Die vergangenen Jahre haben mich gelehrt, dass so gut wie nichts ohne Grund geschieht, selbst wenn wir den Sinn hinter den Geschehnissen nicht sofort, vielleicht sogar nie verstehen können. (Seite 214)
479 Seiten, gebunden
Verlag: Gerth Medien GmbH, Asslar 2014
ISBN-10: 3865919278
ISBN-13: 978-3-86591-927-4
Zum Inhalt (Quelle: eigene Angabe)
Wir schreiben das Jahr 1917. Der Krieg, der zu Weihnachten 1914 schon beendet sein sollte, dauert noch immer an, und fordert mehr und mehr seinen Tribut. An der Front, bei den Meindorffs in Berlin und auch bei Robert und Anki in Petrograd. So, wie die Welt langsam in Krieg und Chaos versinkt, brechen die Familien und Strukturen zusammen und auseinander, und „unsere Helden“ sind mittendrin im Geschehen. Um das Übel noch zu vergrößern, treibt auch Karl Roth immer noch sein Unwesen. Ruhe gibt es also nirgendwo in dieser unruhigen, in den Geburtswehen einer neuen Zeit.
Die Meindorff-Saga:
1) Himmel über fremdem Land
2) Sturmwolken am Horizont
3) Hoffnung eines neuen Tages
Über die Autorin
Elisabeth Büchle wurde 1969 in Trossingen geboren und absolvierte sowohl eine Ausbildung zur Bürokauffrau als auch zur Altenpflegerin. Sie wohnt mit ihrem Mann und den fünf Kindern im süddeutschen Raum.
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Vorbemerkung
Um Mißverständnisse zu vermeiden: Das ist in einem christlichen Verlag erschienen. Das Thema Religion und Glaube an Gott wird also nicht, wie ansonsten heute üblich, ausgeblendet bzw. ignoriert, sondern ist bei einzelnen Figuren Bestandteil ihrer Persönlichkeit und kommt dementsprechend im Buch vor.
Meine Meinung
„Wir sehen die Dinge nur aus unserer Perspektive und können die der anderen gar nicht verstehen, da wir nicht das erleben, was sie erleben.“, sagt Demy auf Seite 350; und es ist das Verdienst dieses Buches bzw. dieser Trilogie, die Perspektive der ganz normalen Menschen, des kleinen Mannes, vor und während des 1. Weltkrieges zu zeigen, verständlich zu machen, findet man in den Geschichtsbüchern doch normalerweise nur die der Reichen und Mächtigen. Nun mag die Familie Meindorff zumindest vor dem Krieg zu den eher bevorzugten gehört haben, doch schwinden die Privilegien mit der Zeit, in deren Stürmen die Meindorff-Werke, die Familie, und nicht zuletzt der überkommene Staat untergehen. In Deutschland wie in Rußland, und die Menschen müssen damit zurecht kommen.
Etwa drei Monate sind seit dem Ende von „Sturmwolken am Horizont“ vergangen, der Krieg noch immer im Gange und nur wir Leser wissen bereits zu Beginn des Buches, wie lange er noch dauern wird. Das Leben wird zusehends schwieriger, in Berlin wie auch in Petrograd, wo die Revolution, die alles hinwegfegen wird, sich abzuzeichnen beginnt. Anki, Robert und die Chabenski Kinder werden Rußland verlassen müssen, das ist recht bald klar. Auch wenn der Schwerpunkt dieses Mal auf den Ereignissen im Deutschen Reich liegt, gestaltet die Flucht aus Rußland dermaßen spannend, daß man bis zum Schluß zittert, wie diese ausgehen - und wer überleben wird.
Natürlich bleibt es nicht aus, vom Geschehen an der Front zu erzählen, ist doch Philippe für die Fokker-Werke tätig und Hannes noch immer in Frankreich. Zwar geht die Autorin dankenswerterweise nicht mehr ins Detail als zum Verständnis nötig, doch das Grauen und die Grausamkeit kommen dennoch sehr deutlich zutage. Manchmal sind wenige Worte aussagekräftiger als viele.
