Habe soeben das Buch "Die grünen Fensterläden" von Georges Simenon beendet. Mir liegt es als Diogenes Taschenbuch 135/III vor und hat 187 Seiten.
Rezension Amanzon:
Aus der Amazon.de-Redaktion
Emile Maugin ist ein Mann von überdimensionalem Format, und zwar in jeder Beziehung: groß gewachsen, breitschultrig und mit einer Bühnenpräsenz gesegnet -- oder verflucht --, die ihn zum erfolgreichsten Schauspieler seiner Zeit hat werden lassen. Abends nimmt er im Theater Ovationen entgegen, tagsüber dreht er einen Film nach dem anderen, stets darauf bedacht, es jedem recht zu machen. Denn bei allem Ruhm kann Maugin nicht vergessen, dass er aus ärmsten Verhältnissen stammt, dass die ersten Jahrzehnte seiner Karriere von Hunger, Einsamkeit und Selbstzweifeln geprägt waren.
Den übermäßigen Belastungen kann Maugin nur mithilfe großer Mengen Alkohol standhalten. Selbst nachdem er von seinem Arzt erfährt, dass sein Herz schwer angeschlagen ist, bleiben Rotwein und Cognac allgegenwärtig. Alle Welt will immer etwas von ihm, von den Filmmagnaten bis zu seinem unehelichen Sohn Cadot. Nur seine junge Frau Alice scheint ihn zu verstehen, doch auf ihrer Ehe lastet ein Geheimnis, das Maugin keine Ruhe lässt. Schließlich fällt er eine Entscheidung, von der er hofft, dass sie ihm die Freiheit gibt, der er sein Leben lang nachgejagt ist.
Georges Simenon warnt in seinem Vorwort zu dem 1950 entstandenen Roman, man möge ihn nicht als Schlüsselwerk lesen. Auf gar keinen Fall möchte er, dass in der Figur Maugin ein bestimmter -- lebender oder toter -- Schauspieler gesehen wird. Dieser Hinweis kann durchaus programmatisch verstanden werden, denn Simenon ist es stets um das allgemein Menschliche zu tun, nie um einen bestimmten Menschen. Die grünen Fensterläden stammen aus einer Zeit, in der er -- wie bereits Ende der 30er-Jahre in beispielsweise Die Marie vom Hafen -- versuchte, neue Wege zu gehen, sich mehr dem literarischen Mainstream anzupassen. Der Schluss gleitet ein wenig zu sehr ins Parabelhafte ab, was die Wirkung des Romans als Ganzes jedoch nicht mindert. Mit dem von Selbstzweifeln geplagten Schauspieler Emile Maugin hat Simenon eine im besten Sinne unvergessliche Gestalt geschaffen. --Hannes Riffel
Perlentaucher.de
Buchnotiz zu : Die Zeit, 14.03.2002
"[W]ieder etwas über die Anthropologie des Schauspielers", fürchtete Rezensent Franz Schuh zu lesen, als er das Vorwort von Georges Simenons "Die grünen Fensterläden" gelesen hatte. Und wurde im Laufe weiterer 200 Seiten positiv überrascht: Die Schauspielerei spiele in dem Buch, das im Zuge der Neuausgabe von Simenons Werken bei Diogenes als Taschenbuch erschienen ist, eine wichtige, aber sekundäre Rolle. Der Protagonist Maugin ist Schauspieler, aber, was Schuh interessanter findet, ein sich selbst fremder Mensch. Ein Flüchtender, der sein Leben irgendwie zu Ende bringen will. Interessant sei besonders die Konstellation Vater-Sohn: einerseits der von sich selbst entfremdete Schauspieler, andererseits der "keimfreie Schleimer"-Sohn, der seinen Vater so lange mit seinem Elend zujammere, bis dieser ihm Geld gibt: eher aus Verachtung als aus Mitleid. "Lesend spüre ich leibhaftig", wird Schuh gegen Ende seines Artikels pathetisch, "wie dieser unsympathische Mensch auch nur einer ist, der versucht, mit dem Leben fertig zu werden." Simenon habe die "Sozialisierung des Soziopathen" auf seine Fahnen geschrieben. Ins Herz schließen könne Schuh die Hauptfigur zwar nicht, aber wiedererkennen könne er sich selbst in ihr. Auch formal überzeugt der Roman den Rezensenten. Besonders die Technik des Verwischens, des beiläufigen Andeutens und des erst späten Präzisierens einzelner Motive gefällt Schuh - ohne dies weiter auszuführen.
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Kurzbeschreibung
Der Roman über den Verfall des großen, alten, trunksüchtigen Schauspielers Maugin. Umgeben von erwünschten und unerwünschten Gestalten - seiner jungen, liebenden Frau Alice, dem erpresserischen, unehelichen Sohn Cadot, dem willigen Zimmermädchen Camille, dem eifrigen Sekretär Jouve -, lebt Maugin auf sein Ende zu.
"Welchen Fehler hatte er begangen? Daß er Maugin hatte sein wollen, immer mehr Maugin, ein immer bedeutenderer Maugin? Das hatte er getan, um fliehen zu können. Jawohl: fliehen! Das Wort war richtig. Sein Leben lang war er auf der Flucht gewesen."
Autorenporträt
Georges Simenon (1903-1989) wurde in Lüttich geboren und lebte ab 1957 in der Schweiz. Er gilt als einer der besten französisch-sprachigen Kriminalautoren.
Ich finde dieses Buch einfach klasse geschrieben und musste es einfach in einem Rutsch lesen! Das Buch verfügt über eine Tiefe, die mich sehr berührt hat. Der alternde, vor sich selbst fliehende Schauspieler (hier sah ich irgendwie Jean Gabin immer vor mir), wurde mir immer vertrauter. Er war Zeit seines Lebens kein Kostverächter. Jede seiner Ehefrauen beeinflusste ihn auf ihre Weise. Je schwieriger er sein Leben, seine Probleme fand, desto reicher floss der Alkohol und der Leser war immer beobachtend an seiner Seite.
Ein klasse Buch!!!