Ladies and Gentlemen, das ist ein Überfall!: Die Geschichte von Bonnie & Clyde - Michaela Karl

  • Gebundene Ausgabe: 320 Seiten
    Verlag: Residenz Verlag; Auflage: 1. (3. September 2013)
    ISBN-13: 978-3701732821
    Preis Gebundene Ausgabe: Euro 24.90
    Preis Kindle E-Book: Euro 12.99


    Autorin


    Michaela Karl, geboren 1971, studierte Politologie, Geschichte und Psychologie in Berlin, München und Passau und promovierte mit einer Arbeit über Rudi Dutschke. Mit den Lebensläufen rebellischer Figuren beschäftigt sie sich auch in ihren Büchern.


    Kurzbeschreibung / Klappentext


    Amerika in den 1930er-Jahren, die Zeit der Großen Depression. Um Armut und Arbeitslosigkeit zu entfliehen, entwickeln Bonnie & Clyde ein eigenwilliges Geschäftsmodell: sie rauben Banken aus. Bewundert von den Verlierern des amerikanischen Traums, halten sie das Land zwei Jahre lang in Atem. Doch dann erklärt FBI-Direktor Hoover den beiden Verbrechern den Krieg ... Wie konnten zwei junge Menschen aus Texas, auf deren Konto kaltblütige Morde gingen, zu Volkshelden werden? Michaela Karl erzählt in ihrem neuen Buch die spannende Geschichte von Bonnie & Clyde: Es ist die Geschichte von einem kompromisslosen Kampf gegen Staat und Gesetz und von der großen Liebe.


    Meine Meinung


    Die Zeitung "Joplin Globe" publizierte erste Fotos von flüchtenden Räubern auf dem Titelblatt. Besonders ein Bild erzeugte grosse Resonanz das die beiden Gangster auf einen Schlag berühmt machte: Eine Frau mit Zigarre im Mund! Sie verleiht dem Ganzen den nötigen Sexappeal und ist ein grösserer Skandal als eine Frau mit Waffe. An männliche Gangster wie Dillinger & Co hat man sich gewöhnt aber eine Frau macht aus einer Geschichte, die eigentlich nur Verlierer kennt, eine Story mit Sex & Crime. Ein Liebespaar, jung und hübsch übertrifft das bisher Dagewesene. Zwei Medien-Superstars sind geboren, zwei junge und hübsche Outlaws sind auf dem Weg das berühmteste Gangsterpärchen der Geschichte zu werden. Journalisten und Kamerateams schwärmen zu den Tatorten und legten den Grundstein zur Legende von Bonnie & Clyde.


    Menschen sind letztendlich immer bis zu einem gewissen Punkt ein Produkt der Zeitepoche in der sie aufgewachsen sind und leben. Bonnie Parker und Clyde Barrow wurden massgeblich geprägt durch die Grosse Depression die Amerika Ende der 1920er Anfang 1930er Jahre grausam heimsuchte. Viele Menschen haben ihr Hab und Gut verloren, nicht zuletzt an Banken, und manche stilisierten Bonnie und Clyde zu Ikonen im Kampf der Habenichtse gegen das politische und wirtschaftliche Establishment. Die beiden führten einen Stellvertreterkrieg und wurden für die rebellische Jugend zum Symbol im Kampf gegen den Kapitalismus. Beim kleinen Mann von der Strasse, der eh nichts mehr hat weil es ihm genommen wurde, machte sich Genugtuung, ja gar Schadenfreude über den Verlust der Vermögenden breit wenn die Beiden eine Bank um ihr Geld erleichterten. Der Vertrauensverlust in den Staat und der Wertewandel dieser depressiven Zeit machte es erst möglich, dass die beiden Liebenden zu heimlichen Helden avancieren konnten.


    Das der Gang der Zeit zu einer romantischen Verklärung der beiden geführt hat darf nicht ausser acht gelassen werden. Eine unerschütterliche Liebe und der Drang nach Freiheit sind Dinge von denen junge Menschen träumen. Blickt man hinter die Fassade vom Mythos Bonnie & Clyde ist alles, wie so oft, viele weniger glamourös als man vermutet. Als Kleinkrimineller musste Clyde in ein berüchtigtes Gefängnis und wurde dort auf schlimme Art von Wärtern und Mitgefangen missbraucht. Aus dem jungen, kleingewachsenen Clyde wurde eine tickende Zeitbombe voller Hass und seine Devise hiess lieber tot als nochmals diese Gefängnishölle durchzumachen. Bonnie war eine Exzentrikerin und innig in Clyde verliebt und somit die passende Partnerin. Irgendwann haben sie in krimineller Hinsicht die Grenze überschritten bei der es kein zurück mehr gibt. Ihr zweifelhafter Ruhm beginnt und in gefährlichen Situationen setzten sie mehrfach alles auf eine Karte, wurden selbst oft verwundet, und haben schlussendlich 15 Menschenleben auf ihrem Gewissen. Bis sie eines Morgens in einem Hinterhalt im Kugelhagel sterben ...


