genannt. Durch das jeweils offene Ende hat der Leser eine unbeeinflusste Möglichkeit der Meinungsbildung.


    Die Frage nach dem was wäre wenn steht zentral über der Geschichte um Julia. In diesem Jugendbuch werden in abgeschwächter Form Möglichkeiten diskutiert, welche Auswirkungen eine langsamere Erdumdrehung hätte. Die latent vorhandene Angst vorm Weltuntergang lässt dabei das Kopfkino starten. Das Szenario wird plausibel erklärt und glaubhaft eingeführt. Eher ruhig als actionlastig wird der Anfang vom Ende eingeläutet. Eine Verfolgung der Themen bis zum Ende ist deshalb nicht möglich. Die Apokalypse lässt sich erahnen, soviel sei aber verraten, wird nicht durch diesen Roman erlebt. Auf manches wird vermutlich aus Rücksicht zur Zielgruppe verzichtet. Hervorzuheben ist der runde Erzählstil für ein dermaßen wissenschaftliches Thema. (7 von 10)

  • Mir fällt es ehrlich gesagt richtig schwer, hierzu meine Meinung zu schreiben. Nicht, weil mir das Hörbuch nicht gefallen hat, sondern weil ich mich unangenehm berührt fühle. Und zwar aus dem Grund, weil ich zu den Menschen gehöre, die dauernd jammern, dass der Tag zu wenig Stunden hat. Wenn ich es mir recht überlege, bin ich doch ziemlich zufrieden, dass ich 24 Stunden jeden Tag habe und dass die Welt größtenteils im Gleichgewicht ist.


    Julia frühstückt gerade mit ihren Eltern, als sie erfährt, dass etwas Schreckliches geschehen ist. Die Rotation der Erde hat sich verlangsamt. Anfangs nur um ein paar Minuten, später immer schneller. Anfangs weiß man nicht, welche Auswirkungen die Verlangsamung hat, dann stellen die Menschen mehr und mehr fest, dass nicht nur die Menschen, sondern auch die Tiere und Pflanzen unter der Verlangsamung leiden.


    Ich mag Dystopien wirklich, aber das war too much. Nicht, das Buch an sich, viel mehr hat mich das Buch zum Nachdenken angeregt. Schon allein, dass es zwei Fraktionen gibt: Die Echtzeitler, die nach der Sonne bzw. dem Mond leben und die Uhrenzeitler, die weiterhin an den 24 Stunden festhalten. Schon dies birgt riesige Probleme. Nachts ist es taghell und heiß, tagsüber unter Umständen dunkel und sehr kalt. Dann fängt die Umwelt an sich zu verändern. Menschen werden krank, Tiere sterben...


    Die Autorin hat das Buch aus Sicht von Julia geschrieben. Julia ist zwölf und zum ersten Mal verliebt und grundsätzlich ist ihr Leben in Ordnung. Der Leser erlebt die Veränderung der Welt mit allen Gedanken, die ein Mädchen in diesem Alter hat, mit. Auch Julias Gedanken außerhalb dieser Katastrophe werden beleuchtet. Ich finde, dass das Thema der Verlangsamung aus diesem Blickwinkel genau richtig betrachtet wurde.


    Das Hörbuch wird von Winnie Böwe gesprochen. Bisher kannte ich die Sprecherin noch nicht, war aber angenehm überrascht von der Art, in der sie das Buch vorgetragen hat, da man als Hörer deutlich Julias Verzweiflung hören kann.


    Trotz des düsteren Themas kann ich das Hörbuch guten Gewissens empfehlen.

  • Thompson Walker, Karen
    Ein Jahr voller Wunder –Hörbuch-
    Der Hörverlag
    4 Cds



    Julia ist elf, ein eher stilles Mädchen mit Problemen, die viele Heranwachsende kennen. Selbstzweifel, Einsamkeit, Verlust der besten Freundin, sie verliebt sich zum ersten Mal, die Eltern verhalten sich seltsam. Hinzu kommt ganz plötzlich ein Phänomen, dessen dramatische Folgen zunächst nicht abzusehen sind: die Tage verlängern sich durch eine Verlangsamung der Erdumdrehung immer mehr. Was zunächst als eher unbedeutende Verlängerung um wenige Minuten daherkommt, wird durch die stetige Zunahme der Beschleunigung zu einer Bedrohung für das Leben auf der Erde.
    Nicht nur Julias Leben gerät dadurch völlig durcheinander.
    Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht einer älteren Julia. Immer wieder wird das klar durch eingestreute Sätze wie: Das war das letztemal, dass…, aber das wussten wir damals nicht.
    Mich hat diese Erzählweise gestört, weil dadurch eine wirkliche Nähe zu diesem Mädchen nicht aufkommen wollte. Selbst die Erzählerin berichtet eigentümlich distanziert von den kleinen und großen Katastrophen, die sich in Julias Leben ereignen und als Hörerin kann ich nur erahnen, wie verzweifelt und einsam sie gewesen sein muss.
    Es ist trotzdem interessant, dieses Jahr in Julias Leben zu verfolgen, allerdings blieb bei mir immer ein Gefühl des: das kann doch nicht alles gewesen sein, was dazu zu sagen ist.
    Winnie Böwe hat mir als Sprecherin gut gefallen. Durch ihre Art zu sprechen kam bei mir wenigstens eine Andeutung der Emotionen an, die mir die Erzählerin nicht vermittelt hat.