Vor achtzehn Monaten hat sich die Welt verändert. Zu diesem Zeitpunkt tauchten die ersten Geister Verstorbener auf und seitdem werden es täglich mehr, denn auch die Geister aus der Vergangenheit gesellen sich kontinuierlich dazu. Man kann sie nur sehen, aber nicht spüren. Sie leuchten und sind fast unbeweglich, nur ganz allmählich drehen sie sich täglich auf der Stelle, auf der sie gestorben sind, denn sie verfolgen den Lauf der Sonne.
Rain und ihre Schwester Emma sind auf dem Weg zu der Absturzstelle des Flugzeugs ihrer Eltern. Drei Jahre ist es her, dass die beiden zu Waisen geworden sind und nun mitten in der Wüste noch einmal Abschied nehmen wollen. Doch als dann endlich die Geister ihrer Eltern auftauchen, hat sich etwas verändert. Die ausdruckslose Mimik, die alle Geister zeigen, ist plötzlich einem Lächeln gewichen, doch es ist keines von wohlgesonnener Art, sondern dieses bringt den Tod!
Meine Meinung:
Kai Meyers Bücher sind fast zur Pflichtlektüre für mich geworden und natürlich konnte ich auch "Phantasmen" nicht lange widerstehen. Ich bewundere den Autor für die zahlreichen Ideen, die seinen Büchern zugrunde liegen und auch dieses konnte mich wie immer begeistern. Der Gedanke, dass die Geister Verstorbener noch immer unter uns weilen ist nicht neu, doch hier kann jeder Mensch sie sehen. Sie leuchten von innen heraus, können den Ort ihres Todes jedoch nicht verlassen. Allein der Gedanke, mein Leben mit der ständigen Präsenz von Geistern an den unmöglichsten Orten zu teilen, finde ich schon sehr gruselig. Das ist jedoch nichts zu dem, was geschieht, wenn diese zu lächeln beginnen.
Ich fühlte mich schnell mit der Protagonistin Rain verbunden, aus deren Sicht der Roman geschildert ist und ich konnte ihre Panik förmlich spüren, als das erste Lächeln einsetzt. Ich habe mit ihr mitgefiebert und eine wachsende, innere Unruhe verspürt, denn ich wollte sie, ihre Schwester und auch Tyler in Sicherheit wissen.
Alle drei Charaktere haben schon einiges hinter sich. Während Rain stets unter der Abwesenheit ihrer Eltern litt, hat sie nach deren Tod auf einem Trip nach Afrika furchtbare Dinge erlebt. Derweil wirkt ihre Schwester Emma eher wie ein zum Leben erwachter Computer, denn der Ausdruck von Gefühlen scheint ihr nicht möglich. Auch optisch könnten die beiden nicht gegensätzlicher sein. Nichtsdestotrotz fühlen sie sich stets einander verbunden und besonders für Rain steht der Schutz von Emma an oberster Stelle.
Währenddessen Tyler einer verlorenen Beziehung hinterhertrauert, die auch ihn an die Absturzstelle geführt hat. Hier werden die Jugendlichen zu Weggefährten. Erst aus der Not heraus, später aus Überzeugung. Gemeinsam versuchen sie, das Geheimnis der Geisterscheinungen zu lösen. Die Zeit dafür wird immer knapper, denn immer schneller tauchen immer mehr von ihnen auf. Alle Charaktere fand ich eindrucksvoll geschildert, wobei die Mädels für mich persönlich mehr Tiefe als ihr männlicher Mitstreiter besaßen, doch auch bei ihnen war für mich nach oben gesehen da durchaus noch ein bisschen Luft.
Fazit:
Unheimlich spannend und fesselnd ist "Phantasmen", die neueste Veröffentlichung des Autors Kai Meyer. Überraschende Wendungen hielten mich stets auf Trab und ließen dabei nie Längen aufkommen. Die beeindruckende Grundidee wurde hier in eine atmosphärisch dichte und gruselige Handlung umgesetzt und konnte mich dabei voll und ganz überzeugen.