    Die Autorin Michaela Karl beschreibt in sehr einfacher Sprache und sachlichem Tonfall penibel genau den Lebensweg des Gangsterpärchens. Sie holt dabei immer wieder recht weit aus und zeichnet ein schonungsloses Bild der schwierigen Zeit in den 30er Jahren und kritisiert die Zustände in den Staatsgefängnissen. Sie lässt auch immer wieder ihre Meinung und ihre Interpretation mit einfliessen. Manche Leser/-innen wünschten sich vielleicht eine etwas gradlinigere Erzählweise aber ich find es gut so wie es ist. Die Ausschweifungen tragen letztendlich viel zum Verständnis und Gesamtbild bei. Ein paar sprachliche Holperer verzeihe ich gerne und ich kann das Buch zur Lektüre empfehlen. Wertung: 7 oder 8 Eulenpunkte.

  • Die Autorin: Ein gewissen Faible für rebellische, unangepasste Figuren hat die studierte Politologin schon, so schrieb sie Bücher über die Fitzgeralds und Dorothy Parker...


    Das Buch: ....und nun also über Bonnie und Clyde!



    You've read the story of Jesse James
    Of how he lived and died;
    If you're still in need
    Of something to read,
    Here's the story of Bonnie and Clyde.



    Wer kennt sie nicht, das tragisch-romantische Gangsterpärchen, die Bella-und-Edward der Depressionsära? Mit wechselnden Kumpanen machen beide eine Zeitlang den Südwesten unsicher, überfallen Banken und Geschäfte und töten auch mal den ein- oder anderen - tragisch, aber die Zeiten sind hart! Immer wieder schlüpfen sie den ihnen nachjagenden Häschern durch die Maschen des von diesen ausgeworfenen Netzes, unter Anderem weil Clyde vor allem Autos von Ford klaut, die den oft zu langsamen Polizeifahrzeugen - die Ausrüstung der Cops war in jeder Hinsicht beklagenswert - locker davon rauschten.


    Bis dann die Gesetzeshüter den Plan mit dem Hinterherfahren aufgaben und einfach - schwerbewaffnet - an der Strasse warteten, bis die Reichtumsumverteiler mit ihrem Ford an ihnen vorbeifuhren. Dann verschossen sie einen Großteil der in weiser Voraussicht mitgeführten Munition, und das wars dann!
    Am Ende sind sie also beide tot, und auch das Auto wurde nachhaltig seiner Fahrtüchtigkeit beraubt.


    Some day they'll go down together;
    And they'll bury them side by side;
    To few it'll be grief
    To the law a relief
    But it's death for Bonnie and Clyde.


    Bonnie Parker




    Meine Rezension: Neben John Dillinger - der währen und nach seiner Zeit ein sehr ähnliches Schicksal erlitt wie unser Dou Infernale - waren Bonnie & Clyde Inc. Die berühmtesten Verbrecher ihrer Zeit. Was vor allem den Medien - der Zeitung - zuzuschreiben war. Als sie - noch warm - tot in ihrem Auto lagen versuchten Schaulustige bereits irgendwelche Souvenirs zu ergattern, und kleinere Körperteile wie zB ein Finger gehörten selbstverständlich dazu. Auch um Dillinger gab es ein ähnliches Brimborium..... Kaum ein anderer Verbrecher hatte jemals eine bessere Presse - außer diesem Typen in England, dessen Name auch mit den Depressionsgangstern immer wieder in Verbindung gebracht wurde.


    Ein anderer Aspekt für ihren medialen Erfolg ist sicherlich die Zeit. Die Depression machte viele Leute ungerechter Weise sehr arm, beraubte sie all ihrer Habe, da waren natürlich Leute die dieses System angriffen und sich etwas zurückholten viel sympathischer als zum Beispiel die Polizei.
    Und wer kann schon einer tragischen Geschichte um junge Liebende widerstehen?



    Ansonsten war an den beiden so garnichts Interessant!


    Die Zeiten trieben viele Menschen über die Armut in die Kriminalität, allerdings tatsächlich wenige mit dieser auch das eigene Leben missachtenden Konsequenz.


    Das vorliegende Buch möchte ein Sachbuch sein, es möchte sachlich über die Ereignisse und die Beteiligten aufklären.
    Warum?
    Was interessiert uns heute ein Gangsterpärchen, dessen Legende (Klischee) längst alle Wahrheiten überschattet?


    Und die Umstände machen es schwer, nicht Position zu beziehen - und der fast krampfhafte Versuch das trotzdem zu tun ist einer der größten Schwachpunkte dieses Buchs.


    Als Sachbuch ist es auch gerade was die Beschreibung der Hintergründe und der diese begünstigenden Zeit viel zu fragmentarisch, ein Gesamtportrait und eine Analyse der Zeit an sich wäre vermutlich spannender gewesen.


    Viel erfreulicher wäre unter Umständen auch ein "von Bonnie & Clyde inspirierter" Roman gewesen, eine auf Tatsachen beruhende und doch fiktive von der Autorin durch eigene Schwerpunkte bereicherte spannende Geschichte - womit sie sich zwar in eine lange Schlange einreihen müsste, andererseits aber unter Umständen den Personen und ihren Motiven näher gekommen wäre als das in einem ausschließlich Fakten wiedergebenden Sachbuch möglich ist.


    So schwankt die Autorin zwischen sachlicher Schilderung, Mitleid mit dem Opfern und einer gewissen.... verständnisgeschwängerten Bewunderung für die Outlaws, und lässt den Leser mit einem etwas schalen Nachgeschmack auf der Zunge zurück


    Ein Thriller hätte und besser gefallen!