Sandra Wöhe – Fünf Jahre danach

  • Sandra Wöhe – Fünf Jahre danach


    • Broschiert: 288 Seiten
    • Verlag: konkursbuch; Auflage: 1 (17. März 2014)
    • ISBN-13: 978-3887697938
    • Preis: 9,90 Euro (print)


    Klappentext:


    Urlaub! Ein sonniger Tag. Beate verbringt ihn in einem italienischen Straßencafé. Iljana sitzt mit ihr dort. Sie plaudern, der Tag verrinnt, andere kommen hinzu. Iljana möchte Beate überreden, ein Buch zu schreiben. Ein Buch über ihre Erfahrungen mit Krebs. Fünf Jahre danach. Beate gilt als geheilt. Iljana hatte vor zwei Jahren eine Diagnose. Doch Beate weigert sich, dieses Buch zu schreiben. Im Verlauf dieses Tages im Café erzählt sie viel, hängt ihren Gedanken nach - und das Buch schreibt sich von selbst. Dieser Roman erzählt in leichtfüßiger Dialogform von der Zeit mit Krebs, auch davon, wie schwer es fällt, sich zu erinnern. Lebensnah und realistisch werden Erfahrungen, Ängste, Gefühle offengelegt, von der Zeit der Diagnose über die Therapie bis in die Gegenwart. Die Angst sitzt noch immer mit am Tisch. Nebenher erfährt man auch viel von den Liebesgeschichten der beiden Hauptprotagonistinnen, und von Lebenslust und Lebensmut, und davon, wie Partnerinnen mit der Krankheit umgehen. Ijana, die in fester Beziehung lebt, Beate, die immer viele Affären hatte. Dieser Dialogroman kann auch als Sachbuch gelesen werden. Das Thema Krebs wird auf ehrliche Weise intensiv angegangen, beim Lesen lässt sich dazu viel über die Krebspsyche erfahren.


    Zur Autorin:


    Sandra Wöhe, Tochter einer Indonesierin und eines Holländers, in den Niederlanden geboren, Ausbildung als Krankenschwester und Publizistin, lebt in Zürich. Freiberufliche Tätigkeit als Journalistin und Redakteurin, selbstständige Autorin.


    Meine Meinung:


    In diesem Buch treffen Gegensätze aufeinander: Dolce Vita und Krankheit, Lebenslust und Angst, Gewissheit und Fragen. Trotzdem ist es kein zerrissenes Buch. Es vereint die Widersprüche, erklärt und öffnet eine Tür in eine andere Welt. Man kann diese Welt als Wissender betreten, als jemand, der bereits mit der Geißel Krebs leben musste oder immer noch lebt. Ebenso willkommen ist der Unwissende, der trotz der Gnade der Gesundheit wissen will oder wissen muss, wie die andere Seite aussieht. Denn genau das ist das Ziel dieses Buches: zu zeigen, wie es sein kann.


    Die Autorin arbeitet mit einem raffinierten Kniff: Dieses Buch zeigt die Entstehung dieses Buches. Ijana versucht ihre Freundin, die Autorin Beate zu überreden, ein Buch über ihre Rekonvaleszenz zu schreiben. Über ihre ganz persönlichen Erfahrungen, um anderen damit zu helfen, ihnen Orientierung und eine Stütze zu bieten. Beate ist strikt dagegen. Sie will so ein Buch nicht schreiben. Sie kann so ein Buch nicht schreiben, glaubt sie. Warum das so ist, erklärt sie Ijana und somit auch uns Lesern. Wir verstehen, welche Stürme in Beate toben, wir erfahren, wie ihr ganz persönlicher Kampf des Gesundwerdens aussah.


    Der Handlungszeitraum des kompletten Buches umfasst lediglich einen einzigen Tag. Der Handlungsort ist ein kleines Café in Italien. Diese Statik ist der beruhigende Ausgleich für die bewegten Geschichten, die uns von Beate und Ijana erzählt werden.


    Beate und Ijana sind sehr unterschiedliche Frauen, doch ihre Krankheit vereint sie. Sie sind Krebsschwestern. Sie reden, essen, trinken, streiten, lachen, schweigen und flirten miteinander. Nicht zuletzt geht es auch um die Liebe. Beide haben Partnerinnen, die sich bemühen, die verstehen wollen, doch fällt es Beate und Ijana so schwer, diese geliebten Menschen hinter die Krebsbarriere blicken zu lassen.


    Ungewöhnlich und für mich zum Teil gewöhnungsbedürftig ist die Erzählperspektive. Wild wird zwischen Ich-Perspektive und personaler Erzählweise hin und her gesprungen. Ich denke, dies ist dem Thema geschuldet, schafft bei manchen Passagen einen emotionalen Abstand, der vielleicht nötig war. Mich hat es zum langsamen Lesen gezwungen und auch das war gut. Man sollte bei diesem Buch nicht durch die Zeilen jagen.


    Trotz der Schwere des Themas ist der Autorin ein leichtes Buch gelungen. Eines, das Mut macht. Ich bin froh, es gelesen zu haben.


    Ich gebe 9 von 10 Punkten.

  • "Fünf Jahre danach" habe ich auch gelesen. Und ja, es ist wirklich ein ganz besonderes Buch.
    Dass ich mich einen ganzen Roman lang mit den Thema Krebs beschäftige, das hätte ich nicht gedacht. Vielleicht liegt es daran, dass der Plot nicht auf dem Level "Ja, da hat es eben jetzt jemand erwischt und wir alle, dramaturgisches Personal im Buch und ich vor dem Buch müssen da halt mit fertig werden" surft. Stattdessen erhalte ich immer wieder ein neues Puzzlestück mit Informationen, die das Rätsel Krebs nicht lösen, aber es zu einem Mosaik verwandeln, dessen Bild mir die Situation sehr viel klarer macht.


    Nachdem ich "Fünf Jahre danach" gelesen habe, hat es nun meine Mutter. Die ist 86 und liest "eigentlich" keine Romane mehr. Aber bei diesem macht sie eine Ausnahme. Und das gern.

    Wer einmal aus dem Schrank ist, passt nicht mehr in eine Schublade.
    Aber mein Krimi passt überall: Inge Lütt, Eine Bratsche geht flöten. ISBN: 978-3-89656-212-8. Erschienen im Querverlag