8:22 Stunden
ungekürzte Lesung
Sprecherin: Negin Farsad
Hörprobe bei audible: *klick*
bzw.
dt. Fassung
5:09 Stunden
gekürzte Lesung
Sprecherin: Jasmin Tabatabai
Internetseite der Autorin: *klick*
Zum Inhalt
Einen Ehemann als Geburtstagsgeschenk? Was für ihre Mutter im Iran noch völlig normal war, ist für die junge Mina in New York unvorstellbar! Seit die Familie vor der Islamischen Revolution geflohen ist, lebt sie zwischen zwei Kulturen - doch so schön die Freiheit ist, so stark ist auch die Sehnsucht nach der alten Heimat. Erst eine Reise nach Teheran lässt Mutter und Tochter erkennen, worauf es wirklich ankommt.
Meine Meinung
Iranian-American. Neither the first word nor the second really belonged to her. Her place was on the hyphen, and on the hyphen she would stay... On the hyphen she would sit and on the hyphen she would stand and soon, like a seasoned acrobat, she would balance there perfectly, never falling, never choosing either side over the other, content with walking that thin line.
("Irano-Amerikanerin. Weder das erste noch das zweite Wort gehörte richtig zu ihr. Ihr Platz war auf dem Bindestrich, und dort würde sie bleiben (...) Der Bindestrich gehörte ihr - ein knapper, potenziell gefährdeter Raum. Auf dem Bindestrich würde sie sitzen, auf dem Bindestrich würde sie stehen, und schon bald würde sie wie einer routinierte Akrobatin darauf balancieren und nie abstürzen, nie eine Seite bevorzugen, immer zufrieden damit sein, sich auf diesem schmalen Grat zu bewegen.")
Marjan Kamali Erstlingswerk wurde mir von einer guten Freundin empfohlen und anfangs war ich ein wenig kritisch, wie es mir gefallen würde. So kurz nach Sahar Delijanis beeindruckendem "Kinder des Jacarandabaums" hatte es ein weiteres Buch über den Iran um die Zeit der Revolution nicht leicht.
Doch während Sahar Delijanis sich eher auf die drastischen Auswirkungen der fehlgeschlagenen Revolution auf deren Anhänger und Familien konzentriert, stellt Marjan Kamali zwei Frauen in den Mittelpunkt, die schon 1981 von Teheran in die USA auswanderten.
Die mittlerweile 25-jährige Mina wohnt seit knapp 15 Jahren in New York, fühlt sich dort mehr oder minder heimisch und bedauert es, den Kontakt zu ihrer früheren besten Freundin in Teheran verloren zu haben. Sie selbst beschreibt ihr jetziges Leben treffend als "Leben auf dem Bindestrich" zwischen iranisch-amerikanisch, einem sehr kleinen Ort, von dem man leicht herunterfallen könne, jedoch zu keiner der beiden Gruppen rechts und links des Bindestrichs ganz und gar dazugehören würde.
Ganz anders geht es ihrer Mutter Darya, die scheinbar als Einzige der alten Heimat hinterher trauert und die USA von Anfang als Heimat der anderen Familienmitglieder bezeichnete. Ihre beiden Söhne sind schon verheiratet und beruflich sehr erfolgreich, jetzt gilt es einen passenden Ehemann für Mina zu finden, mit sehr skurrilen Methoden. Denn Darya ist der festen Überzeugung, dass Eltern ihre Kinder besser kennen als diese sich selbst und somit auch den optimalen Ehepartner aussuchen würden.
Aus Sicht der beiden Frauen wird sehr anschaulich geschildert, wie unterschiedlich stark sie durch ihr Leben im Iran geprägt wurden. Zahlreiche Rückblicke zeigen, weshalb die Eltern sich für die Auswanderung entschieden und erst durch Minas Wunsch, in den Weihnachtsferien nach Teheran zu reisen, wird nicht nur ihr und ihrer Mutter deutlich, wie anders ihr Leben in der alten Heimat verlaufen wäre.
Als Kind träumte Mina noch davon, Malerin zu werden, jetzt studiert sie Wirtschaftswissenschaften, war in der Schule wie von den Eltern gewünscht immer bei den Besten. Wie wäre ihr Leben im Iran verlaufen, wenn sie nicht als Zehnjährige in New York von Klassenkameraden als Terroristin verhöhnt worden wäre? Wie ist das Leben ihrer besten Freundin verlaufen, die sie im Iran zurücklassen musste? Und welche Werte und Prioritäten sind wirklich wichtig?
Sehr einfühlsam schildert Marjan Kamali das Leben der beiden Frauen und ihrer Familie, die Zerissenheit der Einwanderer in der neuen Heimat, die für manche nie eine echte Heimat wird, egal wie sehr sie deren Vorteile zu schätzen wissen.
Die amerikanische Sprecherin Negin Farsad verleiht Mutter und Tochter passende, individuelle Stimmen und ließ sie lebendig werden.
Fast nebenbei wird viel über die Atmosphäre im Iran Ende der 70er Jahre vermittelt, sowie über die unterschiedlichsten persischen Gerichte. Am besten beim Hören oder Lesen etwas Leckeres zu Essen bereithalten. Man spürt deutlich die Liebe der Autorin für Land und Leute, für das Essen, die Landschaft und Kultur. Am liebsten wäre ich noch während des Hörens an einige der Schauplätze gereist.
Ihre Schilderungen des Taarof ließen mich mehr als einmal Schmunzeln, die Entrüstung von Minas Vaters über die Empfehlung sich besser als Perser zu bezeichnen auch, machte jedoch auch nachdenklich.
Fazit
Ein sehr interessanter und einfühlsamer Einblick in das Leben zweier Frauen, die Anfang der 1980er Jahre von Teheran nach New York auswanderten. Mutter Darya und Tochter Mina hätten in der alten Heimat ein völlig anderes Leben geführt, 15 Jahre später haben sie sich in der neuen Heimat fast auseinander gelebt und kommen sich durch eine gemeinsame Reise in den Iran wieder näher.
Marjan Kamali schildert das Leben auf dem Bindestrich, des Nirgendwo-so-richtig-Dazugehörens und weckt Interesse an einem mir bis Ende letzten Jahres leider weitgehend fremden Land.
P.S. Interessanterweise beziehen sich der englische Titel und der ganz anders lautende deutsche Titel auf unterschiedliche Szenen im Buch. Jeder der Titel ist auf seine Weise sehr passend.