Mein Franz von Assisi - Nikos Kazantzakis

  • Autor
    Nikos Kazantzakis (* 2. März 1883 in Iraklio, Kreta; † 26. Oktober 1957 in Freiburg im Breisgau) war einer der bedeutendsten griechischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts.
    Weltberühmt wurde er durch den Roman "Alexis Sorbas". Weitere bekannte Werke sind "Freiheit oder Tod", "Brudermörder", "Griechische Passion" oder "Die letzte Versuchung".


    Inhalt
    "Mein Franz von Assisi" entstand 1954.
    Wie der deutsche Titel schon ausdrückt, handelt es sich bei dem Buch um Kazantzakis' Interpretation des Lebens des Franz von Assisi, die keinen Anspruch auf historische Korrektheit erhebt, in der Art einer Heiligen-Legende.


    Schon auf den ersten Seiten wird dem Leser klar, dass Gott von Francesco einen Kampf fordert: einen Kampf, der das Fleisch zu Geist macht, einen Kampf, der über die Grenzen des Menschen hinausgeht. Gott ist ein fordernder Gott, dem es nie genug ist. Sich zu Gott zu bekennen ist nicht eine einmalige Entscheidung, sondern ein lebenslanges Ringen, das erst im Tod endet.
    So sieht es Francesco als den Sinn des Lebens an, sich von irdischen Gütern (Nahrung, Kleider, Haus, Herdfeuer, Familie, Freunde) und Freuden loszulösen. Jedes Leid (Hunger, Hohn, Prügel) ist ihm willkommen, weil es hilft, den Körper zu Geist zu machen. Leid und Freude ist somit das gleiche. Je mehr sein Körper leidet, desto mehr Glück für die Seele bedeutet es ihm. Ein wahrer Mensch ist, wer den Menschen überwunden hat. Er geht sogar so weit, Asche ins Essen zu streuen, um den Genuss zu verhindern.
    Auch die vollkommene Liebe gehört zu seinem Lebensziel. Denn Alle sind eins. Wie kann ein Mensch vollkommen glücklich im Paradies sein, wenn andere in der Hölle sind? D. h. wirklich erlöst ist ein Mensch erst, wenn alle erlöst sind. Alle Menschen sieht er als Brüder und Schwestern, sogar die Tiere und Pflanzen und darüber hinaus sogar Erde, Steine, Wasser, Wind, Sonne und der Tod. Sein Herz weitet sich für alle, ob gut oder böse. Er fühlt sogar Erbarmen mit Satan und betet, dass auch dieser eines Tages als Erzengel zu Gott zurückkehrt. auch als Heiliger, als den ihn die Menschen bereits zu Lebzeiten ansahen, bleibt er nicht vor Versuchungen gefeit. Einmal kam ihm auch der Gedanke, dass es nach dem Tod nur das Nichts gibt.


    Zum Glück gibt es Frate Leone als "menschlichen" Gegenpart zum "übermenschlichen" Francesco. Er hat manchmal Momente des Zweifels und der Schwäche. Für ihn gibt es zwei Wege zu Gott, einen ebenen mit Heirat, Kinder, Arbeit, etc. und einen steilen, als Heiliger, eine Handvoll Knochen und Haare. Manchmal bereut er, den steilen gewählt zu haben, doch er kann sich nicht von Francesco trennen. Immer wieder ist das Sprachrohr meiner menschlichen Gedanken und Zweifel.


    Meinung
    Mit Francescos Einstellung zum Leben, mit soviel Lebens- und Selbstverachtung (er bezeichnet sich als Menschenabfall) habe ich Probleme. Dies ließ mich innerlich sehr schnell auf Distanz gehen. Das führte leider dazu, dass ich etwas unkonzentriert las und die schöne Sprache nicht so genießen konnte, wie sie es verdient hätte. Gerade die Schönheit der Landschaft Umbriens, aber auch die Surrealität der Visionen boten dem Autor viel Gelegenheit, seine Wortgewalt zu zeigen.
    Schwer verständlich war mir Francescos Einstellung, dass er sich bei kleinsten "Verfehlungen", wie er meinte, als ärgsten Sünder bezeichnete, während andere, die ihm Böses antaten, auf Befehl Gottes agierten. Und ich frage mich, wieso er erst nach vielen Jahren merkt, dass das Leben auf der Erde nicht funktionieren kann, wenn alle Menschen ein Leben nach seinen strengen Maßstäben führen.
    Ich kann nachvollziehen, dass es ein Stück Freiheit und Glück bedeuten kann, wenn man sich von übermäßigem Reichtum und von Leidenschaften trennen kann. Doch dabei seinen Körper zu ruinieren, geht mir zu weit (was gegen Ende auch der Bischof als Mord tadelt).


    Trotz allem ist es jedoch bewunderswert, mit welcher Konsequenz und Kompromisslosigkeit Francesco den Auftrag der vollkommenen Armut zu Ende führt und an sein Ziel gelangt: je weiter er auf dem Weg forschreitet, desto leidensfähiger wird er, desto enger wird sein Kontakt zu Gott, desto besser versteht er seinen Willen. Das alles schafft er nur durch seinen unerschütterlichen Glauben, der ihn in die Lage versetzt, über seine Grenzen zu gehen.


    Fazit
    Trotz aller Schwierigkeit bot mir dieses Buch jede Menge Denkanstöße.