... oder: Josefa sucht die Literatur, Teil 2. Dieser Thread ist sozusagen eine Folgeerscheinung von diesem Thread, der wiederum aus diesem Thread hervorging. Die Josefa hat immer noch keine Ahnung, was "Literatur" bedeutet, aber immerhin hat sich Rumpelstilzchen bereit erklärt, ihr bei diesem Abschnitt der Reise das Patschehändchen zu halten. Nach dem ersten Eindruck könnte das auch echt notwendig werden.
Meine Ausgabe des Buchs beginnt mit einem zweiundzwanzig Seiten starken Vorwort, das die Autorin 1971 verfasste - neun Jahre nach dem erstmaligen Erscheinen des Romans und ein Jahr vor meiner Geburt - und über das ich mich, Literatur hin oder her, bis zur Mitte wirklich geärgert habe. Die Autorin beklagt sich darin zunächst einmal, wie völlig falsch ihr Roman doch verstanden worden sei. Tja. Kann ich objektiv wenig zu sagen. Hab ja noch gar nüscht gelesen. Subjektiv stehe ich auf dem Standpunkt, dass ein Autor in dem Moment, in dem er einen Text zum Lesen freigibt, die Deutungshoheit über sein Werk verloren hat - in dem Moment, in dem ich eine Geschichte lese, wird es meine. Punkt, und ich lasse mir das auch nicht streitig machen! - Witzigerweise schwenken die letzten Sätze des Vorworts dann genau auf diese Linie ein. Dazwischen liegen einige sehr bissige Bemerkungen zum Literaturbetrieb und besonders zur professionellen Literaturkritik, die vielleicht im eingangs verlinkten Thread zum Interview mit Sigrid Löffler ganz interessant gewesen wären.
Und jetzt fängt die Geschichte endlich an. Wir treffen zwei Damen um die vierzig, beide ledige Mütter erwachsener Kinder im Jahr 1957 - zu einer Zeit also, als es noch ein kleiner Skandal und ein gesellschaftliches Statement war, als Frau alleine ein Kind großzuziehen, und nicht wie heute in erster Linie ein Fall für Hartz IV. Anna und Molly sind alte Freundinnen, von der Realität eingeholte Ex-Kommunistinnen und Lebenskünstlerinnen, die sich in Mollys Fall von zweitklassigen Schauspieljobs und in Annas Fall von den immer spärlicher tröpfelnden Tantiemen eines Romans ernähren. Dem einzigen Roman, den Anna je geschrieben hat. Sie führen ein längeres Gespräch mit Richard, Mollys Ex-Mann, der Tommy, seinem und Mollys zwanzigjährigem Sohn, einen Job in der Finanzwelt verschaffen möchte, in der Richard offenbar ein großes Tier ist. Tommy lehnt ab und möchte lieber "noch ein paar Monate nichts tun" und Muttern auf der Tasche liegen, wenn's recht ist.
Es ist recht, und ich sage jetzt nicht, was meine Eltern mir in diesem Fall erzählt hätten.
Was ich bereits sagen kann: die gesamte Personnage in dieser Geschichte ist mir so fremd wie der Mond. Ich glaube, ich warte jetzt mal auf meinen Blindenführer Rumpelstilzchen.