„'Ein langweiliger Tag, sagt Oettinger', brummte Hannes." (S. 320) Wie hieß das doch anderweitig? „Er fiel im Oktober 1918, an einem Tag, der so ruhig und still war an der ganzen Front, daß der Heeresbericht sich nur auf den Satz beschränkte, im Westen sei nichts Neues zu vermelden.“ („Im Westen nichts Neues“, Erich Maria Remarque.) Gerade diese „stillen“ Tage empfand ich als die emotional belastendsten.
Und so wie ich seinerzeit bei Remarque den Folgeband „Der Weg zurück“ als deutlich schlimmer empfand als „Im Westen nichts Neues“, habe ich auch hier mit den Szenen entfernt von der Front deutlich mehr emotionale Probleme gehabt bzw. gingen diese näher als die direkten Kriegsbeschreibungen. Denn das Leben und Überleben wird schwieriger im Berlin und Petrograd des 1. Weltkrieges. Die Nöte und Zwänge nehmen zu und machen auch vor dem Meindorff’schen Hause nicht Halt. Selten fand ich das tägliche Leben dieser Zeit so nachvollziehbar beschrieben wie hier.
Zu allem Überfluß treibt auch Karl Roth noch immer sein Unwesen und versucht Philippe zu schaden, wo er nur kann. Fast schon zwangsläufig gerät Demy dadurch ebenfalls in Gefahr. Auch dieser Nebenstrang wird in diesem Schlußband zu Ende geführt und hält eine Überraschung bereit.
Besonders gefreut habe ich mich, als gegen Ende des Buches zwei wohlbekannte Gestalten und deren Schicksal während des Krieges eines anderen Büchle-Buches kurze Erwähnung fanden. Ich hatte mich immer wieder gefragt, wie es ihnen in der für sie schwierigen Situation denn ergangen ist. Ein Schmankerl für die Stammleser und ein besonderes Dankeschön an die Autorin für diesen „Bonus“.
Wenn dann die Meindorff-Saga nach rund 470 Seiten zu Ende geht, hat der Handlungsbogen den Zeitraum von über elf Jahren umspannt. Die Meindorffs und die ihrigen haben wir im Kaiserreich zu Friedenszeiten kennen gelernt, mit ihnen den Ersten Weltkrieg und die Russische Oktoberrevolution durchlitten und schließlich den Umbruch im Deutschen Reich weg vom Kaiser hin zur Republik erlebt. Ein wahrlich weiter Weg, den ich auch gefühlsmäßig beim Lesen so wahrnahm. Mag die Trilogie auch versöhnlich ausklingen, so bleibt doch ein Mißton und eine Ahnung drohenden Unheils für die Zukunft zurück. Zu sehr trägt die Niederlage bereits den Keim für Entwicklungen in sich, die schließlich zum Zweiten Weltkrieg führen werden. Mit fast schon beängstigender Klarheit hat die Autorin diese offensichtlichen Anfänge aufgezeigt und in die Geschichte mit hineinverwoben.
Würde die Menschheit aus den Fehlern dieser Zeit lernen, damit es nie wieder zu einem solche Desaster kam? (S. 385) Der weitere Verlauf der Historie hat gezeigt, daß die Menschheit nichts gelernt hat. Und ein Blick in unsere Tage gibt auch nicht unbedingt zu viel Hoffnung Anlaß. Vielleicht sollte man (oder die Verantwortlichen) öfter ein Werk wie die „Meindorff-Saga“ lesen, innehalten und wenigstens versuchen aus der Geschichte zu lernen. Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Kurzfassung
Der Schlußband der lesenswerten Trilogie über den Ersten Weltkrieg erweckt die Zeit von 1917 bis 1919 zum Leben. Fast schon ein Schwanengesang auf eine untergegangene Welt.
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